Rinkart, Martin – Der deutsche Jeremias und sein geist- und leibliches Hunger-Lied, aus seinem 14. und 15. Kapitel.

1.

Erhalt uns Herr bei deinem Wort,
Als unsers Herzens Freud und Fort,
Uns, die wir heißen Christenleut
Durch deines Namens Herrlichkeit.

2.

Wir halten uns zu dir, Herr Gott,
Und nicht zur lahmen Götter-Rott,
Wir spotten ihrer Spötter-Lehr:
Und zürnest doch mit uns so sehr?

3.

Ach Herr! wie lange zürnest du?
Wie nimmet unser Schmerzen zu,
Unheilbar unsre Wunden sein,
Ohn Bande, Pflaster, Öl und Wein!

4.

Du bist uns worden gleich im Zorn,
Als wie ein Wasser-leerer Born!
Wo bleibet deine Lebens-Quell‘?
Ach! wie floss sie vor klar und hell!

5.

Wo ist der vorig Ehrenstand?
Wie liegt das liebe Vaterland,
Wie sieht das Heilig Gotteshaus
Verödet und verwüstet aus!

6.
Wir leiden doppel-schwere Not
Am lieben Leib- und Seelen-Brot;
Die Äcker liegen brach und dürr,
Der Acker-Mann geht in der Irr.

7.

Die Kinder kommen leer zu Haus,
Wenn man sie schickt nach Wasser aus.
Die nicht verschmachten in der Not,
Die wünschen ihnen selbst den Tod.

8.

Es leiden Menschen, Vieh und Gras,
Und was zuvor in Freuden saß,
Der Bauersmann sieht kläglich aus,
Hat weder Kalb noch Kuh zu Haus.

9.

Das Wild verlässet Wald und Gruft,
Schnappt auf den Hügeln nach der Lust,
Da ist für Hirsch und Häselein
Auch nicht ein grünes Gräselein.

10.

Ach Herr! Ach, unsre Missetat
Dies alles wohl verdienet hat!
Der Ungehorsam ist so schwer,
Rett‘ aber deines Namens Ehr.

11.

Du bist ja der Trost Israel,
Du kannst erretten Leib und Seel‘,
Wie stellest du dich als ein Gast
Bei uns, da du dein Erbteil hast?

12.
Wie stellest du dich als ein Held,
Der andern räumen musst das Feld?
Wie ein verzagter Riesenmann,
Der nicht mehr helfen will noch kann.

13.

Wir schreiben uns ja dir noch nach,
Du wohnest unter unserm Dach,
Verlass nicht deine Christenheit,
Dass sie dich lob in Ewigkeit.

14.

Erhalt uns doch nur, Herr, dein Wort,
Des Herzens Freude, Trost und Hort!
Uns, die wir deine Christen sein,
Der Name, Ruhm und Preis ist dein.

15.

Mein Auge tränet Tag und Nacht,
Wenn ich recht herzenstief betracht‘,
Wie man dich quält an Leib und Seel‘,
O Jungfrau Tochter Israel.

16.

Wenn ich zu Felde geh‘ hinaus,
So find ich Schwert, komm ich zu Haus,
So liegen haufenweise mir
Krank‘ und Verschmachte für der Tür.

17.

Komm ich zur Kirchen, ist sie zu!
Da fehlt die wahre Seelen-Ruh,
Die Friedensboten sind mit Schand‘
Und Spott verjaget aus dem Land.

18.

Ach! hast du uns verworfen gar?
Ist Schad und Not so voll Gefahr?
Und sind wir dir so gar ein Greul,
Dass wir nicht können werden heil?

19.
Wir hoffeten auf Friedenspost,
So kommet boden-loser Trost,
Wir hoffeten auf Hilf und Heil,
So wird uns Schad und Spott zuteil.

20.

Herr, wir erkennen unsern Pfad,
Und unsrer Väter Missetat.
Wir sind gefolget ihnen nach,
Rett aber deines Namens Schmach.

21.

Lass den Thron deiner Herrlichkeit
Nicht stürzen durch gottlose Leut,
Gedenke doch an deinen Bund,
Und mach ihn auch den Feinden kund.

(NB. Auf diese Weise: Verleih uns Frieden.)

Rinkart. Martin – Der deutsche Jeaias, und seiner Mitgefangenen Herzbrechendes Kinderlied

Das vier und sechzigste Kapitel, zu singen im Ton:
Nun freut euch lieben Christen rc.

1. Ich will des Herren Gütigkeit
Auf die Nachkommen bringen,
Dass sie davon in Lieb und Leid
Mit Lust und Liebe singen,
Und seiner Gnaden Vater-Treu
Und auch der Vater-Rut‘ dabei
zu Lehr und Trost gedenken.

2. Er sprach zu seinem lieben Sohn:
Sie sind ja meine Kinder,
Fahr‘ hin meins Herzens werte Kron‘,
Errett‘ die armen Sünder,
Wer ihnen Drangsal leget an,
Der wiss‘, er hab es mir getan,
Ich will es bei ihm suchen.

3. Der Engel zog für ihnen her
In einem Feuer-Zeichen,
Wenn sie bedränget waren sehr,
So ließ er sich erweichen,
Er nahm sie auf als sein Geschlecht,
Ließ Gnade gehen stets für Recht
In allen seinen Taten.

4. Bis sie erbitterten den Geist
Der heiligen Propheten,
Dass sich sein Eifer auch erweist,
ließ sie mit Haufen töten,
Noch dacht Er wieder an die Treu,
Und ihnen stetig half aufs neu,
Alsbald sie Buße täten.

5. Wo bleibet aber jetzt die Hand,
Die dort solch Ehr einleget,
Die uns führt aus Ägyptenland,
Uns jetzt zu Boden schläget,
Wo ist jetzund der Heilig Geist,
Der uns so steten Beistand leist
Und manchen Held erweckte?

6. Wo ist der, der die Wasser trennt,
Und ihm macht einen Namen,
Und den noch alle Welt bekennt?
Er führte Jakobs Samen
Wie eine Herd‘ durchs rote Meer
Und legt ihm mehr und mehr der Ehr
Auf seinen großen Namen.

7. So schaue doch nun auch einmal,
O Gott! vom Thron der Ehren,
Aus deinem großen Himmels Saal
Lass deinen Eifer hören.
Wie hält sich so hart dieser Zeit
Dein herzliche Barmherzigkeit?
Du bist ja unser Vater.

8. Denn Abraham von uns nichts weiß,
Israel uns nicht kennet,
Das aber ist dein alter Preis,
Dass man dich Vater nennet,
So wend doch nun dein Vaterherz
Zu uns, es ist uns ja kein Scherz,
O Vater und Erlöser.

9. Ach! durch was schwere Missetat
Ist unser Herz verstocket?
Wenn du durch deiner Boten Rat
Zur Buß uns hast gelocket!
Wend‘ ab, wend‘ ab, Herr, deinen Grimm,
Lehr und bekehr uns wiederüm
Um deines Erbes willen.

10. Die Feind uns unser Vaterland
Verheeren und verstören,
Dein Heiligtum mit Gräul und Schand‘
Erfüllen und umkehren.
Es geht uns wieder wie vorhin,
Da wir noch mit verkehrtem Sinn
Am Papst und Götzen hingen.

11. Ach! dass du doch einmal im Grimm
Möchte‘st durch die Wolken reißen,
Und auf den Feind mit Ungestüm
Und Donnerkeilen schmeißen,
Ach! dass sie deines Feuer Blitz
Zerstörte, wie von strenger Hitz
Ein Wasser-Topf einsiedet.

12. Auf dass wir deines Namens Ruhm
Verkündigten mit Freuden,
Und mit dem welschen Götzentum
Erzitterten die Heiden,
Vor deiner großen Wunder-Hand,
Damit du tastest an ein Land,
Dass Berg und Tal zerschmelzen.

13. Wie durch dein Hand vom Anbeginn
So manches Ding geschehen,
Des sich kein Sterblicher vorhin
Wohl nimmermehr versehen,
Und was du künftig uns bereit,
Hat noch kein Aug und Ohr zur Zeit,
Noch Menschenherz vernommen.

14. Begegnetest du doch oft hier
Den Fröhlichen mit Freuden!
Und segnetest uns für und für
Ohn‘ übermäßig Leiden:
Und wenn wir gleich nach Menschen-Brauch
Hart und lang‘ übertraten auch,
Ward uns dennoch geholfen.

15. Nun aber sind wir allesamt
Vor deinen strengen Augen
Zur Feuer-Ofen-Qual verdammt;
Denn wir durchaus nichts taugen,
An unsre Wert-Gerechtigkeit
Oft wie ein alt verworfen Kleid
Mit Blut und Schmutz beflecket.

16. Darum wir auch in unsern Sünd-
Und Missetaten allen,
Wie die Baumblätter durch den Wind,
Verwelken und hinfallen!
Wir rufen dich nicht fleißig an!
Wir machen uns nicht auf die Bahn,
Die Zornflut abzuwenden.

17. Wiewohl sich nun dein Angesicht
Von uns will gar abkehren:
So kannst du doch verleugnen nicht,
Dass wir dir angehören;
Du bist der Vater, wir der Sohn,
Du bist der Töpfer, wir der Ton,
Und deiner Hand Gemächte.

18. Herr, zürne doch nicht immerdar,
Verstoß nicht deine Kinder,
Nimm doch nicht mehr als eines wahr,
Dass diese Schmach nicht minder
An dein‘ als unser‘ Ehre geht!
Denn deine Kirchen, Land und Städt‘,
Die werden zu Steinhaufen.

19. Das Haus der großen Herrlichkeit,
Und was wir Schönes hatten,
Ist gegen jener Pracht und Zeit
Nichts als ein Gräul und Schatten;
Herr, willst du sein so felsenhart
Und schweigen wider Vater-Art,
Ist es um uns geschehen!

Martin Rinkart – Himmel-steigendes Angst-Gebet. Wider Fleischliche Ungeduld.

Im Ton: Herzlich tut mich erfreuen.

1. Geduld wir sollen tragen
In Widerwärtigkeit,
Und nicht an Gott verzagen,
Wie die Unchristen-Leut.
Es fällt ohn seinen Willen
Uns kein Häupt-Härlein ab,
Will sich das Kreuz nicht stillen,
Geht es mit uns ins Grab.

2. Geduld wir müssen tragen
In Widerwärtigkeit,
All Adams-Kinder sagen,
Ob sie zu jeder Zeit
Auf lauter Rosen gangen
Und nicht mit Angst und Not,
So wohl als wir, umfangen
Gewesen bis in Tod.

3. Geduld wir wollen tragen
In Widerwärtigkeit,
Und Gott dem Herren klagen
All unser Herzeleid.
Es steht in seinen Händen,
Ihm sei es heimgestellt,
Er wird es alles wenden,
So bald es ihm gefällt.

4. Geduld will sich nicht finden
In Widerwärtigkeit:
Ach, hilf uns überwinden
In allem Leid und Streit,
Herr Jesu, durch dein Leiden,
Zum Fried- und Freuden-Port,
So wollen wir mit Freuden
Dich preisen hier und dort.

Amen.

Martin Rinkart – Himmel-steigendes Angst-Gebet. Die Meißnische Tränen-Saat.

Im Ton der Wasser-Quelle.

1. Lasset euch, ihr edlen Seelen,
Die betrübte Tränen-Saat
Nicht so übermäßig quälen,
Streuet! streuet früh und spat
Eure Samenkörnlein aus,
Wohl bestellet Feld und Haus,
Die jetzt Tränen-Samen streuen
Werden bald mit Freuden meyen1mähen.

2. Welcher Acker hat getragen
Ungebauet in der Welt?
Sünden- Dornen- Wollust-Haagen2Haag – von einer Hecke umgebenes, umgrenztes Gebiet
Bringet unser Kirchen-Feld,
Wenn es nicht mit Macht und Müh
Wird durchtrieben spat und früh:
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

3. Welcher Ackermann im Felde
Lässet sinken Hand und Mut,
Wenn der Wind geht durch die Wälde,
Und ihm schneiet auf den Hut!
Lenzen-Wetter steht nicht lang,
Ist ein bloßer Übergang:
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

4. Welches Garten- Feld bekleibet3Wurzel schlagen, keimen, zu wachsen, gedeihen beginnen, anwachsen‹ (von Pflanzen o.ä., ütr. z.B. von liebe gesagt),
Wenn man es nicht gräbt zuvor,
Wenn man Würz und Blumen reibet,
Steiget ihr Geruch empor.
Wind und Regen müssen sein,
Will man reichlich ernten ein:
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

5. Welche Ros‘ ist ohne Dörner?
Welche Salb ist ungemischt?
Welche Garben schütten Körner,
Wenn man sie nicht weidlich drischt?
Und wir wollen gar allein
Ohne Kreuz und Leiden sein:
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

6. Stöcke muss man wohl beschneiden,
Wenn die Traube wachsen soll,
Trauben müssen Pressen leiden,
Will man Fässer legen voll.
Durch viel Kreuz und Herzeleid,
Kommen wir zur Himmels-Freud.
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

7. Darum, o ihr edlen Seelen,
Lasset euch die Tränensaat
Nicht so übermäßig quälen,
Streuet, streuet früh und spat
Eure Samenkörnlein aus,
Wohl bestellet Feld und Haus.
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

8. Wenn der Herr uns wird erlösen,
Die gefangne Toten-Schar,
Und uns, frei von allem Bösen,
Lebendig wird stellen dar,
Dann wird’s kommen auf das Wort,
Das wir hier so oft gehort:
Die mit Tränen Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

9. Dann wird unser Mund voll Lachen,
Unser Herz voll Freude sein,
Dann wird unsre Zung erwachen,
Und halb krümmend stimmen ein,
Dann wird rühmen Jedermann,
Was der Herr an ihm getan.
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

10. Komm, o Jesu, komm und wende
Unsre Sünden-Dienstbarkeit,
Mach es mit der Welt ein Ende,
Und mit allem Leid und Streit,
Hol uns heim und nimm uns an
Ins gelobte Canaan.
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

11. Dass wir so viel Garben bringen,
Als wir Tränen hier gebracht,
Mit so großen Freuden springen,
Als betrübt sie uns gemacht.
Handvoll streuen wir sie aus,
Armvoll bringen wir zu Haus.
Die jetzt Tränen-Samen streuen,
Werden bald mit Freuden meyen.

Martin Rinkart – Der Deutsche Esaia, und sein und seiner im Anfechtungs-Gefängnis geist- und leiblich erstorbenen Glaubens-Genossen wohlverwahrtes Kammer-Lied:

Das 26. Cap. Esaiae:
Zu singen im Ton:
Wo Gott der Herr nicht bei uns hält.

1. Wir haben eine feste Stadt,
Von Gott selbst aufgebauet,
Die Heil und Trost zu Mauern hat,
Auf die man sicher trauet,
Macht auf die Tor in aller Welt,
Das Volk, das Christo Glauben hält,
Soll mit uns Einzug halten.

2. Du hochgelobter Friede-Fürst!
Was du uns hast versprochen,
Du uns getreulich halten wirst,
Du hast es nie gebrochen,
Auf dein und deines Vaters Hand
Soll uns das rechte Vaterland,
Kein Feindes-Schwert nicht rauben.

3. Du beugest bis zur Erden zu,
Die in der Höhe wohnen:
Die stolze Stadt erniedrigst du,
Der kleinen zu verschonen.
Dem schwachen Friedens-Boten-Fuß
Sich alles unterwerfen muss,
Was selig denkt zu werden.

4. Der Auserwählten Weg ist recht,
Den sie im Glauben gehen,
Wenn sie als deine treuen Knecht
In Lieb und Hoffnung stehen,
Wir warten auf dich, unsern Hort,
Und haben Lust zu deinem Wort
Und deines Namens Ehre.

5. O wie so manche liebe Nacht,
Begehr ich dein von Herzen,
Zu schauen dich und deine Macht,
Verlanget mich mit Schmerzen,
Wenn dein Wort ungehindert geht,
Es wohl in allen Landen steht,
In allen Ständ und Orden.

6. Wenn aber den Gottlosen gleich
Das Heil wird angeboten,
So dürfen sie noch wohl dein Reich
Und dich dazu verspotten.
Dein Wort ist ihnen nicht bekannt,
Drum achten sie auf Menschentand,
Bis sie zugrunde gehen.

7. Uns aber bringest du zu Haus
Ins Fried- und Freuden-Leben,
Denn alles was wir richten aus,
Das hast du uns gegeben,
Beherrschen uns gleich böse Leut,
Gedenken wir doch allezeit
Allein an deinen Namen.

8. Die tote Glauben-lose Schar
Hat hier kein ewig Leben,
Und du hast sie schon ganz und gar
Der Höllen übergeben,
Du aber fährest immer fort
Und breitest aus dein Göttlich Wort
Bis an das End der Erden.

9. Wenn Not und Trübsal geht an Mann,
So lehrest du uns beten,
Wenn du uns schärfer greifest an,
Wir näher zu dir treten,
Die liebe Zucht und Vaters-Rut
Tut uns not und sehr viel zu gut,
Dass wir dich emsig suchen.

(10.)

11. Wann werden wir in solcher Angst
Zum Freuden-Anblick kommen?
Wenn wir entschlafen wie vorlangst
Entschlafen alle Frommen.
Da werden deiner Toten Schar
Mit ihrem Leichnam offenbar
Zum Leben auferstehen.

12. Auf, auf, ihr Toten, wachet auf,
Die ihr liegt in der Erden!
Auf, auf, versammlet euch zu Hauf,
Ihr sollt erlöset werden.
Denn dein Tau ist ein grüner Tau,
Herr, dein Himmels-Feld erbau
Und stürze die Gottlosen.

13. Geh hin, mein Volk, in guter Ruh
Zu Gott in die Schlafkammer,
Und schleuß die Türe nach dir zu,
Und dich für Zorn und Jammer
Verbirg ein‘ kleinen Augenblick,
Bis ich dir einen Boten schick
Auf meine Hochzeit-Freude.

14. Denn siehe der Herr ist bereit,
Er wird urplötzlich kommen,
In großer Kraft und Herrlichkeit,
Zu richten Bös und Frommen.
Da wird er seiner Knechte Blut
Und der Blut-Männer stolzen Mut
Welt-offenbarlich rächen.

Rinkart, Martin – Testament- Schlaf- Valet- und Sterbe-Gebetlein.

1. In deiner Gnaden-Hand
Steht beides Tod und Leben,
In deine Gnaden-Hand
Will ich es beides geben.
In deiner Gnaden-Hand
Steht Glück- und Unglücks-Zeit:
Mit deiner Gnaden-Hand
Zu beiden mich bereit.

2. Und weil ich doch einmal,
So lang ich auch mag leben,
Die schwache Lebensburg
Den Würmern muss aufgeben,
Befehl ich Leib und Seel
In deine Gnaden-Hand:
Die Seel in deinen Schoß,
Den Leib in frischen Sand.

3. Was du erlöset hast,
Zu ewig süßen süßen Freuden,
Mein ewig-treuer Gott,
Durch ewig-kräftig Leiden,
Und diesen meinen Sinn
Erhalt mir bis ans End,
Dass dieses bleib und sei
Mein letztes Testament.

Rinkart, Martin – Vorbitter-Gebetlein für der Jüden Bekehrung.

1. O Jesu, der du selbst
Aus Davids Stamm und Samen,
Lass nicht verdorren gar
Den Davids-Stamm und Namen,
Zeuch ab, zeuch ab einmal
Den Eifer deiner Hand,
Und setze Davids Volk
In alten Ehrenstand.

2. O Jesu, der du auch
Für sie dein Blut vergossen,
Und deine Tränen-Bach
Aus Lieb hinein geflossen,
Lass ab, lass endlich ab
Vom Eifer deiner Hand,
Und lege sie doch nur
In Kirchen-Gnaden-Stand.

3. O Jesu, Gottes Sohn,
Soll noch allhier auf Erden
Nach deinem Wort ein Hirt
Und eine Herde werden,
So in liebe doch
Den Eifer deiner Hand,
Und bringe sie und uns
Ins rechte Vaterland.

Rinkart, Martin – Christ-tröstliche Antwort.

1. Was ist das liebe Kreuz
Als eine Vaters-Rute,
Die Gottes Kinderlein
Tut wunder-viel zu gute?
Sie treibet uns zu Gott,
Zur Andacht und Gebet,
Sie steuret böser Lust
Sie straft und züchtiget.

2. Sie macht uns mürb und reif,
Dass wir uns drein ergeben,
Und streben inniglich
Nach einem andern Leben,
Da weder Not noch Tod,
Da weder Kreuz noch Pein,
Da weder Ach noch Weh
In Ewigkeit wird sein.

3. Lob sei dir ewiglich
Du Heiland aller Frommen,
Der du das Helden-Joch
Allein auf dich genommen,
Und uns geleget auf
Ein augenblicklich Leid,
Und bringest uns zuletzt
In ewig Himmels-Freud.

Rinkart, Martin – Kreuz-Gebetlein.

1. Ach Gott, mein treuer Gott,
Darf ich mein Elend klagen?
Und wie mir’s ist ums Herz,
Wie kannst du mich so plagen,
Mich dein betrübt Geschöpf,
Und schwache Kreatur,
Die voller Elend schon
Und Jammer von Natur.

2. Und muß noch solche Pein
Und große Schmerzen tragen,
Die du viel besser weißt,
Als ich sie weiß zu sagen,
Wo ist dein treues Wort
Und alter Vaters-Ruhm?
Was hilft mir denn zuletzt
Mein Glaub und Christentum?

3. Ach solltest du dein Kind
Dich lassen nicht erbitten,
Und deines Eifers Grimm
Vielmehr auf Leute schütten,
Die dich und deinen Sohn,
Und sein Heilwertig Wort
Erkannt und unerkannt
Verlästern fort und fort.