(Aus der „Form und ordnung Gaystlicher Gesang und Psalmen rc.“ von 1533, Blatt xxxix. Findet sich schon in der ersten Ausgabe von 1531. Im Val. Babstischen Gesangbuche von 1545, II, Nro. XX.)
O Herre Gott, begnade mich,
nach deiner gütt erbarme dich!
tilck ab mein übertrettung
nach grosser deinr erbarmung!
Und wäsch mich wol, O Herre Got,
von aller meiner missethat
und mach mich rayn von sünden,
dann ich thu der entpfinden,
Und meine üsnd ist stät vor mir!
ich hab allain gesündt an dir,
vor dir hab ich übels gethon,
in deinen worten würst beston,
so man dich rechts erfuchet.
Sich, in untugent bin ich gmacht,
wie mich mein muter hat gebracht,
in sünden mich empfangen,
vil sünd hab ich begangen;
Zur warhait hastu aber lust
und gäbest mir auch, das ich wust
die weyßhait dein on sorgen,
die haimlich ist verborgen.
Entsündig mich mit Isopp schon,
das ich werd rayn, und wäsch mich non
schneeweiß, auch freud laß hören mich,
das die gebain werden frölich,
die du so hast zerschlagen!
Sich nit auf mein sündtlichen stat,
tilck ab all meine missethat,
Herr, wölst in mir erschaffen
ain rayn hertz, thu ich hoffen;
Willigen giast ernew in mir,
verwirf mich auch nit gar von dir,
nimm nit dein hailgen gayste
von mir, dein gnad mir layste!
Und laß mir wider kommen her,
den trost deins hayls, O Gott mein Herr!
der freye gayst erhalte mich,
die gottlosen will leren ich
deinn weg, sy zu dir keren.
Rett mich von der blutschulden not,
O Got, du meines hails ain Got,
das mein zung mög erkallen
dein ghrechtigkait ob allen!
Herr, thu mir auf die leftzen mein,
mein mund verkünd das lobe dein!
zum opffer hast kain luste,
ich geb es dir auch suste;
Brandopffer auch gleich allesampt
gfallen dir nit, seind nun ain tannt
vor deinen augen nur ain haß:
die opffer Gots seind aber das,
ain gar zerbrochner gayste.
Ain brochen und zerschlagen hertz
würstu nit werffen hinderwertz
und würst es nitt verachten,
das kan ich wol betrachten!
O Herre Gott, thu wol Zion
nach deinem gütten willen schon,
Hierusalem die mauren
werden wider erbawen!
Denn würst haben lust und freüd
zum opffer der gerechtigkeyt,
zu den Brandopffern deinen mut,
so wirt man dann die Kelber gut
auff deinen Altar legen.
Eer sey dem vater und dem sun,
als er von anfang was und nun,
und auch dem haylgen gayste,
der uns sein gnade layste,
Durch unsern Herren Jesum Christ,
der unser hayland worden ist
und hat uns gnad erworben,
ist für uns all gestorben,
Das uns die sünd nit schaden kan,
so wir wandlen auf seiner ban
in rechter lieb, hoffnung und glaub,
das uns der feynd die seel nit raub!
durch Jesum Christum, Amen!
Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer