Behm, Martin – Schau an, mein Herz, wie Jesus Christ

Im Ton: Jesu Christe meins Lebens Licht rc.

1. Schau an, mein Herz, wie Jesus Christ
Zuletzt am Kreuz still worden ist,
Nachdem er hat sein Not verbracht,
Damit seins Lebens End gemacht.

2. Gar säuberlich sein Haupt er neigt,
Sich an Gebärden still erzeigt
Und schlief fein sanft und ruhig ein;
Das mag ein Fürst des Lebens sein.

3. Sein Haupt hat er zu uns geneigt,
Damit sein Lieb und Treu bezeigt,
Die er zu uns aus Gnaden trägt,
Weil er in Todes Staub sich legt.

4. Des dank ich dir, Herr Jesu Christ,
Weil mirs zu gut geschehen ist.
Hilf auch, dass ich mich zu dir neig
Und dir Gehorsam stets erzeig.

5. Doch so ich etwa mich verirrt,
Dass ich mein Glauben übel ziert,
So hilf, dass ich mich vor dir bück,
In Demut mich zu bessern schick.

6. Käm denn der Tod und griff mich an,
Des sich kein Mensch erwehren kann,
So hilf, dass ich mich neig zu dir,
Damit er fänd kein Recht an mir.

7. Ich halt mich an dein Testament,
Das ist mein Trost am letzten End.
Das himmlisch Reich ist mir bescheidn,
Das ist mein Trost in meinem Leidn.

8. Weil du geschwächt des Todes Macht
Und hast das Leben wiederbracht,
So bitt ich durch dein Gütigkeit,
Mach mich zum Sterben recht bereit.

9. Damit ich fein vernünftiglich
Einschlaf ganz fein und säuberlich
Und also komm zu guter Ruh,
Sobald ich tu mein Augen zu.

10. Auf dich mein Haupt ich niederleg,
Wenn ich im Leib kein Ader reg.
Hilf, dass mein Sterben so geling,
Dass ich vom Tod ins Leben dring.

Amen.

Elisa von der Recke – Bei dem Andenken des Lebens und der Leiden Jesu.

Durchdenk ich meines Heilands Leben,
Was fühlt für ihn mein liebend Herz!
Welch Beispiel hat er mir gegeben!
Wie heldenmütig ist sein Schmerz!
Wie menschenfreundlich seine Freuden!
Wie mitleidsvoll, wie groß gesinnt
Selbst gegen die, die seiner Leiden
Und seines Todes Stifter sind.

Zwar klagt er auch bei seinen Schmerzen
Doch, welche göttliche Geduld!
Mit seinem ganzen edlen Herzen
Traut er auf seines Vaters Huld.
Lass diesen Kelch vorüber gehn!
Ruft er in seiner Seelenpein,
Doch, Herr, dein Wille soll geschehn,
Der meine nicht, denn ich bin dein.

Die Freuden, die sein Herz empfindet,
Sie gründen bloß auf Wohltun sich.
Wo er Verlassne traurig findet,
Zeigt er als Rat und Helfer sich.
Die Blinden suchet er zu leiten;
Den Hungrigen bricht er das Brot;
Er hält die aufrecht, welche gleiten;
Und hilft den Kranken in der Not.

Und willig ist er zum vergeben!
Wiee fleht er selbst auch noch für die,
Die ihm den Kreuzestod gegeben,
„Erbarme, Herr, dich über sie!
Dies waren seine letzten Bitten,
Und so, so starb der Tugendheld,
Er, der zu unserm Heil gelitten,
zu sein ein Beispiel für die Welt.

Ja! dir, mein Heiland, nachzuahmen,
Verleih mit Stärke, Mut und Treu;
Dass ich nicht nur bloß nach dem Namen
Ein Christ, – nein! — auch durch Taten sei.
Lass mich nie von der Tugend weichen,
Auf dieser rauen Lebensbahn,
Und selbst dein hohes Bild erreichen,
So weit es meine Schwachheit kann.

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Danksagung für Christi Leiden.

Jesu, meines Lebens Bürge,
O, mein Licht!
Dass mich nicht
Höll‘ und Tod erwürge:
Ach, das hab‘ ich Dir zu danken!
Nimm mich an,
Denn ich kann
Nicht mehr von Dir wanken.

Kreuz und Dornen, Strick‘ und Bande,
Heiße Angst,
Drin Du rangst,
Ruten, Schmach und Schande,
Jammer, schmerzliche Beschwerden,
Sünd‘ und Tod,
Alle Not
Trugest Du auf Erden.

Ohne Dich wär‘ ich versunken;
Plag‘ und Pein
Schlügen drein,
Herz und Geist wär‘ trunken
Und von Schrecken eingenommen;
Ohne Dich
Wäre ich
Nicht dem Zorn entkommen.

Hast Du nun Dein teures Leben
An den Pfahl
Voller Qual
Also hingegeben:
So sei ebenfalls das meine,
Edler Hort,
Hier und dort
Nun und ewig Deine!

(1719 in Paris gedichtet.)

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Der Held im roten Gewand.

Sieh‘ da! wer kömmt voll Gottesehr‘
Im blutigen Gewand?
Ein Held, er gehet hoch daher,
Scheut keinen Widerstand!

Wer ist’s, so prächtig angekleid’t,
Daß ihr nichts Schön’res wisst?
Der unser Fried‘ und seiner Leut‘
Allmächtiger Heiland ist!

Warum sieht aber sein Talar
So blutbesprenget aus,
Als käm‘ der König unsrer Schar
Aus einem Kelterhaus?

Er spricht: Nicht ist’s verwunderlich,
Daß mein Kleid Flecken hat,
Weil Niemand da war, außer Ich,
Der Gottes Kelter trat!

Ach ja! Er hemmt den Wunderlauf,
Daß Er die Lasten nehm‘;
Er setzt den Kranz von Dornen auf,
Und lässt das Diadem.

Schweiß, Schrecken, Zähren, Angstgeschrei,
Die Wunden, die Er hat,
Sind, denk ich, Zeugen Seiner Treu‘,
Und Seiner Lieb‘ und Gnad‘.

O was ist doch für ein Beweis
Für Deine große Lieb‘,
O HErr, der blutige Todesschweiß,
Den Dir die Sünd austrieb!

Die Kelter drückte Dich für mich,
Daß Dir das Blut entging,
Wovon die Spur sich feierlich
An Deine Kleider hing!

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Jesus in Gethsemane.

So willst Du getrost erwarten,
Was du übernehmen musst!
Also leidest Du im Garten,
HErr, für Adams Gartenlust.
Bebst Du nicht vor diesem Orte?
Drückt Dich nicht der Sünder Schuld
Tödlich nach dem Richterworte?
Nein, Du leidest mit Geduld!

Nein, Du willst der Menschen Schulden,
Unser unermess’nes Leid
Nach des Zorns Gesetz erdulden,
Sohn und Herr der Ewigkeit!
Wir, die schnödesten Geschöpfe,
Rühmten uns der eig’nen Schand‘,
Und der schwächste aller Töpfe
Brach dem Töpfer in der Hand.

Darum kann es nicht geschehen,
Daß der Kelch vorübergeh‘;
Gottes Urteil muss ergehen,
Und das bringt Dir solches Weh.
Aber Du willst gern ertragen,
Was Dein Gott Dich tragen heißt,
Wenn Dein Geist sich gleich vor Zagen
Fast dem müden Leib entreißt.

Lass mich Gottes Zorn erkennen,
Teures Heil, in Deiner Not!
Denn sie war der Hölle Brennen
Und ein Sturm vom andern Tod.
Lass mich aller Sünd‘ entsagen,
Die Dich in den Tod gedrückt!
Lass mich an mir selbst verzagen,
Bis mich Deine Lieb‘ erquickt!

Gibst du mir dereinst zu schmecken
Deines Leidens Bitterkeit,
Mich vom Bösen abzuschrecken,
Ach, so mache mich bereit!
Kann es anders nicht geschehen,
Daß ich komm in’s Vaters Reich,
Ohne gramgebückt zu gehen,
Ach, so stütze mich zugleich!

Ich will gerne stille halten,
Weil ich weiß, daß Du mich liebst,
Und die Gnade lässest walten,
Wenn Du mir das Leiden gibst.
Lernt man erst die Sünde scheuen,
Wenn sie gallenbitter wird,
So kann mich die Reu‘ nicht reuen,
Die mich göttlich neu gebiert.

Mich ermuntert, Herr, Dein Zagen:
Du hast nie umsonst geweint,
Sondern alle Feind‘ erschlagen,
Auch mein Fleisch, den liebsten Feind.
Lass mein Fleisch in Dir verderben,
Lass die Welt vergeh’n in Dir;
Lass in mir die Sünde sterben,
Und Dein Reich erwach‘ in mir!

Liscovius, Salomon – Vom Leiden Christi.

Weise: Freu dich sehr, o meine Seele.

1. Liebster Jesu, deine Schmerzen,
Deines Leidens schwere Zeit,
Gehen mir sehr tief zu Herzen;
Deines Todes Bitterkeit
Kränket mich bei Tag und Nacht,
Weil ich dich dazu gebracht,
Dass du, wegen meiner Sünden,
Solche Marter musst empfinden.

2. Du, mein Jesu, wirst gebunden,
Bald verspottet, bald verspeit,
Und noch mehr als alle Stunden
Wird dein Leiden dir verneut.
Dein Gefängnis macht mich los,
Deine Schande macht mich groß,
Dein betrübtes schweres Leiden
Schaffet mir des Himmels Freuden.

3. Was für Speichel, was für Schläge
Fliegen dir in’s Angesicht?
Jesu, meine Lasterwege
Haben dir das zugericht’t.
Du erträgest Angst und Weh,
Dass es mir nur wohl ergeh,
Und daß mir nach deinen Schlägen
Blühen möge Trost und Segen.

4. Ach, du König aller Ehren,
Du geliebter Gottessohn,
Was musst du für Spott anhören?
Kreuz und Dornen sind dein Lohn,
Speer und Nägel sind dein Dank,
Gall und Essig sind dein Trank;
Und so lässest du dich quälen,
Dass mir Labsal nicht soll fehlen.

5. Du stehst da mit bloßem Leibe,
Trägst ein altes Purpurkleid,
Dass ich angekleidet bleibe,
Würdig sei zur Seligkeit.
Ach, dein Purpur schmücket mich,
Ewig anzuschauen dich,
Und durch alle deine Schande
Hilfst du mir zum Ehrenstande.

6. Jesu, deiner Dornen Spitzen
Haben dich so sehr verletzt,
Dass dein Haupt ist voller Ritzen,
Und dein Leib mit Blut benetzt.
Deine Dornen und dein Blut
Schützen vor der Höllenglut,
ja dein Blut und Dornenkrone
Helfen mir zum Himmelsthrone.

7. Jesu, deine Schmerzenswunden
Helfen meiner Krankheit ab,
Meine Sünden sind verschwunden
Und verscharret in dein Grab.
Sünd und Krankheit werd ich los,
Weil man sich in’s Grab verschloss;
Deine Striemen, Qual und Wunden
Haben mir mein Herz verbunden.

8. Tod und Teufel sind gestorben,
Kreuz und Leiden sind versüßt,
Heil und Leben sind erworben,
Jesu, weil du so gebüßt.
Weil du dich für mich verbürgt
Und am Kreuze wirst erwürgt,
Bleibet mir, wenn ich gleich sterbe,
Das erwünschte Lebenderbe.

9. Nun, o Jesu, laß dein Leiden,
Deine Marter, Kreuz und Pein,
Dein betrübtes Abescheiden
Meiner Seelen Labsal sein.
Deine Wunden, Blut und Tod
Helfen mir aus meiner Not,
Und verschleußt in meinem Herzen,
Liebster Jesu, deine Schmerzen.

Rinkart, Martin – Gelobet sei die Pein

1. Gelobet sei die Pein,
Die Gott für uns getragen,
Die Band‘, die Dornenkron;
Das Stoßen, Stechen, Schlagen,
Die Schläge, Stiche, Stöß.
Stech-Dornen, Band‘ und Pein,
Die sollen unser Trost
Im Kreuz und Elend sein.

2. Geehret sei die Schmach,
Die Gott für uns getragen,
Das Kreuzholz, das Gespött;
Das Lästern und Anklagen;
Das alles, und was mehr
Viel schwerer als die Pein,
Soll unser Ehrenkron‘
In Schmach und Schande sein.

3. Gepreiset sei der Tod,
Den Gott für uns getragen,
Die Sünd und Höllen-Angst;
Das Zittern, Zagen, Klagen:
Das alles, das ihm war
Die allerschwerste Pein,
Soll unser Siegs-Panier
Im Tod und Leben sein.

Hermann, Nikolaus – Die Passion unsers Herrn Jesu Christi.

Im Ton: Kommt her zu mir, spricht rc.
Oder: Ich hab mein Sach zu Gott gestellt.

Da der Herr Christ zu Tische saß,
Zuletzt das Osterlämmlein ab,
Und wollt von hinnen scheiden,
Sein Jüngern er treulich befahl,
Daß man allzeit verkündigen soll
Sein Tod und bitter Leiden.

2. Denn wer dasselbig recht betracht,
Dem gibt es Stärk, Trost, Muth und Kraft
In Trübsal, Angst und Nöthen,
Sein Kreuz wird ihm nicht halb so schwer,
Ob er gleich kommt in Todsgefahr,
Sein Fleisch der Geist kann tödten.

3. Da er nun an den Ölberg kam,
Drei Jüngr im Garten mit sich nahm,
Die hieß er niedersitzen,
Sprach: Bett und wacht ein kleine Zeit,
Und ging von ihn ein Steinwurfs weit,
Für Angst er Blut that schwitzen.

4. Unser Sünd macht ihm weh und bang,
Mit Teufel, Tod und Höll er rang,
All sein Kraft ihm entginge.
Er sprach: Vater, mag es gesein,
Nimm hin den Kelch und schwere Pein,
Trost er vom Engl empfinge.

5. O Vater, muß dem also sein,
Dein Will gescheh und nicht der mein,
Herzlich gern will ich sterben,
Damit ich nur die Brüder mein
Mag retten von der Höllenpein,
Und ihnn dein Huld erwerben.

6. Judas kam, das verlorne Kind,
Und bracht mit sich das jüdisch Gsind,
Mit Schwerten und mit Stangen;
Mit einem Kuß er ihn verrieth,
Sie griffen ihn und führtn ihn mit,
Gebunden und gefangen.

7. St. Petrus mit dem Schwert schlug drein
Der Herr sprach: Ach nein, stecks nur ein,
Und laß jetzt also gehen,
Es soll und muß gelitten sein,
Sonst etlich tausend Engelein,
Würden bei mir wohl stehen.

8. Sie brachten ihn dem Caiphas dar,
Der dasmal Hoherpriester war,
Den Herren er that fragen
Um seine Jünger und seine Lehr,
Und was sein Thun und Wesen wär,
Das sollt er ihm da sagen.

9. Jesus bald antwort mit eim Wort:
Im Tempel hat man mich gehört
Öffentlich vielmals lehren,
Die mich gehört han, darum frag,
Da gab ein Knecht ein Backenschlag
Dem König aller Ehren.

10. Viel falscher Zeugen stellt man dar,
Der Wahrheit doch nichts ähnlich war,
Caiphas that ihn beschwören
Bei Gott, daß er ihm sagen wollt,
Ob er wär der da kommen sollt,
Und der Messias wäre.

11. Du sagsts, sprach Christ, ich läugn es nicht
Denn ich werd sitzen zu Gericht,
In einer Wolken kommen,
Caiphas gar bald zerreißt sein Kleid,
So hört, was er gibt für Bescheid,
Das habt ihr wohl vernommen.

12. Ein Urtheil drauf gefället war,
Sein Leben mußt er geben dar,
Er wird verspott, verhöhnet,
Sie speiten ihm ins Angesicht,
Kein Schmach sie unterließen nicht,
Sein ward gar nicht verschonet.

13. Gleichwie ein Dieb sie bunden ihn,
Und führten ihn zu Pilato hin,
Fälschlich er ward verklaget.
Da Judas merkt, daß also ging,
Mit einem Strick er sich erhing,
Verzweifelt und verzaget.

14. Pilatus aus der Klag vernahm,
Daß Christus hätt nichts Args gethan,
Herodi ward er gbrachte,
Da er dem nicht gab guten Bescheid,
zog man ihm an ein weißes Kleid,
Verspott ihn und verlachte.

15. Für Pilatum er wieder kam,
Der schlug ihn für und Barrabam,
Der ein er los wollt geben,
Vermeint, sie würden bittenlos
Christum, und nicht den Mörder groß,
Den Juden wars nicht eben.

16. Pilatus ließ ihn züchtigen
Mit Ruthen scharf und Geißelen,
Von Dornen auch ein Krone
Flochten die Kriegsknecht zu der Stund,
Damit das heilge Haupt ward wund
Dem Herren, Gottes Sohne.

17. Ein Rohr sie gaben in sein Hand,
Und legten ihm an ein Purpurgwand,
Pilatus ihn h’raus führet.
Da seht doch euren König an,
Mit der Straf wollt euch gnügen lan,
Mehr hat er nicht verdüret.

18. Sie schrieen all: Nimm ihn nur hin
von unsern Augn und kreuzig ihn,
Sonst wirst du nichts Guts schaffen,
Sondern damit du klar beweist,
Daß du kein Freund des Kaisers seist,
Und wollst Aufruhr nicht strafen.

19. Der Red erschrack Pilatus sehr,
Und ließ ihm bringen Wasser her,
Daraus wusch er sein Hände.
Ich bin unschuldig an dem Blut,
Seht drauf, ihr Juden, was ihr thut,
All Schuld auf euch ich wende.

20. Sein Blut (schrie das ganz jüdisch Gsind)
Sei über uns und unser Kind,
Übr uns wirs nehmen wollen:
Gschicht ihm Unrecht an seinem Tod,
So strafs an uns der grechte Gott,
Die Schuld wir tragen sollen.

21. Als er hinaus geführet war,
Da folgt ihm nach ein große Schaar,
Die Weiber weinten sehre;
Weint über euch selbst und eure Kind,
Denn große Straf vorhanden sind,
Zu ihn sprach Christ, der Herre.

22. Zween Schächer man mit ihm ausführt
Zwischen die beid er ghangen wurd,
Christus hub an zu schreien:
O Vater, rechn es ihn nicht zu,
Dieß Volk weiß jetzt nicht, was es thu,
Drum wollests ihm verzeihen.

23. Viel schrieen: Hast du ander Leut
Geholfen, so hilf dir auch heut,
Ein Schächer sprach desgleichen:
Bist du Messias, Gottes Sohn,
So hilf dir selbst und uns davon,
Daß wir dem Tod entweichen.

24. Der ander Schächer straft ihn drum
Und kehret sich zum Herrn herum,
Bat ihn mit ganzem Fleiße:
Gedenk mein in deins Vaters Reich;
Der Herr sprach: Heut mit mir zugleich
Sollst sein im Paradeise.

25. Um sechs Uhr ward ein Finsterniß,
Desgleich nie mehr gewesen ist,
Sich entsetzt die Nature.
Die Erd erbebt, die Felsen hart
Zerrissen, und betrübet ward
Darob all Creature.

26. Zum Vater schrie mit lauter Stimm
Der Herr, sein Seel befahl er ihm,
Damit sein Geist aufgabe,
Darnach Joseph, der fromme Mann
Kam, und nahm sich des Leichnams an,
Bestetigt(Bestattet) ihn zum Grabe.

27. Wir danken dir für deinen Tod,
Herr Jesu, und solch große Noth,
Die du um unsertwillen
Erlitten hast, denn sonst fürwahr
Kein Opfr im Himml und Erden war,
Das Gottes Zorn konnt stillen.

28. Gottes Lamm, Herr Jesu Christ,
Der du für uns geschlachtet bist,
Und ein Sühnopfer worden,
Dadurch du hast all Sünd und Schuld
Für uns bezahlt in großer Gduld
Wehrs Teufels Lügn und Morden.

29. Erhalt für ihm dein Kirch und Wort,
Daß hie zeitlich und ewig dort
Geheiligt werd dein Namen,
Dein Leiden, Kreuz und bitter Tod
Sei unser Trost in aller Noth,
Herr Christ, das helf uns! Amen.

Melchior von Diepenbrock – In jener letzten der Nächte

In jener letzten der Nächte, als ich am Ölberg gebetet,
War ich von Blutschweiß gerötet,
Goss ihn in Strömen für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Lass es die Engel dir sagen, wie viele Streiche und Wunden,
An eine Säule gebunden,
Schweigend ich litte für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Da ich als König verspottet, schmerzlich mit Dornen gekrönet,
Angespieen ward und verhöhnet,
Dacht ich nur immer an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Schmählich zum Tode verdammet, hart mit der Kreuzlast beschweret,
Blutig vom Dornkranz versehret,
Schleppt ich zum Berg mich für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Dort an das Kreuzholz geheftet, Nägel in Armen und Beinen,
In einem Meere von Peinen
Wollte ich sterben für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Als jener Speer in der Seite weit mir das Herz hat gespalten,
Quoll draus mit Liebesgewalten
Wasser des Lebens für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Schau all die Striemen und Wunden, siehe nun, ob ich dich liebe,
Wenn mir kein Blutströpflein bliebe,
Das ich nicht hingab für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Himmel und Erde voll Schrecken haben den Schmerz mit empfunden,
Als in der letzten der Stunden
Ich bin verschieden für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Was blieb zu tun mir noch übrig, wenn ich aus Lieb ohne Schranken
Selber mich gab ohne Wanken,
Völlig mich hingab für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Nun ich zum Lösgeld am Kreuze für deine Schuld mich ergeben,
Will ich im ewigen Leben
Selber der Lohn sein für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Dacht ich im Sterben noch deiner, werd ich im Himmel nicht minder,
Herrschend als Weltüberwinder,
Immer noch denken an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Simon Dach – Christi rede, da er vor die sünde der gantzen welt sterben sollte.

Die Zeit ist hie, das grosse leiden
Ist länger nun nicht zu vermeiden,
Die centner-schwere sündenlast,
So je die sterblichen auff erden
Begangen und begehen werden,
Lest mir nun länger keine rast.

Was war es groß, den himmel lassen,
Der hohen Gottheit aller massen
Sich eussern, und erniedrigt gehn?
Was war es grosses, sich nicht schämen
Des menschen wesen anzunehmen,
Mit fleisch und blut bekleidet stehn?

In sein selbst eigenthumb zu kommen
Und doch nicht werden auffgenommen,
In tieffster armut immerdar
Vernichtet und verachtet leben,
Sich müssen auff die Aucht begeben,
Erdulden kummer und gefahr?

Ietzt werden erst die grossen plagen
Recht über mich zusammenschlagen,
Gott, deines eiffers wilde flut
Wird seinen abgrundt auff mich stürtzen
Und meinen athem mir verkürtzen,
Mehr, als der winde wütten thut.

Ich seh‘ es kommen schon gezogen,
Herr, alle deine wasserwogen,
Wie stürmt dein eiffer doch so sehr!
Die grosse flut wil mich erseuffen,
Die ungezämbte wellen heuffen
Und stärcken sich je mehr und mehr.

Das strenge wütten deiner nasen
Wil wider mich ein feur auffblasen,
So alle meine lebens-krafft
Wird gar außdörren und außsaugen,
Biß meine glieder nicht mehr taugen,
Und ich werd‘ in den staub gerafft.

Es schärffen löwen ihre klauen
Und lassen wieder mich sich schauen,
Viel ochsen sind auff mich ergrimmt,
Ich seh‘ einhörner auff mich rennen,
Die zahl der feind‘ ist nicht zu nennen,
Die wieder mich zusammenstimmt.

Das ungeheure reich der hellen
Gedenckt am meisten mich zu fellen,
Der alte drache nimmt sein gifft,
Mir einen mordstreich beyzubringen,
Sein gantzes heer wil mich verschlingen,
Durch alles, was die seele trifft.

Sie wollen mich wie weitzen sichten,
Die pfeile, so sie auff mich richten,
Sind alle gifftig zugespitzt,
Gefiedert nur mit list und triegen,
Sie meinen stracks mir obzuliegen,
So sehr sind sie auff mich erhitzt.

Sie suchen ihre krafft zusammen,
Die eusserste gefahr der flammen,
Das allerärgste seelenweh‘
Als je gewest, sol mich versencken,
Man hoffet ganz mich zu ertrencken
Im tiefsten schlam der höllen-see.

Ich werde wie ein hirsch geplaget,
Der von den hunden wird gejaget,
Leufft schnell und furchtsam durch den wald,
Schreyt jämmerlich und suchet hecken,
Sich vor den winden zu verstecken,
Und find doch nirgends auffenthalt.

Die hunde wollen nicht ablassen
Und meinen jetzt nur anzufassen,
Das arme wild ist über das
Auch von der schlangen wund gebissen
Und sehnet sich nach kühlen füssen,
Biß daß es fellet müd‘ und laß.

Ierusalem, du wirst zu dancke
Mir werden meine marterbande,
Wie sehr hast du mir nachgestellt
Und deine zähn‘ auff mich gewetzet?
Ich werde darumb auch erhetzet
Und jämmerlich in dir gefellt.

Hie werd ich durch den stich der schlangen
Am holtze werden auffgehangen,
Hie wird das opffer abgethan,
Das alle welt von ihren sünden
Sol ledig machen und entbinden,
Hie stirbt der rechte pelican.

Der hohepriester wird sein leben
Hie selber zum schuldopffer geben,
In allerheiligst einzugehn,
Hie wird man mich am creutze tödten,
Doch wil ich, todt, auß deinen nöthen
Nach dreyen tagen anfferstehn.

Nun weistu, Gott, wie ich gewandelt,
Und ob ich wieder dich gehandelt;
Ich bin mir keiner schuld bewust,
Man such‘ in meine lehr‘ und worte,
Man forsche meines hertzens pforte,
Wie du, geliebter vater, thust.

Wird etwas nur in den gedancken
Von des gesetzes richtschnur wancken,
So wil ich ewig sein ein raub;
Es werde meiner gantz vergessen,
Der feind sol meine seele fressen,
Man mache mich zu spreu und staub.

Doch wil ich alles gerne dulden,
Ich wil bezahlen frembde schulden,
Man mag, mein leben und mein blut
Zu rauben, mich zur schlachtbanck führen,
Ich wil auch meinen mund nicht rühren,
Recht wie ein stummes lämblein thut.

Sie mögen fälschlich mich verklagen
Und eitel lügen auff mich sagen,
Sie gehen wieder mich zu rath,
Sie bringen auff mich falsche zeugen,
Ich aber wil zu allem schweigen,
Als der kein wiederreden hat.

Ich lasse mich mit dornen krönen,
Verspeyen, geisseln und verhönen,
Mit mördern gleich geschätzet stehn,
Ich wil mich auch zur erden bücken,
Mein creutz zu tragen auff dem rücken
Und so zu meiner wahlstat gehn.

Diß thu ich, vater, deinen willen
In allen stücken zu erfüllen;
Es schreibt dein weises buch von mir,
Ich hab‘ auch in den todes-schmertzen,
Herr, dein gesetz in meinem hertzen,
Und wil es halten für und für.

Nur las hiedurch dein grosses toben
Und heissen zorn sein auffgehoben,
Nim meine schafe wieder an,
Denn daß ich so geplaget werde,
Macht einig diese meine herde,
Von der ich gantz nicht lassen kan.

Was böses je von ihr geschehen,
Was sie verseumet und versehen,
Das bring‘ ich richtig wieder ein,
Und was bey ihr nicht wird gefunden,
Das schöpffet sie auß meinen wunden,
Die ihr zu gut geschlagen seyn.

Ich wil ertragen alle straffe,
Nur schone meiner armen schaffe,
Ich trette zwischen dich und sie,
Und wil sie vor den grossen blitzen
Und donnern deines wetters schützen,
Als ein sehr schwaches, zartes vieh,

Ein volck, das gentzlich mich verstehet,
Wie tieff es in dem irrthumnb gehet,
Ein hauffe, der sich selbst nicht kennt,
Der zu dem guten ist erstorben,
An leib‘ und seele gantz verdorben,
Der willig zu der hellen rennt.

Ihr aber, die ich vom verderben
Erlöse durch mein blut und sterben,
Ihr menschen, seht, wo meiner noth
Der höchste jammer was wird schencken,
So sol der kelch mich zweymal trencken,
Den Gott mir giebt auff meinem todt.

Wo wird gehöret und gelesen,
Daß jemand so geplagt gewesen
Und so verhönt, als ich muß seyn?
Nichts, was da lebt, hat solche wunden
An seiner seel‘, als ich, empfunden,
Nichts wird verglichen meiner pein.

Hiezu hat mich sonst nichts getrieben,
Als daß ich euch so sehr muß lieben;
Ich seh‘ in was für noth ihr seid,
Ich seh‘ euch ewiglich verlohren,
Die ihr zum leben seid erkohren,
Es sey, daß jemand euch befreyt.

So kompt nun her, in meinen banden
Sol eure freyheit sein vorhanden,
Von meiner scheuflichen gestalt
Solt ihr den besten ziehraht nehmen,
In meinem höchsten spott und schämen
Steht euer bester auffenthalt.

Mein grosser durst sol euren stillen,
Und euch mit lebens-wasser füllen,
Das rohr, die spitze dornen-krohn‘,
In der ich muß verächtlich sterben,
Macht euch zu meines reiches erben,
Mein staub gedeyet euch zum lohn.

Mein trauren dienet euch zur freuden,
Und meine blösse sol euch kleiden,
Mein darben ist eur höchstes gut,
Mein niedriggehn sol euch erheben,
Mein herber todt ist euer leben,
Und eure reinigung mein blut.

Ich schwer‘ euch bey dem falschen küssen,
Bey meinen durchgebohrten füssen,
Und was man kläglichs an mir schaut,
Bey meinem kümmerlichen heulen,
Und blutig unterlauffnen beulen,
Bey meiner ausgedehnten haut,

Ich schwer euch bey dem todesstreiten,
Bey meiner auffgespaltnen seiten,
Und dem, wodurch die böse rott‘
Ietzt wieder mich sich hat empöret,
Bey allem, welches mich unehret,
Bey meinem grossen hohn und spott,

Ich kan euch hertzlicher nicht lieben,
Noch euch zu gut was mehr verüben;
Nur kompt zu mir, damit ich euch
Durch meinen reichen trost erquicke,
Und dann gewünschet nach mir zücke
In Gottes, meines vatern, reich.

Wer aber auff mein freundlich locken
Nicht kömpt, und wil sein hertz verstocken,
Wer sich an mein verdienst nicht helt,
Den lass‘ ich in des sathans ketten,
Dieweil euch anders zu erretten
Es meinem vater nicht gefellt.