Simon Dach – Ich steh‘ in Angst und Pein

Ich steh‘ in angst und pein
Und weiß nicht aus, nicht ein,
Der sinnen krafft sinckt nieder,
Das hertz wil mir zergehn,
Die zunge bleibet stehn,
Mir starren alle glieder,

So offt als die gewalt
Der stimm‘ in mir erschallt:
Ihr todten in der erden,
Steht auff und seumt euch nicht,
Kompt vor das halß-gericht,
So ietzt gehegt sol werden!

Ach Gott, kein harter schlag
Des rauen wetters mag
Die felsen so erschüttern,
Als dieser thon mein hertz;
Und wer‘ ich stahl und ertz,
Müst ich hiefür erzittern.

Ich ess‘, ich wach und ruh,
Ich thu auch was ich thu,
Sey, wo ich wil, zu spüren,
So müssen fort und fort
Mir diese donner-wort
Hertz, geist und seele rühren.

Denn werd ich nicht gewahr,
Wie in so grosser schaar
Die menschen stets verbleichen?
Den raffet pest, den glut,
Den schickt die wilde flut
Hinunter zu den leichen.

Die reyh kompt auch an mich,
Das ende fördert sich,
Das keinen kan begnaden;
Der todt ist vor der thür
Und klopfet an bey mir,
Mich schon dorthin zu laden.

Wen fleh‘ ich doch nun an?
Wer ist, der helffen kan?
Wer wird das wort mir sprechen?
Hier hilfft nicht gut, nicht geld,
Der den gerichts-tag helt,
Lässt gantz sich nicht bestechen,

Hat nicht auff purpur acht,
Nicht auff der krohnen pracht
Noch auff gewalt und tittel,
Begehrt nicht zu verstehn,
Daß die in seide gehn
Und die im groben kittel.

Ach komm, herr Jesu Christ,
Komm! dieses einig ist,
Worumb du mensch gebohren!
Komm, mache durch dein blut
Die böse sache gut,
Sonst bin ich gantz verlohren!

Komm, führe du mein wort
Und laß mich, o mein hort,
Den spruch der gnaden hören!
Ich wil auch iederzeit,
Itzt und in ewigkeit,
Dich, meinen fürsprach, ehren.

Gerhardt, Paul – Herr, dir trau ich all mein Tage

  1. HErr, dir trau ich all mein Tage,
    Laß mich nicht mit Schimpf bestehn.
    Wie ich von dir glaub und sage,
    Also laß mirs auch ergehn.
    Rette mich, laß deine Güte
    Mir erfrischen mein Gemüte,
    Neige deiner Ohren Treu
    Und vernimm mein Angstgeschrei!
  2. Sei mein Aufhalt, laß mich sitzen
    Bei dir, o mein starker Hort!
    Laß mich deinen Schutz beschützen
    Und erfülle mir dein Wort,
    Da du selbsten meinem Leben
    Dich zum Fels und Berg gegeben.
    Hilf mir aus des Heuchlers Band
    Und des Ungerechten Hand!
  3. Denn dich hab ich auserlesen
    Von der zarten Jugend an;
    Dein Arm ist mein Trost gewesen,
    HErr, so lang ich denken kann:
    Auf dich hab ich mich erwogen,
    Alsbald du mich der entzogen,
    Der ich, ehe Nacht und Tag
    Mich erblickt, im Liebe lag.
  4. Von dir ist mein Ruhm, mein Sagen,
    Dein erwähn ich immerzu:
    Viel, die spotten meiner Plagen,
    Höhnen, was ich red und tu.
    Aber du bist meine Stärke:
    Wann ich Angst und Trübsal merke,
    Lauf ich dich an. Gönne mir,
    Fröhlich stets zu sein in dir!
  5. Stoß mich nicht von deiner Seiten,
    Wenn mein hohes Alter kommt,
    Da die schwachen Tritte gleiten
    Und man Trost vom Strecken nimmt
    Aber du bist meine Stärke:
    Wann ich Angst und Trübsal merke,
    Lauf ich dich an. Gönne mir,
    Fröhlich stets zu sein in dir!
  6. Mach es nicht, wie mirs die gönnen,
    Die mein abgesagte Feind,
    Auch mir, wo sie immer können,
    Mit Gewalt zuwider seind;
    Sprechen: Auf, laßt uns ihn fassen,
    Sein GOtt hat ihn ganz verlassen,
    Jagd und schlagt ihn immerhin,
    Niemand schützt und rettet ihn!
  7. Ach, mein Helfer, sei nicht ferne,
    Komm und eile doch zu mir,
    Hilf mir, mein GOtt, bald und gerne,
    Zeuch mich aus der Not herfür,
    Daß sich meine Feinde schämen
    Und vor Hohn und Schande grämen,
    Ich hingegen lustig sei
    Über mir erwiesne Treu.
  8. Mein Herz soll dir allzeit bringen
    Deines Ruhms gebührlich Teil,
    Auch soll meine Zunge singen
    Täglich dein unzählig Heil.
    Ich bin stark, hereinzugehen,
    Unerschrocken dazustehen
    Durch des großen Herrschers Kraft,
    Der die Erd und alles schafft.
  9. HErr, ich preise deine Tugend,
    Wahrheit und Gerechtigkeit,
    Die mich schon in meiner Jugend
    Hoch ergetzet und erfreut;
    Hast mich als ein Kind ernähret,
    Deine Furcht dabei gelehret,
    Oftmals wunderlich bedeckt,
    Daß mein Feind mich nicht erschreckt.
  10. Fahre fort, o mein Erhalter,
    Fahre fort und laß mich nicht
    In dem hohen grauen Alter,
    Wenn mir Lebenskraft gebricht;
    Laß mein Leben in dir leben,
    Bis ich Unterricht gegeben
    Kindeskindern, daß dein Hand
    Ihnen gleichfalls sei bekannt.
  11. GOtt, du bist sehr hoch zu loben,
    Dir ist nirgend etwas gleich,
    Weder hier bei uns noch droben
    In dem Stern- und Engelreich.
    Dein Tun ist nicht auszusprechen,
    Deinen Rat kann niemand brechen,
    Alles liegt dir in dem Schoß,
    Und dein Werk ist alles groß.
  12. Du ergibst mich großen Nöten,
    Gibst auch wieder große Freud,
    Heute läßt du mich ertöten,
    Morgen ist die Lebenszeit,
    Da ermunterest du mich wieder
    Und erneuerst meine Glieder,
    Holst sie aus der Erdenkluft,
    Gibst dem Herzen wieder Luft.
  13. Such ich Trost und finde keinen?
    Balde werd ich wieder groß,
    Dein Trost trocknet mir mein Weinen,
    Das mir aus den Augen floß.
    Ich selbst werde wie ganz neue,
    Sing und klinge deine Treue,
    Meines Lebens einzges Ziel,
    Auf der Hort und Psalterspiel.
  14. Ich bin durch und durch entzündet,
    Fröhlich ist, was in mir ist,
    Alle mein Geblüt empfindet
    Dein Heil, das du selber bist.
    Ich steh im gewünschten Stande,
    Mein Feind ist voll Scham und Schande;
    Der mein Unglück hat gesucht,
    Leidet, was er mir geflucht.

Gerhardt, Paul – Herr, der du vormals hast dein Land

  1. Herr, der du vormals hast dein Land
    mit Gnaden angeblicket
    und des gefangnen Volkes Band
    gelöst und es erquicket,
    der du die Sünd und Missetat,
    die es zuvor begangen hat,
    hast väterlich verziehen:
  2. Herr, der du deines Eifers Glut
    Zuvor oft abgewendet
    Und nach dem Zorn das süße Gut
    Der Lieb und Huld gesendet.
    Ach, frommes Herz, ach unser Heil,
    Nimm weg und heb auf in der Eil,
    Was uns betrübt und kränket!
  3. Lösch aus, Herr, deinen großen Grimm
    Im Brunnen deiner Gnaden,
    Erfreu und tröst uns wiederüm
    Nach ausgestandnem Schaden!
    Willst du denn zürnen ewiglich,
    Und sollen deine Fluten sich
    Ohn alles End ergießen?
  4. Willst du, o Vater, uns denn nicht
    nun einmal wieder laben?
    Und sollen wir an deinem Licht
    nicht wieder Freude haben?
    Ach gieß aus deines Himmels Haus,
    Herr, deine Güt und Segen aus
    auf uns und unsre Häuser.
  5. Ach, daß ich hören sollt das Wort
    erschallen bald auf Erden,
    daß Friede sollt an allem Ort,
    wo Christen wohnen, werden!
    Ach daß uns doch Gott sagte zu
    des Krieges Schluß, der Waffen Ruh
    und alles Unglücks Ende!
  6. Ach daß doch diese böse Zeit
    bald wiche guten Tagen,
    damit wir in dem großen Leid
    nicht möchten ganz verzagen.
    Doch ist ja Gottes Hilfe nah,
    und seine Gnade stehet da
    all denen, die ihn fürchten.
  7. Wenn wir nur fromm sind, wird sich Gott
    schon wieder zu uns wenden,
    den Krieg und alle andre Not
    nach Wunsch und also enden,
    daß seine Ehr in unserm Land
    und allenthalben werd erkannt,
    ja stetig bei uns wohne.
  8. Die Güt und Treue werden schön
    einander grüßen müssen;
    Gerechtigkeit wird einhergehn,
    und Friede wird sie küssen;
    die Treue wird mit Lust und Freud
    auf Erden blühn, Gerechtigkeit
    wird von dem Himmel schauen.
  9. Der Herr wird uns viel Gutes tun,
    das Land wird Früchte geben,
    und die in seinem Schoße ruhn,
    die werden davon leben;
    Gerechtigkeit wird dennoch stehn
    und stets in vollem Schwange gehn
    zur Ehre seines Namens.

Gerhardt, Paul – O Herrscher in dem Himmelszelt

  1. O Herrscher in dem Himmelzelt,
    Was ist es doch, das unser Feld
    Und was es uns hervorgebracht,
    So ungestalt und traurig macht!
  2. Nichts anders, traun, als daß die Schar
    Der Menschen sich so ganz und gar
    Bis in den tiefsten Grund verkehrt
    Und täglich ihre Schuld vermehrt.
  3. Die, so, als Gottes Eigentum,
    Stets preisen sollten Gottes Ruhm
    Und lieben seines Wortes Kraft,
    Sind gleich der blinden Heidenschaft.
  4. Drum wird uns auch der Himmel blind,
    Des Firmamentes Glanz verschwind´t,
    Wir warten, wenn der Tag anbricht,
    Aufs Tageslicht und kommt doch nicht.
  5. Man zankt noch immer fort und fort,
    Es bleibet Krieg an allem Ort,
    In allen Winkeln Haß und Neid,
    In allen Ständen Streitigkeit.
  6. Drum strecken auch all Element
    Hier wider uns aus ihre Händ,
    Angst kommt uns aus der Tief und See,
    Angst kommt uns aus der Luft und Höh.
  7. Es ist ein hochbetrübte Zeit;
    Man plagt und jagt die armen Leut,
    Eh als es Zeit, zur Grube zu
    Und gönnet Ihnen keine Ruh.
  8. Drum trauert auch der Freudenquell,
    Die Sonn, und scheint uns nicht so hell;
    Die Wolken gießen allzumal
    Die Tränen ohne Maß und Zahl.
  9. Ach, wein auch du, o Menschenkind,
    Und traure über deine Sünd ;
    Halt doch von deinen Lastern ein
    Und mache dich durch Buße rein.
  10. Fall auf die Knie, fall in die Arm
    Des Herrn, daß sich sein Herz erbarm
    Und der so wohl verdienten Rach
    In Gnaden bald ein Ende mach!
  11. Er ist ja fromm und bleibet fromm,
    Begehret nichts mehr, als daß man komm
    Und mit geneigter Furcht und Scheu
    Ihn bitt um Gnad und Vatertreu.
  12. Ach Vater, Vater, höre doch
    Und lös uns aus dem Sündenjoch
    Und zeuch uns aus der Welt herfür
    Und kehr uns selbsten du zu dir!
  13. Erweiche unsern harten Mut
    Und mach uns Böse fromm und gut;
    Wen du bekehrst, der wird bekehrt,
    Und wer dich hört, der wird erhört.
  14. Laß deine Augen freundlich sein
    Und nimm mit gnädigen Ohren ein
    Das Angstgeschrei, das von der Erd
    Aus unserm Herzen zu dir fährt.
  15. Reiß weg das schwarze Zorngewand,
    Erquicke uns und unser Land
    Und der so schönen Früchte Kranz
    Mit süßem warmen Sonnenglanz.
  16. Verleih uns bis in unsern Tod
    Alltäglich unser liebes Brot
    Und dermaleinst nach dieser Zeit
    Das süße Brot der Ewigkeit!

Gerhardt, Paul – Sei mir tausendmal gegrüßet

Sei mir tausendmal gegrüßet,
der mich je und je geliebt,
Jesus, der du selbst gebüßet
das, womit ich dich betrübt;
ach, wie ist mir doch so wohl,
wenn ich knien und liegen soll
an dem Kreuze, da du stirbest
und um meine Seele wirbest.

Ich umfange, herz und küsse
der gekränkten Wunden Zahl
und die purpurroten Flüsse,
deine Füß‘ und Nägelmal.
O, wer kann doch, schönster Fürst,
den so hoch nach uns gedürst’t,
deinen Durst und Liebsverlangen
völlig fassen und umfangen?

Heile mich, o Heil der Seelen,
der ich krank und traurig bin;
nimm die Schmerzen, die mich quälen,
und den ganzen Schaden hin,
den mir Adams Fall gebracht,
und ich selber mir gemacht;
wird, o Arzt, dein Blut mich netzen,
wird sich all mein Jammer setzen.

Schreibe deine blutgen Wunden
mir, Herr, in das Herz hinein,
daß sie mögen alle Stunden
bei mir unvergessen sein;
du bist doch mein schönstes Gut,
da mein ganzes Herze ruht.
Laß mich hier zu deinen Füßen
deiner Lieb und Gunst genießen.

Diese Füße will ich halten,
Herr, so fest ich immer kann.
Schau, o schau mein Händefalten
und mich selber freundlich an
von des hohen Kreuzes Baum
und gib meiner Bitte Raum,
sprich: Laß all dein Trauern schwinden;
ich, ich tilg all deine Sünden.

Gerhardt, Paul – Nun laßt uns gehn und treten

Nun laßt uns gehn und treten
mit Singen und mit Beten
zum Herrn, der unserm Leben
bis hieher Kraft gegeben.

Wir gehn dahin und wandern
von einem Jahr zum andern,
wir leben und gedeihen
vom alten zu dem neuen;

Durch soviel Angst und Plagen,
durch Zittern und durch Zagen,
durch Krieg und große Schrecken,
Die alle Welt bedecken.

Denn wie von treuen Müttern
in schweren Ungewittern
die Kindlein hier auf Erden
mit Fleiß bewahret werden.

Also auch und nicht minder
läßt Gott uns, seine Kinder,
wenn Not und Trübsal blitzen,
in seinem Schoße sitzen.

Ach, Hüter unsers Lebens,
fürwahr, es ist vergebens
mit unserm Tun und Machen,
wo nicht dein Augen wachen.

Gelobt sei deine Treue,
die alle Morgen neue,
Lob sei den starken Händen,
die alles Herzleid wenden.

Laß ferner dich erbitten,
o Vater, und bleib mitten
in unserm Kreuz und Leiden
ein Brunnen unsrer Freuden.

Gib mir und allen denen,
die sich von Herzen sehnen
nach dir und deiner Hulde,
ein Herz, das sich gedulde.

Schleuß zu die Jammerpforten
Und laß an allen Orten
Auf so viel Blutvergießen
Die Freudenströme fließen.

Sprich deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
laß Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen.

Sei der Verlassnen Vater,
der Irrenden Berater,
der Unversorgten Gabe,
der Armen Gut und Habe.

Hilf gnädig allen Kranken,
gib fröhliche Gedanken
den hochbetrübten Seelen,
die sich mit Schwermut quälen.

Und endlich, was das Meiste,
füll uns mit deinem Geiste,
der uns hier herrlich ziere
und dort zum Himmel führe.

Das alles wollst du geben,
o meines Lebens Leben,
mir und der Christenschare
zum selgen neuen Jahre.

Selneccer, Nikolaus – Aus der Tiefe rufe ich Herr zu Dir

Der sechste Bußpsalm (Psalm 130.)

Nach eigener Melodie

Aus tiefer Noth ich ruf zu dir,
Mein Gott und Herr, mit groß Begier.
Mein Schrein und meines Flehens Stimm
Mit deinen Ohren Herr vernimm.

So du willst rechnen Sünde zu,
Ach wer soll alsdann haben Ruh?
Wer wird vor dir o Herr bestehn,
Müssen wir nicht Alle vergehen?

Aber bei dir Vergebung ist,
Daß man dich fürcht ohn Falsch und List.
Wer nach dem Heil der Seelen tracht,
Der hab auf dein Erbarmung Acht.

Ich harr des Herrn ganz unverzagt,
Auf seine Gnad seis stracks gewagt.
Mein Seele harret für und für,
Auf sein Wort hoff ich mit Begier.

Mein Seel wart auf den Herren fromm,
Wenn ich gleich leide um und um,
Von einer Morgenwache an
Bis zur andern so lang sie kann.

Israel hoff und sei gewiß,
Daß Gott der Herr barmherzig ist.
Ist doch beim Herrn die Gnad so groß,
Daß sie durchaus hat keine Maß.

Erlöser ist sein lieber Sohn,
Der für uns all hat gnug gethan,
Von allen Sünden machet rein,
Die nur an ihn des Glaubens sein.

Selneccer – Himmelfahrt

Heermann, Johannes – Gott, Du frommer Gott

Gott, du frommer Gott,
Du Brunnquell guter Gaben,
Ohn den nichts ist, was ist,
Von dem wir alles haben:
Gesunden Leib gib mir,
Und daß in solchem Leib
Ein unverletzte Seel
Und rein Gewissen bleib.

Laß mich mit jedermann
In Fried und Freundschaft leben,
Soweit es christlich ist.
Willst du mir etwas geben
An Reichtum, Gut und Geld,
So gib auch dies dabei,
Daß von unrechtem Gut
Nichts untermenget sei!

Gib, daß ich tu mit Fleiß,
Was mir zu tun gebühret,
Wozu mich dein Befehl
In meinem Stande führet!
Gib, daß ichs tue bald,
Zu der Zeit, da ich soll,
Und wenn ichs tu, so gib,
Daß es gerate wohl!

Soll ich auf dieser Welt
Mein Leben höher bringen,
Durch manchen sauern Tritt
Hindurch ins Alter dringen,
So gib Geduld. Vor Sünd
Und Schanden mich bewahr,
Auf daß ich tragen mag
Mit Ehren graues Haar!

Hilf, daß ich rede stets,
Womit ich kann bestehen,
Laß kein unnützes Wort
Aus meinem Munde gehen;
Und wenn in meinem Amt
Ich reden soll und muß,
So gib den Worten Kraft
Und Nachdruck ohn Verdruß!

Laß mich an meinem End
Auf Christi Tod abscheiden,
Die Seele nimm zu dir
Hinauf zu deinen Freuden,
Dem Leib ein Räumlein gönn
Bei frommer Christen Grab,
Auf daß er seine Ruh
An ihrer Seite hab.

Findt sich Gefährlichkeit,
So laß mich nicht verzagen;
Gib einen Heldenmut,
Das Kreuz hilf selber tragen!
Gib, daß ich meinen Feind
Mit Sanftmut überwind
Und, wenn ich Rats bedarf,
Auch guten Rat erfind!

Wenn du an jenem Tag
Die Toten wirst aufwecken,
So tu auch deine Hand
Zu meinem Grab ausstrecken;
Laß hören deine Stimm
Und meinen Leib weck auf
Und führ ihn schön verklärt
Zum auserwählten Hauf!

Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home

Heermann, Johannes – O Jesu Christe, wahres Licht

1) O Jesu Christe, wahres Licht,
Erleuchte, die dich kennen nicht,
Und bringe sie zu deiner Herd,
Daß ihre Seel auch selig werd!

2) Erfüll mit deinem Gnadenschein,
Die in Irrtum verführet sein,
Auch die, so heimlich fichtet an
In ihrem Sinn ein falscher Wahn!

3) Und was sich sonst verlaufen hat
Von dir, das suche du mit Gnad
Und sein verwundt Gewissen heil,
Laß sie am Himmel haben teil!

4) Den Tauben öffne das Gehör,
Die Stummen richtig reden lehr,
Die nicht bekennen wollen frei,
Was ihres Herzens Glaube sei!

5) Erleuchte, die da sind verblendt,
Bring her, die sich von uns getrennt,
Versammle, die zerstreuet gehn,
Mach feste, die im Zweifel stehn!

6) So werden sie mit uns zugleich
Auf Erden und im Himmelreich,
Hier zeitlich und dort ewiglich
Für solche Gnade preisen dich.

Philipp Wackernackel – Johann Heermanns Geistliche Lieder

Tersteegen, Gerhard – O Jesu, König, hoch zu ehren

1.) O Jesu, König, hoch zu ehren,
Du verklärter Gottessohn,
Vernimm in Gnaden mein Begehren,
Ich werfe mich vor deinen Thron.

2.) Mich drückt der Dienst der Eitelkeiten,
Ich bin verstrickt in fremder Macht,
Ich hab auch keine Macht zum Streiten,
Ob ich gleich immer will und tracht.

3.) Oft werd ich leider wider Willen,
Bald hin bald her gerissen noch,
Ich kann nicht, wie ich will, erfüllen
Das Gute, das ich liebe doch.

4.) Ich sitz an dies und das gebunden,
Wie sehr mich auch nach Freiheit sehn,
Ich werd zerstreut und überwunden,
Ob ich mich gleich an dich gewöhn.

5.) Ich mag mich üben und mich zwingen,
Ich finde nirgends wahre Ruh.
Die Eigenheit in allen Dingen
Mir steht im Wege, was ich tu.

6.) Die Eigenheit macht mich so bange,
Doch kann ich ihr entweichen nicht.
Ach Herr, es wird dem Geist so lange,
Bis deine Gnad dies Joch zerbricht.

7.) O Jesu, wann wird’s doch geschehen,
Dass du mich aus dem Kerker führst?
Wann werd ich dich nur in mir sehen,
Dass du alleine mich regierst?

8.) Nimm ein mein Herz, ich will es geben
Auf ewig dir zum Eigentum,
Ich will mir selbst nicht länger leben.
Mein Herzenskönig, Jesus, komm!

9.) Komm, nimm mein Herz dir ganz zu Eigen
Und nach Gefallen mich regier.
Befiehl, mein Herz, ich werde schweigen,
Ich schenke meinen Willen dir!

10.) Ach, töte, was sonst in mir lebet,
Ich geb es hin in dein Gericht.
Lass beugen, was dir widerstrebet,
Vor deinem Glanz und Angesicht!

11.) Mein Herze dir zum Thron bereite
Und wohn dann ewiglich in mir,
Mit deiner Augen Wink mich leite
Und mach mich ganz gelassen dir!

12.) Dir, dir gehört dies Herz alleine,
Nur dir es ganz verschrieben sei.
Mein Herr und König, den ich meine,
Bewahr mich ewig dir getreu!