„So wahr Ich lebe, spricht der Mann,
Der nichts als Wahrheit sagen kann,
Ich habe ein Gefallen nicht
Am Todesurteil und Gericht.
Die Sünde wirkt des Sünders Tod,
Mich aber freut nicht seine Not.
Ich wollte lieber, dass er sich
Bekehr und lebe ewiglich.
Wird nun ein Sünder todeswert
Von diesem großen Schwur belehrt,
Die Rache schreit nach Seinem Blut,
Wie wird ihm wohl dabei zu Mut?
Die Blutschuld drückt ihn hart und schwer,
Und er hat keine Hoffnung mehr,
Der Stab ist über ihm entzwei,
Gott spricht’s einmal und lässt’s dabei.
Der Sünder macht mit seinem Blut
Dazu bei Gott noch gar nichts gut,
Und würd er tausendmal gericht’t,
Das löschte Gottes Zorn noch nicht.
Das macht den armen Sünder arm,
Er schreit: „Ach, dass es Gott erbarm!
Ist denn für mich kein Retter mehr?
Ich hörte doch, dass Einer wär!
Weh mir, ich komm um Leib und Seel!
Wo ist denn der Imanuel,
Von dem man sagt: Er nehm sich’s für,
Dass Er die Seelen nicht verlier‘?
Der Teufel führt mich hin am Strick,
Wie ein im Spiel gewonn’nes Glück
Und legt mir seine Fesseln an,
Dass ich ihm nicht entkommen kann.
Mit Ketten großer Finsternis
Sind mir gebunden Händ‘ und Füß‘,
Weil ich so unbarmherzig war,
So ist’s mit mir auch aus und gar.
O, wäre doch ein Retter da!“
Bald ist das Lämmlein Gottes nah,
Und fragt den Satanas: „Wohin
Mit diesem Raube und Gewinn?“
Der spricht: „Ich schlepp‘ ihn mit mir fort
An meinen und an seinen Ort;
Denn er ist mein leibeig’ner Knecht,
Den ich erwarb mit allem Recht.“
„Mit was für Recht?“ fragt Jesus Christ.
Der Satan spricht: „Mit Lust und List.“
„Was? sagt der Heiland, weiche du!
Ich hab ein größ’res Recht dazu.
Die Seelen, die gehören Mir,
Nicht Eine davon lass Ich dir.
Wenn sie mich um Erlösung flehn,
Den Augenblick lass diese gehn!“
Bald zeigt Er ihm des Blutes Preis,
Den ausgetropften heil’gen Schweiß.
Da ist’s um Satans Macht getan,
Den Sünder aber fasst Er an
Und spricht: „Du armer Sünder du,
Komm, sag Mir deine Seele zu;
Sie kostet Mich Mein teures Blut,
Was macht sie in der ew’gen Glut?
Davon hab‘ ich dich los gemacht,
Als man Mich an das Kreuz geschlacht’t,
Und dass man Mich getötet hat,
Geschahe Mir an deiner Statt.
Gott sah Mich als den Sünder an,
Der alle deine Sünd‘ getan;
Das Blut, das du vergossen hast,
Lag auch auf Mir wie eine Last.
Dafür vergoss ich auch mein Blut,
Und machte Gott dir wieder gut,
Denn ich, dein Bürge, nahm auf Mich
Die Mörderstrafe auch für dich.
Mein Blut, das um Barmherzigkeit
Auch jetzt für deine Seele schreit,
Das mach‘ dir doch dein Herze gleich
Um Gottes Liebe willen weich.
Wenn du nicht gern des Satans bist,
So bin Ich dir der heilge Christ.
Hier kannst du Meine Wunden sehn,
Und ew’ger Pein dadurch entgeh’n.
So viel hab ich getan für dich,
Was tust du wiederum für Mich?
Geh‘, mach mir und den Engeln doch
Mit deiner Buße Freude noch!
Wenn du mit deiner Sünde fast
Die ganze Welt geärgert hast,
So freut ob deiner Buße sich
Der ganze Himmel über dich.
So schenk, Gottes einig’s Kind,
Ermordet für all deine Sünd‘
Dir einen ewigen Pardon,
Und du gehst absolviert davon.
Dass du nicht Menschenblut verschont,
Wird dir hier mit dem Schwert gelohnt,
Eh‘ aber Gott dich ewig richt’t,
Schont Er viel lieber Meiner nicht.
Wenn dich die Welt von sich ausspeit
Und „weg mit diesem Menschen“ schreit,
So schwing ich über dich die Fahn‘
Und nehme dich mit Freuden an.
Man stößt dich aus der Welt hinaus,
Und ich führ dich in’s Vaterhaus.
Da sehet diese Mörderin,
Sprech ich, ist Mir ein Blutgewinn.
Und stell‘ dich da zum Schächer hin,
Als Meinen neuen Kreuzgewinn.“
O Seele! wie ist dir zu Mut?
Das Lämmlein Gottes ist so gut,
Dass wenn du ihm nur glauben wilt,
Dir alle diese Wahrheit gilt!