Simon Dach – Seligkeit der Vollendeten (modernisierte Fassung)

O wie selig seid ihr doch, ihr Frommen,
Die ihr durch den Tod zu Gott gekommen;
Ihr seid entgangen
Aller Not, die uns noch hält gefangen.

Muss man doch hie wie im Kerker leben,
Da nur Sorge, Furcht und Schrecken schweben;
Was wir hie kennen,
Ist nur Müh und Herzenleid zu nennen.

Ihr hingegen ruht in eurer Kammer,
Sicher und befreit von allem Jammer,
Kein Kreuz und Leiden
Ist euch hinderlich in euren Freuden.

Christus wischet ab euch alle Tränen;
Habt das schon, wonach wir uns erst sehnen:
Euch wird gesungen,
Was durch keines Ohr allhie gedrungen.

Ach, wer wollte denn nicht gerne sterben
Und den Himmel für die Welt ererben?
Wer wollt hie bleiben,
Sich den Jammer länger lassen treiben?

Komm, o Christe, komm, uns auszuspannen,
Lös uns auf und führ uns bald von dannen!
Bei dir, o Sonne,
Ist der frommen Seelen Freud und Wonne.

Simon Dach – O, wie selig seydt ihr doch, ihr frommen, (Original)

Simon Dach – Schöner Himmelssaal

1. Schöner Himmelssaal,
Vaterland der Frommen,
Die aus großer Qual
Dieses Lebens kommen
Und von keiner Lust
In der Welt gewußt!

2. Sei mir hoch gegrüßt,
Dich such‘ ich vor allen
Weil ich öd‘ und wüst
In der Welt muss wallen
Und von Kreuz und Pein
Nie befreit kann sein.

3. Deinetwegen bloß
Trag‘ ich dies mein Leiden,
Diesen Berzensstoß
Willig und mit Freuden;
Du versüßest mir
Alle Galle hier.

4. Trüg‘ ich durch den Tod
Nicht nach Dir Verlangen:
O, in meiner Noth
Wär‘ ich längst vergangen!
Du bist, einig Du,
Nichts sonst meine Ruh.

5. Gott, Du kennst vorhin
Alles, was mich kränket,
Und woran mein Sinn
Tag und Nacht gedenket;
Niemand weiß um mich,
Als nur Du und ich.

6. Hab‘ ich noch nicht sehr
Ursach, mich zu klagen:
Ei, so thu noch mehr
Plage zu den Plagen;
Denn Du trägst, mein Heil,
Doch das meiste Theil.

7. Laß dies Leben mir
Wohl versalzet werden,
Daß ich mich nach Dir
Sehne von der Erden
Und den Tod bequem
In die Arme nehm.

8. O wie werd‘ ich mich
Dort an Dir erquicken!
Du wirst mich und ich
Werde dich anblicken, –
Ewig herrlich, reich
Und den Engeln gleich.

9. Schöner Himmelssaal,
Vaterland der Frommen,
Ende meiner Qual:
Heiß mich zu Dir kommen;
Denn ich wünsch‘ allein
Bald bei Dir zu sein.

Simon Dach – Was? Soll ein Christ sich fressen

Was? Soll ein Christ sich fressen
Und nur sein leid ermessen
Nicht auff den herren sehn?
Den aus dem creutze schliessen,
Ohn welchen, wie wir wissen,
Kein unglück kan geschehn?

Ohn Gott vermag uns allen
Kein härchen zu entfallen,
Kein finger weh zu thun;
Er kann nicht mehr, als wachen
Für seiner heerde sachen,
Wie vormals, so auch nun.

Solt er es anders meinen,
Als gut mit uns, den seinen?
Das glaub ich ewig nicht;
In trübnus uns verlassen
Und unbarmhertzig hassen,
Ist wider seine pflicht.

Er weiß sich anzustellen,
Als stürtz er uns zur hellen
Und wer uns spinnenfeind;
Bleibt doch in allen nöthen,
Ja, möcht er uns auch tödten,
Der allerbeste freund.

Er kan mit tausent leiden
Sich so und so verkleiden
In wilder löwen haut,
Ist aber treu an sinnen
Und wird bey ihm von innen
Ein vaterhertz geschaut.

Mit unbekandten wegen
Ist er uns überlegen,
Sein rath kömpt uns nicht bey,
Doch bleibt sein weiser handel
Und unerforschter wandel
Von allem, tadel frey.

Er pflegt nur seinen frommen
So grausam vorzukommen,
Wer weiß es, was er sucht?
Er leitet uns zum guten
Und helt durch scharffe ruten
Uns in der kinderzucht.

Drumb, o betrübte seelen,
Schaut aus den trauer-hölen
Auf seines trostes liecht,
Dem, der euch hat gequählet
Und wund geschlagen, fählet
Es auch an hülffe nicht.

Bedenckt, was dort geschrieben,
Uns, die wir Gott recht lieben,
Nutzt alles crentz und pein,
Das leid muß, unsre wonne,
Der regen unsre sonne,
Der todt das leben seyn.

Simon Dach – Du fromme seel‘ empfängest schon

Du fromme seel‘ empfängest schon
Vor deine last den tagelohn,
Kanst zeitig feyer-abend machen:
Du hast sehr früe die trübe nacht
Des todes hinter dich gebracht,
Nach welcher wir so sorglich wachen.

Wol dir! dem treiber, der dich drang
Und dich so sehr zur arbeit zwang,
Ist nun der stecken gantz zerbrochen,
Der höchste sahe deine noht
Und hat durch einen sanfften todt
Dir deinen groschen zugesprochen.

Wie wol und lieblich mag es nun
Dir auff des tages hitze thun,
Die sonne wird dich nicht mehr stechen,
Der mond dir nicht beschwerlich sein
Auch wird nicht durst noch hungers pein
Die kräffte deiner seelen schwächen.

Des lebens quell fleusst vor dir hin,
Durch den erquickstu hertz und sinn,
Und gehst einher in voller weide;
Der frommen völligste begier,
Das höchste gut giebt selbst sich dir
Und stärkt dich zu stets neuer freude.

Du hast, wie mir gesaget ist,
Eh‘ als du abgeschieden bist,
Den vorschmack dessen schon empfunden,
Drumb rieffstu nu: herr nimb mich auff
Und ende meinen schweren lauff,
Daß auch bestürzt, die umb dich stunden.

Mich hat wol tausendmal gereut,
Daß ich nicht deine freudigkeit
Zum sterben selbst hab‘ angesehen:
Du hettest mich noch eins so sehr
Behertzt gemacht, je mehr und mehr
Zugleich umb solchen todt zu stehen.

Der frommen abschied muß fürwahr
Nichts anders sein, als wie ihn zwar
Des herren wort uns vor wil mahlen,
Gott pflegt die seufftzer und die Aut
Der zähren ja mit dem, was gut,
Und nicht was bös‘ ist, zu bezahlen.

Wie lieb wird deines krantzes zier
Gewesen sein, mit dem du hier
Dein keusches leben woltest schliessen,
Dein heyland und der frommen schar
Wird sonderlich das güldne haar
Sieghaffter keuscheit an dir küssen.

Er selbst ein unbeflecktes lam
Hat dort sich dir zum bräutigam
Vor andern wollen vorbehalten;
Da wird nun seine lieb‘ und treu‘,
O schöne braut, dir stündlich neu‘,
Und über dir nun ewig walten.

Wolan, besitze was du hast,
Geneuß der auserwehlten rast;
Wir bauen hier das thal der thränen,
Und müssen uns durch manches leid,
Durch manches wetter, müh‘ und streit
Nach dem, was du schon hast, nur sehnen.

Sei tausent, tausentmal gegrüsst !
Und bleib, o seele, wie du bist;
Die ohne trost umb dich sich fressen,
Thun, was den heyden nur angeht
Und übel bey uns Christen steht,
Und haben aller schrift vergessen.

O Jesu, unsrer hoffnung grund,
Der du uns deinen gnadenbund
Im worte giebest zu erkennen:
Laß uns in aller noth und pein
Dir dienstlich untergeben sein,
Und stets in deiner liebe brennen.

Und wenn du nun ein lebensfürst
Mit uns ein ende machen wirst,
Kömpst unsre hütten aufzuräumen,
So gieb, o höchster Gott, dass wir,
Mit glauben wol versehen, dir
Zu folgen wissen ohne seumen.

Simon Dach – Raffet auch der tod die greisen haare,

Raffet auch der tod die greisen haare,
Hilfft nicht alte weißheit vieler jahre?
Was kan denn stehen
Oder seiner grossen macht entgehen?

Wo ist Salomon, der weise, blieben,
Ist er durch den tod nicht aufgerieben?
Was sol die jugendt
Und der zarten jahre frische tugendt?

Trotzt ihr reichen nur auff eure schätze,
Könnt ihr auch entgehn des todes netze?
Er wird nicht hören,
Sitzt ihr auch dazu in grossen ehren.

Hat er nicht auch an den starcken riesen
Seines zorns und eyfers macht bewiesen?
Was pocht ihr helden?
Schaut, der tod wil euch das end anmelden.

Darumb lasst uns all‘ in allen fällen
Stets des todes bild vor augen stellen,
Auch stehn und wachen,
Uns in Christo von der welt zu machen.

Simon Dach – Kein Christ sol ihm die rechnung machen,

Kein Christ sol ihm die rechnung machen,
Daß lauter sonnenschein
Hie umb ihn werde seyn
Und er nur schertzen müss‘ und lachen;
Wir haben keinen rosen-garten
Hie zu gewarten.

Wer dort mit Christo hofft zu erben,
Gedenck‘ auch für und für
In dieser welt allhier
Mit ihm zu leiden und zu sterben.
Hie wird, was Gott uns dort erkohren,
Durch creutz gebohren.

Was muste Christus selbst ausstehen!
Er muste ja durch noht
Und jämmerlichen tod
Zu seiner herrligkeit eingehen.
Und du vermeinst mit recht zu klagen
In bösen tagen?

Der wein muß erst gekältert werden,
Eh‘ als sein süsser safft
Das trauren von uns rafft;
Der weitzen, so uns stärckt auff erden,
Kömpt durch das mahlen und durch bitze
Uns erst zu nütze.

Gold, silber und viel ander wesen
Muß auch durchs feuer gehn,
Eh‘ als es kan bestehn;
Ein krancker, wil er recht genesen,
Wird über den artzney-geträncken
Sich nicht viel kräncken.

Wer hat den sieges-krantz getragen,
Der nicht vom übermuth
Der feind‘ in schweiß und blut
Und kummer hat gewusst zu sagen?
Wer wird das ziel im wette-rennen
Ohn‘ staub erkennen?

Ist noch so viel uns wiederfahren,
So ist doch dieses leid
Nicht wehrt der herrligkeit,
Die Gott an uns wil offenbaren,
Weil sie nach diesen kurtzen zähren
Sol ewig wehren.

Simon Dach – Ach, lasst uns Gott doch einig leben,

Ach, lasst uns Gott doch einig leben,
So lange wir im leben seyn!
Vielleicht bricht jetzt der tod herein,
Dann steht uns rechenschafft zu geben
Von allem, was so wol uns that,
Uns ausser Gott gefallen hat.

Der argen welt verkehrtes scherzen
Und was durch tücke mancherhand
Uns bringt umb urtheil und verstand
Und offt zum hencker wird im hertzen,
Wird wie ein rauch und dampff zu nicht,
Eh‘ als der athem uns gebricht.

Drumb weil sich unsre brust kan heben,
Eh‘ uns der warme geist entweicht,
Und dieß, was irrdisch ist, verbleicht,
So lasst uns Gott doch einig leben!
Der uns das leben hat beschert,
Ist, daß man ihm leb‘, auch wol wehrt.

Simon Dach – Mein abschied aus der bösen welt

Mein abschied aus der bösen welt
Und auß den schweren banden
Ist nun einmal vorhanden,
Ich bin dem tode vorgestellt,
Und muß, das reich zu erben,
Gleich wie ein opffer sterben.
Ich habe ritterlich gekämpfft
Und meinen lauff vollendet,
Der feinde wütten ist gedempfft
Und alle noht geendet.

In diesem lauff und hartem streit
Hat mir der feind den glauben
Dennoch nicht können rauben.
Die krone der gerechtigkeit
Die jenes leben heget,
Ist mir schon beygeleget,
Got, der im letzten weltgericht
Das richter-ampt wird führen,
Wird selbst mich in dem wahren liecht
Mit solcher krone zieren.

Drumb, meine liebsten, lasset ab,
Viel jämmerliches klagen
Umb meinen tod zu tragen,
Diß sterben, dieses finstre grab
Ist mir auf allem leiden
Der richtsteig zu den freuden.
Ihr müsset auch von hinnen ziehn,
Doch bleibet euch das leben,
Wo ihr die sünde werdet Aiehn
Und Christo euch ergeben.

Denn das gewünschte himmelgut
Ererben alle frommen,
Die Christum angenommen,
Die hie sich gründen auff sein blut,
In seiner furcht sich üben
Und seine ankunfft lieben.
Mit solchem trost bin ich verwahrt,
Und wil das heil gewinnen,
Begebe drauff mich auff die fahrt,
Und scheide so von hinnen.

Simon Dach – Syrach 34. v. 17. 18. 19. 2O.

Was hat doch der für grossen nutz
Der Gott den herren scheuet!
Ist nicht der herr sein schild und trutz,
Wenn ihm ein unglück dreuet?
Des herren helles auge sieht
Auff alle menschen, der gemüt‘
Ihn mag von hertzen lieben,
Daß sie nichts muß betrüben.

Der herr ist wieder die gewalt
Ein schloss, so uns beschütze,
In noth der stärckest auffenthalt,
Ein schatten in der hitze,
Ein hütte, wenn der mittag brennt,
Ein stab, der allen fall abwendt,
Ein‘ hülffe von dem bösen,
Die seinen zu erlösen.

Er schaffet durch sein freuden-liecht,
Daß unser seele lache,
Und unser thränen-angesicht
Sich wieder frölich mache,
Er giebet uns das beste gut,
Gesunden leib und frischen mut,
Wil endlich uns belegen
Mit leben und mit segen.

Simon Dach – Christi rede, da er vor die sünde der gantzen welt sterben sollte.

Die Zeit ist hie, das grosse leiden
Ist länger nun nicht zu vermeiden,
Die centner-schwere sündenlast,
So je die sterblichen auff erden
Begangen und begehen werden,
Lest mir nun länger keine rast.

Was war es groß, den himmel lassen,
Der hohen Gottheit aller massen
Sich eussern, und erniedrigt gehn?
Was war es grosses, sich nicht schämen
Des menschen wesen anzunehmen,
Mit fleisch und blut bekleidet stehn?

In sein selbst eigenthumb zu kommen
Und doch nicht werden auffgenommen,
In tieffster armut immerdar
Vernichtet und verachtet leben,
Sich müssen auff die Aucht begeben,
Erdulden kummer und gefahr?

Ietzt werden erst die grossen plagen
Recht über mich zusammenschlagen,
Gott, deines eiffers wilde flut
Wird seinen abgrundt auff mich stürtzen
Und meinen athem mir verkürtzen,
Mehr, als der winde wütten thut.

Ich seh‘ es kommen schon gezogen,
Herr, alle deine wasserwogen,
Wie stürmt dein eiffer doch so sehr!
Die grosse flut wil mich erseuffen,
Die ungezämbte wellen heuffen
Und stärcken sich je mehr und mehr.

Das strenge wütten deiner nasen
Wil wider mich ein feur auffblasen,
So alle meine lebens-krafft
Wird gar außdörren und außsaugen,
Biß meine glieder nicht mehr taugen,
Und ich werd‘ in den staub gerafft.

Es schärffen löwen ihre klauen
Und lassen wieder mich sich schauen,
Viel ochsen sind auff mich ergrimmt,
Ich seh‘ einhörner auff mich rennen,
Die zahl der feind‘ ist nicht zu nennen,
Die wieder mich zusammenstimmt.

Das ungeheure reich der hellen
Gedenckt am meisten mich zu fellen,
Der alte drache nimmt sein gifft,
Mir einen mordstreich beyzubringen,
Sein gantzes heer wil mich verschlingen,
Durch alles, was die seele trifft.

Sie wollen mich wie weitzen sichten,
Die pfeile, so sie auff mich richten,
Sind alle gifftig zugespitzt,
Gefiedert nur mit list und triegen,
Sie meinen stracks mir obzuliegen,
So sehr sind sie auff mich erhitzt.

Sie suchen ihre krafft zusammen,
Die eusserste gefahr der flammen,
Das allerärgste seelenweh‘
Als je gewest, sol mich versencken,
Man hoffet ganz mich zu ertrencken
Im tiefsten schlam der höllen-see.

Ich werde wie ein hirsch geplaget,
Der von den hunden wird gejaget,
Leufft schnell und furchtsam durch den wald,
Schreyt jämmerlich und suchet hecken,
Sich vor den winden zu verstecken,
Und find doch nirgends auffenthalt.

Die hunde wollen nicht ablassen
Und meinen jetzt nur anzufassen,
Das arme wild ist über das
Auch von der schlangen wund gebissen
Und sehnet sich nach kühlen füssen,
Biß daß es fellet müd‘ und laß.

Ierusalem, du wirst zu dancke
Mir werden meine marterbande,
Wie sehr hast du mir nachgestellt
Und deine zähn‘ auff mich gewetzet?
Ich werde darumb auch erhetzet
Und jämmerlich in dir gefellt.

Hie werd ich durch den stich der schlangen
Am holtze werden auffgehangen,
Hie wird das opffer abgethan,
Das alle welt von ihren sünden
Sol ledig machen und entbinden,
Hie stirbt der rechte pelican.

Der hohepriester wird sein leben
Hie selber zum schuldopffer geben,
In allerheiligst einzugehn,
Hie wird man mich am creutze tödten,
Doch wil ich, todt, auß deinen nöthen
Nach dreyen tagen anfferstehn.

Nun weistu, Gott, wie ich gewandelt,
Und ob ich wieder dich gehandelt;
Ich bin mir keiner schuld bewust,
Man such‘ in meine lehr‘ und worte,
Man forsche meines hertzens pforte,
Wie du, geliebter vater, thust.

Wird etwas nur in den gedancken
Von des gesetzes richtschnur wancken,
So wil ich ewig sein ein raub;
Es werde meiner gantz vergessen,
Der feind sol meine seele fressen,
Man mache mich zu spreu und staub.

Doch wil ich alles gerne dulden,
Ich wil bezahlen frembde schulden,
Man mag, mein leben und mein blut
Zu rauben, mich zur schlachtbanck führen,
Ich wil auch meinen mund nicht rühren,
Recht wie ein stummes lämblein thut.

Sie mögen fälschlich mich verklagen
Und eitel lügen auff mich sagen,
Sie gehen wieder mich zu rath,
Sie bringen auff mich falsche zeugen,
Ich aber wil zu allem schweigen,
Als der kein wiederreden hat.

Ich lasse mich mit dornen krönen,
Verspeyen, geisseln und verhönen,
Mit mördern gleich geschätzet stehn,
Ich wil mich auch zur erden bücken,
Mein creutz zu tragen auff dem rücken
Und so zu meiner wahlstat gehn.

Diß thu ich, vater, deinen willen
In allen stücken zu erfüllen;
Es schreibt dein weises buch von mir,
Ich hab‘ auch in den todes-schmertzen,
Herr, dein gesetz in meinem hertzen,
Und wil es halten für und für.

Nur las hiedurch dein grosses toben
Und heissen zorn sein auffgehoben,
Nim meine schafe wieder an,
Denn daß ich so geplaget werde,
Macht einig diese meine herde,
Von der ich gantz nicht lassen kan.

Was böses je von ihr geschehen,
Was sie verseumet und versehen,
Das bring‘ ich richtig wieder ein,
Und was bey ihr nicht wird gefunden,
Das schöpffet sie auß meinen wunden,
Die ihr zu gut geschlagen seyn.

Ich wil ertragen alle straffe,
Nur schone meiner armen schaffe,
Ich trette zwischen dich und sie,
Und wil sie vor den grossen blitzen
Und donnern deines wetters schützen,
Als ein sehr schwaches, zartes vieh,

Ein volck, das gentzlich mich verstehet,
Wie tieff es in dem irrthumnb gehet,
Ein hauffe, der sich selbst nicht kennt,
Der zu dem guten ist erstorben,
An leib‘ und seele gantz verdorben,
Der willig zu der hellen rennt.

Ihr aber, die ich vom verderben
Erlöse durch mein blut und sterben,
Ihr menschen, seht, wo meiner noth
Der höchste jammer was wird schencken,
So sol der kelch mich zweymal trencken,
Den Gott mir giebt auff meinem todt.

Wo wird gehöret und gelesen,
Daß jemand so geplagt gewesen
Und so verhönt, als ich muß seyn?
Nichts, was da lebt, hat solche wunden
An seiner seel‘, als ich, empfunden,
Nichts wird verglichen meiner pein.

Hiezu hat mich sonst nichts getrieben,
Als daß ich euch so sehr muß lieben;
Ich seh‘ in was für noth ihr seid,
Ich seh‘ euch ewiglich verlohren,
Die ihr zum leben seid erkohren,
Es sey, daß jemand euch befreyt.

So kompt nun her, in meinen banden
Sol eure freyheit sein vorhanden,
Von meiner scheuflichen gestalt
Solt ihr den besten ziehraht nehmen,
In meinem höchsten spott und schämen
Steht euer bester auffenthalt.

Mein grosser durst sol euren stillen,
Und euch mit lebens-wasser füllen,
Das rohr, die spitze dornen-krohn‘,
In der ich muß verächtlich sterben,
Macht euch zu meines reiches erben,
Mein staub gedeyet euch zum lohn.

Mein trauren dienet euch zur freuden,
Und meine blösse sol euch kleiden,
Mein darben ist eur höchstes gut,
Mein niedriggehn sol euch erheben,
Mein herber todt ist euer leben,
Und eure reinigung mein blut.

Ich schwer‘ euch bey dem falschen küssen,
Bey meinen durchgebohrten füssen,
Und was man kläglichs an mir schaut,
Bey meinem kümmerlichen heulen,
Und blutig unterlauffnen beulen,
Bey meiner ausgedehnten haut,

Ich schwer euch bey dem todesstreiten,
Bey meiner auffgespaltnen seiten,
Und dem, wodurch die böse rott‘
Ietzt wieder mich sich hat empöret,
Bey allem, welches mich unehret,
Bey meinem grossen hohn und spott,

Ich kan euch hertzlicher nicht lieben,
Noch euch zu gut was mehr verüben;
Nur kompt zu mir, damit ich euch
Durch meinen reichen trost erquicke,
Und dann gewünschet nach mir zücke
In Gottes, meines vatern, reich.

Wer aber auff mein freundlich locken
Nicht kömpt, und wil sein hertz verstocken,
Wer sich an mein verdienst nicht helt,
Den lass‘ ich in des sathans ketten,
Dieweil euch anders zu erretten
Es meinem vater nicht gefellt.