Zinzendorf, Nikolaus von – Rechtschaffener Wandel in Jesu Nachfolge.

O Sonne! die aufs Nied’re sieht:
Da singt ein armer Staub,
Den Deine Kraft allmächtig zieht: (Luk. 19, 40.)
„Ich rede, denn ich glaub‘!“

Zuerst gesteh‘ ich ohne Scheu,
Jedoch nicht ohne Scham,
Dass ich vom Licht ergriffen sei,
Das auf die Erde kam.

Ich weiß die angenehme Zeit,
Da mir die Gnad‘ erschien;
Da Jesus rief, war ich bereit,
Mit diesem Mann zu zieh’n.

Doch, wie es zu geschehen pflegt,
Die Seele macht sich schwer,
Wenn Er sie auf die Achseln legt:
So ging’s hier eben her.

Der Heiland nahm mich, wie ich war,
Als einen toten Mann,
Bei meiner Seele Tod’sgefahr
Zu Seiner Pflegung an.

Ich bat um Hilfe; da Er nun
Mit Seiner Hilfe kam:
So scheute ich das Wehetun,
Und war den Mitteln gram.

So müht sich unser HErr mit mir
Nun schon gar lange Zeit:
Und hat noch wenig Ehr‘ und Zier
Für Seine Emsigkeit.

Ihr Töchter Salems! seht mich an,
Ob ich Gespielin sei?
Nun ist mein Schleier weggetan,
Nun ist das Herze frei!

Ach, helft mir bitten, was ihr könnt,
Ihr Freunde, helfet mir!
Dass, da mein Herz von Jesu brennt,
Mein Tun die Lehre zier‘.

Was hör‘ ich? Stimmen aus dem Chor,
Da Christus herrscht und ruht:
Sie singen mir gar lieblich vor:
„Auf, Seele, wohlgemut!

Der König, unser Seelenfreund,
Hat einen solchen Trieb,
Der’s redlich mit uns Allen meint,
Und hat dich herzlich lieb!

So lange man auf Erden ist,
So lange wird gebaut:
Zuletzt kriegt dennoch Jesus Christ
Ein reines Herz zur Braut!

Nur merke dir, mein Herz, dies Wort:
Wenn Jesus winkt, so geh‘;
Wenn Jesus zieht, so eile fort;
Wenn Jesus hält, so steh‘!

Wenn Er dich lobet, beuge dich;
Wenn Er dich liebt, so ruh‘:
Wenn Er dich aber schilt, so sprich:
Ich brauch’s, HErr, schlage zu!

Wenn Jesus Seine Gnadenzeit
Bald hie, bald da verklärt:
So freu‘ dich der Barmherzigkeit,
Die Andern widerfährt!

Wenn er dich aber brauchen will,
So steig‘ in Kraft empor!
Wird dein getreuer Führer still,
So nimm du auch Nichts vor.

Kurz: dein und unser Aller Herz
Sei von dem Tage an
Bei Schmach, bei Mangel und bei Schmerz
Dem Lamme zugetan!“

Gelobet sei der Liebesbund!
Der stürze Babel hin,
Und brauche unsern Geist und Mund
Der Einfalt zum Gewinn.

(1727.)

Zeller, Albert – Es muss ja durchgestritten

Es muss ja durchgestritten
Und durchgerungen sein,
Geduldet und gelitten
Bis zu der letzten Pein.

Es strömt aus tausend Wunden
Mir Blut und Leben hin
In diesen bängsten Stunden,
Und irre schwankt mein Sinn.

Es zuckt das Herz zusammen
In seines Schöpfers Hand,
Es wühlt in Glut und Flammen
Der ungeheure Brand.

O Herr erbarm, erbarme
Dich mein in dieser Not,
Es hält mit eisgem Arme,
Umschlungen mich der Tod!

Soll ich denn gar vergehen,
Versinken in ein Nichts?
Hast du von deinen Höhen
Nicht Einen Strahl des Lichts?

Ein Blick des Kreuzesfürsten
Fällt in die dunkle Nacht,
Und meinem heißen Dürsten
Ist schnell ein End gemacht.

Hat er nicht Alles, Alles
Erduldet mehr als du,
Für dich den Sohn des Falles
Und deine Herzensruh.

Er selbst der Herr des Lebens,
Der nur mit Willen starb?
Machst du sein Werk vergebens,
Der rettet, was verdarb?

Und wie er überwunden
Kreuz, Jammer, Todespein,
So kann ich nur gesunden
In seinem Blut allein.

Mit Sterben und mit Scheiden
War er ja nur gesinnt,
Die Stätte zu bereiten,
Wo seine Diener sind.

Er sammelt Alle, Alle
Einst in des Vaters Haus,
Und in des Himmels Halle
Geht unsre Wallfahrt aus.

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Nachfolge Christi.

Der Henne folgt das Küchlein nach;
Es liebet seiner Mutter Sprach‘:
Ach, gib, daß ich Dir folge recht,
Mein Heiland, als ein treuer Knecht!

Dein Leben zeigt mir meine Pflicht;
Du bist mein Spiegel und mein Licht;
Ach, HErr! wie bin ich noch so weit
Von Deines Bildes Ähnlichkeit!

Du stundest stets auf Deiner Hut;
Du kanntest wohl der Feinde Wut;
O lass mich doch nicht sicher sein,
Wo mir der Feind könnt‘ brechen ein!

Von Ehrerbietung war Dein Herz
Vor Deinem Gott, und stets aufwärts
Erhoben: ach! ich bitt‘ um Stärk‘,
Dahin zu richten auch mein Werk.

Ernsthaftig warst Du allezeit,
Von Scherz und Tändeleien weit;
O, daß ich noch so eitel bin,
Und oft verlasse diesen Sinn!

Den Sinnen starbst Du gänzlich ab,
Lebtest in steter Übergab‘
Des Willens bloß an Deinen Gott:
Erfüll‘ in mir auch dies Gebot!

Wie fest war Deine Zuversicht,
Daß Dich einmal würd‘ lassen nicht
Der Vater: O, gib doch auch mir,
Daß ich so hang‘ und Fleh‘ an Dir!

Im Leiden warst Du als ein Lamm,
Schaltst nicht, die Dir ohn‘ Ursach‘ gram;
Du tatest nicht auf Deinen Mund,
Batst für die Feind‘: o Liebesgrund!

Ach! gib mir doch auch die Geduld,
Wenn ich muss tragen viele Schuld,
Daß ich’s von Gottes Hand annehm‘,
Und nicht, als ob’s von Menschen käm‘!

Du warest öfters gern allein,
Und hieltest viel auf Stillesein;
Auf Berg‘, in Wüsten brachtest Du
Oft ganze Nächt im Wachen zu.

Dein Wandel war ein stet Gebet:
O, daß ich auch den Eifer hätt‘!
Ach! Du wollst mir mit Kraft beisteh’n,
Stets betend auch einherzugehn!

Sehr treu und freundlich umzugehn
Mit Armen, Schwachen, Irrenden,
War Deine Weis und steter Brauch:
O wär‘ es doch der meine auch!

Doch wenn’s betraf Dein’s Gottes Ehr‘,
Konntst Du, o Lamm, auch eifern sehr:
Fürchtetest nicht Hoch oder Reich,
Gering, Ansehnlich war Dir gleich.

Gib mir auch unerschrocknen Mut
Und Eifer, wenn’s vonnöten tut;
Doch aber auch Bescheidenheit
Und heilige Fürsichtigkeit!

Wenn man dabei uns Schwärmer schilt,
Wenn als ein Tor Dein Jünger gilt,
Daß ihn die alten Freunde fliehn,
Und selbst Verwandte sich entziehn:

So gingen Deine Jünger all‘
Doch durch viel Elend, Schmach und Qual,
Die nun auf Deinem Berg Zion
Sich ewig freun vor Deinem Thron.

Scheint’s Dem unmöglich, Andern schwer,
So kennen sie nicht Deine Lehr‘,
Noch Deine Liebe; die macht’s leicht,
Daß uns Nichts mehr unmöglich däucht.

In meinem Herzen merk‘ ich doch:
Daß eben sei Dein sanftes Joch
Die richtige und schmale Bahn,
Die geht Dir nach, an’s Kreuz hinan!

Xylotectus, Johannes – Das drit Jacobs Lied.

WEr das ellend bawen wil
der mach sich auf und ziech dahin
wol auf des Herren Strasse
Gedult und glauben darff er wol
soll er die welt verlassen.

Den weg den er nun Wandern sol
der ist Ellennd unnd Trübsal vol
das nemens wol zu hertzen
freud unnd lust fere gar dahin
bleybt nicht dann leyden unnd schmertzen.

Das fleysch förcht sich und sicht sich umb
ob ynndert ein feinnd dort her kumb
der es möchte erlangen
Rauscht ain blat vom baum herab
er meint er sey schon gfangen.

Wenn nun schon das fleysch zu boden geet
unnd jm der todt entgegen steht
so schwebt der Gayst frey oben
zeygt unns an die arge welt
die uns halt lang betrogen.

So stehet der Bilgram auff dem land
der Herr reycht jhm die trewenn hannd
kan jm den weg recht weysen
Kain gefar jm schaden sol
von obenn her wil er jn preysen.

Da hebt sich dann ein Rauschen an
wer fort wil farn auf diser ban
der feind der find also vile
flaisch unnd blut vermag es nicht
das man die all kan stillen.

Wo nicht der Hauptmann wer bereyt
unnd unns zu helffenn het gebenn bschayd
so wer es schon verlorenn
Schreyt unnd rufft kombt her zu mir
seyt jr auß Gott geboren.

Nimb hin das Creutz zu aller stunnd
ich hab mit dir gemacht ain bund
darauff solt du vest bauwen
Bleyb nur stet schaw nit zuruck
es sol dich nicht gerewen.

Ich bin der weg und auch die thür
sonst kompt kain mensch herauff zu mir
der vatter muß jn ziehen
Kain gewalt ist auff der erd
er muß sein zorn fliehen.

Darumb sey keck auff diser ban
die ich vor lengst gebawen han
ich bin den furtgewaten
Glaubst du nur von hertzenn mir
es sol dir wol geraten.

Die forcht der welt laß faren hin
stell nitt nach gut unnd eytel gewin
du must es alles verlassen
leyb und gut schlag in die schantz
das heyst sich selber hassen.

Hab acht auff dich schauw eben auff
das dir niemands vor disem lauff
das zil laß dir nit rucken
Englisch klaider legt an der feind
versucht dich an allen stucken.

Der Munnd sol zu gesperret sein
hüt dich vor allem falschenn schein
hör deines Vatters stimme
Red still mit kurtzen wortenn
hüt dich vor seinem grimme.

Hörst du sein wort und folgest jm
fleüch aller Wölffen stimm
kenn jhn von hertzen alleine
Lebst in seiner forcht fort an
es wirdt dir alles raine.

Wenn du yetz schier kombst zu dem zil
erst hebt sich an ain Ennglisch spil
solt du das gstatt erlangen
eng und schlüpfferig ist der weg
mit fewr und wasser umbfangen.

Da geht dann angst und zittern an
das fleysch in der prob bestan
kain trost ist da zu finden
Gottes hand ist aber starck
kan alles sehr wol linden.

Hie ist alda der gayst bereyt
niemand ist der uns von Gott abschaidt
kain schwerdt noch last auff diser erd
Trag das Creütz biß an die stat
das klainer muß dir werden.

Hie fleüst dann her die ware rhu
inn der da ist kain spot spat noch fru
das ist das ewig lebenn
das du unns Herr versprochen hast
das wirst uns gewißlich geben.

Dem Vatter sey nun lob unnd ehr
der da was und ist ymmer Herr
und ewig helt sein namen
Christus der ist unser gott
des wir uns gar nit schamen.

Aus dem Original abgeschrieben

Xylotectus, Johann – Das ander Jacobs Lied

WElcher das ellend bawen wöll
sein Seel bewaren vor der Hell
der ziech auff Christus strassenn
Dann wer wie im das leben wil han
der muß die welt verlassen.

Er sech das ehr thu rechter buß
ain neuwer mensch er werden muß
von sünden sich bekeren
Wer glaubt inn Gott der helt sein gepot
durch Christum unsern Herren.

Der glaub on dwerck ist falscher schein
er muß durchs Creutz beweret sein
wie Gold im fewer probieret
Wer glauben rümbt
die werck nicht übt
der hat sich selbs verfüret.

Ein rechter Christ zeucht Christum an
er ist fürwar die rechte ban
die warhait unnd das leben
Wer also glaubt dem ist erlaubt
durch Christum die sünd vergeben.

Sein hauß bawt er auch rechten grund
die liebe ist sein höchster bund
die warhait allzeyt preyset
treybt unnd dringt
gutt werck sy bringt
den Glauben mit beweisen.

Ein rechter Christ der glaubig ist
der ist alzeit mit gedult gerist
kein ubels thut er rechen
Er lasset nach gibt Gott die rach
der wirt all ding außsprechen.

Also ist Christus Bilgerfart
fürwar seins Geyst inn solcher art
hatt unns ein fürbild glassen
das wir jm solten folgen nach
und bleiben auff der strassen.

Wer solchen Geyst bey jm nicht hatt
der such bey Got auch frü und spat
golt muß man von jm kauffen
Das höchste gut durch Christus blut
sonst hilfft kein walln noch lauffen.

Wer anders meynt zukommen dahin
der geht nit recht durch Christum ein
der thür hat er gefeelet
Ein dieb unnd mörder muß er sein
der alzeyt raubt und stelet.

Kain ander mitler noch heilant ist
der Apostel grunnd ist Jesus Christ
als sy uns selbs verkünden
Kein andern grund man legen mag
das leben sonst nicht finden.

Ein solcher weg ist unns berayt
der Bilger muß auch sein beklaydt
geschucht an seinen füssenn
Wer gnad unnd ablaß haben will
der muß sein sünd vor büssen.

Ein breyten hut den muß er han
den harnisch Gottes legen an
der Mantel der ihn decket
Vil böser wind jn wehen an
der feind jn hart erschrecket.

Ein Bilgerstab er habenn soll
das gaystlich schwerdt umbgürtenn wol
Gottes wort soll er wol fassenn
das außlesch die fewrig pfeyl
vom bößwicht werden geschossen.

Die flasch unnd Schüssel muß er han
speyß dir kompt von obenn herab
auß Christus leib thut fliessen
kein andre art auff diser fart
der Bilger mag geniessen.

Er sech das er gebeychtet hab
Christum der jm verzeihen mag
ja hie inn disem lande
Derweg ist weyt nach diser zeyt
kain büß mer ist verhanden.

Wacht auff jr Brüder uberal
wir haben ein hohen runtzenfal
durch den wir müssen lauffenn
das ist die welt mit jhrm geschell
thut uns schlahen und rauffen.

Der Bilger kompt mit seinnem trost
der unns am creutz mit blut erlost
der die welt hat verbunden
spricht leyt getrost und volgt mir nach
in diser letzten stunden.

Wer liebe hat der volgt jm nach
und sichs nicht an der Welte schmach
darbey wirdt glaub erkennet
wo dz nit ist
da ist kein Christ
wie offt man jn doch nennet.

Wer das nit glaubt der ist beraubt
fürwar ain Tauff ist jhm erlaubt
hie wil ichs lassen bleybenn
Doch welche recht Gottes kinder sind
sein Gayst wirdt sy wol treiben.

Aus dem Original abgeschrieben

Xylotectus, Johann – Jacobslied

WElcher das ellend bauwen wöll
der mach sich auff und rüst sich schnell
wol auff die rechten strassen
Vater muter ehr und gut
sich selbs muß er verlassen.

Stab und ruten muß er han
mit Dauid tröstlich ein her gan
im weg der Gottes gepoten
Der hefen Egypti achten nicht
des flaischs darinn gesoten.

Zum rechten brunnen muß er gan
die pfützen ungetruncken lan
will er der gsunndthait pflegen
Bewar sich mit speiß die nicht zerinn
sein burd muß er tragen.

Für und für hang er alle tag
on hindersich sehen als weyt er mag
sorg soll er lassenn faren
Gott der speyßt die vögel und thier
der wirdt in wol bewaren.

Findt er ain Bruder auff der ban
soll ehr nit lassen mangel han
sein speyß und tranck im geben
Gnad und ablaß diser fart
ist dort das ewig leben.

Aus dem Original abgeschrieben

Arnold, Gottfried – Abschied von der Welt.

Entfernet euch, ihr matten Kräfte,
Von Allem, was noch irdisch heißt;
Wirf hin, die zeitlichen Geschäfte,
Mein g’nug geplagter, müder Geist!
Nun gute Nacht!
Es ist vollbracht;
Ich fang ein ander Wesen an,
Das sich mit Nichts vermengen kann.

Ihr Berg‘ und Thäler, helft mir singen,
Besingen meines Jesu Preis,
Der unter so geringen Dingen
Mich noch so treu zu schätzen weiß!
Habt gute Nacht!
Ich hab’s bedacht:
Es ist nun endlich hohe Zeit,
Zu fliehen die Vergänglichkeit.

Ihr seyd ja wohl, ihr grünen Auen,
Im Sommer lieblich anzuseh’n;
Doch wird man auch an euch bald schauen,
Wie alle Schönheit muß vergeh’n.
Drum gute Nacht!
Doch nimm in Acht,
Mein Herz: du liebest von Natur,
Ach, allzuviel die Kreatur.

Hast bu bisher noch was geliebet,
Das Kräfte dir und Zeit verzehrt,
So sey denn auch nicht mehr betrübet,
Wenn sein Genuß dir wird verwehrt.
Gib gute Nacht!
Dein Heiland wacht,
Und will daß Sein Erkaufter bleib‘
Ihm treu, und keusch an Seel‘ und Leib.

Hinweg, du schnöde Eigenliebe!
Laß künftig meine Seele leer!
Ich folge Christi Liebestriebe;
Nur ihm gebühret Ruhm und Ehr.
Nun, gute Nacht,
Du Stolz und Pracht!
Euch stoß‘ ich aus dem Herzen aus,
Sonst wird es nimmer Jesu Haus.

Herr, mach‘ mich los von allen Banden,
Reiß auch das feinste Netz entzwei;
Mach‘ aller Feinde Rath zu Schanden,
Daß ich dein treuer Jünger sey!
Hab‘ gute Nacht,
Du List und Macht,
Die mich so oft betrogen hat!
Ich flieh‘ in Christi freie Stadt!

Wie süß ist doch ein freier Wandel,
In reiner Abgeschiedenheit,
Wenn nun des Weltgeists irrer Handel
Uns keine Plage mehr bereit’t!
Ja, gute Nacht,
Du finstre Macht!
Mein Jesus nimmt nun Herz und Sinn
Auf ewig sich zu eigen hin!

Verbirg mich, gib mir deinen Frieden,
Und halte mich in deinem Schooß,
Daß ich von Allem abgeschieden,
In Dir, Herr, lebe kummerlos!
Welt, gute Nacht!
Die Liebe macht,
Daß ich mich selbst vergessen kann,
Und sehne mich nur himmelan.

Herman, Nikolaus – Ein Bergreihen von Bescheidenheit und Sanftmuth.

Wer schnurrt und purrt allzeit im Haus,
Der richt damit sehr wenig aus.
Ein freundlich Wort mehr Frommen schafft,
Weib, Kind und Gsind es williger macht.

2. Im Regiment gehts auch so zu:
Wer sanft regiert, pflanzt Fried und Ruh.
Der allzeit schnarcht und fährt mit Gwalt,
Derselb hat ausregieret bald.

3. Ein Lehrer, der stets scharrt und pocht,
Der schafft beim Volk sehr wenig Frucht.
Braucht er kein Glimpf und sanften Muth,
Der Kirchen er viel Schaden thut.

4. Sanftmuth ein schöne Tugend ist,
Der sich selbs rühmt der Herre Christ;
Sanftmuth von ihm der lernen soll,
Wer will regiern und lehren wohl.

5. Sein besser Würz ist, denn das Salz,
Doch braucht man Honig, Zucker und Schmalz,
Wenn man ein Speis soll machen gut,
Übrig Salz Alles verderben thut.

6. Wer allzuscharf ein Waffen schleift,
Der lähmt sich selbst, so er drein greift.
Denn gar zu scharf macht Scharten viel,
Auch bricht, was Gwalt schnell biegen will.

7. Ein Maaß zu allen Ding ist gut.
Wohl dem, ders Mittel treffen thut;
Man sagt, zu viel sei ungesund,
Wers Maaß hält, der ist ein Ausbund.

8. Strafen hat auch sein Maaß und Ziel,
Wer allzeit poltern und schelten will,
Und allen Unflath regt und rührt,
Mit Schaden der lehrt und regiert.

9. Der oben aus und nirgend an,
Verfügt gar manchen theuren Mann;
Fahr schön, thu gmach und säuberlich,
So schaffst du Nutz bei männiglich.

10. Wer nicht bisweil durch d‘ Finger sieht,
Hört und hört nicht Alls, was geschieht,
Derselb oft Übel ärger macht,
Gmein, Fried und Nutz nicht wohl betracht.

11. Wer schlechts will mit dem Kopf hindurch,
Der gibt sich in groß Gfahr und Sorg,
Daß er sich nicht selber renn ab,
Und darnach Spott zum Schaden hab.

12. Wer Alls zu Pölzen(Pfeilen) drehen will,
Drei Kegel treffen alle Spiel,
Dem fehlts oft um ein Baurenschuh,
Ein Narr ists, der will sein zu klug.

13. O wie selig ist diese Stadt,
Die Lehrer und Regenten hat,
Die Glimpf und Ernst bequemer Zeit
Brauchen mit aller Bscheidenheit.

14. Wer sich selbs lehret und regiert,
Ein Ehrenkranz der billig führt,
Wer aber ist nur ein Webstein,
Des Ruhm und Preis ist gring und klein.

Herman, Nikolaus – Von angefangenem Gehorsam und neuem Leben.

Aus dem 15. Psalm.

Wer durch den Glauben ist gerecht,
Der muß nicht sein der Sünden Knecht.
Wer wohnen will in Gottes Haus,
Muß die alte Haut ziehen aus.

2. Dem Fleisch muß er sein Willn nicht lan,
Ein neues Leben fangen an.
Den alten Adam muß er tödten,
Und zum Ghorsam zwingen und nöthen.

3. Sein böse Lust die soll er dämpfen,
Und mit dem Geist darwider kämpfen,
Damit er sterb der Sünden ab,
Und sich zu bessern Willens hab.

4. Denn wer will sein ein rechter Christ,
Der mach seinen Beruf gewiß
Laß die Sünd in ihm herrschen nicht,
Wie er sich in der Tauf verpflicht.

5. Ein Christ geht ohn Wandel her,
Recht zu thun ist ad sein Begehr,
Und ob man ihm was Args zumißt,
Tausend Zeugen sein Gwissen ist.

6. Er tröstet sich seiner Unschuld,
Bös überwindt er mit Geduld,
Von Herzen er die Wahrheit liebt,
Mit Lügen er Niemand betrübt.

7. Sein Zung den nächsten nicht verletzt,
Die Leute nicht zusammen hetzt,
Kein Schmähwort geht aus seinem Mund,
Was er redt, geht von Herzensgrund.

8. Der Gottlosen er gar nichts acht,
Kein Bund, noch Freundschaft mit ihn macht,
Sondern ehrt und liebt allezeit
Die frommen, gottfürchtigen Leut.

9. Was er zusagt mit seinem Mund,
Hält er stets fest zu aller Stund;
Ja, ja und Nein ist sein Bescheid,
Als ob er schwür ein theuren Eid.

10. Sein Geld er nicht auf Wucher giebt,
Schnöder Gewinn ihm nicht geliebt.
Schlimme Vortheil und schwinde List
Fleucht er, dieweil er ist ein Christ.

11. Auch braucht er gar kein böse Ränk,
Läßt sich nicht stechen mit Geschenk,
Daß er dem Unschuldign sein Sach
Jemands zu Gfalln zu Wasser mach.

12. Wer also lebt, handelt und thut,
Und traut allein auf Christus Blut,
Der wird wohl bleiben ohne Leid,
Hier zeitlich, und in Ewigkeit.

Herman, Nikolaus – Von ungefärbter christlicher Liebe des Nächsten.

Ein wahrer Glaub Gotts Zoren stillt,
Daraus ein schönes Brünnlein quillt:
Die brüderliche Lieb genannt,
Dabei ein Christ recht wird erkannt.

2. Christus sie selbst das Zeichen nennt,
Dabei man sein Jünger erkennt.
In Niemands Herz man sehen kann,
An Werken wird erkannt ein Mann.

3. Ja, bei der Lieb man spüret frei,
Wer ein rechtschaffner Bruder sei.
Mit dem Herzen gläubt man an Gott,
Die Lieb fleißt sich seiner Gebot.

4. Die Lieb nimmt sich des Nächsten an,
Sie hilft und dienet Jedermann.
Gutwillig ist sie allezeit,
Sie lehrt, sie straft, sie gibt und leiht.

5. Die Lieb verhebt keim ihr Wohlthat,
Wem sie dient und geholfen hat;
Denn was sie thut, thut sie aus Pflicht,
Und thut sie viel, halb thut sies nicht.

6. Sie weiß, daß sie mehr schuldig ist,
Zu thun, und ihr noch viel gebrist(gebricht).
Drum rühmt sie nicht ihr Gütigkeit,
Sie hindert kein Undankbarkeit.

7. Obgleich ihr Viel erkennen nicht,
Was ihn oftmal zu gut geschicht,
Daran eim Christen wenig leit;
Die Lieb ist sein Schnur und Richtscheid.

8. Ein Christ seim nächsten hilft aus Noth,
Thut solchs zu Ehren seinem Gott,
Welcher von ihm solchs fordern thut,
Dank man ihm drum, so ists wohl gut.

9. Wo nicht, so kümmerts ihn nicht sehr,
Denn er sucht nicht sein Ruhm und Ehr.
Was sein rechte Hand reichet dar,
Deß wird die linke nicht gewahr.

10. Wer seim Nächsten dient auf Gewinn,
Der hat sein Lohn und Ruhm schon hin;
Denn solche auch Jüdn und Heiden thun,
Die nicht wissen von Gottes Sohn.

11. Den Lohn solln wir im Himmelreich
Warten, da wills Gott machen gleich,
Und Alls zahlen bei Carols Gwicht,
Was in seim Namen hie geschicht.

12. Wie Gott lässt scheinen seine Sonn,
Und regnen über Bös und Fromm,
So solln wir nicht allein dem Freund
Dienen, sondern auch unserm Feind.

13. Die Lieb ist langmüthig, freundlich,
Sie eifert nicht, noch blähet sich.
Gläubt, hofft, verträgt Alls mit Geduld,
Verzeiht gutwillig alle Schuld.

14. Sie wird nicht müd, fährt immerfort,
Kein sauern Blick, kein bitter Wort
Sie schießen lässt, nichts Args sie denkt,
Lügen und Unrecht sehr sie kränkt.

15. Dem Nächsten hält sie viel zu gut,
Ihrs Rechts sich oft verzeihen thut.
Sie bleibt standhaft in Ernst und Schimpf.
In böser Sach braucht sie ein Glimpf.

16. Sie kann verschweigen und verhörn,
Beschönt, was sie nicht kann erwehrn,
Gott geb, was man sag oder singt,
Zum Besten deut‘ sie alle Ding.

17. Darum die Lieb das Fürnehmst ist
Darauf sich fleißen soll ein Christ,
Dem Gsetz allein die Lieb gnug thut,
Dem Nächsten thut sie alles Guts.

18. O Herr Christ, deck zu unser Sünd,
Und solche Lieb in uns anzünd,
Daß wir mit Lust dem Nächsten thun,
Wie du uns thust, o Gottes Sohn.

Amen.