Christ. Friedr. Richter – Schwierigkeit des Christentums.

Es kostet viel, ein Christ zu sein,
und nach dem Sinn des reinen Geistes leben,
Denn der Natur geht es gar sauer ein
Sich immerdar in Christi Tod zu geben;
und ist hier gleich ein Kampf wohl ausgericht,
Das machts noch nicht.

Man muss hier stets auf Schlangen gehn,
Die ihren Gift in unsre Fersen bringen;
Da kostets Müh, auf seiner Hut zu stehn,
Dass nicht der Gift kann in die Seele dringen.
Wenn mans versucht, so spürt man mit der Zeit
Die Wichtigkeit.

Doch ist es wohl der Mühe wert,
Wenn man mit Ernst die Herrlichkeit erwäget,
Die ewiglich ein solcher Mensch erfährt,
Der sich hier stets aufs Himmlische geleget.
Es hat wohl Müh: die Gnade aber macht,
Dass mans nicht acht‘.

Man soll ein Kind des Höchsten sein,
Ein reiner Glanz, ein Licht im großen Lichte:
Wie wird der Leib so stark, so hell und rein,
So herrlich sein, so lieblich im Gesichte;
Dieweil ihn da die wesentliche Pracht
So schöne macht.

Da wird das Kind den Vater sehn;
Im Schauen wird es ihn mit Lust empfinden:
Der lautre Strom wird es da ganz durchgehn
Und es mit Gott zu einem Geist verbinden.
Wer weiß, was da im Geiste wird geschehn?
Wer mags verstehn?

Da gibt sich ihm die Weisheit ganz,
Die es hier stets als Mutter hat gespüret:
Sie krönet es mit ihrem Perlenkranz
und wird als Braut der Seelen zugeführet.
Die Heimlichkeit wird da ganz offenbar,
Die in ihr war.

Was Gott genießt, genießt es auch,
Was Gott besitzt, wird ihm in Gott gegeben:
Der Himmel steht bereit ihm zum Gebrauch.
Wie lieblich wird es doch mit Jesu leben!
Nichts Höhers wird an Kraft und Würde sein,
Als Gott allein.

Auf, auf, mein Geist, ermüde nicht,
Dich durch die Macht der Finsternis zu reißen:
Was sorgest du, dass dirs an Kraft gebricht?
Bedenke, was für Kraft uns Gott verheißen!
Wie gut wird sichs doch nach der Arbeit ruhn:
Wie wohl wirds tun.

Christ. Friedr. Richter – Leichtigkeit des Christentums.

Es ist nicht schwer, ein Christ zu sein,
und nach dem Sinn des reinen Geistes leben:
Zwar der Natur geht es gar sauer ein,
Sich immerdar in Christi Tod zu geben,
Doch führt die Gnade selbst zu aller Zeit
Den schweren Streit.

Du darfst ja nur ein Kindlein sein;
Du darfst ja nur die leichte Liebe üben!
blöder Geist, schau doch, wie gut ers mein!
Das kleinste Kind kann ja die Mutter lieben!
Drum fürchte dich nur ferner nicht so sehr:
Es ist nicht schwer!

Dein Vater fordert nur das Herz,
Dass er es selbst mit reiner Gnade fülle.
Der fromme Gott macht dir gar keinen Schmerz;
Die Unlust schafft in dir dein eigner Wille:
Drum übergib ihn willig in den Tod,
So hats nicht Not.

Wirf nur getrost den Kummer hin,
Der nur dein Herz vergeblich schwächt und plaget;
Erwecke nur zum Glauben deinen Sinn,
Wenn Furcht und Weh dein schwaches Herze naget;
Sprich: Vater, schau mein Elend gnädig an!
So ists getan.

Besieg dein Herze in Geduld,
Wenn du nicht gleich des Vaters Hilfe merkest.
Versiehst dus oft und fehlst aus eigner Schuld,
So sieh, dass du dich durch die Gnade stärkest:
So ist dein Fehl und kindliches Versehn
Als nicht geschehn.

Lass nur dein Herz im Glauben ruhn,
Wenn dich will Nacht und Finsternis bedecken:
Dein Vater wird nichts Schlimmes mit dir tun;
Vor keinem Sturm und Wind darfst du erschrecken.
Ja, siehst du endlich ferner keine Spur,
So glaube nur.

So wird dein Licht aufs neu entstehn
Und wirst dein Heil mit größrer Klarheit schauen;
Was du geglaubt, wirst du dann vor dir sehn:
Drum darfst du nur dem frommen Vater trauen.
O Seele, sich doch, wie ein wahrer Christ
So selig ist.

Auf, auf, mein Geist, was säumest du,
Dich deinem Gott ganz kindlich zu ergeben?
Geh ein, mein Herz, geneuß die süße Ruh!
Im Friede sollst du vor dem Vater schweben:
Die Sorg und Last wirf nur getrost und kühn
Allein auf ihn.

Christian Friedrich Richter – Die Liebe hat den Sohn gesendet!

Liebe, die den Himmel hat zerrissen,
Die sich zu mir ins Elend niederließ,
Was für ein Trieb hat dich bewegen müssen,
Der dich zu mir ins Jammertal verwies?
Die Liebe hat es selbst getan,
Sie schaut als Mutter mich in meinem Jammer an.

Die Liebe ist so groß in deinem Herzen,
Dass du für mich das größte Wunder tust;
Die Liebe macht dir meinetwegen Schmerzen,
Dass du bei mir nur unter Dornen ruhst.
O unerhörter Liebesgrad,
Der selbst des Vaters Wort ins Fleisch gesenket hat!

Die Liebe ist mein Anverwandter worden:
Mein Bruder ist selbst die Barmherzigkeit.
Der Gottheit Quell lebt nun in meinem Orden:
Die Ewigkeit vermählt sich mit der Zeit.
Das Leben selbst ist Mensch geborn,
Der Glanz der Herrlichkeit, das Licht, das wir verlorn.

In ihm wird nun die Menschheit ausgesöhnet,
Die Reinigkeit der Seelen wiederbracht;
Sie wird als Braut der Gottheit nun gekrönet,
Da sie der Himmel selbst so angelacht.
Die Menschheit wird nun ganz erneut
und als ein reiner Thron der Gottheit eingeweiht.

Die Weisheit spielt nun wieder auf der Erden,
Dadurch das Paradies im Menschen grünt.
Nun können wir aus Gott geboren werden,
Weil die Geburt des Herren dazu dient.
Die wohl geborne Seele spürt,
Dass sie ein andrer Geist aus ihrem Ursprung rührt.

Kein Elend kann nun unser Herz besiegen:
Immanuel ist bei uns in der Not.
Ich darf ja nur die Gnadenquelle rügen,
So dient mir selbst das Elend und der Tod.
Der Jammer hängt mir nur noch an,
Der mir in Christo doch nicht schädlich werden kann.

Die Sünde kann mich auch nicht mehr verdammen,
Dieweil sie selbst durch ihn verdammet ist.
Was schaden nun der Seelen ihre Flammen,
Weil Christi Blut und Wasser in sie fließt?
Immanuel löscht ihren Trieb:
Er lässt die Seele nicht, er hat sie viel zu lieb.

Ich habe nun ein ewig Leben funden,
Viel Reichtum, Ehr und Wollust schenkt er mir:
Ich bin mit ihm, er ist mit mir verbunden,
Den ich in mir mit Liebeswirkung spür.
Ich bin vergnügt und ganz gestillt,
Weil mich der lautre Strom der Herrlichkeit erfüllt.

Auf, auf, mein Geist! vergiss die Trauerlieder,
Erfreue dich in dieser Liebesmacht!
Des Himmels Kraft und Glanz bestrahlt dich wieder,
Und der Verlust ist völlig wiederbracht.
O ewig, ewig wohl ist mir,
Dass ich in Christo nun ein Wohlgefallen spür!