Franck, Johann – Am neuen Jahr

In seiner eignen Weise.

Lobet Gott von Herzensgrunde,
Danket, die ihr danken könnt;
Rühmet ihn mit Tat und Munde,
Die ihr euch von Christo nennt;
Ehret seinen großen Rat,
Rühmet seine Wundertat.

2. Denn es hat die Sonnenwende
Uns ein neues Jahr gebracht,
Drum erhebet eure Hände,
Rühmet unsers Gottes Macht.
Dass wir nicht sind hingerafft,
Das ist seiner Gnaden Kraft.

3. Es erhielt der Herr der Seiten
Uns bisher in stolzer Ruh.
Nun sind tausend Widrigkeiten
Und wohl tausend noch dazu,
Und zehntausendfache Not
Mit dem alten Jahre tot.

4. Er hat seines Wortes Samen
Unter uns so ausgebreit’t,
Dass von seinem großen Namen
Die noch nie geborne Zeit
Und die Welt, die kommen soll,
Allbereit ist Rühmens voll.

5. Er hat mit dem Eintrachtbande
Unsre Obrigkeit umschränkt,
Dass ein Jeder in dem Lande,
Den der Krieg vor hat gekränkt,
Nunmehr sicher und beschützt
Unter seinem Weinstock sitzt.

6. Teurung samt der Pestilenze,
Wassernot, Raub, Mord und Brand
Hat der Herr von unsrer Grenze
Bloß aus Gnaden abgewandt,
Hat mit Füll‘ uns ausgerüst’t,
Dass es nicht zu sagen ist.

7. O der großen Wunderdinge,
Die sein Sinn noch Mund begreift!
Herr, wir sind ja zu geringe
Alles dessen, was gehäuft
Deine große Majestät
Uns bisher erwiesen hat.

8. Ach, verzeihe doch den Mängeln,
Die das schwache Fleisch noch hegt,
Und dadurch du, samt den Engeln,
Uns zu Waffen, wirst bewegt.
Jesus ist der Mittelsmann,
Der uns dir versöhnen kann.

9. Gib nun mit den neuen Tagen
Neue Herzen, neuen Geist,
Dass wir Lust zu diesem tragen,
Was dein Will‘ und Wort uns heißt.
Gib ein’n dir ergebnen Sinn,
Nimm die alten Sünden hin.

Johann Baptist von Albertini – Jesu! seliger Name du!

Jesu! seliger Name du!
wo ist wohl Heil und Genuss und Ruh
außer dir zu finden?
In Tod und Leben
ist uns kein Name, als du, gegeben
zur Seligkeit.

Jesu! heiliger Name du!
dich trugen Engel den Menschen zu!
Seraphinen lehrten
dich aber Lernen,
Haben, Genuss war der Fremden, Fernen,
der Sünder Teil.

Name! leuchtender Morgenstern!
des neuen Bundes gediegner Kern!
A und O der Schriften
von Gott gegeben!
in dir beisammen ist all ihr Leben
und Fried‘ und Trost.

O Name! köstliche Gabe du
zum neuen Jahre! so kommt, greift zu!
Millionen Sündern
zu ew’gem Lieben
werd‘ er mit blutiger Schrift geschrieben
in’s Herzens Grund!

Johann Baptist von Albertini – Geh hin in Frieden, altes Jahr

Geh hin in Frieden, altes Jahr –
nimm unsern Dank für deine Milde!
der Herr gebot: da blieb Gefahr
uns Fern, und Segen trank’s Gefilde.
Gebieter
und Hüter
der Deinen! wie heiß
strömt heut aus den Herzen und Lippen Dein Preis!

Steig freundlich nieder, neues Jahr,
um freundlich wieder einst zu scheiden!
der Herr der Zeit, die dich gebar,
führ uns durch deine Freud‘ und Leiben!
bring Frieden
den Müden,
den Traurigen Trost,
den Hungrigen sel’ge, lebendige Kost!

Den leichten Seelen ernsten Sinn,
die Zeitverprassung schnell zu enden,
zum Einigen, was Not ist, bin
sich mit entschlossnem Mut zu wenden!
belebe,
erhebe
hoch über den Tand
der Erde die Herzen zum ewigen Land!

Elisa von der Recke – Neujahrslied

Ich blick in das vergangne Jahr
Mit dankerfülltem Herzen;
Du warst mein Retter in Gefahr,
Mein Fels, mein Trost in Schmerzen:
Herr! meine Seel erhebet dich!
Wach auch mit Vaterhuld für mich
In diesem neuen Jahre!

Lass es ein Jahr des Segens sein
So, wie’s dein Rat ersiehet;
Doch lass mich ja kein Glück erfreun,
Das dir mein Herz entziehet!
Das Glück allein, Herr. schenke mir,
Dass ich in diesem Jahre dir
Gefällig leben möge!

Hält deine Weisheit es für gut
Mir Leiden aufzulegen,
So gib der Seele frischen Mut.
Geduld und auch Vermögen,
Dass ich mein Kreuz mit Freudigkeit
Auf mich zu nehmen sei bereit,
Und meinem Heiland folge!

So leite mich denn dieses Jahr
Nach deiner Huld, mein Vater!
Und führest du mich in Gefahr,
So sei auch mein Berater!
Um Erdengüter bitt‘ ich nicht:
Nur gib mir Lust zu jeder Pflicht,
Und Kraft zu jeder Tugend!

Johann Anastasius Freylinghausen – Neujahrsgesang.

Weise: So ist denn nun die Hütte aufgebauet.

1. Der du bist A und O, Anfang und Ende,
Ein Herr der Zeit und auch der Ewigkeit,
Dem alles steht zu seinem Dienst bereit,
Zu deinem Thron, Jehovah, ich mich wende,
Da diese Zeit ein neues Jahr uns bringt,
Und Zion dir ein Hallelujah singt.

2. Dich bet ich an, unwandelbares Wesen,
Du Wesen, das kein Zeitenwechsel trifft.
Du bist, von welchem zeugt der Psalmen Schrift,
Dass deiner Jahre Zahl nicht ist zu lesen;
Denn obgleich Erd und Himmel muss vergehn,
Bleibst du doch wie du bist und ewig stehn.

3. Wir aber sind von gestern her entstanden
Und müssen auch, eh wir uns des versehn,
Oft in der besten Blüte untergehn;
Wir sind wie Gras, das frühe zwar vorhanden,
Und doch wohl, eh die Sonne von uns weicht,
Durch Schnitters Hand sein Ende schon erreicht.

4. Das macht der Fall, der deinen Zorn erwecket
Und uns in diesen Jammer hat versenkt,
(O wohl dem Menschen, der es recht bedenkt!)
Der sich nun über alles Fleisch erstrecket.
Fleisch ist wie Heu, wie eines Grases Blum,
Wie leichte Spreu, in seinem besten Ruhm.

5. Du bist gerecht, wer darf dein Urteil tadeln?
Doch sei gepriesen die Barmherzigkeit,
Die von uns nimmt so gnädig unser Leid
Und uns so hoch hat wieder wollen adeln,
Dass, ob wir gleich hier die Verwesung sehn,
Wir doch dereinst zum Leben auferstehn.

6. Durch Christum ist uns dieses Heil geschenket;
Der kommt aus deinem Schoß zu uns herab,
Wird Mensch und scheuet weder Tod noch Grab
Wodurch er deine Huld so zu uns lenket,
Dass aller Jammer, alle Not und Pein
Uns nichts als Segen und Gewinn muss sein.

7. Durch ihn sind wir zur Ewigkeit erkaufet,
Wo Freud und unvergänglich Wesen grünt;
Hiezu sind wir dir, Vater, ausgesühnt
Und auf des Sohnes Blut und Tod getaufet.
Wie gnädig hast du, Gott, an uns gedacht,
Dass du durch unser Heil dies Heil gebracht.

8. Dies ist der Brunn, aus welchem hergeflossen,
Was mich in meiner Wallfahrt früh und spat
An Seel und Leib jemals erquicket hat,
Der sich hat stromweis über mich ergossen,
Dass ich den Augenblick nicht nennen kann,
Da mir nicht wäre daraus Guts getan.

9. Gelobet sei, o Herrscher, diese Liebe,
Die sonderlich auch im verstrichnen Jahr
Mich armen Staub, der des unwürdig war,
So merklich spüren lassen ihre Triebe.
Ich stelle mich dafür in meinem Sinn
Dir, großer Gott, selbst zum Dankopfer hin.

10. O denke nicht an der vergangnen Zeiten
Gemachte viel und überhäufte Schuld;
Lass deine Gnad und milde Vaterhuld
Zu meinem Trost in Christo sie bespreiten1bedecken.
Was ich gelebet hab, das decke zu,
Was ich noch leben soll, regiere du.

11. Erneure mich, der du machst alles neue,
Das Alte lass von nun an untergehn,
Lass Heiligkeit an dessen Stelle stehn,
Die neue Kreatur dich stets erfreue;
Der Geist aus dir verändre Sinn und Mut,
Nur dich zu lieben als das höchste Gut.

12. Die Zeit fleucht hin, lass mich auch von ihr fliehen
Die Ewigkeit rückt näher stets herbei,
Gib, dass ich ihr im Geist recht nahe sei,
Lass mich als eilend stets von hinnen ziehen,
Es müsse mir nie kommen aus dem Sinn,
Dass ich hier fremd, ein Gast und Pilgrim bin.

13. Ach, lehre mich recht meine Tage zählen,
Dass ich sie all aufs best anwenden mag;
Hilf mir auch tragen ihre Last und Plag,
So will des rechten Zwecks ich nicht verfehlen;
Ich will dereinst mit der erkauften Schar
Bei dir begehn das große neue Jahr.

Ringwald, Bartholomäus – Ein Gebet am neuen Jahre.

Im Ton: Ein Kindelein so löbelich.

1. Gott Vater, der du deinen Sohn
In unser Fleisch gesenket,
Und ihn als deines Hauptes Kron
Aus Lieb uns hast geschenket,
Dass er der Menschen Sünd und Schuld
Mit dir in sich versühnen sollt
Und das Gesetz erfüllen,
Auf dass sein Fluch, samt aller Bürd
Der Höllen aufgehoben würd
Um seines Leidens willen.

2. Gib Gnad, dass wir die Ehrung dein
Mit Lust und Dank annehmen
Und uns im Kreuz des Namens sein
In keinen Läuften schämen,
Sondern dieselben mit dem Mund
Zur Seligkeit aus Herzensgrund
Vor aller Welt bekennen,
Und zu ihm in der höchsten Not.
Es sei im Leben oder Tod,
Mit wahrem Glauben rennen.

3. Bescher uns auch ein fröhlich Zeit
Zu diesem neuen Jahre,
Und deine arme Christenheit
Vors Feindes Schwert bewahre,
So wohl vor Wasser, Pest und Feur,
Vor Hagel und vor Brötung teur1Teuerung,
Vor Mördern und vor Dieben,
Vor schnellem Tod, Sünd, Hass und Neid,
Dass wir in Fried und Einigkeit
Einander mögen lieben.

4. Der Obrigkeit nach allem Stand
Mit deiner Gnaden walte,
Die Prediger in unserm Land
Bei reiner Lehr erhalte.
Kirch, Rathaus, Schul und ganz Gemein
Lass dir, o Herr, befohlen sein,
Samt Weib, Gesind und Kinden;
Daneben schütz auch unser Vieh
Und was wir sonst mehr haben hie,
Dass es nicht mög verschwinden.

5. Wo unser ein in diesem Jahr
Ein Unfall soll bekommen,
Oder aus diesem Leben gar
Zu dir würd aufgenommen,
So gib Geduld eim jedermann,
Dass er sein Kreuz ertragen kann,
Und in dem Glauben siege,
Und mit dem Blut des Sohnes dein
Besprengt in seinem Kämmerlein
Ganz wohl bewahret liege. Amen.

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Neujahrsgedanken.

Für uns gesalbtes Haupt,
Für uns geborner Same!
Für uns genannter Name,
Für Jeden, der es glaubt:
Du siehst vor Deinen Thronen,
Wo Majestäten wohnen,
Du siehst dies kleine Heer:
Ach, wenn’s das große wär‘!

Wir leben ja darum,
Daß wir dem Jesu leben,
Der sich für uns gegeben;
Wir suchen um und um,
Im Großen wie im Kleinen
Es treu mit Ihm zu meinen:
Wir suchen’s aber, ach!
Das ist noch nicht die Sach‘.

Wir haben abermal
Ein ganzes Jahr erfahren
Viel gnädiges Bewahren,
Viel Langmut ohne Zahl;
Wir greifen’s mit den Händen,
Du lässt Dein Werk nicht schänden:
Wer das nicht sehen kann,
Der ist ein blinder Mann.

Doch wer lebt recht in Gott?
Ihr Brüder, wer kann’s sagen?
Es tut wohl not, zu fragen:
Konnt‘ ein gerechter Lot (2. Petr. 2, 7.)
In Sodoms Sündenmauern
Bei seinem Gotte dauern:
Sollt‘ ich bei Salems Schein
Der Liebe untreu sein?

O lass in Deiner Schul‘
Uns täglich, Dir zu Füßen,
Von Gnad‘ auf Treue schließen,
Vom Kampf auf Christi Stuhl;
Lehr‘ uns Dich ganz erkennen,
Dich unsern Jesum nennen,
Daß Dein Wort in uns haft,
Und werd‘ zu Geist und Kraft!

Erscheine, großer Freund,
In Deiner Kreuzgemeine,
In Herrlichkeit erscheine:
Errette manchen Feind
Zu diesen Gnadenstunden
Durch’s Leuchten Deiner Wunden,
Bis er mit uns zugleich
Wird Mitgenoss‘ am Reich!

Uns aber segne Du
Mit einem neuen Segen
Auf unsren Gnadenwegen;
Gib der Gemeine Ruh‘,
Den Ält’sten Liebesblicke,
Den Wirkenden Geschicke,
Den Wanderern ein Dach,
Den Müden Dein Gemach!

Gib Männern Mut zum Streit,
Den Weibern Sabbatstille,
Den Witwen Deine Hülle,
Den Jungfrau’n Heiligkeit,
Den Junggesellen Beugung,
Den Schülern neue Zeugung,
Sei unsrer Lämmer Hirt
Und unsrer Gäste Wirt.

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Neujahrslied.

Heut ist ein Fest von Jesu hohen Namen,
Die uns so oft und nie zu ofte kamen.

Verwundert euch nicht dieser Sache halben,
Ein jeder Name Christi kann uns salben.

Liebreicher Heiland, Du wollst uns vergönnen,
Dir Deine Namen, uns zum Heil, zu nennen!

Du bist ein König über alle Kaiser,
Und doch ein Knecht der ärmsten Pilgerhäuser.

Dein Volk hat in Dir einen treuen Führer,
Und jeder Schritt erkennt Dich als Regierer.

Du bist ein Fels. Wer einmal auf Dir stehet,
Der stehet fest, wenn Alles untergehet;

Ein Eckstein, der dem Bau zu Grunde lieget,
Auf dem so seliglich sich Alles füget;

Ein Schloss, genugsam, Alle zu beschützen,
Die glaubensvoll in seinen Mauern sitzen.

Ein Heerschild, dem man seine Brust vertrauet;
Ein Schwert, das vor uns her in’s Wesen hauet;

Ein Herzog, der im Streit die Spitze bietet;
Und sieht’s der Feind, so hat er ausgewüthet.

Kein Hoherpriester gleichet unsrem Lieben;
Du hast die Seelen in Dein Herz geschrieben,

In deinem Ringen durch die Hand gegraben;
Da kannst Du sie nun kurz beisammen haben. (Hohel. 5,14; Jes. 49,16.)

Prophete, der des Vaters Sinn verkläret,
Du nur bist unser Meister, der uns lehret!

Arabia mit allen seinen Weisen
Und Salomo muß deinen Vorzug preisen.

Ich möchte seh’n, wer mich einmal bethörte,
Wenn ich den Mann, der Rath heißt, immer hörte!

Kraft, die die Schwachheit nimmer läßt erliegen!
Held, der von keinem Krieg weiß, als zum Siegen.

Du, Ewig-Vater, hast Dein Amt gepriesen,
Wie Dir’s Dein großer Vater angewiesen.

Du, Friedefürst, wenn Du kannst Friede machen,
So weiß ich, daß Dir noch das Herz wird lachen!

Der Cherubim und Seraphim Bedecken
Zeigt, wer Jehovah ist, und Satans Schrecken. (Jes. 6.)

HErr, gegen den sich keine Macht darf sperren,
Dein Will‘ ist unser Glück! Wohl uns des HErren!

O Kind, wie groß Du sonst auch anzusehen:
Es ist doch kindlich mit Dir umzugehen!

Und doch begreift kein Mensch Dein Thun und Lassen,
Drum heißt du Wunderbar, und nicht zu fassen.

O Thau, der auch das dürrste Herz befeuchtet!
O Licht, das unserm Fuß die Nacht erleuchtet!

O Leben, ohne das kein Ding bestehet!
O Weg, darauf der Thor nicht irre gehet!

O Wahrheit, die noch keinen Feind betrogen!
O Burg, die all ihr Volk in sich gezogen!

O Wort, das vormals Alles ausgesprochen:
Dein Hauch weckt Herzen, die der Tod gebrochen!

Du Morgenstern, der sonnenmäßig blinket,
Und doch in ein noch finst’res Herze sinket!

Du Alpha und Omega aller Wesen!
Wer Dich kennt, hat die Weisheit selbst erlesen!

Du Sonne, dran auch Felsen selbst verwittern!
Du Flammenstrahl, vor dem die Frevler zittern!

Du Mittler zwischen Gott und uns zum Frieden,
Aus Menschenlieb‘ in David’s Haus beschieden!

Dich mußt‘ ein Kind einst seinen Säugling nennen,
Und du, Gott, wolltest Dich dazu bekennen.

Als Gottes Christ besuchst Du unsre Hürden,
Damit wir All‘ gesalbt und selig würden;

Und ohne Wahl, wer frömmer oder böser,
Wardst du der Welt, der ganzen Welt Erlöser.

Als Heiland wirst Du Deinem Volk bekennet;
Was Wunder, daß Dein Volk Dich Heiland nennet?

Als Fürsprach stehest Du zu Gottes Rechten,
Dir geben wir denn Alles auszufechten!

O Gnadenstuhl, wie selig anzuschauen!
Wer hat zu Dir wohl allzu viel Vertrauen!

O Gotteslamm, was ward Dir zugemuthet?
Erwürgt zu sein! – doch nun ist’s ausgeblutet.

Du, der Du Dich für mich in Tod gegeben,
Sag‘, Leben! was ist nutz an meinem Leben?

Das machte Dich Dein theures Blut ausschütten,
und mir zu gut ist auch so viel gelitten!

Nun siehst Du Deinen Lohn vor Deinen Augen!
Ich bin’s, wir Alle sind’s, die Gnade saugen.

Und wer beschreibt den Freund bei Seinen Seelen?
Wer kann euch von dem Bruder g’nug erzählen?

Wo ist die Braut des Bräutigams zu finden?
Nicht weit, wenn irgendwo ein Herz voll Sünden.

Ist eine arme Sünd’rin in der Nähe?
Kommt her, daß man des Heilands Braut besehe!

Was wirkt ein solcher Blick in einem Herzen?
Ein Kranksein nach dem treuen Mann der Sdmerzen.

Du hast, o Hirt, das Zeugniß, gut zu weiden;
Die kleine Seerde darf nicht Hunger leiden.

Bei Wassermangel bist du selbst ein Bronnen,
Daraus noch immer gnug umsonst geronnen.

Wer ist Dir gleich, der Seelen Durst zu stillen,
Quell, bis in’s ewige Leben reich zu quillen?

O Lebensbrod! wenn uns die Lasten drücken,
Geht man zu Dir, und ißt, sich zu erquicken!

O Weinstock, störet Etwas unser Bleiben
An Dir: vertilg’s, und hilf uns Früchte treiben!

O Rose, die im Thal der Demuth grünet!
O Saronsblume, die den Geist versühnet!

Vom grünen Baum entstand einst die Verwesung,
Dein blutig Kreuz hat Blätter zur Genesung.

Nun Du bist’s gar das haben wir erfahren!
Ist noch was übrig komm‘, es offenbaren!

Was hülf’s uns aber, wenn Du Alles hießest,
Wenn Du uns an uns selber überließest?

Drum zeiget uns Dein Geist, wie sich’s gebühret,-
Der Namen Kraft, die Du für uns geführet.

Weil Du die Wahrheit bist, wird Nichts gebrochen,
Was Du in Deinem Worte hast versprochen.

Drum segne uns mit allen Deinen Namen
Bis an der Tag‘ ihr End‘ und ewig! Amen.

(1738 in Gemeinschaft mit seiner Gattin gedichtet.)

Arndt, Ernst Moritz – Neujahrstrost

Einst stieg ein höchster Geist herab,
Der Erste aller Gottgebornen,
Der Sieger über Tod und Grab,
Das Licht der armen Nachtverlornen,
Das Licht in grauser Finsterniß
Der rings in Trug und Wahn Verirrten,
Die jedes Weges ungewiss
Gespenster düstern Grau’ns umschwirrten.

Hier ging er in Gestalt des Knechts
Durch Lug und Trug und Leid der Erden,
Daß ihres hohen Götterrechts
Die Menschen sollten inne werden,
Daß wieder würden aufgethan
Die lang verschlossnen Himmelsfenster,
Vernichtet düstrer Höllenwahn,
Verjagt der Hölle Nachtgespenster;

Daß die, so Gott für’s Licht erschuf,
Die gar in Finsterniß verzagten,
Aufhorchten auf den Himmelsruf
Und nach den Heimathsternen fragten,
Daß wieder zu den lichten Höh’n
Die Geister regten alle Schwingen,
Aus Erdenmühen, Erdenweh’n
Ins Himmelreich emporzudringen.

Du Liebesheld, mein Hort, mein Muth,
Du hast die Hölle zugeriegelt,
Du hast am Kreuz mit deinem Blut
Den heil’gen Liebesbund besiegelt
Du Liebesheld, das ist das Wort,
Das Wort der Gnade, Wort der Treue,
Das jagt die Erdenschrecken fort
Und macht aus Sünderknechten Freie.

O komm, mein Held, mein Muth im Streit,
Im Streit des Blinden unter Blinden,
Hilf, hilf im Trug der Eitelkeit
Der Wahrheit grade Wege finden!
Dann mag ich fröhlich frisch und fromm
Fortpilgern dein geweihter Streiter
Und endlich rufen: Komm! o komm,
Mein Liebesheld! denn ich will weiter.

Ja wann es klingt hinweg! hinab!
Wann klingt die Glocke du mußt weiter!
Dann komm, komm, sei durch Tod und Grab
Mir Helfer Tröster und Geleiter –
Dann, wann auf all mein Erdennichts
Die letzten Schatten niederdunkeln,
Laß dann den Glanz des sel‘gen Lichts
Mit Himmelsleuchtung mich umfunkeln.