Johannes Stigel – Da alle Welt im Irrthum gar

Da alle Welt im Irrthum gar.
Gleichwie im Schlaf ersticket war,
Und, weit vergessen Gottes Gnad,
Unrechte Hülf von Pfaffen bat.
Die mit ihrer List und Geizigkeit
Verderbet haben Land und Leut,
Und da also der Glaube rein.
Welcher den Himmel schleußt allein,
Durch Finsterniß der guten Werke
Verloren hatte seine Kraft und Stärke,
Hat Gott der Vater zu einem Held
Dich, Doctor Luther auserwählt.
Dich mit dem Heiligen Geist muniret,
Mit schallender Posaun gezieret.
Hat dir gegeben Samt Paulus Mund,
Dadurch du lehrest rechten Grund,
Hat dir gegeben, recht zu lehren,
Und alle Falschheit umzukehren.
Darum hast du genommen an
Die Bürd, als ein recht Gottesmann,
Die rechte Lehr gefangen an,
Das dir zu Feind macht manchen Mann;
Haft mit der ganzen Welt mußt kämpfen,
Die dich doch nicht vermocht zu dämpfen.
Gott gab dir stark und groß Gemüth,
Ein frisches Herz und Waffen gut.
Darum ist bald entdecket worden
Die Gleißnerei und falscher Orden
Der Mißbräuch und Opinion
Und die gefälscht‘ Religion,
Und ist worden gestürzt von dir
Das wälsche grausam stolze Thier,
Das hin und wieder aus thät bieten
Den Himmel, ums Geld zu vermiethen;
Auch Bischöf, Pfaffen, Mönch‘ und Nonn,
Die Falschheit lehren und nichts Gutes thun,
Gefallen sind mit großen Schanden
Durch deine Lehr in manchen Landen.
In Summa, weil du Gottes Wort
Hast wiederbracht an manchem Ort,
So ist gefallen aller Tand,
Den wirket menschlicher Verstand.
Solches hast du recht aus Gottes Gebot
Gelehret wider Höll und Tod,
Und hast deine Lehr zu aller Zeit
Bestätigt mit Beständigkeit,
Mit tapferm Wandel, guter Zucht,
Mit aller Tugend unverrucht.
Und wie die Lehr rechtschaffen war,
Also an dir nichts mangelt gar.
Das in einem theuren hohen Mann
Zu Lob und Ehren soll bestahn.
Denn was du hast mit gutem Rath
Verhütet Unglücks und auch Schad,
Weiß Deutschland wohl und hats ermessen,
Und wirds sobald auch nicht vergessen.
Dieweil du lebtest auf dieser Erd,
Warst du gewiß, o Luther werth,
Elias dieser letzten Zeit,
Wahrhaftig mit Beständigkeit;
Nun hat Gott abgefordert dich
Und aufgenommen in sein Reich,
Da du nun lebst in Seligkeit.
Gott sei Lob, Ehr in Ewigkeit!

Stigelius, Johannes – Eyn Christliche erinnerung an Jung und Alt.

O Mensch, wilt du für Gott bestahn,
täglich laß dir zu hertzen gahn,
Wie elend du von anfang bist,
verderbet gar durch Teuffels list.

Hab rew und leyd uber deine Sünd,
gedenck allzeit der letzten stund,
An welcher du must durch den Tod
auß schwerer Last dringen zu Gott.

Erheb dein Hertz durch ware rew,
im Wort ergreiff die Göttlich trew,
Die dir vergibt durch Jesum Christ
alles, daran du sündig bist.

Und danck von Hertzen und bitt darneben,
das er regier dein thun unnd leben,
Darnach fang an dein Arbt mit frid,
und wiß, das Gott auch arbeyt mit.

Dann wer sein arbeyt thut mit fleiß
unnd Gott darneben gibt den preiß,
Und bittet ferrner umb genad,
derselb für Gott keyn mangel hat.

Doch sei dein Gebett also gericht:
HERR Gott, ich bitt, verlaß mich nit!
Gib, das ich nicht von deinem Wort
abweich auff ungebürlich orth!

Sonder das ich das höher hallt
dann Gelt, Reichthumb und all gewalt,
Das ich von deinem Wort allzeit
gern hör unnd red, unnd sei bereyt,

In deinen willen mich zu geben,
so lang ich bin in disem leben!
Gib, das ich denck an deinen Bund!
verleih mir, HERR, eyn selig stund!