Wolfg. Christoph Dessler – Zugang zum Thron der Gnaden.

Mein Jesu, dem die Seraphinen
Im Glanz der höchsten Majestät
Selbst mit bedecktem Antlitz dienen,
Wenn dein Befehl an sie ergeht:
Wie sollten blöde Fleischesaugen,
Die nur verhasste Sündennacht
Mit ihrem Schatten trüb gemacht,
Dein helles Licht zu schauen taugen?

Doch gönne meinen Glaubensblicken
Den Eingang in dein Heiligtum,
und lass mich deine Gnad erblicken
Zu meinem Heil und deinem Ruhm;
Reich deinen Zepter meiner Seele,
Die sich wie Esther vor dir neigt
und dir als deine Braut sich zeigt;
Sprich ja, du bists, die ich erwähle.

Sei gnädig, Jesu voller Güte,
Dem Herzen, das nach Gnade lechzt!
Hör, wie die Zung in dem Gemüte:
Gott sei mir Armen gnädig! ächzt.
Ich weiß: du kannst mich nicht verstoßen.
Wie könntest du ungnädig sein
Mir, den dein Blut von Schuld und Pein
Erlöst, da es so reich geflossen?

Ich fall in deine Gnadenhände
und bitte mit dem Glaubenskuss:
Gerechter König, wende, wende
Die Gnade zu der Herzensbuß!
Ich bin gerecht durch deine Wunden;
Es ist nichts Sträflichs mehr an mir:
Bin aber ich versöhnt mit dir,
So bleib ich auch mit dir verbunden.

Ach, lass mich deine Weisheit leiten,
und nimm ihr Licht nicht von mir weg!
Stell deine Gnade mir zur Seiten,
Dass ich auf dir beliebtem Steg
Beständig bis ans Ende wandle,
Damit ich auch zu jeder Zeit
In Lieb und Herzensfreudigkeit
Nach deinem Wort und Willen handle.

Reich mir die Waffen aus der Höhe
und stärke mich durch deine Macht,
Dass ich im Glauben sieg und stehe,
Wenn Stärk und List der Feinde wacht:
So wird dein Gnadenreich auf Erden,
Das uns zu deiner Ehre führt
und endlich gar mit Kronen ziert,
Auch in mir ausgebreitet werden.

Ja, ja, mein Herz will dich umfassen:
Erwähl es, Herr, zu deinem Thron!
Hast du aus Lieb ehmals verlassen
Des Himmels Pracht und deine Kron:
So würdig‘ auch mein Herz, o Leben,
und lass es deinen Himmel sein,
Bis du, wenn dieser Bau fällt ein,
Mich wirst in deinen Himmel heben.

Ich steig hinauf zu dir im Glauben:
Steig du in Lieb herab zu mir;
Lass mir nichts diese Freude rauben,
Erfülle mich nur ganz mit dir!
Ich will dich fürchten, lieben, ehren,
So lang in mir der Puls sich regt;
Und wenn derselb auch nicht mehr schlägt,
So soll doch noch die Liebe währen.

Wolfg. Christoph Dessler – Jesus die Ruhstatt der Seele.

Wie wohl ist mir, o Freund der Seelen,
Wenn ich in deiner Liebe ruh.
Ich steige aus den Schwermutshöhlen
Und eile deinen Armen zu:
Da muss die Nacht des Trauerns scheiden,
Wenn mit so angenehmen Freuden
Die Liebe strahlt aus deiner Brust.
Hier ist mein Himmel schon auf Erden,
Wer wollte nicht vergnüget werden,
Der in dir suchet Ruh und Luft?

Die Welt mag meine Feindin heißen:
Es sei also; ich trau ihr nicht,
Wenn sie mir gleich will Lieb erweisen
Bei einem freundlichen Gesicht.
In dir vergnügt sich meine Seele:
Du bist mein Freund, den ich erwähle;
Du bleibst mein Freund, wenn Freundschaft weicht.
Der Welthass kann mich doch nicht fällen,
Weil in den stärksten Unglückswellen,
Mir deine Treu den Anker reicht.

Will mich des Moses Eifer drücken;
Blitzt auf mich des Gesetzes Weh;
Droht Straf und Hölle meinem Rücken:
So steig ich gläubig in die Höh
und flieh in deine Seitenwunden;
Da hab ich schon den Ort gefunden;
Wo mich kein Fluchstrahl treffen kann.
Tritt alles wider mich zusammen:
Du bist mein Heil! Wer will verdammen?
Die Liebe nimmt sich meiner an.

Führst du mich in die Kreuzeswüsten:
Ich folg und lehne mich auf dich.
Du nährest aus den Wolkenbrüsten
Und labest aus den Felsen mich).
Ich traue deinen Wunderwegen;
Sie enden sich in Lieb und Segen:
Genug, wenn ich dich bei mir hab.
Ich weiß: wen du willst Ehrbezieren
und über Sonn und Sternen führen,
Den führest du zuvor hinab.

Der Tod mag andern düster scheinen:
Mir nicht; weil Seele, Herz und Mut
In dir, der du verlässest keinen,
O allerliebstes Leben, ruht.
Wen kann des Weges End erschrecken,
Wenn er aus mördervollen Hecken
Gelanget in die Sicherheit?
Mein Licht, so will ich auch mit Freuden
Aus dieser finstern Wildnis scheiden
Zu deiner Ruh der Ewigkeit.

Wie ist mir denn, o Freund der Seelen,
So wohl, wenn ich mich lehn auf dich.
Mich kann Welt, Not und Tod nicht quälen,
Weil du, mein Gott, vergnügest mich.
Lass solche Nuh in dem Gemüte,
Nach deiner unumschränkten Güte,
Des Himmels süßen Vorschmack sein!
Weg Welt, mit allen Schmeicheleien,
Nichts kann, als Jesus, mich erfreuen.
O reicher Trost: Mein Freund ist mein!