Gottfried Arnold – Das Regiment der göttlichen Weisheit.

Der Weisheit Licht glänzt immerzu,
Und treibt den müden Sinn zur Ruh‘;
Steigt ihre Kraft in uns herauf,
So fördert sie den schwachen Lauf.

Ihr Glanz ist ohne Dunkelheit;
Wenn uns ihr süßer Strahl erfreut,
So muss die Nacht selbst lichte sein;
Bei ihr bricht nicht mehr Finstres ein.

Man schaut bei ihr den ganzen Tag,
Auch wider alle Hitz und Plag‘.
Den Schatten einer Wolkensäul‘;
Ihr Feuer dienet Nachts zum Heil.

Sie geht in allen Dingen für
Dem, der ihr nachgeht mit Begier;
Man geht bei ihr frei aus und ein,
Und darf getrost und fröhlich sein.

Die schwersten Lasten macht sie leicht,
Wenn man sich zum Gehorsam beugt;
Sie stillt auch oft der Feinde Wut
Durch’s Leiden mit vergnügtem Mut.

Die Freunde hegt ihr sanfter Schoß
Und macht sie alles Kummers los;
Dann gießt sie überfließend ein
Zum Trost auf Myrrhen süßen Wein.

Macht Jesu Lieb‘ nicht völlig frei
Von der Affekten1Ein Affekt ist eine Gemütserregung oder ein Gefühl, das durch äußere Anlässe oder innere psychische Vorgänge ausgelöst wird. Sklaverei?
Der ist’s, der was besiegen kann,
Der ihre Zucht nimmt redlich an!

Ihr Umgang ist voll Lieblichkeit,
Licht ist ihr prächtig Hochzeitkleid,
Ihr Brautschmuck ew’ge Lieb‘ und Lust;
Kein Makel ist ihr mehr bewusst.

Um sie zu ringen, ist nicht hart,
Weil sie sich willig offenbart
Den Freunden, die ihr Herz und Sinn
Nach ihrem Willen lenken hin.

Geh‘ auf, du gold’ner Liebesstern,
In uns, und leuchte nimmer fern!
Leucht‘ hell, dass uns dein frohes Licht
Auf unsern Wegen mangle nicht!

Erhebe den gedrückten Geist
Aus Allem, was Verwirrung heißt;
Komm‘, ord’ne uns’re Liebsbegier
Durch festen Zug allein‘ nach Dir!

Erfreu‘ die Deinen um so mehr,
Je mehr die Feinde stürmen her;
Sei deiner Kinder Lohn und Schild,
Und was Du sonst uns werden willt!