Vulpius, Herman – Ein Abendreien

Nu kum herzu, du junge schar,
und was ich euch singe, das nemt war.
mit freuden wölln wir singen,
das frölich tut erklingen.

Wir wöllen preisen unsern Got,
der bei uns stehet in aller not,
und ist zu helfen stets bereit;
dem sei lob, er in ewigkeit!

Der solches lob von uns begert,
wir bitten in und werden gewert;
was wir bitten im namen sein,
das gibt er uns und kans allein.

Er ist ein vater gnediglich,
seine wort gehen nicht hinder sich;
alls was er uns verheißen hat,
dasselb beweist er mit der tat.

Er gibt uns kleider, trank und speis,
und erneret der erden kreis;
mit seiner güt, barmherzigkeit
tröst er und hilft zu rechter zeit.

Nun schau herab aus deinem tron,
HERR Got, sich deine kinder an.
mit heller stimm loben wir dich,
zu dir stehet unser zuversicht.

Wiewol wir sein noch schwach und klein,
doch kennen wir dich, Got, allein;
kein ander hilf die wißen wir,
in allem land rufen wir zu dir.

Dann du bist stark mit deiner hand,
du tust erhalten alle land;
alls machstus nach dem willen dein
und hilfest in der not und pein.

O vater from, von uns nit ker,
zu lob singen wir deiner er;
dann unser mund ist lobes vol,
das gefellt dir in dem himel wol.

Und wenn uns kem ein böser wicht,
so wolten wir in hören nicht,
der uns etwas wolt leren,
das nicht wer deiner eren.

Und wies deim willen wolgefellt,
und wie dein heilig wort inhelt,
auf daß wir leben dir zu lob,
und ob wir schon gehen zu boden drob.

Das sei dir gesungen, starker Got,
von deiner schwachn und ser jungen rott,
die noch nicht groß vermügens ist,
der du ir treuer vater bist.

Goedeke/Tittmann – Deutsche Dichter des sechszehnten Jahrhundert