Als der HErr am Kreuz gestorben,
War die Macht des Todes hin:
Und da hat Er mich erworben,
Dass ich ewig Seine bin.
Seine sein – was will das sagen?
Tag für Tag bis in die Nacht
Seine Seel in Händen tragen:
Und, sobald man aufgewacht,
Seinen Heiland kindlich bitten,
Dass Er uns den ganzen Tag
Und bei allen Tritt- und Schritten,
Wie’s Ihm recht ist, leiten mag.
Das gibt eine sanfte Regung,
Ohne Plag‘ und Dunkelheit,
Eine liebliche Bewegung
Nach des Heilands Wirksamkeit.
Und ein Mensch, der also handelt,
Ist ein hochbeglückter Mann,
Weil er stets mit Jesu wandelt,
Und sich nicht verlieren kann.
Freilich maßt man dieser Gnade
Sich unangefragt nicht an;
Doch es geht auf einem Pfade,
Drauf ein Tor nicht irren kann.
Und je will’ger eine Seele,
Die da weiß, was Wahrheit sei,
Eingeht in die dunkle Höhle:
Desto schneller ist sie frei.
Die um Ihn erregten Sorgen,
Die Sein Geist an’s Herz gebracht,
Machen einen trüben Morgen,
Auch wohl eine bange Nacht,
Denn wir hören eine Frage:
Ob wir an den Bund gedacht,
Den am frühsten Lebenstage
Gottes Sohn mit uns gemacht?
Und indem wir daran denken,
Zittert uns wohl Mark und Bein;
Darauf folgt ein sel’ges Kränken,
Dass wir abgefallen sei’n.
Das erpresst ein Maß von Tränen:
„Ach, wo krieg‘ ich Jesum her?“
Und ein kindlich banges Sehnen:
„Wenn Er doch mein Heiland wär‘!“
Augenblicklich steht der Fürste
Mit der offnen Seite da,
Und man fühlt es, wie Er dürste,
Dass Er unsre Seel‘ umfah‘.
Damit geht die Seele über
In die durchgegrab’ne Hand;
Und er hat sie so viel lieber,
Als Er viel an sie gewandt.
Da bekommt sie so geschwinde,
Als sie kaum darum geweint,
Die Vergebung aller Sünde,
Und das Lamm zum ew’gen Freund.
(1740.)