Arnold, Gottfried – Das Reich Gottes.

Des Herrn Reich kommt nicht mit Gepräng‘,
Mit Hochmut, Stolz und Prahlen,
Mit Phantasie und Weltgedräng‘
Und großen Rechenzahlen;
Es hilft uns nichts der Außenschein,
Das Leben muss was Andres sein.

So viel der Einfalt heller Blitz
Erhellt von Finsternissen,
So viel ein Mensch aus Menschenwitz
Und Unruh‘ ist gerissen:
So viel hat er schon in der Zeit
Des Reiches Gottes Ewigkeit.

Wie Viel am Ende dort einmal
Sich darin werden finden,
Und wie sich dort die volle Zahl
Im Frieden wird verbinden:
Was geht’s dich an? – Lass Grübeln sein,
Und sieh‘, dass Du selbst kommst hinein!

Das Reich ist jetzt, und soll auch dann
Vor Vielen sein verborgen!
Ach frage nicht: ob? wie? und wann?
Lern‘ um das Leben sorgen,
Doch nicht mit äuß’rer Phantasie,
Sonst lässet dich die Lüge nie!

Wer Das inwendig hat gefasst,
Der mag nicht länger denken
An Fleischeslust und Mammonslast,
Er sucht sich nur zu senken
In seines Gottes Wort und Rat,
Und wählt den Schein nicht für die Tat.

Die äußern Sinne sind voll Trug,
Sie können nicht vergnügen;
Sie haben nimmermehr genug
Und wollen immer lügen.
In Gott allein ist Ewigkeit
Und Licht ohn‘ alle Dunkelheit.

Der Tand gefällt dem Kindersinn;
Willst du dich männlich tragen,
So achte das nicht für Gewinn,
Wonach die Kinder fragen;
fühl erst der Ewigkeiten Fried‘,
Und singe dann mit uns dies Lied:

O heilig und unendlich Licht,
Voll Gnade, Huld und Frieden!
Gib uns der Wahrheit klar Gesicht,
Wie Du es uns beschieden,
Dass wir nicht unsre Dunkelheit
Anseh’n als deine Heiligkeit!

Mach‘ unsre Seelen hell und weit,
Dass wir uns selbst vergessen
Ob deiner Länge, Tief‘ und Breit
Und Höh‘, die unermessen!
Du bist’s, von dem das Leben quillt,
Das laut’re Geister selig füllt!

In Dir ist Allgenugsamkeit,
In Dir ist wahre Liebe;
In dieser Welt ist lauter Streit
Und blinde, falsche Triebe,
Daraus nur Ekel kommt und Tod,
Doch keine Fülle, die uns not.

Dein ewig Einssein ist’s, das Dich
Von Allem unterscheidet,
Weil sonst nichts unveränderlich,
Weil Alles Unruh‘ leidet.
Du, Herr, nur bist’s, der alles ist,
Du bleibest ewig, wie Du bist!

Arnold, Gottfried – Kräfte des Glaubens.

Wie offenbar sind doch des Glaubens hohe Kräfte!
Die wahre Sonne naht sich uns mit ihrem Licht,
Wenn Gottes Geist in uns die böse Art zerbricht,
Und fängt von vorne an die geistlichen Geschäfte;
Dann kommen wir hervor als neugeborne Söhne;
Das höchste Alter geht in zarte Kindheit ein.
Es muss ein Wundermensch von zwei Geburten sein,
Wer Gott einst preisen will mit himmlischem Getöne.

Gottfried Arnold – Um ewige Liebe zu Jesu

Ich hab‘ Ihn dennoch lieb,
Und bleibe an Ihm hangen;
Er nur ist meine Lust,
Er einzig mein Verlangen!
Fall‘ ich auch öfters noch
Aus meiner Liebespflicht,
So trennet solches doch
Die treue Liebe nicht.

O hätt‘ ich stets die Kraft,
Die ich mir wünschen wollte,
Dass ich nur stets in Ihm
Erfunden werden sollte!
Gewiss, ich bliebe treu,
Er sollte noch an mir
Erleben seine Luft
Und seines Namens Zier!

Das Wollen und der Mut
Sind da, wenn gleich zu Zeiten und
Mir das Vollbringen fehlt;
Ich sehe täglich streiten,
In mir mit Fleisch und Blut
Den stillen Jesussinn,
Weil ich annoch ein Kind
In seiner Liebe bin.

Doch werd‘ ich dermaleinst
Zu meiner Mannheit kommen
Wie will ich Ihm so treu
Verbleiben, meinem Frommen,
Dem König meines Heils!
Ach, gegen Ihn allein
Soll dann von ew’ger Glut
Mein Herz entzündet sein!

Komm, Jesu, zünde an
Den Willen, die Gedanken
Und Alles, was in mir!
Dann werd‘ ich nimmer wanken.
Hilf mir zu meiner Pflicht,
Entflamme gegen Dich
Mein Herz, so bleib‘ ich treu
Dir, liebster, ewiglich!

Arnold, Gottfried – Eines in Allem.

So oft ein Blick mich aufwärts führet,
Und meinen Geist einen Strahl berühret,
Der von Zions Glanz ausgeht:
Will mein Herz zu enge werden,
Weil’s auf Erden
Schon in Himmelskraft ersteht.

Da bin ich in die Höh‘ geflogen,
Und schon zu jener Welt gezogen;
Alles wird mir viel zu klein,
Dass die Seele Raum da hätte,
Denn die Stätte
Muss ein weiter Himmel sein.

Was sollen mir denn nun die Sachen,
Die ein Gemüt von Unruh machen?
Ich kann ihrer ledig sein,
Denn mein Auge kennt den Führer
Und Regierer,
Der mich führt zum Einen ein.

Der Schatten ist mir zu geringe,
Dass er mich in das Wesen bringe,
Das die Weisheit mir gezeigt.
O ich schätze mich für selig,
Und bin fröhlich,
Dass mein Gott sich zu mir neigt!

Drum scheint auch Etwas als das Beste,
Und setzt die Lieb‘ sich drinnen feste,
Fällt doch endlich Alles hin,
Wenn es Gott nicht selbst gewesen,
Dessen Wesen
Einzig füllt den leeren Sinn.

So lang‘ ich noch nicht konnte fliehen,
Was hin und her das Herz kann ziehen,
War mein Jammer übergroß,
Und zerstreute die Gedanken;
Denn sie wanken,
Wenn von ihrem Grund sie los.

Sollt ich nun nicht den Götzen fluchen,
Und außer Gott noch etwas suchen,
Der doch alles in mich legt,
Was ich soll auf ewig haben,
Und die Gaben
Durch den Geist in’s Herze prägt?

Da darf ich nicht nach Fremdem gaffen;
Er kann im innern Tempel schaffen,
Was zu seinem Dienst gehört.
Ja, wenn keine Stimmen schallen,
Muss gefallen,
Was inwendig Ihn Verehrt.

Ach, willst Du dieses noch verschieben,
Und deinen Himmel selbst nicht lieben?
Seele, siehst du nicht den Trug?
Schau, die Vielheit ist dein Schade;
Gottes Gnade
Macht uns nur durch’s Eine klug.

Wer hier sich nicht lässt vorbereiten,
Dem muss das Feuer endlich scheiden
Erz von Stoppeln, Gold von Stroh;
Hat er aber recht gebauet,
Gott vertrauet,
Wird er dessen ewig froh.

Mein Vater! Du bist nicht zufrieden,
Wenn ich nicht völlig bin geschieden
Auch vom kleinsten Quell der Pein;
Du willst mich vollkommen haben,
Deine Gaben
Soll’n in mir vollkommen sein.

Drum tu‘ ich nichts mehr zu gefallen
Der Kreatur, und will vor Allen
Meinem Schöpfer bleiben treu;
Ihm gehören meine Pflichten;
Andres Dichten
Ist nur Tand, wie klug es sei.

Mein Auge soll in Einfalt schauen
Auf Ihn, das Herz ihm völlig trauen
Nach der Gnade heller Spur.
Ihm will ich mich völlig geben,
Und nicht leben
Nach der alten Kreatur.

Herr, bring mich unter deinen Willen,
Und lass ihn ganz mein Herz erfüllen,
Dass ich brauche deine Kraft,
Die mich aus der Vielheit reißet,
Heil beweiset,
Und in Einem Alles schafft!

Arnold, Gottfried – Reichtum in Gott.

Mein Gott, ich habe Dich!
Weil mich mein Jesus bat,
Wird nimmermehr mein Geist
An Ehr und Freude satt.
Die Erde mag mich hassen
Und allerseits verlassen,
Der Himmel mag verbrennen:
So will ich doch bekennen:
Das höchste Gut vergnüget mich!
Mein Gott, ich habe Dich!

Was frag‘ ich nach der Welt?
Nimmt mich der Schöpfer an,
So lebet kein Geschöpf,
Das mich betrüben kann.
Zu wem sich Gott will kehren,
Den muss die Erd‘ ernähren,
Dem muss der Himmel leuchten,
Den muss der Tau befeuchten.
Wenn meine Seele Goti gefällt,
Was frag ich nach der Welt?

Wohl mir! ich habe Gott,
Und Jesus ist mein Heil;
Der bleibt des Herzens Trost,
Mein ewigschönes Teil.
Wie sollt‘ ich mich beklagen,
Und von Verlassung sagen?
Wie wollt‘ ich andre Gaben
Noch außer Jesu haben?
Das wäre mir der höchste Spott;
Wohl mir, ich habe Gott!

Arnold, Gottfried – Lob Gottes.

Kann ich nicht dein Lob erreichen,
Höchster Herrscher, muss hier gleich
Alle Menschenrede weichen,
Wäre sie auch noch so reich,
Ist mein Herz auch viel zu klein,
Deinem Preis genug zu sein:

Dennoch bin ich hoch erfreuet,
Dass mein Vorsatz redlich ist,
Und mein Mund sich doch nicht scheuet,
Zu bekennen als ein Christ,
Dass dein Ruhm mich überwiegt,
Und den armen Dank besiegt.

Dann erfüllt mich Glaub‘ und liebe,
Wenn ich seh‘, Du seist so hoch,
Dass ich auch nach deinem Triebe
Dich doch höher finde noch.
Heil, dass ich Dich lobe frei,
Schwach, doch ohne Heuchelei!

Arnold, Gottfried – Um völlige Liebe Gottes.

Gott ist ganz mein, und ich bin Sein;
Den Einen lieb‘ ich ganz allein;
Und was ich also liebe,
Das liebt auch unaussprechlich mich,
Und zieht mich mit Gewalt in sich,
Wie wenn ein Strom mich triebe.
Ja, was mich also ziehet hin,
Des bin ich mehr, als ich mein bin.

Drum, wer von Gott die Lieb‘ erlangt,
Dass er Ihm wesentlich anhangt,
Der wird ein Kind der liebe
Durch Ihn, der selbst die Liebe heißt
Und ihn mit seinem Leben speist;
Was ist’s, das den betrübe?
Er ist ja mein, sobald ich Ihn
Erwähl‘, und nicht mein eigen bin!

Ach, wer hat wahre Seligkeit,
Als, den die Liebe zubereit’t
Und göttlich überwunden;
Wo Liebe von der Liebe Stärk
Erobert ist, und Gottes Werk
Die Seel‘ in sich gefunden?
O reine, wesentliche Lieb‘,
Ich fleh‘ um deinen ew’gen Trieb!

Da wird nichts mehr, als lieb‘ allein
Und Herz mit Herz vereinigt sein
In stolzer Gottesruhe.
Da wird nur Jesus in der Brust
Gebieten, dass Sein Geist mit Lust
Mir Gut’s um Gutes tue.
O Jesu! möchten Alle dein,
Und Du in Allen Alles sein!