Johann Anastasius Freylinghausen – Neujahrsgesang.

Weise: So ist denn nun die Hütte aufgebauet.

1. Der du bist A und O, Anfang und Ende,
Ein Herr der Zeit und auch der Ewigkeit,
Dem alles steht zu seinem Dienst bereit,
Zu deinem Thron, Jehovah, ich mich wende,
Da diese Zeit ein neues Jahr uns bringt,
Und Zion dir ein Hallelujah singt.

2. Dich bet ich an, unwandelbares Wesen,
Du Wesen, das kein Zeitenwechsel trifft.
Du bist, von welchem zeugt der Psalmen Schrift,
Dass deiner Jahre Zahl nicht ist zu lesen;
Denn obgleich Erd und Himmel muss vergehn,
Bleibst du doch wie du bist und ewig stehn.

3. Wir aber sind von gestern her entstanden
Und müssen auch, eh wir uns des versehn,
Oft in der besten Blüte untergehn;
Wir sind wie Gras, das frühe zwar vorhanden,
Und doch wohl, eh die Sonne von uns weicht,
Durch Schnitters Hand sein Ende schon erreicht.

4. Das macht der Fall, der deinen Zorn erwecket
Und uns in diesen Jammer hat versenkt,
(O wohl dem Menschen, der es recht bedenkt!)
Der sich nun über alles Fleisch erstrecket.
Fleisch ist wie Heu, wie eines Grases Blum,
Wie leichte Spreu, in seinem besten Ruhm.

5. Du bist gerecht, wer darf dein Urteil tadeln?
Doch sei gepriesen die Barmherzigkeit,
Die von uns nimmt so gnädig unser Leid
Und uns so hoch hat wieder wollen adeln,
Dass, ob wir gleich hier die Verwesung sehn,
Wir doch dereinst zum Leben auferstehn.

6. Durch Christum ist uns dieses Heil geschenket;
Der kommt aus deinem Schoß zu uns herab,
Wird Mensch und scheuet weder Tod noch Grab
Wodurch er deine Huld so zu uns lenket,
Dass aller Jammer, alle Not und Pein
Uns nichts als Segen und Gewinn muss sein.

7. Durch ihn sind wir zur Ewigkeit erkaufet,
Wo Freud und unvergänglich Wesen grünt;
Hiezu sind wir dir, Vater, ausgesühnt
Und auf des Sohnes Blut und Tod getaufet.
Wie gnädig hast du, Gott, an uns gedacht,
Dass du durch unser Heil dies Heil gebracht.

8. Dies ist der Brunn, aus welchem hergeflossen,
Was mich in meiner Wallfahrt früh und spat
An Seel und Leib jemals erquicket hat,
Der sich hat stromweis über mich ergossen,
Dass ich den Augenblick nicht nennen kann,
Da mir nicht wäre daraus Guts getan.

9. Gelobet sei, o Herrscher, diese Liebe,
Die sonderlich auch im verstrichnen Jahr
Mich armen Staub, der des unwürdig war,
So merklich spüren lassen ihre Triebe.
Ich stelle mich dafür in meinem Sinn
Dir, großer Gott, selbst zum Dankopfer hin.

10. O denke nicht an der vergangnen Zeiten
Gemachte viel und überhäufte Schuld;
Lass deine Gnad und milde Vaterhuld
Zu meinem Trost in Christo sie bespreiten1bedecken.
Was ich gelebet hab, das decke zu,
Was ich noch leben soll, regiere du.

11. Erneure mich, der du machst alles neue,
Das Alte lass von nun an untergehn,
Lass Heiligkeit an dessen Stelle stehn,
Die neue Kreatur dich stets erfreue;
Der Geist aus dir verändre Sinn und Mut,
Nur dich zu lieben als das höchste Gut.

12. Die Zeit fleucht hin, lass mich auch von ihr fliehen
Die Ewigkeit rückt näher stets herbei,
Gib, dass ich ihr im Geist recht nahe sei,
Lass mich als eilend stets von hinnen ziehen,
Es müsse mir nie kommen aus dem Sinn,
Dass ich hier fremd, ein Gast und Pilgrim bin.

13. Ach, lehre mich recht meine Tage zählen,
Dass ich sie all aufs best anwenden mag;
Hilf mir auch tragen ihre Last und Plag,
So will des rechten Zwecks ich nicht verfehlen;
Ich will dereinst mit der erkauften Schar
Bei dir begehn das große neue Jahr.