Dr. Ferdinand Rinne – Dies Irae

1. Tag des Zornes, Tag der Wehen,
Wo die Welt einst wird vergehen,
Wie Propheten warnend sehen.

2. Welch ein Zittern, welch ein Baben,
Wann der Richter wird sich heben,
Fordernd, Rechenschaft zu geben!

3. Der Drommete Schmetterklänge
Sprengen dumpfe Grabesenge –
Aufwacht all der Toten Menge!

4. Staunen wird der Tod und beben,
Wenn erwacht das neue Leben,
Rechenschaft nun abzugeben!

5. Weh! das Buch wird aufgeschlagen,
In dem Alles eingetragen,
Was uns Menschen mag verklagen.

6. Weh! das Urteil wird gesprochen!
Nichts, ach Nichts bleibt ungerochen,
Was wir Menschen, ach! verbrochen.

7. Weh! was sollen wir dann sagen?
Welche Macht um Beistand fragen,
Da uns Sünden All‘ anklagen?

8. Herrscher, furchtbar und erhaben,
Du allein magst Hilfe haben,
Hilf mir mit der Gnade Gaben!

9. Milder Jesu, mögst erwägen,
Dass Du kamest unsertwegen,
Tritt dann liebreich uns entgegen!

10. Hast für uns ja nur gestritten,
Nur für uns den Tod gelitten,
Mög‘ dein Leiden für uns bitten!

11. Richter, am Gerichtes-Tage
Wann sich neigt die Sündenwaage,
Lass nicht sinken Schuld und Klage!

12. Ach, ich seufz‘ in tiefer Trauer,
Scham erfüllt mein Herz und Schauer;
Gott nicht sei dein Zorn von Dauer!

13. Der Maria du von Sünden,
Mörder konntest Schuld-entbinden –
Lässest mich auch Hoffnung finden.

14. Zwar unwürdig ist mein Flehen,
Gnadenvoll lass nicht eschehen,
Dass ich ewig muss vergehen!

15. Woll‘ ein gnädig Urteil fällen,
Nicht Verdammten mich gesellen,
Mich zu deiner Rechten stellen!

16. Mit Verworfnen nicht zusammen
Zu der Hölle bittern Flammen –
Nein! – nicht wolle mich verdammen!

17. Vor dir lieg‘ ich auf der Erden
Mit den schmerzlichsten Gebehrden –
Lass mich nicht zu Schanden werden!

18. Weh des Tags, des tränenreichen,
Wo sich heben unsre Leichen,
Zu vertreten Schuld und Sünden,
Lass, o Gott, uns Gnade finden!

19. Milder Herre Jesu,
Schenke ihnen Ruhe!