Claudius, Matthias – Des alten lahmen Invaliden Görgel sein Neujahrswunsch

Sie haben mich dazu beschieden,
So bring‘ ich’s denn auch dar:
Im Namen aller Invaliden
Wünsch‘ ich ein fröhlich Jahr

Zuerst dem lieben Bauernstande;
Ich bin von Bauern her,
Und weiß, wie nötig auf dem Lande
Ein fröhlich Neujahr wär‘.

Gehn viele da gebückt und welken
In Elend und in Müh‘,
Und andre zerren dran und melken,
Wie an dem lieben Vieh.

Und ist doch nicht zu defendieren,
Und gar ein böser Brauch;
Die Bauern gehn ja nicht auf Vieren,
Es sind doch Menschen auch;

Und sind zum Teil recht gute Seelen.
Wenn nun ein solches Blut
Zu Gott seufzt, daß sie ihn so quälen;
Das ist fürwahr nicht gut.

Ein fröhlich fröhlich Jahr den Fürsten,
Die nach Gerechtigkeit,
Nach Menschlichkeit und Wohltun düsten;
Der Fürsten Ehrenkleid!

Sie sind in diesem Ehrenkleide
Wie Gottes Engel schön!
Und haben selbst die meiste Freud;
Sonst muß ich’s nicht verstehn.

Ein fröhlich Jahr und Wohlbehagen
Dem Fürsten unserm Herrn!
Der auch in unsern alten Tagen
Noch denket an uns gern;

Der als ein Vater an uns denket
Auf seinem Fürstenthron,
Und uns des Lebens Pflege schenket!
Dank ihm und Gotteslohn!

Und seinen Untertanen allen,
Wir sind ja Brüder gar,
Uns lieben Brüdern Wohlgefallen
Und ein recht gutes Jahr!

Und allen edlen Menschen Friede
Und Freud‘ auf ihrer Bahn!
Ich segne sie in meinem Liede,
So viel ich segnen kann;

Und fühl‘ in diesem Augenblicke
Den lahmen Schenkel nicht,
Und steh‘ und schwinge meine Krücke,
Und glühe im Gesicht.

Gellert, Christian Fürchtegott – Er ruft der Sonn und schafft den Mond,

Er ruft der Sonn und schafft den Mond,
Das Jahr darnach zu teilen;
Er schafft es, daß man sicher wohnt,
Und heißt die Zeiten eilen;
Er ordnet Jahre, Tag und Nacht;
Auf! laßt uns ihm, dem Gott der Macht,
Ruhm, Preis und Dank erteilen.

Herr, der da ist, und der da war!
Von dankerfüllten Zungen
Sei dir für das verfloßne Jahr
Ein heilig Lied gesungen;
Für Leben, Wohlfahrt, Trost und Rat,
Für Fried und Ruh, für jede Tat,
Die uns durch dich gelungen.

Laß auch dies Jahr gesegnet sein,
Das du uns neu gegeben.
Verleih uns Kraft, die Kraft ist dein,
In deiner Furcht zu leben.
Du schützest uns, und du vermehrst
Der Menschen Glück, wenn sie zuerst
Nach deinem Reiche streben.

Gib mir, wofern es dir gefällt,
Des Lebens Ruh und Freuden.
Doch schadet mir das Glück der Welt:
So gib mir Kreuz und Leiden.
Nur stärke mit Geduld mein Herz,
Und laß mich nicht in Not und Schmerz
Die Glücklichern beneiden.

Hilf deinem Volke väterlich
In diesem Jahre wieder.
Erbarme der Verlaßnen dich,
Und der bedrängten Glieder.
Gib Glück zu jeder guten Tat,
Und laß dich, Gott, mit Heil und Rat
Auf unsern Fürsten nieder;

Daß Weisheit und Gerechtigkeit
Auf seinem Stuhle throne;
Daß Tugend und Zufriedenheit
In unserm Lande wohne;
Daß Treu und Liebe bei uns sei;
Dies, lieber Vater, dies verleih
In Christo, deinem Sohne!

Ringwaldt, Bartholomäus – Ein Gebet nach dem Evangelio am Sonntage nach dem Neujahrstage.

Im Ton: Ein Kindelein so löbelich

O Gott, der du selbständig heißt
In dreierlei Personen,
Gott Vater, Sohn, heiliger Geist,
Und thust anfänglich wohnen
In denen, die du durch die Tauf
Zu Kindern hast genommen auf,
Von uns ja nimmer weiche,
Bis daß du mit Vollkommenheit
In uns wirst wohnen allezeit;
Dort in dem Himmelreiche. Amen.

Bartholomäus Ringwaldt’s geistliche Lieder
herausgegeben von Hermann Wendebourg
Halle
Verlag von Julius Fricke.
1858

Klepper, Jochen – Der du die Zeit in Händen hast

1. Der du die Zeit in Händen hast,
Herr, nimm auch dieses Jahres Last
und wandle sie in Segen.
Nun von dir selbst in Jesus Christ
die Mitte fest gewiesen ist,
führ uns dem Ziel entgegen.

2. Da alles, was der Mensch beginnt,
vor seinen Augen noch zerrinnt,
sei du selbst der Vollender.
Die Jahre, die du uns geschenkt,
wenn deine Güte uns nicht lenkt,
veralten wie Gewänder.

3. Wer ist hier, der vor dir besteht?
Der Mensch, sein Tag, sein Werk vergeht:
nur du allein wirst bleiben.
Nur Gottes Jahr währt für und für,
drum kehre jeden Tag zu dir,
weil wir im Winde treiben.

4. Der Mensch ahnt nichts von seiner Frist.
Du aber bleibest, der du bist,
in Jahren ohne Ende.
Wir fahren hin durch deinen Zorn,
und doch strömt deiner Gnade Born
in unsre leeren Hände.

5. Und diese Gaben, Herr, allein
laß Wert und Maß der Tage sein,
die wir in Schuld verbringen.
Nach ihnen sei die Zeit gezählt;
was wir versäumt, was wir verfehlt,
darf nicht mehr vor dich dringen.

6. Der du allein der Ew’ge heißt
und Anfang, Ziel und Mitte weißt
im Fluge unsrer Zeiten:
bleib du uns gnädig zugewandt
und führe uns an deiner Hand,
damit wir sicher schreiten.

Klepper, Jochen – Zuflucht ist bei dem alten Gott

Zuflucht ist bei dem alten Gott
und unter den ewigen Armen,
die dich erschaffen, erhalten, geführt,
auch wo dein Herz es nicht dankbar gespürt.
Was soll noch Sorge, Zweifel, gar Spott?
Gott will sich deiner erbarmen.
Gott hat dich erkürt.

Gottes Güte ist ohne Ziel.
Voll Treue sind Gottes Gedanken.
Ob sich dein Wesen gewandelt von Grund,
ob dein Geschick sich geändert zur Stund,
und welch ein neues Los dir auch fiel –
Gott kennt kein Weichen und Wanken.
Gott hält seinen Bund.

Gott ist Hilfe, Rat, Trost und Schild.
Er bleibt, der er war. Du sollst hoffen.
Ward dir der härteste Kampf auferlegt,
traf dich auch Leid, wie noch keiner es trägt,
und Jammer, den noch niemand gestillt –
Gott hält die Arme dir offen.
Gott heilt, die er schlägt.

Gottes Arme sind Halt und Rast.
Sie möchten dich liebend umfangen.
Was dich auch ängste, sie bleiben dein Hort.
Was dich auch binde, sie tragen dich fort.
Und hat die Welt dich bitter gehaßt –
Gott läßt dich Frieden erlangen.
Gott gab dir sein Wort.

Wo die Welt nur das Ende sieht,
läßt Gott auch die Müden beginnen.
Wer in den ewigen Armen geruht,
wacht neu gestärkt, voller Kräfte und Mut.
Selbst wo der Kühnste zagend entflieht,
will er die Krone gewinnen,
das ewige Gut.

Tersteegen, Gerhard – Ach wie laufen doch die Jahre

– Neujahrslied –

1.) Ach wie laufen doch die Jahre,
Wie verschwindet doch die Zeit,
Und ich bleibe von der Bahre
Noch bis diesen Tag befreit.
Ich weiß wohl, o Lebenslicht,
Dass ein Tag zum andern spricht:
Alles, was von Adams Erben,
Groß und Kleine müssen sterben.

2.) Doch du hast durch deine Güte
Wie ein Wächter mich bewacht,
Dass der Tod die Leibeshütte
Noch nicht in das Grab gebracht.
Ach, wie soll ich das verstehn,
Da doch andre schlafen gehen,
Und gar viele schon begraben,
Die noch nicht mein Alter haben.

3.) Herr, ich bin ja zu geringe
Dieser großen Gütigkeit.
Wenn ich mein Verzeichnis bringe
Der bisher genoss’nen Zeit,
So entfällt mir aller Mut,
Weil die Rechnung gar nicht gut.
Wie viele Jahre sind verdorben,
Da ich nicht der Welt gestorben!

4.) Doch ich will auf Mittel denken
Und auf Buße sein bedacht.
Jesus kann die Schuld versenken,
Die ich bis hierher gemacht.
Lieber Vater, steh mir bei,
Dass nur keine Heuchelei
Sich in meinem Herzen finde,
Wenn ich des mich unterwinde.

5.) Willst du mich noch ferner lassen,
Hier in dieser bösen Welt,
Ach so hilf mir alles hassen,
Was dem Geiste nicht gefällt.
Stärke mich von deiner Höh‘,
So wird auch das größte Weh,
Das mir oft zu schwer geschienen,
Mir zu meinem Besten dienen.

6.) Steh mir allezeit zur Rechten,
Denn du bist ja Sonn‘ und Schild.
Hilf uns, deinen armen Knechten,
Wie und wo und wann du willst.
Wenn die Tage böse sein,
Ach, so ruf ins Herz hinein:
Lernt euch in die Zeiten schicken,
So wird alles heilsam glücken.

7.) Endlich, wenn der Lauf zu Ende,
So befehl ich meinen Geist
Dir in deine treuen Hände,
Der du Gott und Vater heißt.
Ach, ich freu mich schon darauf,
Dass ich nach vollbrachtem Lauf
Dort der Freude soll genießen,
Wo wir keine Zeit mehr wissen.

Selneccer, Nikolaus – Das alte Jahr ist nun dahin,

1.) Das alte Jahr ist nun dahin,
Dir, höchster Gott, ist unser Sinn
Für alle deine Gütigkeit
Mit hohem Preis und Dank bereit.

2.) Du hast uns das vergangne Jahr
Aus Not gerissen und Gefahr.
In Gnaden unsrer stets verschont
Und nie nach Würden uns gelohnt.

3.) Den edlen Schatz, dein wertes Wort,
Hast du verliehen diesem Ort,
Uns dadurch an der Seel‘ gespeist,
Dem Leib auch reiche Gnad‘ erweist.

4.) All unsers Glaubens Bitt‘ und Flehn
Hast du erhört und angesehn,
Oft mehr verliehn, als wir begehrt,
Dafür sei stets von uns verehrt.

5.) Wir bitten ferner, frommer Gott!
Steh uns noch bei in aller Not:
Verzeih uns unsre Sünd‘ und Fehl‘,
Hilf an dem Leib, hilf an der Seel‘!

6.) Dein Wort, der Seelen Medizin,
Lass bei uns, Herr, noch ferner blühn.
Gib treue Lehrer, treib vorbei
Des Teufels List und Ketzerei.

7.) Gib unsrer Obrigkeit auch Gnad,
Wend ab den Krieg, gib Friedens-Rat,
Dass wir und sie in stiller Ruh‘
All‘ unser Leben bringen zu.

8.) Feucht an das Land, gib Sonnenschein,
Lass wachsen Gras, Getreid‘ und Wein,
Dass Wild und Vieh von deiner Gab
Auch neben uns zu leben hab.

9.) Gib, was uns dient, zu jeder Zeit,
Nicht Überfluss, nicht Dürftigkeit,
Damit nicht unser Herz beschwert,
Noch sonst der Geist verführet werd.

10.) Hättst du es auch, o Gott, ersehn,
Wir sollten teils mit Tod abgehn,
So lass uns nicht, hilf, steh uns bei,
Ein selig‘ Stündlein uns verleih!

11.) Nimm auf die Seel in deine Hand,
Den Leib bedecke kühler Sand
Bis du sie beide bringst zur Freud,
Da sie dich sehn in Ewigkeit.

Selneccer, Nikolaus – Dies Jahr haben wir auch erlebt

1.) Dies Jahr haben wir auch erlebt,
Gott Lob im höchsten Thron!
Sein Gnad‘ hat stets um uns geschwebt,
Sonst wär’n wir längst davon,
Dahin wär unser Leben bald,
All‘ Sinn und Mut und alle G’stalt,
All‘ Regiment und Fried‘.

2.) Das alt‘ vergangen Jahr fürwahr,
Merk fleißig, liebes Kind,
Von Sünden schwer und strafbar war,
Hat bracht‘ viel Elend g’schwind:
Groß Sintflut ist geflossen hin,
Gott lob, es ist ja viel dahin,
Ein neu‘ Jahr ist herbei!

3.) Wach auf, Herr Christe, komm zu Rat!
Mit uns verloren ist,
All‘ unser Kunst ist viel zu spat,
Allein du Helfer bist!
Vergib uns unser Sünd‘, o Herr,
Durch deinen Geist du uns bekehr,
Dass wir dich fürchten recht.

4.) Im Tal Achor sind wir gesteckt
Voll Trübsal, Elend groß,
Hoffnung hat unser Herz erweckt,
Ob wir schon waren bloß
Und wussten weder Hilf‘ noch Rat:
Du bist doch unser Herr und Gott,
Der uns aus Nöten rett’t.

5.) Gib uns nun, lieber Jesu Christ,
Aus lauter milder Gnad‘,
Ein fröhlichs Jahr zu jeder Frist,
Das stetigs bei sich hat
Dein heilig’s Wort und reichen Geist,
Den du uns, lieber Herr, verheißst
In deinem wahren Wort.

6.) Gib gutes Regiment und Fried‘,
O frommer Gottes Sohn!
Gib treue Lehrer auch stets mit,
Die deinen Willen tun.
Verschon unser und unser‘ Sünd,
Ach Gott, wir sind ja gar zu blind
Und sicher alle Stund‘!

7.) Ach, Herr, du unser Schwachheit weißt,
Dir nichts verborgen ist!
Regier uns, Herr, mit deinem Geist,
Du unser Herzog bist!
Ohn‘ dich sind wir alle verlorn,
Verdienen nichts denn eitel Zorn,
Wenn du willst rechnen Schuld.

8.) Wohlan, wir dir befehlen gar,
O Christe, Gottes Sohn!
Unser Leben, Seel‘, Haut und Haar,
Dein Hand, die hat uns nun.
Das neue Jahr, das sei nun dein,
Wir sind dein‘ kleine Brüderlein,
Kinder des wahren Gotts.

9.) Freut euch, das Alt ist nun dahin,
Gott lob im höchsten Thron!
Das Neu ist da, o Herz und Sinn,
Sprich tapfer Christum an!
O Jesu Christ, ich bin ja dein,
Dir leb und sterb ich stets allein,
Trotz, wer mich von dir reiß!

10.) Es g’scheh nun, was nur g’schehen kann,
Danach frag ich nicht groß,
Christus ist hier! O, Gottes Sohn,
Nimm mich in deinen Schoß.
Nimm meine Seel‘ in deine Händ!
Amen sprech, wer dies auch bekennt
Und bet von Herzen mit!

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Auf, meine Seele sei erfreut

1.) Auf, meine Seele, sei erfreut,
Das Kirchenjahr wird heut erneut.
Da dir auf’s Neu das Heilwort klingt,
Dass dich erfreut, das dich verjüngt.
Ja, dass aus Gott dich neu gebiert
Und selbst zu Gott in’s Leben führt.

2.) Der Geist aus Gott erfülle mich,
Damit mein Geist erneure sich
Und ich, vom alten Menschen frei,
Ganz rein, ganz neu und christlich sei,
Damit mein Mund ermuntre sich
Und Gott lobsinge ewiglich.

3.) So findet auch, mehr als zuvor,
Dein teures Wort ein offnes Ohr.
Das Wort, das dem das Leben gibt,
Der danach tut, und Glauben übt.
Ach, Jesu, gib, dass dies in mir
Zur Frucht gedeihe für und für.

Preiswerk, Samuel – Neujahrslied

Mel. Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘.

Wir treten in das neue Jahr
In Jesu heil’gem Namen.
In Ihm ist, was verheißen war,
Der Seinen Ja und Amen.
Die Welt, und was sie hat, zerstiebt,
Doch wer den Namen Jesu liebt,
Der hat das ew’ge Leben.

Wir ziehen mit dem Volk des Herrn
Und Seines Reichs Geweihten;
Wir folgen unserm Morgenstern
Im Dunkel dieser Zeiten.
Denn über allen Nächten klar
Strahlt uns Sein Name: Wunderbar,
Rath, Kraft und Ewig-Vater.

Wir legen auf den Hochaltar
Des Herrn, in Ihm verbunden,
Das angetretne neue Jahr
Und alle seine Stunden.
Die Thränen alle, die es bringt,
Die Lieder alle, die es singt, –
Dem Herrn sei Alles heilig.

Schaff – Deutsches Gesangbuch