Michael Stiefel – JOannes thut vns schreiben

JOannes thut vns schreiben
von einem Engel klar,
Der Gottes wort soll treiben
gantz luter offenbar:
Zu vns thut sich auch scheiben,
es fält nit vmb ein hor,
daruff wil ich beleiben,
das sag ich eüch fürwor.

Hoch kunst die lasszt er stieben
weyt über berg vnd tal,
Den mundt will jm verschieben
zu Rom des Bischoffs sal.
Es schelten jn die trieben
die wölff in gottes stal:
hüt dich vor dißen dieben
wo sye sein überal.

Du magst nun wol erkennen
den Engel, den ich meyn,
Härnoch will ich jn nennen,
die sach die ist nit klein!
Lass dich nit fürn von dannen,
das er hatt fleisch vnd bein:
das findtst von heylgen mannen
vnd nit von jm allein.

Es bdeütet vns das flyegen
verschmähen zeytlich gut.
Ker dich nit an das lyegen,
das man vom frommen thut!
Er thut sich worlich fyegen
zu Gott in rechtem mut,
gwalt mag jn auch nit byegen,
er geb es drumb sein blut.

Sein hertz zu Gott er neyget
recht als ein christen man,
Die gschrifft er rein abseyget,
kein wüst lasßt er doran.
Zu Worms er sich erzeyget,
er tratt keck vff den plan,
sein feynd hatt er geschweyget,
keinr dorfft jn wenden an.

Er lasszt sich nit erschrecken
die schühen fledermeyß,
Sein leer thut er vollstrecken
zu Gottes lob vnd preyß.
Die worheit thut jn stercken,
sye macht vil menschen wyß;
der baur die sach wil mercken,
das mügt Cölln vnd Paryß.

Nun grüssz ich dich von hertzen,
du edels Wittenberg!
Vil frommer littendt schmertzen,
gieng es dir überzwerg!
Erdtfurt thut gütlich schertzen
mit dir in Gott bequem,
es halt euch als zwo kertzen
das new Hierusalem.

Vermischet ist ein morgen
in Danielis buch
Dem abent unuerborgen:
den rechten grund ich such.
Das nimpt mir alles sorgen
das ich hett vff den fluch,
ich darff nit ewig worgen,
ich hoffnung ich mich rug.

Das lyecht des tags kumpt wider,
es bricht dohär mit macht!
Der engel schwingt sein gfider,
das yrdisch er veracht,
Er leert die christen glider
vnd fürt sye von der nacht,
er sey hoch oder nider,
das selbig er nit acht.

Sein stimm die thut er stercken
on alles tryegen frey:
Herr, gib, dz ich mög mercken,
was diser engel schrey!
Zum ersten thut mich schrecken
sein leer, was Adam sey,
das gsatz thut er entdecken,
groß forcht erwechßt darbey.

Quelle

Stieffel, Michael – Dein armer hauff, Herr, thut klagen

Der X. Psalm

Johann Walthers „Geystliche Gsangbüchlin, Erstlich zuo Wittenberg, und volgend durch Peter schöffern getruckt, im jar. M.D.xxv.“ Quer 6°. Tenorstimme Nr. VII. – Das lied findet sich im Val. Babstschen Gesangbuche nicht.)

Dein armer hauff, Herr, thut klagen
grossen zwang vom widerchrist,
Der sein boßheyt hat verschlagen
wol under dem wort mit liist,
Welchs in disen letzten tagen
seins grewels verstörung ist.

Dein zukunfft wir hoch begeren,
ach wo bleibstu, Her, so lang?
Wiltu uns dann nit geweren
und abwenden unsern drang?
Sihe doch, wie als wölff und beren
die gewaltig rott an jm hang.

Wenn er hochmut treibt mit toben,
brennen muß dein armer knecht,
Seinen anschlag muß man loben,
was er thut, ist alles schlecht;
Das heyst gut, so disem büben
muß weichen dein göttlich recht.

Seins hertzen schrein er fast preiset
uber Gott mit voller gwalt,
Uns sein gnad und ablaß weiset,
das dein gnad hat kein gestalt;
Gots wort, das die seelen speiset,
verlestert er mannigfalt.

Ausgeußt er fluchen und schelten,
wo er fület widerstandt,
Acht nit und gedencket selten,
ob da sei ehr oder schand;
Sünd und schand muß hie nit gelten,
er fasset auch Got in sein band.

Hoch wil er sein und besunder,
da ist eittel ubermut,
Dein recht, Herr, und deine wunder
sicht er nit, noch deine rut;
Er spricht frei: der muß herunder,
wer mich haßt, es kost sein blut.

Niemand ist, der mich absetzet,
Gott ist mein und ich sein bul;
So mich jemand hie verletzet,
weck ich auff mein hohe schul,
Baldt sein schwerd der Keyser wetzet,
beschirmet Sanct Peters stul.

Auff erden kein mensch erhöret
ist, der also bann und schelt,
Sein geitz durch betrug bethöret
die menschen all umb jr gelt,
Ach und weh! sein zung zu störet
gut gwissen in aller welt.

Er will alß ein lerer sitzen,
würgen ist sein höchste witz,
Seinen kirchoff muß beschützen
bannes krafft und heeres spitz,
Wer ein strafft, den thut er schnitzen,
on gwalt sein stul hat kein stütz.

Darumb siht er auff mit sorgen
alß ein Lew inn seiner hul,
Das ihm keyner bleib verborgen,
der ihm setzen will ein ziel;
Wer solchs thut, der muß erworgen,
ihn bringt sein netz inn das spiel.

Also muß der arm verderben
durch des Bapstes bann und blitz,
Von dem schwert muß er do sterben,
gefengnuß leiden und hitz,
Gar keyn gnad mag er erwerben,
da hilfft keyn kunst oder witz.

Last uns fechten, last uns streitten,
spricht der widderchristisch hirt;
Hie ist Gott an unser seitten,
keyn unglück uns immer rürt,
Unser sach zu allen zeitten
mitt freyden wirdt außgefürt.

Herr, sie auff! uns thut verlangen,
laß herbrechen dein gericht!
Das zerbrochen werd das brangen,
das mit lestern herscht und spricht:
All welt muß wol an mir hangen,
Gott selbs mir nit widerficht.

Es muß den grewel erstechen
und ertödten, Herr, dein schwerdt;
Menschen handt mag ihn nitt brechen,
er ist kleyner straff nitt werdt,
Ewig pein die muß solchs rechen,
denn wirt der arm hauff gewerdt.

Es ist sein gwalt abbrochen
itzund schon das gröste horn,
Noch mit eynem thut er pochen,
den hengst trit mit eynem sporn,
Hatt die welt an sich geflochten,
die gewalt ist ihm noch geschworn.

Lob sei Gott, die zeit ist komen,
er will selber sein der hirt!
Ir papisten müst erstummen,
die ir habt die welt verfürt:
Gott hatt unser bit vernomen,
sein urteyl euch scheyden wirt.

Ewer stoltz der macht euch zu schanden,
Gott wird horen unser klag,
Bald auff erden in den landen
wird sich enden all für tag,
Alle zeychen sind fürhanden,
keyn Christen das leucken mag.

Gott, mit allen meinen sinnen,
ich dein lob und ehr hie treib
So ich scheyden soll von hinnen,
bewar mir, Herr, seel und leib,
Das ich mög den sige gewinnen
und ewiglich bei dir bleib.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer