Zeller, Albert – Wie gerne möcht ich Hütten bauen,

Wie gerne möcht ich Hütten bauen,
Wo die Verklärung dich umstrahlt,
Und in dein Gottesantlitz schauen,
Wie es kein Wort, kein Zeuge malt,
Wo deine Heilgen aus den Toten
Anbetend feiernd um dich stehn,
Der nahenden Vollendung Boten,
Entzückt den Glanz die Jünger sehn!

Kurz war die Pracht, und eh sies dachten,
Schloss sich ihr Aug der Herrlichkeit
In schwachen menschlichen Umnachten,
Und wieder wallte weit und breit
Des irdschen Tages Sonnenflimmern
Um Fels und Wald, um Thal und Flur:
Von der Verklärung hohem Schimmern
Dahin die letzte lichte Spur.

Wie ist das Reich der selgen Geister
Dem Staubgeborenen so nah!
Sie sind bei dir, dem Herrn und Meister,
Und du bist heut und immer da;
Doch wenn in selgen Augenblicken
Der Vorhang unsichtbar sich hebt,
Und sich das Herz zum Schaun will schicken,
Sind wir von Wolken schnell umschwebt.

In solchem Fluten, solchem Schwanken,
Von Licht zu Nacht, von Nacht zu licht,
Erglühn und dunkeln die Gedanken,
Die lichtesten ein Traumgesicht;
Da fasst den Kühnsten Angst und Grauen:
Wer sind wir, Herr? und wo bist du?
Wann lässt du uns dein Antlitz schauen,
Und schenkst für immer Fried und Ruh?

Wir möchten reden, müssen schweigen,
Kaum wissend, was wir selbst gesehn,
Und von den Bergen niedersteigen
Und in des Lebens Täler gehn.
Nicht feiern dürfen wir da droben
Im Anschaun solcher Herrlichkeit;
Hier unten müssen wir erproben,
Ob wir dir wirklich uns geweiht.

So willst dus Herr, der uns erschaffen,
Von Höhen uns zu Tiefen führt;
Uns übst in deines Lichtes Waffen,
In treuem Dienst, wie sichs gebührt;
Und, wenn die Dunkel uns umwallen,
Und uns entgeht der letzte Hort,
Aus lichten Wolken lässt erschallen
Dein trost- und friedereiches Wort.

Was uns in jenen selgen Stunden
Kam Unaussprechliches zu gut,
Im eignen Kampf, in Kreuz und Wunden
Wird es uns erst zu Fleisch und Blut:
Da wird die Ahnung zur Erkenntnis,
Dein Wort zur grünen Lebenssaat,
Frei, klar und offen das Bekenntnis,
Und aus der Sehnsucht Kraft und Tat.

Zeller, Albert – Nur keinen guten Augenblick verscherzt!

Nur keinen guten Augenblick verscherzt!
Aus Augenblicken nur besteht das Leben:
Die Freude frisch und wonniglich geherzt,
Zur bösen Stunde dankbar und ergeben!
Auch tief verschleiert bleibt die Schönheit schön,
Und jeder Nebel muss zuletzt vergehn.

Lebwohl! Lebwohl! wann tut nicht Scheiden web?
Ein bittrer leid gibt es ja nicht hienieden;
Doch hat das Scheiden ohne Meiden je
Die Liebe selbst und liebende geschieden?
Nein, höher nur und herrlicher entflammt
Das Feuer, das aus Gottes Herzen stammt.

Lebwohl! Lebwohl! Hinauf, hinausgeschaut!
Das Leben rauscht dabin wie eine Welle;
Wohl dem, der auf die Ewigkeit gebaut,
In Gottes Herzen hat die rechte Stelle!
In seiner liebe bleiben wir vereint,
Ob hier, ob dort uns seine Sonne scheint.

Zeller, Albert – Wie wundersam gewoben

Wie wundersam gewoben
Ist Menschenglück und Leid!
Wie bald in Nichts verstoben
All unsre Herrlichkeit!
Doch während noch in Kummer
Ein Herz verloren sinnt,
Aus tief verborgnem Schlummer
Ein neuer Trost beginnt.

Kaum ist die Sonn gesunken
Hinunter in das Meer,
So sprühts in tausend Funken
Vom mächtgen Himmel her,
Und wenn die Stern erbleichen
Und nur der Morgenstern
Noch glänzt vor Seinesgleichen,
Ist auch der Tag nicht fern.

Durch alle Klagelieder
Tönt noch ein Jubelton,
Der bringt geheim uns wieder,
Was offenbar entflohn:
Wer wollt zumal es sagen,
Was ihn betrübt, erfreut,
Der müsste Rosen tragen
Zum schwarzen Trauerkleid.

Und wo sich Zwei in Treue
Für Ewig angefasst,
Wohl trennt sie stets aufs Neue
Der alte böse Gast;
Ist wirklich drum vergangen,
Was deinem Aug vergeht,
Wenn es in lichtem Prangen
Fest in dem Herzen steht?

Doch wenn auch Menschenherzen
Voll Lieb und Treue sind,
Wie wechseln Leid und Scherzen
Bei ihnen so geschwind!
Nur Einer liebet immer,
Der uns geboren ist,
Nur Einer wechselt nimmer,
Das ist der Jesus Christ.

Das Herz, das Er berühret
Mit seiner Gotteshand,
Das Er geweiht und zieret,
Gewinnt allein Bestand.
Nun weiß es erst, was Lieben
Und ewge Treue heißt,
Von seiner Kraft getrieben
Und seinem heilgen Geist.

Es lachet und es weinet
Wohl auch ein Christenkind,
Doch anders ists gemeinet
Mit dem, was es beginnt.
Was es auch hat betroffen,
Gott hat es wohl gemacht:
Es sieht den Himmel offen,
Geweiht die Erdennacht.

Zeller, Albert – Es fällt kein Haar von eines Menschen Haupt,

Es fällt kein Haar von eines Menschen Haupt,
Wenn es nicht Gottes ewger Rat erlaubt,
Und wenn das Haupt, das diese Locken trägt,
Sich nun hinab zum letzten Schlummer legt,
Wer hats gewollt als seine höchste Macht,
Die Tod und Leben schöpferisch bewacht,
Den schönsten Traum aufs stille Lager senkt,
Zur rechten Zeit ein froh Erwachen schenkt?

O Liebe Gottes, wie bist du so groß!
Wie ruht es sich so sanft in deinem Schoß!
Macht schon die Locke, die ich treu bewahr,
Mir eines Kindes Leben offenbar,
Wie wird es sein, wenn alles sich erfüllt,
Das Vaterantlitz ganz sich mir enthüllt!

Zeller, Albert – Vater und Mutter werden dich verlassen,

Vater und Mutter werden dich verlassen,
Die liebsten Seelen ziehen vor der Zeit:
Wer kann das Leid und all den Jammer fassen,
In die der arme Mensch wird eingeweiht?
Ein trüber Flor hängt um die Lichtgestalten
Der schönen Welt in schweren Falten her,
Es scheint ein dunkles, unheilvolles Walten,
Gesetzlos, wie das wild empörte Meer.

Wo ist die Heimat, wo die sichre Stätte,
Da unser höchstes Glück vor Anker ruht?
O wer es wüsste, sie gefunden hätte,
Wie schwölle dem so königlich der Mut!
Doch keine Antwort wird dem stürmschen Fragen,
Dem ungebrochnen schmerzbetörten Sinn,
Und gleich der Wolken flüchtgen Schatten jagen
Die Zweifel über unser Leben hin.

Herr, gib uns Licht in diesen bangen Nächten,
Mach unser Herz vor deiner Größe still,
löse die Bande, die uns eng umflechten,
Und zeig uns klar, was deine Liebe will,
Du, der du mit der gleichen Vatertreue
Au deine Kinder auf dem Herzen trägst,
Und ohne dass es jemals dich gereue,
Gedanken nur des Friedens für sie hegst!

Dein Tun ist Licht, und deines Lichtes Strahlen
Bescheinen auch den dunkeln Erdenpfad,
Und Jeder trinkt aus deiner Liebe Schalen,
Der sich in Demut kindlich zu dir naht.
Du hast uns nicht zum irdschen Glück erschaffen,
Wenn du uns auch viel tausendmal erquickst,
Und in den Kampf mit deines Geistes Waffen
Die Engel deines Trostes niederschickst.

Arbeiten, Beten, Geben und Vergeben
Ist hier die Losung. Wohl ein selig Los!
Willst du noch größern Schmuck für dieses Leben?
Dünkt dir der Segen nicht genugsam groß?
Und weiter führet ja und immer weiter
Durch Nacht und Tag die ernste Pilgerbahn;
Ein Christenkind bleibt immer sanft und heiter,
Es kennt das Ziel: Es gehet himmelan!

Zeller, Albert – Wie wunderbar ist Gottes Welt

Wie wunderbar ist Gottes Welt
An Erd und Himmel doch bestellt!
Der Mond, die Sterne und der Tag,
Was unser Aug nur schauen mag,
Der Seen und Berge Herrlichkeit,
Die grünen Täler weit und breit,
Ein Leben, Tauschen, Wieder dein,
Ein Liebesgruß ins Herz hinein!
Und mitten in der Herrlichkeit
So tiefer Schmerz, so herbes leicht
Dass wir mit jedem Schritte sehn,
Dass wir hier nur als Pilger gehn,
Und unser Herz, wie schöns hier ist,
Der schönren Heimat nie vergisst.

Zeller, Albert – Wie von jedem Wellenschlage

Wie von jedem Wellenschlage
Wird des Ufers Saum berührt
Und von Tage wird zu Tage
Guter Grund hinweggeführt,
Also nimmt von unsrer Seele
Jeder Wellenschlag der Zeit,
Wie das Herz es sich verhehle,
Auch ein Stück Vergangenheit.

Und so morgen, wie auch heute
Geht ein Teil von uns dahin,
Eine willenlose Beute,
Wie die Wellen selbst entfliehn.
Soll es also immer bleiben?
Ist das Schönste Schaum und Spiel?
Setzt denn Nichts dem eitlen Treiben
Ein gewisses, festes Ziel?

Lieben, Hassen, Suchen, Meiden,
Finden und Verlorengehn
Drängen sich von allen Seiten
Ohne Halt und Stillestehn,
Wie vom Wirbelwind getrieben
Fallend Laub im Herbst sich dreht.
Sind auf immer wir verschrieben
Dem zu Frühe, dem zu Spät?

Ärmer als das ärmste Wesen
In der Schöpfung reichem Kreis,
Wären wir zur Qual erlesen,
Bänd uns solch ein Machtgeheiß;
Doch der Geist, der uns verliehen,
Nimmt es auf mit einer Welt,
Wenn im Wechsel und Entfliehen
Alles um ihn welkt und fällt.

Wohl dem, welcher der Verheißung
Und des Himmels Kraft vertraut,
Und nach ihrer heilgen Weisung
Treu sein innres Leben baut!
Frei nach Außen und nach Innen
Wirkt und ruhet, nimmt und gibt!
Mag Vergängliches zerrinnen,
Ewges hat er nur geliebt.

Wie ein Palmbaum steigt sein Leben
An des Stromes Ufer auf,
Segen muss ihm Alles geben
In der Dinge Wechsellauf,
Wie er selber Lust und Segen
Allen dienend freudig beut,
Und im liebevollen Regen
Jugendlich sich selbst erneut.

Zeller, Albert – Vom Himmel fällt des Segens Tau,

Vom Himmel fällt des Segens Tau,
Der eine kranke Blume heilet
Und dem geheimnisvollen Bau
Aufs Neue Kraft und Duft erteilet.
Der Freund im Schmerz, was kann er tun,
Als sanft die zu Gebeugte heben,
So lang die innern Kräfte ruhn
Mit ihrem eignen tiefsten Weben;
Doch, hat in ihres Schöpfers Macht
Sie dann aufs Neue sich erhoben,
So freut er sich der stillen Pracht
Und blickt mit ihr im Dank nach oben!

Zeller, Albert – Gottes Name sei geschrieben

Gottes Name sei geschrieben
Über all dein Tun und Lieben,
Sei es groß nun, sei es klein!
Nicht was du getan hienieden,
Was du warst, das schaffet Frieden,
Ewig Segen oder Pein.

Auch der Ärmste, der Entblößte
Aller Kraft, vermag das Größte,
Was ein Mensch nur wirken kann:
Seiner Seele Feld zu bauen,
Fröhlich auf zum Herrn zu schauen,
Frei zu werden von dem Bann.

Kannst ein Gotteskind ja werden!
Gibt es Höhres noch auf Erden?
Nun wohlan, so zögre nicht:
Werd sein Kind, auch deine Engel
Sehen allzeit ohne Mängel
Deines Gottes Angesicht.

Willst du wirken, nun so trete
Fromm und kindlich im Gebete
Hin vor seinen Gnadenthron!
Bet für Diesen, bet für Jenen,
Bet für alle Welt mit Sehnen,
Bet zum Vater in dem Sohn!

Soll dir Größres noch begegnen,
Als die ganze Welt zu segnen?
Willst du stärker, reicher sein?
Preise Gott zu allen Stunden,
Ob sie bös, ob gut befunden,
Und das Himmelreich ist dein.

Zeller, Albert – Weißt du, o Seele auch, was gottgelassen heißt?

Weißt du, o Seele auch, was gottgelassen heißt?
Das ist ein stiller Mut, das ist ein freudger Geist,
Der lässet alle Lust, die Gott nicht wohlgefällt,
Der lässet alles Leid und Traurigkeit der Welt,
Ja selbst die eitle Neu, die stets nur an sich klebt
Und weder Blick noch Herz zum Kreuz des Herrn erhebt,
Die murrt, indem sie nur sich selbst zu richten glaubt
Und sich den süßen Trost der ewgen Gnade raubt.
Die Gottgelassenheit, das höchste Pilgergut,
Auf der der Segen hier und die Verheißung ruht,
Sie werd und bleibe stets dein liebstes Eigentum
Zu deiner Seligkeit und deines Gottes Ruhm!