Albert Zeller – Des Lebens Festmahl ist zu Ende

Des Lebens Festmahl ist zu Ende;
Die lieben Freunde sind zu Haus;
Ich gieße noch als heilge Spende
Die letzte Neige Weines aus.

Wie still und öd ists in dem Raume,
In dem erst Lieb und Lust gelebt!
Wie alles Das im schönsten Traume
An meinem Aug vorüber schwebt!

Wie flog der Geist von Mund zu Munde,
Von Herz zu Herz, von Blick zu Blick,
In unsrer frohen Tafelrunde,
Geliebt, gesegnet vom Geschick!

Des Alters Rat, der Jugend Rosen,
Des Mannes stillgehaltne Kraft,
Der Freundschaft und der Liebe Kosen,
Des Heilgen tiefe Wissenschaft

Wie schlangen sie sich leicht zusammen
Zu einem wundervollen Kranz!
Hoch loderten des Festes Flammen
Im reinsten, schönsten Himmelsglanz.

Weithin erglänzt in ihrem Strahle
Des Lebens frisch bewegtes Meer:
Von Hand zu Hand die Opferschale
Wie wär das Schwerste da noch schwer!

Verklungen sind die holden Worte,
Doch nicht des Herzens Wiederhall;
Geschlossen ist des Festes Pforte,
Und tiefes Schweigen überall.

Noch einen Blick auf all die Gaben,
Die mir der Freunde Hand beschert!
Die treuen Seelen, ach! was haben
Sie alles Liebes mir gewährt!

Tief sind, indes die Lust zerfließet,
Die Kerzen schon herabgebrannt;
Ich löschte sie, der Himmel gießet
Sein Sternenlicht auf alles Land.

Schlaft wohl ihr Lieben, schlaft in Frieden!
Träumt froh den Traum des Lebens aus!
Ein schönres Mahl wird uns beschieden
Dort in des ewgen Vaters Haus.

Herman, Nikolaus – An das Bild des Todes.

Das Totenbild spricht:

O Mensch, mit Fleiß anschaue mich,
Wie du jetzt bist, gleich so war ich,
Jung, schön und stark, aufs hübschst geziert,
Gleich wie ein Bild artig formiert.

2. Jetzund bin ich nur Asch und Staub,
Mein Fleisch die Würm han zu eim Raub;
Adel, Kunst, Ehr, Geld, Gut und Pracht,
Der Tod hat uns zu nicht gemacht.

3. Wer ist, der mich jetzt kennen kann,
Ob ich sei gwest ein Edelmann,
Ein Fürst, ein Graf, Herr oder Knecht,
Ein Bürger oder Bauer schlecht.

4. Nach dem Tod werden arm und reich,
Fürsten und Bauern alle gleich.
Man kennt ein für dem andern nicht;
Denn da ist gar kein Unterscheid.

5. Drum lass sich Niemand auf sein Gwalt,
Ehr, Jugend, Stärk und schöne Gstalt;
Solche All‘ ist gleich, wies grüne Gras,
Heut grünts, morgen verwelket das.

6. Bist du heut frisch, gsund, stolz und reich,
Morgen bist du ein arme Leich.
Hält man dich heut schön, lieb und wert,
Morgen legt man dich in die Erd.

7. So ist dein Pracht und Zier denn hin,
Und wirst gestalt, wie ich jetzt bin.
Drum weil du noch jung und stark bist,
Bedenk das End und trau auf Christ.

8. Der wird dich durch den zeitlich Tod
Retten von der Angst und Not,
Und dir ein neuen Körper geben,
Der ewig wird mit ihm leben.

9. Des tröst dich, wenn du anschaust mich,
Und jetzt der Tod will holen dich,
So kannst du fröhlich fahren hin,
Und ist der Tod nur dein Gewinn.

Herman, Nikolaus – Ein geistliches Lied von Dürftigkeit menschlichen Geschlechts und vom Tode, wie ihn Christus überwunden, derwegen auch nicht soll gefürchtet werden rc.

In Sterbenszeiten tröstlich zu singen.

Der Mensch wird von eim Weib geborn,
Mit Weh und Schmerzen in Gotts Zorn,
Und lebt alhie ein kleine Zeit
In Jammer, Not und Dürftigkeit.

2. Jetzt blüht er, wie ein Blümlin schon,
Bald fleucht er wie Schatten darvon.
Sein Tun und Werk hat kein Bestand,
Im Augenblick ists Alls gewandt.

3. Sein Leben ist nichts, denn Unruh,
Welchs er mit Angst und Not bringt zu,
Bis kommt der Sünden Sold, der Tod,
Und erlöst ihn aus aller Not.

4. Derselbige kommt uns Allen gleich,
Wir sind jung, alt, arm oder reich;
Denn über uns das Recht er hat
Durch Adams Schuld und Missetat.

5. Da er aber griff Christum an
Und würget ihn wie sonst ein Mann,
Der doch ohn Sünd was und gerecht,
Verlor sein Recht der Höllenknecht,

6. Und blieb ihm nichts, denn Todesg’stalt,
Ihm wurd geschwächet all sein Gwalt;
Die währt nur bis an jüngsten Tag,
Darnach er Nichts mehr würgen mag.

7. Denn wird der Tod vertilget gar,
Kein Leich wird mehr sein noch kein Bahr.
Denn werd wir all vom Tod aufstehn,
Und lebend aus den Gräbern gehn.

8. In solcher Form und gleicher Gstalt,
Wie Christ erstund durch eigne Gwalt,
So werden wir auch durch sein Kraft
Auch wiederum zum Leben bracht.

9. Was hilft sein Würgen denn den Tod?
Er wird doch Jedermann ein Spott
Sein an demselben großen Tag.
Keim Christen er nicht schaden mag.

10. Er sei so gräßlich als er woll,
Doch länger er nicht herrschen soll,
Denn bis kommen wird Christ der Herr;-
Der wird ihm nehmen Harnisch und Wehr.

11. Denn kommt ein Stärkrer über ihn,
Der wird sein Raub ihm nehmen hin,
Sein Stachel, Spieß, sein Bogen und Seng.
Gelt, ob ihn der wird helfen eing.

12. Drum lasst uns, o ihr Christenleut,
Solchs wohl bedenken allezeit,
Auf dass wir sein beherzt und keck,
Damit der Tod uns nicht erschreck,

13. Gleichwie er allen Heiden tut;
Denn er nimmt all ihr Freud und Mut,
Drum dass sie gar kein Hoffnung han,
Dass sie vom Tod solln wiedr aufstan.

14. Lasst uns nicht werden ihnen gleich,
Und so bekümmern um ein Leich,
Dass, wenn Eins stirbt aus unsrem Haus,
Wir denken: nu ists mit ihm aus.

15. Wir wolln dort sehen unser Freund,
Die in dem Herrn entschlafen sind,
Herrlich in aller Freud und Wonn
Leuchten gleichwie die helle Sonn.

16. Dort werden alle Kinderlein,
Die auf Christum getaufet sein,
Ihr Eltern sehen in Gottes Reich,
Und sein den lieben Engeln gleich.

17. Auch wird ein Vater seine Kind,
So in Gotts Furcht erzogen sind,
Mit Freuden sehen immerdar.
Bei Christo und der Engel Schaar.

18. Drum bitt wir dich, Herr Jesu Christ,
Wenn unser Stündlin kommen ist,
Lass uns in deiner Zuversicht
Hinfahren, und verzagen nicht

19. Für Höllenangst, für Sünd und Tod.
Dein Osterbild in letzter Not
Uns scheinen lass ins Herz und Sinn,
Auf dass wir fröhlich fahrn von hinn.

20. Denn du doch überwunden hast
Tod, Teufel, Höll und Sündenlast.
Dass uns der keines schaden wird.
Du bist ja unser treuer Hirt,

21. Der für sein Schaf das Leben gab;
Darum du Tod bist, gar schabab1aus, weg;
Denn sterben wir, so sterben wir ihm,
Und bist du, Tod, nur unser Gwinn.

22. Ein bessers Leben ist uns bereit,
Darein Herr Christe uns geleit,
Auf dass wir durch ein seligs End
Zu dir kommen aus dem Elend.

Amen.

Herman, Nikolaus – Eine Betrachtung des Todes

Mit Todesg’danken gehe ich um,
Denn er sich stets dreht um mich hrum
Und tritt mir nach gar auf dem Fuß,
All Stund ich seiner warten muss.

2. Den Bogen hat er schon gespannt
Und hat den Pfeil in seiner Hand.
Er nimmt des Siegers eben wahr,
Wenn er ist ausgeloffen gar.

3. Denn wird er mir lassen kein Frist,
Ich sei wohl oder üb’l gerüst;
Bald er beginnt zu klopfen an,
Ist ihm die Tür schon aufgetan.

4. Kein Bürgen er mir setzen will,
Steckt mir auch kein gewisses Ziel.
Wenn er kommt und spricht nur ein Wort,
So muss ich auf und mit ihm fort.

5. Drum, o mein liebe Seel, dich rüst,
Ob du vom Leib heut scheiden müsst.
Mach dich gerüst und sei bereit;
Lass dir den Tod nicht machen Leid.

6. Leg ab, mein Leib, die schwere Last,
Drin du jetzt bist nur wie ein Gast;
Du musst doch aus dem alten Haus
Ziehen, da wird nicht anders aus.

7. Doch aus dem armen Madensack
Wird dir Christus am jüngsten Tag
Ein Haus bauen, spannen und klar,
Drin wirst du wohnen immerdar.

8. Denn wollen wir beide zugleich
Einwohner sein im Himmelreich,
Und ewig sehen Gottes Sohn,
Mit Lust alls nach seim Willen tun.

9. Wie wir erstlich geschaffen sein
Von aller Sünd pur, lautr und rein,
Werd‘ wir sein fromm, grecht, klug und weis,
Wie Adam war im Paradeis.

10. Mein liebe Seel, drum sei getrost,
Christ unser Herr hat uns erlost.
Scheid nur willig von diesem Leben,
Gott wird uns viel ein bessers geben.

Amen.

Arndt, Ernst Moritz – Grablied.

Auf! laßt uns fröhlich singen
Ein Lied von Tod und Grab!
Gar Herrlich soll es klingen
Ins letzte Bett hinab:
Des Friedhofs stiller Hügel
Kein Leben deckt er zu,
Der Geist schwingt frohe Flügel
Und fliegt der Heimat zu.

Er sagt der grünen Erde
Die letzte gute Nacht,
Denn Arbeit Noth Gefährde
Sie sind mit Gott vollbracht,
Die Freuden und die Mühen
Der armen Sterblichkeit
Nun sieht er Kränze blühen
Im Lenz der Ewigkeit.

Nun sieht er hell im Lichte,
Was hier so dunkel war,
Des Herzens Traumgeschichte,
Des Lebens Räthsel klar,
Nun kann er ganz verstehen,
Was Gott, was Christus ist:
Wie wohl ist ihm geschehen,
Daß er gestorben ist!

Drum woll’n wir fröhlich singen
Ein Lied von Tod und Grab,
Ein Himmelslied soll klingen
Ins Erdenbett hinab!
Die Seele hat gewonnen
Das ew’ge Morgenroth
Und schaut aus heitern Wonnen
Hinab auf Grab und Tod.

unbekannt – Ueber den Kirchhof gieng ich allein

Ueber den Kirchhof gieng ich allein,
Zu meines Liebchens Kämmerlein,
Und als ich wollt von dannen gehn,
Da hielt es mich, ich mußt da stehn.

Ein Seel stand traurig an eim Grab,
Und schrie mit heller Stimm hinab:
»Steh auf mein Leib, verantwort dich,
Dann ich bin hier, beschuldge dich.«

Da hebet sich des Grabes Stein,
Und geht hervor ein weiß Gebein,
Der Leib steht auf gar bald und schnell,
Und geht dahin, spricht zu der Seel:

»Wer ist daraus, der mein begehrt,
Der mich da rufet aus der Erd,
Bist du es Seele, die vor Jahren
Aus meinem Leibe ist gefahren?«

Die Seel sprach: »Hab ich beten wöllen,
Da pflegtest du dich krank zu stellen,
Wenn ich anfieng das Abendgebet,
Da hast du dich gleich schlafen gelegt.«

Der Leib sprach: »Ach ich schien nur faul,
Und gähnte, macht ein schiefes Maul,
Und war zum niederknien verdrossen,
Denn ich hatt einen Bettgenossen.«

»Ach weh! Ach weh, antwort die Seel,
Daß ich gewesen dein Gesell,
Wovon die Ursach du allein
Darum leid ich die Höllenpein.

Im Thal Josaphat am Jüngsten Tag,
Da will ich führen grosse Klag,
Alsdann wird angehn auch dein Leid,
Du wirst brennen in Ewigkeit.«

Da sprach der Leib: »Du seyst verklagt,
Du warst die Frau, und ich die Magd,
Du trägst mit mir die Sündenlast,
Weil du mich bös geführet hast.«

Die Seel wollt da noch widersprechen,
Da thät der Morgenstern anbrechen,
Sankt Petrus Vogel thät auch krähen,
Da waren beid nicht mehr zu sehn.

Ich aber schrieb dies Liedelein,
Und steckts an Liebchens Fensterlein,
»Ich war mit Leib und Seel zu Gast,
‚S ist mir leid, wenn du auf mich gewartet hast.«

Simon Dach – Du fromme seel‘ empfängest schon

Du fromme seel‘ empfängest schon
Vor deine last den tagelohn,
Kanst zeitig feyer-abend machen:
Du hast sehr früe die trübe nacht
Des todes hinter dich gebracht,
Nach welcher wir so sorglich wachen.

Wol dir! dem treiber, der dich drang
Und dich so sehr zur arbeit zwang,
Ist nun der stecken gantz zerbrochen,
Der höchste sahe deine noht
Und hat durch einen sanfften todt
Dir deinen groschen zugesprochen.

Wie wol und lieblich mag es nun
Dir auff des tages hitze thun,
Die sonne wird dich nicht mehr stechen,
Der mond dir nicht beschwerlich sein
Auch wird nicht durst noch hungers pein
Die kräffte deiner seelen schwächen.

Des lebens quell fleusst vor dir hin,
Durch den erquickstu hertz und sinn,
Und gehst einher in voller weide;
Der frommen völligste begier,
Das höchste gut giebt selbst sich dir
Und stärkt dich zu stets neuer freude.

Du hast, wie mir gesaget ist,
Eh‘ als du abgeschieden bist,
Den vorschmack dessen schon empfunden,
Drumb rieffstu nu: herr nimb mich auff
Und ende meinen schweren lauff,
Daß auch bestürzt, die umb dich stunden.

Mich hat wol tausendmal gereut,
Daß ich nicht deine freudigkeit
Zum sterben selbst hab‘ angesehen:
Du hettest mich noch eins so sehr
Behertzt gemacht, je mehr und mehr
Zugleich umb solchen todt zu stehen.

Der frommen abschied muß fürwahr
Nichts anders sein, als wie ihn zwar
Des herren wort uns vor wil mahlen,
Gott pflegt die seufftzer und die Aut
Der zähren ja mit dem, was gut,
Und nicht was bös‘ ist, zu bezahlen.

Wie lieb wird deines krantzes zier
Gewesen sein, mit dem du hier
Dein keusches leben woltest schliessen,
Dein heyland und der frommen schar
Wird sonderlich das güldne haar
Sieghaffter keuscheit an dir küssen.

Er selbst ein unbeflecktes lam
Hat dort sich dir zum bräutigam
Vor andern wollen vorbehalten;
Da wird nun seine lieb‘ und treu‘,
O schöne braut, dir stündlich neu‘,
Und über dir nun ewig walten.

Wolan, besitze was du hast,
Geneuß der auserwehlten rast;
Wir bauen hier das thal der thränen,
Und müssen uns durch manches leid,
Durch manches wetter, müh‘ und streit
Nach dem, was du schon hast, nur sehnen.

Sei tausent, tausentmal gegrüsst !
Und bleib, o seele, wie du bist;
Die ohne trost umb dich sich fressen,
Thun, was den heyden nur angeht
Und übel bey uns Christen steht,
Und haben aller schrift vergessen.

O Jesu, unsrer hoffnung grund,
Der du uns deinen gnadenbund
Im worte giebest zu erkennen:
Laß uns in aller noth und pein
Dir dienstlich untergeben sein,
Und stets in deiner liebe brennen.

Und wenn du nun ein lebensfürst
Mit uns ein ende machen wirst,
Kömpst unsre hütten aufzuräumen,
So gieb, o höchster Gott, dass wir,
Mit glauben wol versehen, dir
Zu folgen wissen ohne seumen.

Claudius, Matthias – Als der Sohn unsers Kronprinzen, gleich nach der Geburt, gestorben war.

Mit den vielen andern, Groß und Kleinen,
Klag‘ ich schmerzlich Deinen Tod;
Will bei Deinem Sarge satt mich weinen
Und die Augen rot.

Nicht: dass Du Dich nicht, nach Herzensg‘nüge,
An die holde Mutter schmiegst,
Und dass Du, statt freundlich in der Wiege,
Tot im Sarge liegst;

Hier ist Vorplatz nur, spät oder frühe
Geh‘n wir alle weiter ein,
Und es lohnt sich wahrlich nicht der Mühe
Lange hier zu sein;

Nicht: dass Du des Vaters Glanz hienieden
Und sein Königreich nicht sahst,
Und dass Du die Krone, Dir beschieden,
Nicht getragen hast;

Ach, die Kronen sind nicht ohne Bürden,
Sind nicht ohn‘ Gefahren, Kind!
Und es gibt für Menschenkinder Würden,
Die noch größer sind;

Sondern: dass wir hier ein Land bewohnen,
Wo der Rost das Eisen frisst,
Wo durchin, um Hütten wie um Thronen,
Alles brechlich ist;

Wo wir hin aufs Ungewisse wandeln,
Und in Nacht und Nebel geh‘n,
Nur nach Wahn und Schein und Täuschung handeln,
Und das Licht nicht sehn;

Wo im Dunkeln wir uns freu’n und weinen,
Und rund um uns, rund umher,
Alles, alles, mag es noch so scheinen,
Eitel ist und leer.

O du Land des Wesens und der Wahrheit,
Unvergänglich für und für!
Mich verlangt nach dir und deiner Klarheit;
Mich verlangt nach dir.

Gerhardt, Paul – So geht der alte liebe Herr nun auch dahin

  1. So geht der alte liebe Herr nun auch dahin:
    Nach dem er achtzig und drüber ist gelebet.
    Er geht zu Gott: Und legt und schlägt aus seinem Sinn
    Das, was noch, wies Gott weiß, uns überm Haupte schwebet.
  2. Die Kinder klagen ihn, ach Vater, unser Schutz!
    Die Ehgenossin läßt die Tränen häufig fließen.
    Was Kindeskinder sind, bedenken, was für Nutz
    Sie hiebevor gehabt und nun nicht mehr genießen.
  3. Und weinen bitterlich. Die werte Bürgerschaft
    Folgt ihrem Haupte nach und gibt ihm das Geleite
    Zu seinem Schlafgemach, dahin der Tod ihn rafft
    Gleich wie uns allzumal. Ich aber seh ihm heute
  4. Zu Ehren diese Schrift: Ein Mann von alter Treu
    Und deutscher Redlichkeit, ein Mann von vielen Gaben
    Und großer Wissenschaft, ein Mann, der frisch und frei
    Das Recht geschützt, die Stadt regiert, wird jetzt begraben.

Gerhardt, Paul – O Tod, o Tod, du greulichs Bild

  1. O Tod, o Tod, du greulichs Bild
    Und Feind voll Zorns und Blitzen,
    Wie machst du dich so groß und wild
    Mit deiner Pfeile Spitzen?
    Hier ist ein Herz, das nicht acht
    Und spottet deiner schnöden Macht
    Und der zerbrochnen Pfeife.
  2. Komm nur mit deinem Bogen bald
    Und ziele mir zum Herzen;
    In deiner seltsamen Gestalt
    Versuchs mit Pein und Schmerzen:
    Was wirst du damit richten aus?
    Ich werde dir doch aus dem Haus
    Einmal gewiß entlaufen.
  3. Ich weiß, daß dir zerschlagen ist
    Dein Schloß und seine Riegel
    Durch meinen Heiland Jesum Christ;
    Der brach des Grabes Siegel
    Und führte dich zum Siegesschau,
    Auf daß uns nicht mehr von dir grau;
    Ein Spott ist aus dir worden.
  4. Besiehe deinen Palast wohl
    Und deines Reiches Wesen,
    Obs noch anitzo sei so voll
    Als es zuvor gewesen:
    Ist Moses nicht aus deiner Hand
    Entwischt und im gelobten Land
    Auf Tabor schön erschienen?
  5. Wo ist der alten Heilgen Zahl,
    Die auch daselbst begraben?
    Sie sind erhöht in Himmelssaal,
    Da sie sich ewig laben.
    Des starken Jesus Heldenhand
    Hat dir zersprengt all deine Band,
    Als er dein Kämpfer wurde.
  6. Was solls denn nun, o Jesu, sein,
    Daß mich der Tod so schrecket?
    Hat doch Elisa Totenbein,
    Was tot war, auferwecket:
    Viel mehr wirst du, den Trost hab ich,
    Zum Leben kräftig rüsten mich,
    Drum schlaf ich ein mit Freuden.