Johann Heinrich Schröder – Jesu, hilf siegen!

Jesu, hilf siegen, du Fürste des Lebens,
Sieh, wie die Finsternis dringet herein,
Wie sie ihr höllisches Heer nicht vergebens
Mächtig aufführet, mir schädlich zu sein!
Satan der sinnet auf allerhand Ränke,
Wie er mich sichte, verstöre und kränke.

Jesu, hilf siegen, der du mich erkaufet!
Rette, wenn Fleisch und Blut, Satan und Welt
Mich zu berücken ganz grimmig anlaufet
Oder auch schmeichelnd sich listig verstellt.
Wenn Babel wütet von außen und innen,
Lass mir, Herr, niemals die Hilfe zerrinnen.

Jesu, hilf siegen! Ach! wer muss nicht klagen:
Herr, mein Gebrechen ist immer vor mir!
Hilf, wenn die Sünden der Jugend mich nagen,
Die mein Gewissen hält täglich mir für.
Ach! lass mich schmecken dein kräftig Versühnen
Und dies zu meiner Demütigung dienen.

Jesu, hilf siegen! Wenn in mir die Sünde,
Eigenlieb, Hoffart und Missgunst sich regt;
Wenn ich die Last der Begierden empfinde
und sich mein tiefes Verderben darlegt:
So hilf, dass ich vor mir selbst mag erröten
Und durch dein Leiden mein sündlich Fleisch töten.

Jesu, hilf siegen! und lege gefangen
In mir die Lüste des Fleisches und gib,
Dass bei mir lebe des Geistes Verlangen,
Aufwärts sich schwingend durch heiligen Tricb;
Lass mich eindringen ins himmlische Wesen,
So wird mein Geist, Leib und Seele genesen.

Jesu, hilf siegen, damit auch mein Wille
Dir, Herr, sei gänzlich zu eigen geschenkt
Und ich mich stets in dein Wollen verhülle,
Wo sich die Seele zur Ruhe hinlenkt;
Lass mich mir sterben und alle dem Meinen,
Dass ich mich zählen kann unter die Deinen.

Jesu, hilf siegen! In allerlei Fällen
Gib mir die Waffen des Lichtes zur Hand;
Wenn mir die höllischen Feinde nachstellen,
Dich mir zu rauben, o edelstes Pfand,
So hilf mir Schwachen mit Allmacht und Stärke,
Dass ich, o Liebster! dein Dasein vermerke.

Jesu, hilf siegen! Wer mag sonst bestehen
Wider den listig verschmitzeten Feind?
Wer mag doch dessen Versuchung entgehen,
Der wie ein Engel des Lichtes erscheint?
Ach, Herr, wo du weichst, so muss ich ja irren,
Wenn mich der Schlangen List sucht zu verwirren.

Jesu, hilf siegen und lass mich nicht sinken!
Wenn sich die Kräfte der Lügen aufblähn
Und mit dem Scheine der Wahrheit sich schminken,
Lass doch viel heller dann deine Kraft sehn.
Steh mir zur Rechten, o König und Meister!
Lehre mich kämpfen und prüfen die Geister.

Jesu, hilf siegen im Wachen und Beten:
Hüter, du schläfst ja und schlummerst nicht ein;
Lass dein Gebet mich unendlich vertreten,
Der du versprochen mein Fürsprech zu sein:
Wenn mich die Nacht mit Ermüdung will decken,
Wollst du mich, Jesu, ermuntern und wecken.

Jesu, hilf siegen! Wenn alles verschwindet
Und ich mein nichts und Verderben nur seh;
Wenn kein Vermögen zu beten sich findet,
Wenn ich bin wie ein verschüchtertes Reh:
Ach, Herr, so wollst du im Grunde der Seelen
Dich mit dem innersten Seufzen vermählen.

Jesu, hilf siegen und lass mirs gelingen,
Dass ich das Zeichen des Sieges erlang,
So will ich ewig dir Lob und Dank singen,
Jesu, mein Heiland, mit frohem Gesang.
Wie wird dein Name da werden gepriesen,
Wo du, o Held, dich so mächtig erwiesen!

Jesu, hilf siegen! Lass bald doch erschallen,
Dass Zion rufet: Es ist nun vollbracht!
Babel, die stolze, ist endlich gefallen,
Die da bishero so lang hat gekracht.
Ach, Herr, komm, mache ein Ende des Krieges,
Schmücke dein Zion mit Palmen des Sieges!

Jesu, hilf siegen, damit wir uns schicken,
Würdig zur Hochzeit des Lammes zu geh‘n
Kleide dein Zion mit güldenen Stücken,
Lass uns den Untergang Babels einst sehn!
Doch wohlan! kracht es, so wird es bald liegen;
Auf, Zion! rüste dich: Jesus hilft siegen!

Joh. Heinr. Schröder – Eins ist Not! ach Herr, dies Eine

Eins ist Not! ach Herr, dies Eine
Lehre mich erkennen doch!
Alles andre, wies auch scheine,
Ist ja nur ein schweres Joch,
Darunter das Herze sich naget und plaget,
und dennoch kein wahres Vergnügen erjaget.
Erlang ich dies Eine, das alles ersetzt,
So werd ich mit Einem in allem ergötzt.

Seele, willt du dieses finden,
Suchs bei keiner Kreatur;
Lass, was irdisch ist, dahinten:
Schwing dich über die Natur.
Wo Gott und die Menschheit in Einem vereinet,
Wo alle vollkommene Fülle erscheinet:
Da, da ist das beste, notwendigste Teil,
Mein Ein und mein Alles, mein seligstes Heil.

Wie Maria war beflissen
Auf des Einigen Genieß,
Da sie sich zu Jesu Füßen
Voller Andacht niederließ:
Ihr Herze entbrannte, dies einzig zu hören,
Was Jesus, ihr Heiland, sie wollte belehren;
Ihr Alles war gänzlich in Jesum versenkt,
Und wurde ihr alles in Einem geschenkt:

Also ist auch mein Verlangen,
Liebster Jesu, nur nach dir.
Lass mich treulich an dir hangen,
Schenke dich zu eigen mir.
Ob viel auch umkehrten zum größesten Haufen,
So will ich dir dennoch in Liebe nachlaufen;
Denn dein Wort, o Jesu, ist Leben und Geist:
Was ist wohl, das man nicht in Jesu geneußt?

Aller Weisheit höchste Fülle
In dir ja verborgen liegt.
Gib nur, dass sich auch mein Wille
Fein in solche Schranken fügt,
Worinnen die Demut und Einfalt regieret
und mich zu der Weisheit, die himmlisch ist, führet.
Ach, wenn ich nur Jesum recht kenne und weiß,
So hab ich der Weisheit vollkommenen Preis.

Nichts kann ich vor Gott ja bringen,
Als nur dich, mein höchstes Gut.
Jesu! es muss mir gelingen
Durch dein rosinfarbes Blut.
Die höchste Gerechtigkeit ist mir erworben,
Da du bist am Stamme des Kreuzes gestorben:
Die Kleider des Heils ich da habe erlangt,
Worinnen mein Glaube in Ewigkeit prangt.

Nun, so gib, dass meine Seele
Auch nach deinem Bild erwacht:
Du bist ja, den ich erwähle,
Mir zur Heiligung gemacht.
Was dienet zum göttlichen Wandel und Leben,
Ist in dir, mein Heiland, mir alles gegeben;
Entreiße mich aller vergänglichen Lust.
Dein Leben sei, Jesu, mir einzig bewusst.

Ja, was soll ich mehr verlangen?
Mich beschwemmt die Gnadenflut:
Du bist einmal eingegangen
In das Heilge durch dein Blut.
Da hast du die ewge Erlösung erfunden,
Dass ich nun der höllischen Herrschaft entbunden:
Dein Eingang die völlige Freiheit mir bringt,
Im kindlichen Geiste das Abba nun klingt.

Volles Gnügen, Fried und Freude
Jetzo meine Seel ergötzt,
Weil auf eine frische Weide
Mein Hirt, Jesus, mich gesetzt.
Nichts Süßers kann also mein Herze erlaben,
Als wenn ich nur, Jesu, dich immer soll haben;
Nichts, nichts ist, das also mich innig erquickt,
Als wenn ich dich, Jesu, im Glauben erblickt.

Drum auch, Jesu, du alleine
Sollst mein Ein und Alles sein;
Prüf, erfahre, wie ichs meine,
Tilge allen Heuchelschein.
Sieh, ob ich auf bösem betrüglichen Stege,
und leite mich, Höchster, auf ewigem Wege;
Gib, dass ich hier alles nur achte für Kot
Und Jesum gewinne: dies Eine ist not.