Zinzendorf, Nikolaus von – Von der göttlichen Weisheit.

Welch ein eitles Tun
Ist’s um’s Lernen nun!
Jesus wird dereinst nicht fragen,
Was hier die Gelehrten sagen;
Seine Frag‘ ist mehr:
„Gabst du Mir Gehör?“

Jesus spricht mit dir,
Seele, für und für;
Jesus predigt dir im Worte
Immerdar, an jedem Orte,
Und wie Mancherlei
Bringt Sein Geist dir bei!

Geist von Gott herab,
Schenk‘ mir Deine Gab‘,
Ohne Dich liegt alles Wissen
In den dicksten Finsternissen;
Wirkst hingegen Du,
Hab‘ ich Licht und Ruh‘.

Der ist hochgelehrt,
Der sich selbst nicht hört;
Denn die Weisheit dieser Erden
Soll in Staub getreten werden,
Und wir mit hinein:
Gott will Alles sein!

Diese Wissenschaft
Bringt alleine Kraft,
Unsre Seele zu verlieren
Und in Jesum einzuführen.
Jesu, lass mich ein,
Gib mir Sonnenschein!

(1727.)

Johann Anastasius Freylinghausen – Die rechte Weisheit.

Weise: Freu dich sehr, o meine Seele.

1. Kommt, ihr Menschen, lasst euch lehren,
Kommt und lernet allzumal,
Welche die sind, die gehören
In der rechten Weisen Zahl,
Und die billig jedermann
Als verständig siehet an,
Ob gleich viele sie verlegen
Und ihr Tun für Torheit schätzen.

2. Weise sind, die sich selbst kennen,
Wie so gar verderbt sie sind;
Die sich selber Toren nennen
Und befinden, wie so blind
Beides, Wille und Verstand,
Weil sie sich von Gott gewandt;
Die sich ihrer Torheit schämen
Und zur Buße sich bequemen.

3. Weise sind, die Christum wissen
Durch des Geistes Glaubenslicht;
Die ihn als die Weisheit küssen,
Der es nie an Licht gebricht;
Die die Weisheit dieser Welt
Und was sonst die Welt hochhält
Fahren lassen aus den Sinnen,
Um nur Christum zu gewinnen.

4. Weise sind, die Gott stets flehen
Um den Geist, der weise macht;
Die nach dessen Leitung gehen
Und darauf stets haben Acht;
Denn die Gottes Geist nicht lehrt,
Bleiben töricht und verkehrt,
Ob sie gleich von Geistessachen
Können kluge Worte machen.

5. Weise sind, die sich erwählen
Gottes Wort zum Prüfestein,
Damit sie nicht mögen fehlen,
Zu erkennen Kraft und Schein.
Wer will den betrügen leicht,
Der von Gottes Wort nicht weicht,
Das, wenn alles auch vergehet,
Ohn Aufhören doch bestehet?

6. Weise sind, die das nicht suchen,
Was nicht ewig währen mag,
Und die kurze Lust verfluchen,
Die da bringt ein langes Ach;
Die nicht lieben in der Welt
Ehre, Wollust, Gut und Geld,
Sondern allem dem absagen,
Weil es doch nur mehrt die Plagen.

7. Weise sind, die Gott ergreifen
Als ihr höchst und bestes Teil,
Und nicht lang um ihn herschweifen,
Weil doch ohne Gott kein Heil;
Die sich ihn zum Zweck gesetzt,
Die sonst nichts als er ergötzt
Und ihm zu gefallen trachten,
Die kann man recht weise achten.

8. Weise sind, die sich nicht schämen,
Sondern deren Sinn sich lenkt,
Christi Kreuz auf sich zu nehmen,
Den man selbst ans Kreuz gehenkt.
Christi Kreuz bringt lauter Licht,
Das verdunkelt nimmer nicht;
Wer recht weise denkt zu werden,
Liebe Christi Kreuz auf Erden.

9. Weise sind und voll Verstandes,
Die, so lang sie wallen hier,
Ihres rechten Vaterlandes
Mit entzündeter Begier
Sind und bleiben eingedenk
Und nicht mit der großen Meng
Andrer sich hier feste setzen,
Sondern sich als Pilgrim schätzen.

10. Herr, des Weisheit zu erreichen
Keinem möglich hier auf Erd,
Hilf, dass dieser Weisheit Zeichen
Ich aus Gnaden fähig werd;
Gib, dass ich mich selbst recht kenn,
Christum meine Weisheit nenn,
Dich um seinen Geist stets flehe
Und vom Worte nie abgehe.

11. Dass ich alles Eitle hasse
Und nur dich allein erwähl,
Christi Schmach und Kreuz auffasse
Und stets meine Tage zähl.
Vater, hilf samt deinem Sohn
Und dem Geist von deinem Thron,
Dass ich möge hier auf Erden
Doch so klug und weise werden.

Gottfried Arnold – Das Regiment der göttlichen Weisheit.

Der Weisheit Licht glänzt immerzu,
Und treibt den müden Sinn zur Ruh‘;
Steigt ihre Kraft in uns herauf,
So fördert sie den schwachen Lauf.

Ihr Glanz ist ohne Dunkelheit;
Wenn uns ihr süßer Strahl erfreut,
So muss die Nacht selbst lichte sein;
Bei ihr bricht nicht mehr Finstres ein.

Man schaut bei ihr den ganzen Tag,
Auch wider alle Hitz und Plag‘.
Den Schatten einer Wolkensäul‘;
Ihr Feuer dienet Nachts zum Heil.

Sie geht in allen Dingen für
Dem, der ihr nachgeht mit Begier;
Man geht bei ihr frei aus und ein,
Und darf getrost und fröhlich sein.

Die schwersten Lasten macht sie leicht,
Wenn man sich zum Gehorsam beugt;
Sie stillt auch oft der Feinde Wut
Durch’s Leiden mit vergnügtem Mut.

Die Freunde hegt ihr sanfter Schoß
Und macht sie alles Kummers los;
Dann gießt sie überfließend ein
Zum Trost auf Myrrhen süßen Wein.

Macht Jesu Lieb‘ nicht völlig frei
Von der Affekten1Ein Affekt ist eine Gemütserregung oder ein Gefühl, das durch äußere Anlässe oder innere psychische Vorgänge ausgelöst wird. Sklaverei?
Der ist’s, der was besiegen kann,
Der ihre Zucht nimmt redlich an!

Ihr Umgang ist voll Lieblichkeit,
Licht ist ihr prächtig Hochzeitkleid,
Ihr Brautschmuck ew’ge Lieb‘ und Lust;
Kein Makel ist ihr mehr bewusst.

Um sie zu ringen, ist nicht hart,
Weil sie sich willig offenbart
Den Freunden, die ihr Herz und Sinn
Nach ihrem Willen lenken hin.

Geh‘ auf, du gold’ner Liebesstern,
In uns, und leuchte nimmer fern!
Leucht‘ hell, dass uns dein frohes Licht
Auf unsern Wegen mangle nicht!

Erhebe den gedrückten Geist
Aus Allem, was Verwirrung heißt;
Komm‘, ord’ne uns’re Liebsbegier
Durch festen Zug allein‘ nach Dir!

Erfreu‘ die Deinen um so mehr,
Je mehr die Feinde stürmen her;
Sei deiner Kinder Lohn und Schild,
Und was Du sonst uns werden willt!

Franck, Johann – Um wahre Weisheit.

Eigne Weise.

Christe, der du selbst die Rechte
Und des Vaters Weisheit heißt,
Gib mir, deinem armen Knechte,
Deine Weisheit, Gnad‘ und Geist.
Du nur bist der Brunn des Lebens,
Draus die wahre Weisheit rinnt,
Dessen Müh‘ ist nicht vergebens,
Der von dir den Schmack gewinnt.

2. Ach, welch dicker Torheitschatten,
Ach, welch eitler Menschentand
Pflegt den Sinn mir abzumatten!
Wo bekomm ich nun Verstand?
Und wer will den Weg, mir weisen
Wie ich durch dies Lügental
Ungeirret könne reifen
In den wahren Weisheitssaal?

3. Dir hab‘ ich mich zugekehret,
Der du Licht und Leben bist,
und das Alles hast verkläret,
Was allhier erschaffen ist.
Lass mit Deiner Gottheit Strable
Mich umleuchten jederzeit,
Treib‘ aus meines Herzens Tale
Die gedickte Dunkelheit.

4. Lass mich deine Gunst erleuchten
und den Halberloschnen Sinn
Mit dem Lebensöl befeuchten,
Dass er vollen Glanz gewinn‘.
O du Satans Überwinder,
Zwar ich beicht‘ hier rund und frei,
Dass ich als ein armer Sünder,
Deiner Huld nicht würdig sei.

5. Doch so bin ich gutes Mutes,
Weil mich dieser Trost erfrischt,
Dass ein Tröpflein deines Blutes
Alle meine Sünd‘ abwischt.
Auch such‘ ich nicht eignen Nutzen,
Will mit dieser Weisbeit Blum‘
Hier nicht übermütig stutzen,
Herr, sei du nur bloß mein Ruhm.

6. Flamme du in mein Gemüte
Durch das schöne Himmelsrund,
Denn nur bloß von seiner Güte
Fließet aller Wohlfahrt Grund.
Ich will dir für solche Gaben
Herzlich danken jeder Frist,
Weil wir Menschen nichts sonst haben,
Was dir angenehmer ist.

Hiller, Philipp Friedrich – Habt Gunst und Ruhm auf Erden

Mel.: Von Gott will ich etc.

1.
Habt Gunst und Ruhm auf Erden, Ihr Weisen, ohne Neid.
Ich will ein Weiser werden, Den nie sein Lernen reut.
Lern’ ich nur Jesum mir, So will ich nichts mehr fragen,
Und darf ohn’ Hochmuth sagen: Ich weiß noch mehr als ihr.

2.
Das ist der höchste Orden, Wer nach der Weisheit tracht’t,
Die Jesus uns ist worden, Vom Vater selbst gemacht.
Die lernt der Glaube nur, Und findet mit Vergnügen,
Was da für Schätze liegen, Auch über die Natur.

3.
Ja, Vater sei gepriesen, Der Jesum offenbart,
So haben wir durch Diesen Die Weisheit wahrer Art.
Das ist der beste Theil. Welt, halt’ uns nur für Thoren:
Wir geh’n doch nicht verloren, Gott zeigt uns doch Sein Heil!