Hesse, Johann – O Mensch, bedenk‘ zu dieser Frist,

O Mensch, bedenk‘ zu dieser Frist,
Was dein Ruhm ist auf Erden;
Denn nicht allhie dein Bleiben ist,
Du mußt zur Leiche werden.
Es ist dein Leben wie ein Heu,
Und fleucht dahin gleichsam ein Spreu,
Welche der Wind verjaget.

Gedenk, du bist hier nur ein Gast
und kannst nicht länger bleiben;
Die Zeit läßt dir kein‘ Ruh‘ noch Rast,
Bis sie dich thut vertreiben.
So eile zu dem Vaterland,
Das dir hat Christus zugewandt
Durch sein heiliges Leiden.

Daselbst wird rechte Bürgerschaft
Den Gläubigen gegeben,
Darzu der Engel Brüderschaft,
Ein gar herrliches Leben,
Mit solcher Wonne, Freud‘ und Lust,
Die auch kein Mensch hie hat gekost’t,
Noch nie kein Herz erfahren.

Nun laßt uns wachen alle Stund‘,
Und solch’s gar wohl betrachten.
Die Lust der Welt geht gar zu Grund;
Die sollen wir verachten,
Und warten auf das höchste Gut,
Das uns ewig erfreuen thut.
Des helf‘ uns Christus! Amen.

Rambach – Anthologie christlicher Gesänge aus der neueren Zeit

Hesse, Johann – O Welt, ich muß dich lassen,

O Welt, ich muß dich lassen,
Ich fahr dahin mein Straßen
In’s ewig Vaterland;
Mein Geist will ich aufgeben,
Dazu mein Leib und Leben
Setzen gnädig in Gottes Hand.

Mein Zeit ist nun vollendet,
Der Tod das Leben schändet,
Sterben ist mein Gewinn:
Kein Bleiben ist auf Erden,
Das Ewig muß mir werden,
Mit Fried und Freud ich fahr dahin.

Ob mich gleich hat betrogen
Die Welt, von Gott abzogen
Durch Schand und Büberei,
Will ich doch nicht verzagen,
Sondern mit Glauben sagen,
Daß mir mein Sünd vergeben sei.

Auf Gott steht mein Vertrauen,
Sein Ang’sicht will ich schauen
Wahrlich durch Jesum Christ,
Der für mich ist getorben,
Des Vaters Huld erworben,
Mein Mittler er auch worden ist.

Die Sünd mag mir nicht schaden,
Erlöst bin ich aus Gnaden
Umsonst durch Christi Blut:
Kein Werk kommt mir zu Frommen,
So ich will zu ihm kommen,
Allein der christlich Glauben gut.

Ich bin ein unnütz Knechte,
Mein Thun ist viel zu schlechte,
Denn daß ich ihm bezahl
Damit das ewig Leben:
Umsonst will er mir’s geben
Und nicht nach mein’m Verdienst und Wahl.

D’rauf will ich fröhlich sterben,
Das Himmelreich ererben,
Wie er’s mir hat bereit’t;
Hier mag ich nicht mehr bleiben,
Der Tod thut mich vertreiben,
Mein Seel sich von mein’m Leibe scheid’t.

Damit fahr ich von hinnen:
O Welt, thu dich besinnen,
Wann du mußt auch hernach;
Thu dich zu Gott bekehren
Und von ihm Genad begehren,
Im Glauben sei du auch nicht schwach.

Die Zeit ist schon vorhanden,
Hör auf von Sünd und Schanden
Und richt dich auf die Straß
Mit Beten und mit Wachen,
Sonst all irdische Sachen
Sollst du gütiglich fahren lass‘.

Das schenk ich dir am Ende
Ade! zu Gott ich wende,
Zu ihm steht auch mein Begehr;
Hüt dich vor Pein und Schmerzen,
Nimm mein’n Abschied zu Herzen,
Mein’s Bleibens ist jetzt hie nicht mehr.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Nach anderen Quellen ein eher unbekannter Dichter, da es erst 22 Jahre nach seinem Tod zum Vorschein kommt. Einige Stellen lassen vermuteh, dass ein zum Tode verurteilter Missetäter oder daß Jemand es für einen solchen gedichtet hat.

Hesse, Johann – O Mensch, bedenk zu dieser Frist

O Mensch, bedenck zu dieser frist,
was dein Ruhm ist auff Erden!
Denn nicht allhie dein bleiben ist,
du must zur Leiche werden:
Es ist dein Leben wie ein Hew
und fleucht dahin gleichsam wie sprew,
welche der Wind verjaget.

Und wie ein Vogel, der da fleucht,
wenn er die Lufft zertreibet,
Als uns die Schrifft gar klärlich zeigt,
daß kein Fußstapffe bleibet,
Da spüret man auch gar kein fahr,
so bald der Mensch begraben,
sein Thun wird bald vergessen.

Gedenck, du bist hie nur ein Gast,
du kanst nicht länger bleiben!
Die zeit lest dir kein Ruh noch Rast,
biß sie dich thut vertreiben:
So eyle zu dem Vatterland,
daß dir Christus hat zugewandt
durch sein Heiliges Leyden.

Daselbst wird rechte Burgerschafft
den glaubigen gegeben,
Darzu der Engel Bruderschafft,
ein gar Herrliches Leben,
Mit solcher Wonne, Frewd unnd Lust,
die auch kein Mensch hat hie gekost,
noch nie kein Hertz erfahren.

Nun last uns wachen alle stund,
und solchs gar wol betrachten!
Die Lust der Welt geht gar zu grund,
die sollen wir verachten
Und warten auff das höchste Gut,
das uns ewig erfrewen thut!
das helff uns Christus, Amen!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer