Johann Friedrich von Meyer – Dies Irae

Johann Friedrich von Meyer – Dies Irae

Jener Zorntag löst im Raube
Auf die Welt zu Asch‘ und Staube;
So bezeugt’s der heil’ge Glaube.

Welch ein Zittern wird das werden,
Wenn der Richter kommt auf Erden
Streng zu sichten die Beschwerden!

Die Posaun‘ im Wundertone
Sprengt die Gräber jeder Zone,
Sammelt Alles vor den Throne.

Tod wird und Natur erbeben,
Wann das Fleisch ersteht zum Leben,
Antwort vor Gericht zu geben.

Und ein Buch wird aufgeschlagen,
Darin Alles eingetragen,
Was den Weltlauf wird verklagen.

Sitzt der Richter nun und richtet,
Wird das Dunkle all‘ gelichtet,
Und kein Greu’l bleibt ungeschlichtet.

Was dann werd‘ ich Armer sagen?
Wen zum Schutz zu rufen wagen,
Wo sogar Gerechte zagen?

Hehrer König, dessen Dulden
Selig macht umsonst von Schulden,
Mach mich selig, Quell der Hulden!

Frommer Jesu, wollst gedenken,
Dass Du kamst, mir Heil zu schenken,
Nicht mich in’s Verderben senken!

Hast du doch um mich geworben,
Bist für mich am Kreuz gestorben,
So viel Müh‘ sei unverdorben!

Richter der gerechten Rache,
Tilge meine böse Sache,
Eh‘ zur Rechnung ich erwache!

Ich erseufze schuldbefangen,
Roth von Scham sind meine Wangen,
Schon‘, o Gott, ich fleh‘, des Bangen!

Der die Sünd’rin rein erkläret,
Und des Schächers Wort erhöret,
Hat auch Hoffnung mir gewähret.

Mein Gebet ist arm und blödig;
Doch du, Guter, handle gnädig,
Sprich der ew’gen Glut mich ledig!

Bei den Schafen Platz bereite,
Von den Böcken weggeleite,
Stell‘ mich dir zur rechten Seite!

Flieh’n dann die Vermaledeyten,
Schmählich herber Pein Geweihten,
Ruf‘ mich mit den Benedeyten!

Flehend ring‘ ich meine Hände,
Staub mein Herz verzehrter Brände:
Trage Sorge für mein Ende!

Johann Friedrich von Meyer  – Psalm 23.

Der Herr ist mein getreuer Hirt,

Mir wird kein Gutes fehlen!

Der Hüter, der nicht schläft noch irrt,

Kann mir nur Heil erwählen.

Er weidet mich auf grüner An,

Die Speise gibt vom Lebensthau

Des Geistes seiner Gnade.

 

  1. Er führet mich zum reinen Quell,

Der mein Gemüth beglücket,

Zum Wasser, welches frisch und hell

Den schwachen Muth erquicket.

Er leitet mich auf rechter Bahn,

Er nimmt sich meiner Wandrung an,

Um seines Namens willen.

 

  1. Und ob ich wall im finstern Thal,

Fürcht‘ ich doch keinen Schaden!

Sein Auge wachet überall,

Ich bin der Sorg‘ entladen.

Sein Stab und Stecken trösten mich,

Auf seine Treu und Macht kann ich

Gar ruhig mich verlassen.

 

  1. Du machst mir einen Tisch bereit

Im Auge meiner Feinde,

Verscheuchest Angst und Traurigkeit,

Sprichst freundlich zu dem Freunde.

Du salbst mein Haupt mit Oel, Du schenkst

Mir von den Becher ein, und lenkst

Zum Himmel hin mein Sehnen.

 

  1. Ja, Gutes und Barmherzigkeit

Wird lebenslang mir werden;

Ich bleib‘ im Haus des Herrn die Zeit,

Die ich noch leb‘ auf Erden!

Und ist des Lebens Wallfahrt aus,

Dann trägt mich in das Vaterhaus

Der Flügel treuer Liebe.