Anton Passy – Dies Irae

Wird des Zornes Tag herschreiten,
Soll die Welt in Asche gleiten,
Wie die Seher sind zu deuten.

Schrecken werden sich verbreiten,
Wann der Richter naht von Weiten,
Der hinschaut nach allen Seiten.

Wird ein Ton die Luft durchdringen,
Den Befehl den Gräbern bringen,
Alle vor den Thron hinzwingen.

Staunend harret alles Leben,
Da die Todten sich erheben,
Und dem Richter Antwort geben.

Nach dem Buche wird er schalten,
Wo es Alles ist enthalten,
Wie die Welten zu verwalten.

Und das Urtheil wird er sagen,
Die verborg’ne Sünd‘ anklagen,
Ungerächet nichts mehr tragen.

Wo doch, Aermster ich der Knechte,
Find‘ ich den, der mich verfechte,
Wann kaum sicher der Gerechte?

Herr und König voller Schrecken,
Lieget Hülf‘ in deinen Zwecken,
Wollest schützend mich auch decken!

Jesu, denk‘, in jener Stunde
Littest für mich Qual und Wunde,
Lass mich ja nicht geh’n zu Grunde!

Sieh, das Opfer deines Lebens
Und die Krone deines Strebens
Wär alsdann an mir vergebens.

O, gerecht in Lieb‘ und Hasse
Mir die Schulden jetzt erlasse,
Dass mich nicht dein Zorn dort fasse!

Sieh‘ mich, wie Verbrecher, zagen,
Hör‘ in tiefster Scham mich klagen,
Reue darf zu dir sich wagen.

Der verziehen Magdalenen,
Und erhört des Schächers Thränen,
Stillet mir auch all‘ mein Sehnen.

Meinem Flehen lass gelingen,
Bis an deinen Thron zu dringen,
Lass die Höll‘ mich nicht verschlingen.

Wo die Schafe froh hineilen
Wolle mir den Platz ertheilen,
Fern den Böcken lass mich weilen.

Und, wann die Vermaledeyten
In die ew’gen Flammen schreiten,
Ruf‘ mich zu Gebenedeyten!

Müd von Ringen, Kämpfen, Streiten,
Fleh‘ ich zu dir, Herr der Zeiten,
Wolle selbst mein End‘ bereiten!