Simon Dach – Du fromme seel‘ empfängest schon

Du fromme seel‘ empfängest schon
Vor deine last den tagelohn,
Kanst zeitig feyer-abend machen:
Du hast sehr früe die trübe nacht
Des todes hinter dich gebracht,
Nach welcher wir so sorglich wachen.

Wol dir! dem treiber, der dich drang
Und dich so sehr zur arbeit zwang,
Ist nun der stecken gantz zerbrochen,
Der höchste sahe deine noht
Und hat durch einen sanfften todt
Dir deinen groschen zugesprochen.

Wie wol und lieblich mag es nun
Dir auff des tages hitze thun,
Die sonne wird dich nicht mehr stechen,
Der mond dir nicht beschwerlich sein
Auch wird nicht durst noch hungers pein
Die kräffte deiner seelen schwächen.

Des lebens quell fleusst vor dir hin,
Durch den erquickstu hertz und sinn,
Und gehst einher in voller weide;
Der frommen völligste begier,
Das höchste gut giebt selbst sich dir
Und stärkt dich zu stets neuer freude.

Du hast, wie mir gesaget ist,
Eh‘ als du abgeschieden bist,
Den vorschmack dessen schon empfunden,
Drumb rieffstu nu: herr nimb mich auff
Und ende meinen schweren lauff,
Daß auch bestürzt, die umb dich stunden.

Mich hat wol tausendmal gereut,
Daß ich nicht deine freudigkeit
Zum sterben selbst hab‘ angesehen:
Du hettest mich noch eins so sehr
Behertzt gemacht, je mehr und mehr
Zugleich umb solchen todt zu stehen.

Der frommen abschied muß fürwahr
Nichts anders sein, als wie ihn zwar
Des herren wort uns vor wil mahlen,
Gott pflegt die seufftzer und die Aut
Der zähren ja mit dem, was gut,
Und nicht was bös‘ ist, zu bezahlen.

Wie lieb wird deines krantzes zier
Gewesen sein, mit dem du hier
Dein keusches leben woltest schliessen,
Dein heyland und der frommen schar
Wird sonderlich das güldne haar
Sieghaffter keuscheit an dir küssen.

Er selbst ein unbeflecktes lam
Hat dort sich dir zum bräutigam
Vor andern wollen vorbehalten;
Da wird nun seine lieb‘ und treu‘,
O schöne braut, dir stündlich neu‘,
Und über dir nun ewig walten.

Wolan, besitze was du hast,
Geneuß der auserwehlten rast;
Wir bauen hier das thal der thränen,
Und müssen uns durch manches leid,
Durch manches wetter, müh‘ und streit
Nach dem, was du schon hast, nur sehnen.

Sei tausent, tausentmal gegrüsst !
Und bleib, o seele, wie du bist;
Die ohne trost umb dich sich fressen,
Thun, was den heyden nur angeht
Und übel bey uns Christen steht,
Und haben aller schrift vergessen.

O Jesu, unsrer hoffnung grund,
Der du uns deinen gnadenbund
Im worte giebest zu erkennen:
Laß uns in aller noth und pein
Dir dienstlich untergeben sein,
Und stets in deiner liebe brennen.

Und wenn du nun ein lebensfürst
Mit uns ein ende machen wirst,
Kömpst unsre hütten aufzuräumen,
So gieb, o höchster Gott, dass wir,
Mit glauben wol versehen, dir
Zu folgen wissen ohne seumen.