Königsfeld, Gustav Adolph – Dies Irae

Jenen Zorntag, jenen schweren
Wird die Gluth das All verzehren:
Wie Sibill‘ und David lehren.

Welch ein Grau’n, in Angst beklommen,
Wird dann sein, wenn Gott gekommen,
Wägend Alles hat vernommen.

Furchtbar mit Posaunen Tone
Durch die Gräber jeder Zone
Ruft er Alle zu dem Throne.

Staunend beben, Tod und Leben,
Wenn die Todten sich erheben,
Richter! Antwort Dir zu geben.

Dann wird sich ein Buch entfalten,
In dem Alles ist erhalten,
Das Gericht der Welt zu halten.

Sitzt Er nun das Recht zu sprechen,
Dann enthüllt sich jed‘ Verbrechen,
Alles, alles wird er rächen!

Wie soll Aermster ich dann rechten,
Wen erflehn, mich zu verfechten,
Da kaum sicher die Gerechten?

König schauervoller Größe,
Frei löst Deine Huld das Böse,
Gnadenquell, auch mich erlöse!

Jesus, uns zum Heil erkoren,
Denk, auch mir warst Du geboren,
Daß ich einst nicht ging verloren.

Mich hast Du gesucht mit Zagen,
Warst für mich an’s Kreuz geschlagen,
Das sei nicht umsonst ertragen!

Strenger Richter, bei der Rache
Schenke Nachsicht meiner Sache,
Eh‘ der Rechnungstag erwache.

Seufzend steh‘ ich schuldbefangen,
Schamerglüht sind meine Wangen,
Herr! laß Gnade mich empfangen!

Der Du lossprachst einst Marien
Und dem Mörder selbst verziehen,
Hast auch Hoffnung mir verliehen.

Zwar mein Fleh’n tilg’t nicht die Schulden,
Doch Du, Gnäd’ger, laß in Hulden
Mich die ew’ge Qual nicht dulden!

Gib mir mit den frommen Knechten,
Streng gesondert von den Schlechten,
Meinen Stand zu Deiner Rechten.

Wenn der Böse vor den Ruthen
Deines Zorns stürzt in die Gluthen,
Rufe Du mich mit den Guten!

Tief zerknirscht im Staube wende
Ich das Herz zu Dir, mein Ende
Leg‘ ich, Herr, in Deine Hände!

O! dem thänenvollen Tage,
Wo dem Grab entsteigt zur Wage
Des Gerichts der Mensch voll Sünden:

Ihn, o Gott, laß Gnade finden!
Jesu, Allerbarmer Du,
Schenke Allen ew’ge Ruh! Amen!