Blaurer, Ambrosius – MAg ich dem tod nit widerstan

Vom unerschrocknen absterben des glöubigen

MAg ich dem tod nit widerstan
und muß ich dran,
so will ich mich drin geben.
Obs fleisch ein kleine zeit abstirpt,
doch nit verdirpt,
mit geist muß wider leben,
Wirt schon verklärt, auch ewig wert
bim vatter min im leben sin:
solt ich dem widerstreben?

Das sey von mir gantz verr und weyt
zu aller zeit
recht sterben will ich lernen,
Und schicken mich mit glauben vest
uffs allerbest
und gantz zu Christo keren.
Dann er ist mein und ich bin sein,
sein blut und tod hilfft mir uß not:
solt ich min fröud nit meren?

Der vatter hat mir Christum gschenckt,
ans crutz gehenckt,
für mich müßt er auch sterben,
Uff das ich ewigs tods nit sturb
und nit verdurb,
das müßt sin son erwerben.
Ist das nit gunst, groß lieb umbsunst
vom vatter gut, an mir solchs thut,
macht mich sins richs zum erben.

Welchs Rich, gewalt und regiment
sich nimmer endt,
ist Christo übergeben,
Was Got vermocht, thut, hat und ist,
zewiger frist
mit Christo werd ich leben.
Dich will ich ern, din lob vermern
mit gantzer truw, on alle schüch
mit krafft will jm nachstreben.

In Christo ist all Götlich krafft,
gewalt und macht,
muß ewigklich regieren,
Mit Got dem vatter, heilgen geist
ein Got ist heißt
in herlicheit all eren
Regeneriert, glorificiert
in Got verlibt, ein wesen bleibt,
dahin wil ich mich keren.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer
Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Bengel, Johann Albrecht – Der sterbende Christ

Mittler, alle Kraft der Worte,
Die du in der hohen Pein
Vor der offnen Todespforte
Lassen deine Losung seyn,
Bleibt, indem ich auch abscheide
Meiner Seelen Füll und Weide,
Nun ich so gerüstet bin,
Sehnt michs dir nach, zu dir hin.

Wenig Wort‘ in langen Stunden
Redtest du vom Kreuze dar,
Bis du Alles überwunden,
Was dir in dem Wege war,
Zu dem Vater durchzudringen
Und auch uns zu ihm zu bringen,
Weil du die Versöhnungsmacht
Meist in stillem Kampf vollbracht.

Doch was deine Lippen sagen,
Macht zu Gott gewisse Bahn;
Aller, die dich lieben, Plagen,
Flehen nehmest du dich an.
Dies geschiehet, mich zu lehren,
Wo ich auch mich hin soll kehren,
Wenn der heimgerufne Geist
Alles richtig machen heißt.

Vater! sagtest du, laß Diesen
Ihren blinden Frevel nach!
Edle LAngmuth, sey gepriesen!
Nun, wie sollt ich eigne Rach‘
Wider meinen Nächsten hegen,
Und mir selbst den WEg verlegen?
Jesu, deine Fürbitthuld
Tilge mein‘ und seine Schuld.

Deine Mutter, deinen Jünger,
Welchen du, er dich geliebt,
Hast du, Eintrachts-Wiederbringer,
Gleich versorgt und gleich geübt.
Gieb, daß die, so ich verlasse,
Rechter Sinn zusammenfasse,
Und in deiner Lieb‘ und Treu‘
Eins des Andren Zuflucht sey.

Heute (unvergleichlichs Heute!)
Heute sollest du gewiß
(Glaube, rede, bete, streite!)
Seyn mit mir im Paradies.
Dieses lasse, wie dem Schächer,
So auch mir, o Todesrächer,
Wenn der Augen matter Schein
Bricht, den letzten Leitstern seyn.

Ach! warum bin ich verlassen,
O mein Gott, mein Gott, von dir?
Jesu, wie ist dieß zu fassen?
Klagst du so: wie gehts denn mir?
Ja, durch dieses scharfe Ringen
Wirst du deinen Flüchtling bringen,
Trotz der Sünden Scheidewand
Zum geheimen Priesterstand.

Aber welch bedenklich Dürsten
Klagt der ausgedörrte Mund,
Dein, des reichen Lebensfürsten,
In der Schrift Erfüllungsstund‘?
Für die lechzensvolle Kehle,
Ja die ächzendmatte Seele,
Bleibt, wenn Nichts den Stich mehr hält,
Mir zum Labsal dieß bestellt.

Nun, nun ist das Heil erworben,
Denn du sagst: Es ist vollbracht!
Jesu, eh‘ du noch gestorben,
Blicket schon die Siegesmacht.
Laß nun immerhin ergehen,
Was den Gliedern auszustehen:
Mein Vollender! du in mir,
Und ich, jetzt vollend’t in dir.

Vater, dir will ich befehlen
Meinen dir geweihten Geist!
Schreyest du mit ganzer Seelen
So vertritt mich allermeist
Wenn der letzte Zug vorhanden;
Lös mich aus des Todes Banden,
Nimme deines Pilgrims wahr,
Stelle mich dem Vater dar.

Diese sieben feste Siegel
Drück‘, o Lamm, auf meine Brust,
Daß ich zu dem Zionshügel,
Dessen Spur mir nun bewußt,
Unverweilt gezogen steige,
Und sonst alles Andre schweige,
Außer deiner Worte Chor;
Dieser hebet mich empor.

Wahrheit! prüfe; Licht! durchscheine
Noch einmal, was in mir ist,
Ob ich alles lauter meyne,
Daß dein Sinn, o Jesu Christ,
Mich enthalt‘ in Tod und Leben,
Laß den Geist das Zeugniß geben,
Daß ich Gnad- und Glaubensgab‘
Und sofort das Leben hab.

Nun so darf ich mit dir rufen,
Nun so werd‘ ich auch erhört.
Nun so folg‘ ich durch die Stufen,
Wo der Eingang unverwehrt
Zu dir führet und zu Allen,
Die dir Hallelujah schallen,
Weil durch dich der Feind gedämpft,
Und es ewig ausgekämpft.

Rambach – Anthologie christlicher Gesänge aus der neueren Zeit
Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Arndt, Ernst Moritz – Geht nun hin und grabt mein Grab!

Geht nun hin und grabt mein Grab!
Denn ich bin des Wanderns müde.
Von der Erde scheid‘ ich ab;
Denn mir ruft des Himmels Friede,
Denn mir ruft die süße Ruh‘
Von den Engeln droben zu.

Geht nun hin und grabt mein Grab!
Meinen Lauf hab‘ ich vollendet,
Lebe nun den Wanderstab
Hin, wo alles Ird’sche endet,
Lege selbst mich nun hinein
In das Bette sonder Pein.

Was soll ich hienieden noch
In dem dunkeln Thale machen?
Denn wie mächtig, stolz und hoch
Wir auch stellen unsre Sachen,
Muß es doch wie Sand vergehn,
Wenn die Winde drüber wehn.

Darum, Erde, fahre wohl,
Laß mich nun in Frieden scheiden!
Deine Hoffnung, ach, ist hohl,
Deine Freuden selber Leiden,
Deine Schönheit Unbestand,
Eitel Wahn und Trug und Tand.

Darum, letzte gute Nacht,
Sonn‘ und Mond und liebe Sterne!
Fahret wohl mit Eurer Pracht;
Denn ich reis‘ in weite Ferne,
Reise hin zu jenem Glanz,
Drinnen ihr verschwindet ganz.

Die ihr nun in Trauer geht,
Fahret wohl, ihr lieben Freunde!
Was von oben niederweht,
Tröstet ja des Herrn Gemeinde.
Weint nicht ob dem eiteln Schein!
Ew’ges kann nur droben sein.

Weinet nicht, daß ich nun will
Von der Welt den Abschied nehmen,
Daß ich aus dem Irrthum will
Aus den Schatten, aus den Schemen,
Aus dem Eiteln, aus dem Nichts
Hin ins Land des ew’gen Lichts!

Weinet nicht! mein süßes Heil,
Meinen Heiland hab‘ ich funden,
Und ich habe auch mein Theil
In den heil’gen Todeswunden,
Woraus einst sein theures Blut
Floß der ganzen Welt zu gut.

Weint nicht! mein Erlöser lebt;
Hoch vom finstern Erdenstaube
Hell empor die Hoffnung schwebt,
Und der Himmelsheld, der Glaube;
Und die ew’ge Liebe spricht:
Kind des Vaters, zittre nicht!

Evangelisches Gesangbuch der Bremischen Gemeinden
Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Albert, Heinrich – Herbstgedanken

Der rauhe Herbst kommt wieder,
Jetzt stimm‘ ich meine Lieder
In ihren Trauerton.
Die Sommerlust vergehet,
Nichts auf der Welt bestehet,
Der Mensch muß selbst davon.

Du Gott und Herr der Zeiten,
Willst, daß wir uns bereiten
Zu unsrer wahren Ruh‘;
Stets zeigst du dein Gemüthe,
Schickst uns aus milder Güte
Auch stumme Lehrer zu.

Ein Gräschen will uns sagen,
Ein Blatt uns vor will tragen,
Was unsre Pflicht soll sein:
Wir sollen Gott, dem Herren,
Stets Thür und Thor aufsperren,
Wann er kehrt bei uns ein.

Die Rose läßt sich brechen,
Wird niemals widersprechen
Des Gartenherren Hand;
Der Apfel, zu genießen,
Fällt selbst zu deinen Füßen,
Läßt willig seinen Stand.

Und du, Mensch, willst nicht ehren,
Dich deinem Gott ergeben?
Was ist Dein größter Ruhm?
Daß er dich hat erschaffen,
Geziert mit Glaubenswaffen,
Zu seinem Eigenthum.

Schickt er dann Kreuz und Schmerzen,
Nimmt, was uns kommt vom Herzen,
Er meint’s doch allzeit gut;
Und sind wir Gottes eigen,
So laßt uns stille schweigen
Zu Allem, was er thut.

Wer mag der Welt Getümmel
Erwählen für den Himmel?
Hilf, Christe, Gottes Sohn,
Daß wir uns stets gewöhnen,
Nach dir allein zu sehnen
Und deinem Gnadenthron!

Laß auch mein selig Ende
Sich nahen nur behende,
Die Welt ist mir Beschwer.
Was sie hat auserlesen,
Ist trüglich Thun und Wesen
Und sündenvolles Meer.

Hier schwimm‘ auch ich mit Sorgen:
Komm, so du willst, vor Morgen,
Bring mich an sichern Port,
Da mit der Engel Weisen
Ich ewig könne preisen
Dich, meinen Gnadenhort!

Müller – Bibliothek deutscher Dichter des siebzehnten Jahrhunderts

Albert, Heinrich – Bereitung zum Tode

Zum Sterben ich bereitet bin,
Mit Fried‘ und Freud‘ ich fahr‘ dahin,
Gen Himmel in mein Vaterland,
Zu dem, der meinen Bund verwandt!

Der du mein Bruder worden bist,
Nimm mich nun auf, Herr Jesu Christ,
Wie du dich in mein Fleisch verhüllt
und das Gesetz für mich erfüllt.

Du hast mich theu’r und hoch erkauft,
Auf dein Geheiß wurd‘ ich getauft;
Drum kann es auch nicht anders sein,
Herr Christ, ich bin und bleibe dein!

Wie, daß ihr Menschen dieser Zeit
Ob eurem Tod so furchtsam seid?
Ihr seht ihn so gar bitter an,
Daß nichts euch mehr erschrecken kann.

So oft man seines Namens denkt,
Wir euer Herz und Sinn gekränkt,
Und klopft er nur an eure Thür,
Der ganze Leib euch bebt dafür.

Wie übel sich ein Christ gleich stellt,
Wann er vom Tod‘ jetzt wird gefällt,
Liegt mit verkehrtem Angesicht,
So kommt’s doch von der Marter nicht:

Für Freudenzeichen nehmt es an,
Weil er sich jetzt nicht hemmen kann
Im Vorschmack seiner Seligkeit,
Die er erblicket allbereit.

Wohlan, mein Leid ist auch vollbracht,
Die Schuld bezahlt und gut gemacht,
Drum ich zum Tod‘ ganz willig bin,
Mit Fried‘ und Freud‘ ich fahr‘ dahin!

Müller – Bibliothek deutscher Dichter des siebzehnten Jahrhunderts