Capito, Wolfgang – Morgengebet

Die Nacht ist hin, der Tag bricht an,
Zu Gott ruf innig jedermann,
Daß er uns heut Herz, Mund und Hand
bewahr vor Sünd und Teufels Tand.

Die Zung regier mit Bescheidenheit,
Daß sie nicht anstift Herzenleid,
Die Augen halt in steter Hut,
Daß sie nicht blend der Welte Muth.

Ein rein Herz gib nach Glaubens Art,
Das allzeit schau die Gottheit zart,
Und mäßig leb, ohn falschen Wahn,
Dem stolzen Fleisch recht abzustan;

Auf daß wir all zu Nacht mit Fleiß,
Dir, Vater, sagen Ehr und Preis
Durch Christum mit viel minder Schuld
Und mit mehr deiner Gnaden Huld.

Gott Vater sei Lob, Ehr und Preis,
Darzu auch seinem Sohne weis,
Des heilgen Geistes Gütigkeit
Von nun an bis in Ewigkeit.

Capito, Wolfgang – Das lied, Ich bin ins flaysch zum todt geborn

(„Form und ordnung Gaystlicher Gesang und Psalmen rc. (Augsburg) M.D. XXXIII“)

ICh bin inns flaisch zum todt geborn,
auf mir blib fluch unnd Gottes zorn,
mein will unnd werck warn gar verlorn,
biß mich Jesus ernewet
Und rufft zur buß zur engen port;
der vatter tödt der sünden mord
durch Jesu todt, auß dem mir fort
vor pein der hell nit scheühet.
Sein gwalt, auffart und gaiste reyn
bracht hymlisch gburt, göttlichen schein,
sein selbs ankunft ins hertze mein
frümbkait, frid, frewd und leben.

Darumb, Jesu, schatz unnd berlin gutt,
du süsser ghruch unnd werdes blut,
ich trag dich stäts in meinem mut,
hör, mensch, was zeügt mein glauben;
Wer Jesum auch wil also hon,
der muß seinn aygen willen lon,
nach Jesu will inn wirckung ston,
in übung unnd in schawen.
Welchs hoffnung Jesus worden ist,
der achtet nitt was sunst gebrist,
all zeytlichait ist jm ain mist
auff sand kan er nit bawen.

Wer Creaturen verlassen hatt
unnd jr befleckung ledig stat,
sein hertz unnd mutt an Jesu lat,
der darff nitt weytter sorgen,
Dann Jesu gayst ain tröster ist,
aber nur deß, dem trost geprist,
dem sein Creütz bleibt mitt dult vermischt
und freüd in Gott verborgen.
On JEsum ist es alles nicht,
wer seinem wortt nitt widerspricht
und jn inn lieb und laid vergicht,
der hats vom vatter glernet.

Halt innig synn und ainigkait
außschwayffig menge sey dir layd,
schaw auff Jesum, dein zyl berayt,
deß krafft inns hertz bringt leben;
Glaub, lieb, vor Gott gerechtigkait
nymm ann, halt gaystlich underschayd,
wandle, wie dich der Sun Gotts layt,
der sich für dich hat geben,
Der dich durch sich erle+üchtet klar
unnd setzet in des himels schar:
ach, laß nit nemmen solche war
den Teüfel mit sein listen.

Ach Jesu Christ, verleych unns gnad,
das uns der feynd nitt bring zu schad,
das wir vor Gott durch dich im pfad
beharren biß ans ende!
Was krafft möcht sunst in diser not
beston? eyl, Herr, kumm nit zu spat,
auff das uns nit deß feyndes rat
hie und dort ewig schende.
Dir wöllen wir zur ghrechten hand
Gottes, der du uns hast für schand
erlöset, singen inn dem land
eer, preyß und alle glori.

Capito, Wolfgang – Bitte um Frieden

Gib Fried zu unser Zeit, o Herr,
Groß Noth ist jetzt vorhanden.
Der Feind begehrt nichts anders mehr
Dann daß er bring zu Schanden
Den Namen Christ
Und dämpf mit List
Wahren Gotts Dienst auf Erden.
Solchen erhalt
Aus deiner Gwalt
Du hilfst allein in Gfährden 1).

Gib Fried, den wir verloren han
Durch Unglaub und bös Leben!
Dein Wort hast uns geboten an,
Dem wir all widerstreben;
Denn wir zum Theil
Dieß unser Heil
Mit frevlem Gwalt austreiben,
Zum Theil ohn Grund
Bekennen rund,
Ohn herzlich Frommkeit bleiben.

Gib Fried, auch deinen Geist uns send,
Der unser Herz durch Reue
Und Leid um unser Sünd behend
In Jesu Christ erneue,
Auf das dein Gnad
All Schand und Schad,
All Furcht und Krieges Laste
Von uns abkehr,
Dadurch dein Ehr
Bei allem Volk erglaste 2). Amen.

—-

1) Gefahr
2) erglänze, erglühe

Brockhaus, Carl – Wo ist ein solcher Gott wie Du

Wo ist ein solcher Gott wie Du,
voll Langmut, Macht und Gnade!
Führst Sünder ein in Deine Ruh‘
von des Verderbens Pfade.
Durchdrangst mit Macht
der Sünde Nacht,
gabst hin den Eingebornen
zur Rettung der Verlorenen.

Wo ist ein solcher Gott wie Du,
wer kann Dein Lieben fassen!
Für Deine Feinde ließest Du
den Sohn im Tal erblassen.
Gerechtigkeit
ward unser Kleid;
Errettung, Licht und Leben
ward uns im Sohn gegeben.

Wo ist ein solcher Gott wie Du,
so treu in jeder Lage!
Wer hilft in Not, wer sorgt wie Du
ohn‘ Rast von Tag zu Tage!
O treuer Hort,
laß hier wie dort,
von Deiner Lieb‘ uns singen,
Lob, Ehr‘ und Dank Dir bringen!

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Brockhaus, Carl – Wer findet Worte, dir zu danken

Wer findet Worte, dir zu danken?
O Vater, deine Lieb ist groß,
ist unaussprechlich, ohne Schranken:
Du gabst den Sohn aus deinem Schoß.
Du gabst ihn hin, den eingebornen,
du sandtest ihn zu uns herab,
für deine Feinde, die Verlornen,
gabst du ihn hin in Tod und Grab.

O wohl uns, daß du voll Erbarmen,
daß du, o Gott, die Liebe bist,
daß wir in treuen Vaterarmen
so sicher ruhn durch Jesum Christ!
In ihm gabst du uns Heil und Leben,
ja, alles – o wer liebt so sehr!
Ein Gott, der seinen Sohn gegeben,
ein solcher Gott versagt nichts mehr.

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Brockhaus, Carl – Sel’ge Hoffnung! Du kommst wieder

Sel’ge Hoffnung! Du kommst wieder,
läßt die Glieder nicht zurück.
Bald verkünden neue Lieder
droben unser ew’ges Glück.
Dann ist jeder Wunsch erfüllt,
unser Sehnen ganz gestillt.

Ruhen werden dann die Glieder
ewig dort, vereint mit Dir.
Keine Trübsal kehret wieder,
keine Träne fließt wie hier.
Ewig fern ist alles Leid,
jedes Herz füllt Seligkeit.

Und anbetend wird dann singen
Deine teu’r erkaufte Schar,
Dir, dem Lamme, Ehre bringen,
Gott erheben immerdar.
Welch ein Glück, bei Dir zu sein!
Komm, o Jesu, führ uns ein!

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Brockhaus, Carl – O Liebe ohnegleichen

1. O Liebe ohnegleichen!
Kein Sinn kann je erreichen,
wie Du, o Herr, uns liebst.
Vergaßest Deine Schmerzen,
trugst die nur auf dem Herzen,
die Du so unaussprechlich liebst.

2. Dein Werk ist jetzt vollendet,
der Fluch ist abgewendet,
und Gnade uns gebracht.
Der Schuldbrief ist zerrissen,
befreit ist das Gewissen,
die Sünde ist zunicht‘ gemacht.

3. Jetzt pflegest Du die Deinen,
dass trostlos sie nicht weinen,
noch hier verlassen stehn.
Im Geist Du sie begleitest,
mit starker Hand sie leitest,
die hier durch Kampf und Leiden gehn.

4. Und Hoffnung, tief im Herzen,
macht stille sie in Schmerzen;
ihr Teil bist, Jesu, Du.
Bald enden alle Leiden,
und nie mehr wirst Du scheiden,
wenn sie gebracht zu Deiner Ruh‘.

5. O Liebe ohnegleichen!
Kein Sinn kann je erreichen
die Fülle, die Du gibst.
Selbst Engel werden stehen
und voll Anbetung sehen,
wie Du, o Herr, die Deinen liebst.

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Brockhaus, Carl – O Jesu, Name ohnegleichen

O Jesu, Name ohnegleichen,
voll Gnade, Trost und Lieblichkeit!
Anbetend sich die Engel neigen,
bewundern Deine Herrlichkeit.
Der Gottheit Fülle wohnt in Dir,
in Dir sind auch vollendet wir.

Du bist uns alles: unsre Stärke,
Erlösung, Weisheit, Licht und Kraft.
Du bist die Quelle aller Werke,
die Deine Gnade in uns schafft.
Ja, was wir haben, was wir sind,
in Dir nur seinen Ursprung find’t.

Und Deine Liebe unvergleichlich
erfüllet allen Mangel hier.
Sie strömt in Kampf und Not so reichlich,
so mild auf uns herab von Dir.
Und weigerst Du uns je ein Teil,
so ist es nur zu unserm Heil.

Drum mag hienieden alles weichen:
in dieser Welt gibt nichts uns Ruh’.
Was wär’ auch Dir wohl zu vergleichen?
Des Segens Fülle bist nur Du!
O Reichtum, wir besitzen Dich,
Du bleibest unser ewiglich!

Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Brockhaus, Carl – Jesus lebt! Er hat gesiegt

1. Jesus lebt! Er hat gesiegt.
Wer kann seinen Ruhm verkünden!
Meine Sünd’ im Grabe liegt,
keine Schuld ist mehr zu finden.
Ja, er lebt, ich sterbe nicht,
denn sein Tod war mein Gericht.

2. Jesus lebt! Er lebt für mich,
nie kann ich verlassen stehen.
Er, der mich erwarb für sich,
lässt nur Lieb’ und Gnad’ mich sehn.
Ob der Feind sein Haupt erhebt,
dieses bleibt: Mein Jesus lebt.

3. Ja, du lebst, du bist gekrönt,
hast den Himmel eingenommen;
und nach dir mein Herz sich sehnt,
bis ich werde zu dir kommen,
bis ich schau dein Angesicht,
o welch sel’ge Zuversicht!

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