Weisse, Michael – Zum Begrebnis der Kinder

PReis sey dem allmechtigen Got,
der alle ding geschaffen hat,
Alles jnn seinen henden helt
vnd damit thut was jhm gefellt.

Er lest viel kinder auf erden
jnn sunden geboren werden,
Nimpt etliche iung von hinnen,
das sie nicht mehr sunden beginnen.

Wol denen allen, welchenn Got
nicht zutzeelt Adams missetat,
Denn sie werden nicht verlorenn
inn der sund ihn angeboren.

Got hilfft aus gnad vnd nicht aus pflicht,
nimpt ein kindt an, das ander nicht,
Vnd welchs er begabt, weis niemant,
biß an sein früchten wirt erkant.

Die tauff on geist vnd glaubens bund
macht keines menschen seel gesundt,
Ja auch kan durch frembd verbinden
niemandt los werden der sundenn.

Denn nicht am wollen vnd lauffen,
noch am predigen vnd tauffenn,
Sonder am Herren liegts allein,
der begabt vnd macht sein volck rein.

Niemant kan wissenn, welch kindt Got
auserwelte vnnd begabet hat,
Bis er an der frucht probire,
obs der geist Gottes regire.

Niemandt kennet des bawmes art,
eh sich seine frucht offenbart,
Vnd des kindes niemandt denn Got,
der es gantz jnn seiner gwalt hat.

Wo ers mit seinem geist anblest
vnd inn der iugent sterben lest,
So darffs nicht (wie wir) trubsal sehn,
ia ihm mag nimmer bas geschehnn.

Stierbt aber eins vons teufels heer,
dem, wirt die helle nicht so schwer,
Als dem, welchs lang auf erden bleibt
not leidet vnd viel böses treibt.

Nicht vber den todt der kinder,
sonder vber die todtsunder,
Die von Got zur hellen eilen,
solt man stetz weinen vnd heulen.

Viel harm, viel müh vnd vntugent
vertzert der todt inn der iugent,
Darumb ist besser jung sterben,
denn alt werden vnd verderben.

Wer aber lang vnnd wol lebet,
dem willen Gotes nachstrebet,
Der wirt auch zu letzt wol sterben
vnnd des lebens kron erwerben.

Wol dem menschen, der Gottes ioch
auf sich nimpt vnd tregts Christo nach,
Fecht an bald inn seiner kintheit,
denn einn gros lohn ist ihm bereit.

O Herre, hilff, das wir auch dein
vnnd dir alltzeit gehorsam sein,
Bestendig durch deine warheit
aufsteigen zur freud vnd klarheit!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Krummacher, Friedrich Adolf der Ältere – Glaube, Liebe, Hoffnung.

Mag auch der Glaube zagen,
ein Tag des Lichtes naht;
zur Heimat führt sein Pfad,
auß Dämmrung muß es tagen!

Mag auch die Liebe weinen,
es kommt ein Tag des Herrn;
es muß ein Morgenstern
nach dunkler Nacht erscheinen!

Mag Hoffnung auch erschrecken,
mag jauchzen Grab und Tod,
es muß ein Morgenrot
die Schlummernden einst wecken!

Kraus – Geistliche Lieder im 19. Jahrhundert

Dach, Simon – O wie selig

O wie selig seid ihr doch, ihr Frommen,
die ihr durch den Tod zu Gott gekommen!
Ihr seid entgangen
aller Noth, die uns noch hält gefangen.

Muß man doch hie wie im Kerker leben,
da nur Sorge, Furcht und Schrecken schweben;
was wir hie kennen
ist nur Müh und Herzeleid zu nennen.

Ihr hingegen ruht in eurer Kammer,
sicher und befreit von allem Jammer;
kein Kreuz und Leiden
ist euch hinderlich in euren Freuden.

Christus wischet ab euch alle Thränen;
habt das schon, wonach wir uns erst sehnen;
euch wird gesungen
was durch Keines Ohr allhie gedrungen.

Ach wer wollte denn nicht gerne sterben
und den Himmel für die Welt ererben?
Wer wollt hie bleiben,
sich den Jammer länger laßen treiben?

Komm, o Christe, komm uns auszuspannen,
lös‘ uns auf, und führ uns bald von dannen!
Bei dir, o Sonne!
ist der frommen Seelen Freud und Wonne.

Geistliche Lieder

Gerhardt, Paul – Weint, und weint gleichwohl nicht zu sehr

1. Weint, und weint gleichwohl nicht zu sehr,
Denn was euch abgestorben,
Ist wohl daran und hat nunmehr
Das beste Teil erworben!
Es ist hindurch ins Vaterland,
Nachdem der harte schwere Stand,
Der hier war, überstanden.

2. Hier sind wir auf der wilden See
Im Sturm und tiefen Fluten,
Da gehts uns, daß vor Ach und Weh
Das Herze möchte bluten.
Sobald der Mensch ins Leben tritt,
Sobald kommt auch die Trübsal mit
Und folgt ihm auf dem Fuße.

3.Da ist kein Kind so zart und klein,
Es muß sein Leiden tragen:
Ein jedes hat sein Angst und Pein,
Kanns oft nicht von sich sagen;
Und wenns auch gleich noch etwas spricht,
So bleibt doch drum das Elend nicht
Von seines Leibes Gliedern.

4. Kommts auf die Bein und wächst herzu,
Lernt schwarz und weiß verstehen,
So merks, was man auf Erden tu,
Wie Menschen werke gehen,
Sieht lauter Böses, gar nichts Guts,
Darüber wirds betrübtes Muts
Und fängt sich an zu grämen.

5. Hilft endlich Gott zur vollen Kraft
Und reifen Mannesjahren,
Tritts in den Stand, da man was schafft,
Da kanns denn recht erfahren,
Wie alles so voll Mühe sei:
Und hat doch selten mehr dabei
Als wenig gute Stunden

6. Das alles sieht der Vater an,
Die Mutter nimmts zu Herzen,
Und niemand ist, der helfen kann;
Da kommen denn die Schmerzen,
Die häufen sich ohn Unterlaß
Und halten stets die Augen naß
Bei Eltern und bei Kindern.

7. Drum laßts Gott machen, wie er will!
Er weiß die besten Weisen.
Wer balde kommt zu seinem Zeil,
Der darf nicht ferne reisen;
Und wer bei Zeit wird ausgespannt,
Der darf des Jammers schweren Stand
Nicht allzu lange ziehen.

8. Was unser Welt ist zugedacht,
Darf euer Kind nicht schmecken;
Es schläft und ruht, bis Gottes Macht
Es wieder wird erwecken.
Und wann ihr kommt ins Himmels Saal,
So wird euch Kinder Zahl
Mit großer Lust empfangen.

9. So schlaf nun wohl, du herzes Kind,
Doch tröste Gott die Deinen,
Wann jetzt ihr Herz und Auge rinnt,
Und kehr ihr bittres Weinen
Zu seiner Zeit, die er bestellt,
Auf Weis und Art, die ihm gefällt,
In Freund und süßes singen.

Gerhardt, Paul – O, wie so ein großes Gut

1. O, wie so ein großes Gut
Ist es doch, im Frieden scheiden
Und mit wohlvergnügten Mut
In Geduld den Tod erleiden!
Lasset uns loben, was jeder nur weiß:
Seligs Sterben hat dennoch den Preis.

2. Dieses Gut, des herrlich prangt,
Hat aus Gottes Hand und Throne,
Mein Herr Linde, wohl erlangt
Eures Hauses Ehr und Krone.
Ihre Begierde nach himmlischer Au
Ist ihr erfüllet, der seligen Frau.

3. Sie hat ja des Kreuzes Joch
Auch zuweilen wohl genossen:
Wie gekränket war sie doch,
Da ihr Berkow ward erschossen,
Berkow, das feine, geschickte Gemüt,
Dessen Gedächtnis noch immerzu blüht?

4. Nun, der Gott, der sie gekränkt,
Hat sie wieder auch erfreut
Und euch ihr zum Mann beschenkt,
Welchs euch noch nie gereut.
Jetzo genießt sie der ewigen Ehr
In Gottes Reiche. Was will sie doch mehr?

Gerhardt, Paul – Herr Lindholtz legt sich hin

1. Herr Lindholtz legt hin und schläft in Gottes Namen,
Weiß nichts mehr von dem Leid, von dem großen Gramen,
Das jetzt die Welt durchstreicht. Sein Grabmal deckt ihn zu;
Der Himmel ist sein Sitz, Die Erdgruft seine Ruh.

2. O schweigt, o schweigt und ruht, ihr hochgeliebten Seinen!
Wer in der Freude lebt, den darf man nicht beweinen.
Wir schweben in der See, der Sturm trübt unsern Sinn:
Her Lindholtz ist im Port. GOtt helf uns allen hin.

Gerhardt, Paul – Leid ist mirs in meinem Herzen

1. Leid ist mirs in meinem Herzen
Um die, so dir, liebes Kind,
Mit so großem Weh und Schmerzen
Um den Hals gefallen sind,
Da du dich bei deinem Ende
Gabst in deines Gottes Hände.

2. Ach, es ist ein bittres Leiden
Und ein rechter Myrrhentrank,
Sich von seinen Kindern scheiden
Durch den schweren Todesgang!
Hier geschieht ein Herzensbrechen,
Das kein Mund recht kann aussprechen.

3. Aber das, was wir beweinen,
Weiß hievon ganz lauter nichts,
Sondern sieht die Sonne scheinen
Und den Glanz des ewgen Lichts,
Singt und springt und hört die Scharen,
Die hier seine Wächter waren.

4. Muß das Leibchen gleich verwesen,
Ists ihm doch ein schlechter Schad,
Gott wird schon zusammenlesen,
Was der Tod zerstreuet hat;
Treu ist er und fromm den Seinen,
Trägt sich auch mit ihren Beinen.

5. Diesem Herrn ist nichts verdorben;
Wenn des Todes Nacht vorbei,
Nimmt er das, was war gestorben,
Und machts wieder ganz und neu.
Also werden wir zur Erden,
Daß wir mögen himmlisch werden.

6. Auf derwegen! Seid zufrieden,
Vaterherz und Muttergeist,
Lasset schlafen, was geschieden
Und zu Gott ist hingeschieden
Was für Tränen ihr vergossen,
Wollen sein mit Trost geschlossen.

7. Wandelt eure Klag in Singen!
Ist doch nunmehr alles gut.
Trauern mag nicht wiederbringen,
Was im Himmelsschoße ruht,
Aber wer getrost sich gibet,
Ist bei Gott sehr hoch belieb

Gerhardt, Paul – Liebes Kind, wenn ich bei mir

1. Liebes Kind, wenn ich bei mir
Deines schönen Leibes Zier
Und der Seelen Schmuck bedenke,
Weiß es Gott, wie ich mich kränke.

2. Kein Smaragd mag je so schön
In dem feinen Golde stehn,
Keine Rose mag im Lenzen
Dir gleich, schöne Blume, glänzen.

3. Dein Gebärde, dein Gesicht
Und der beiden Augen Licht
War in Tugend ganz verhüllet
Und mit guter Zucht erfüllet.

4. Deine Liebe, deine Gunst
Ging und hing nach lauter Kunst;
Viel zu lernen, viel zu willen,
War dein edler Geist geflissen.

5. Auch war hier ein guter Grund,
Da das ganze Werk aufstund,
Nämlich Gott und sein Wort hören
Und die heilge Bibel ehren.

6. Wollte, wollte Gott, daß nur
Deines Lebens schwache Schnur
Etwas noch hier auf der Erden
Hätte müssen länger werden.

7. O wie manche große Freud,
O wie manch Ergötzlichkeit
Würden wir von deinen Gaben
Noch zuletzt genossen haben.

8. Nun, mich jammerts; aber du,
Liebes Kind, schweigst still dazu,
Wohnst in Gottes Stadt und Mauern,
Kehrst dich nicht an unser Trauern.

9. Deines Wesens hoher Stand
Ist auch nun also bewandt,
Daß, wers gut will mit dir meinen,
Dich nicht dürfe mehr beweinen.

10. Du bist ungleich besser dran,
Als die Welt hier sinnen kann;
Du hast mehr, als wir dir gönnen,
Mehr auch, als wir wünschen können.

11. Es ist an dir ganz und gar,
Was hier unvollkommen war;
Was du hier hast angefangen,
Hast du dort vollauf empfangen.

12. Deine Seel hat Gottes Reich,
Und du bist den Engeln gleich:
Alle Himmel hörst du singen
Und du gehst in vollen Springen.

13. Nun so lebe, wie du lebest!
Schweb in Freuden, wie du schwebst!
Balde, balde wirds geschehen,
Daß du uns, wir dich dort sehen.

Gerhardt, Paul – Nun, du lebest, unsre Krone

1. Nun, du lebest, unsre Krone,
in der süßen sanften Ruh,
Bringst die Zeit bei Gottes Throne
ohne Zeit und Ende zu!
Du hast ewige Freud und Zier,
und wir sollten für und für
uns mit unsern Tränen kränken?
Auf! Und laßt uns recht bedenken!

2. Freunden soll man Freuden gönnen,
Lachen, wenn sie fröhlich sein!
Tränen laß zu der Zeit rinnen,
wenn sie liegen in der Pein:
Aber wenn der Sieg erlangt
und der Held im Kranze prangt,
Wenn das Herzleid weggeschlagen,
legt sich billig Schmerz und Klagen.

3. Edles Herz, du hast bezwungen
alles, was dir widrig war:
Alle Schmerzen, die sich drungen
in dein Herz mit großer Schar;
Allen Jammer, alle Müh,
alle Sorgen, die dich früh,
auch oft bei den späten Nachten
voller Angst und Wehmut machten.

4. Gott weiß wohl, was wir vermögen
und wie stark die Schulter sei,
da er will sein Kreuz hinlegen;
Dessen Huld und Vatertreu
hat auch dir schwere Last,
Die du ausgestanden hast,
Über dein Haupt lassen gehen.
Wer viel kann, muß viel ausstehen.

5. Wärst du einer aus dem Orden,
denen Herz und Mut entfällt,
wenn sie nur berühet worden
von des rauhen Unglücks Kält,
Ei, so würde nimmermehr
ein so großes Jammerheer
Gott, der Geber aller Gaben,
über dich verhänget haben.

6. Freue dich! Du hast gewonnen
durch des Höchsten Stärk und Kraft;
Jetzo gehst du, gleich der Sonnen,
mitten in der Bürgerschaft
der sehr schönen neuen Stadt,
die uns Gott gebauet hat,
Springst und singst und holest wieder
mit den Engeln süße Lieder.

7. Christus wischet selbst die Tränen
dir von deinen Angesicht;
dein Herz hört auf, sich zu sehnen,
weiß von keinem Mangel nicht,
ohne daß du, die du hier
hast gelassen hinter dir,
auch in solchem Freudenleben
balde möchtest sehen schweben.

8. Nun, wir werden balde kommen
aus dem Leide zu der Freud
und dich mit viel tausend Frommen
schauen in der Seligkeit!
O wie herrlich! O wie schön
wirst du und wir mit dir gehn,
wenn uns wird, anstatt der Erden,
Gottes Reich zu Teile werden.