Gerhardt, Paul – Was trotzest du, stolzer Tyrann

  1. Was trotzest du, stolzer Tyrann,
    Daß deine verkehrte Gewalt
    Den Armen viel Schaden tun kann?
    Verkreuch dich und schweige nur bald!
    Denn Gottes, des Ewigen Güte
    Bleibt immer in völliger Blüte
    Und währet noch täglich und stehet,
    Ob alles gleich sonsten vergehet.
  2. Die Zunge, dein schädliches Glied,
    Du falscher verlogener Mund,
    Tut manchen gefährlichen Schnitt,
    Schlägt alles zu Schanden und wund:
    Was unrecht, das sprichst du mit Freuden,
    Was recht ist, das kannst du, die Lügen
    Muß Oberhand haben und siegen.
  3. Dein Dichten, dein Trachten, dein Tun
    Ist einzig auf Schaden bedacht;
    Da ist dir unmöglich zu ruhn,
    Du habest denn Böses verbracht;
    Dein Rachen sucht lauter Verderben,
    Und wenn nur viel Fromme ersterben
    Von deiner vergälleten Zungen,
    So meinst du, es sei dir gelungen.
  4. Drum wird dich auch Gottes Gericht
    Zerstörten, verheeren im Grimm;
    Die rechte, die alles zerbricht
    Mit Donner und blitzender Stimm,
    Die wird dich zugrunde schlagen
    Und wird dich mit schrecklichen Plagen
    Aus deinem bisherigen Bleiben
    Samt allen den Deinen vertreiben.
  5. Das werden mit Freuden und Lust
    Die Frommen, Gerechten ersehn,
    Die anderes bisher nicht gewußt,
    Als ob es nun gänzlich geschehn:
    Die werden mit Schrecken da stehen,
    Wenn jene zugrunde vergehen,
    Und endlich mit heiligem Lachen
    Sich wiederum lustig bei machen.
  6. Ei siehe! Wirds heißen, da liegt
    Der prächtige, mächtige Mann,
    Der stetig mit Erden vergnügt,
    Den Himmel beiseite getan;
    Vom Reichtum war immer sein Prangen,
    Und wann er die Unschuld gefangen,
    So hielt ers für treffliche Taten;
    Ei siehe, wie ists ihm geraten!
  7. Ich hoffe mit freudigem Geist
    Ein anderes und besseres Glück,
    Denn was mir mein Vater verheißt,
    Das bleibet doch nimmer zurück.
    Ich werde des Friedens genießen,
    Auch wird sich der Segen ergießen
    Und mich mit erwünschtem Gedeihen
    Samt allen den meinen erfreuen.
  8. Ich werde nach Weise des Baums,
    Der Öle trägt, grünen und blühn,
    Mich freuen des seligen Raums,
    Den ohne mein eignes Bemühn
    Mein Herrscher, Mein Helfer, mein Leben
    Mir selber zu eigen gegeben
    Im Hause, da täglich mit Loben
    Sein Name wird herrlich erhaben.
  9. Trotz sei dir, du trotzender Kot!
    Ich habe den Höchsten bei mir;
    Wo der ist, da hat es nicht Not,
    Und fürcht ich mich gar nicht vor dir.
    Du, mein Gott, kannst alles wohl machen,
    Dich setz ich zum Richter der Sachen,
    Und weißt es: Es wird sich mein Leiden
    Bald enden in Jauchzen und Freuden.

unbekannt – O Herr, ich ruff dein namen an

Wider die Türken

„Hundert und fünfftzehen guter newer Liedlein rc.“ Nürnberg 1544. Tenorstimmen, 23 1/2 Bogen in Quer-4°. Nro. 27, componirt von Lud. Senffl.

O Herr, ich ruff dein namen an,
dann mir sunst niemand helffen kan
in disen strengen zeyten.
Schaw, wie der Türck so grausam wüt!
daruor uns, lieber Herr, behüt
und hilff uns in bestreyten!
Wir seind sunst gantz und gar verlorn:
ob wir schon haben deinen zorn
schwerlich auff uns geladen,
So denck doch, das wir sein getaufft,
darzu mit Christi blut erkaufft,
dedshalb wölst uns begnaden.

Und eylents uns mit hilff erschein,
Herr, laß die sach dein eygen sein,
weil es dein heyligen glauben
Bei dem Christen Volck betrifft:
der feind, der allen jammer stifft,
wil uns des gar berauben.
Und sichst du zu solcher beschwer,
so wirdt bey uns dein Göttlich ehr
mit allem lob verschwinden:
Des traw ich dir im hertzen nit,
des halb ich dich durch Jhesum bitt,
wöllst uns des lasts entbinden!

Seyt nun der Türck so peinlich tobt,
und dich der todten keiner lobt,
die zu der hell absteygen,
So gstat nit, das er uns außreuth
und mach dein Christlich volck zur beuth,
wir können ye nicht schweygen:
Wir müssen dich hoch mit gedult
ermanen Christus groß unschuld,
die er für uns hat tragen,
Deshalb schrey ich umb trost zu dir,
hilff meinem volck, desgleichen mir,
ich weyß sunst niemand zklagen!

Sunst würdest du uns unbekandt,
der nam Jesus wirdt nit genant,
dann jn die Heyden hassen,
Auch wird der heylig Geist verspot,
sprechen: wo ist der Christen Got?
er hat sie gantz verlassen!
Dasselbig, lieber Herr, betracht
und hilff uns mit all deiner macht
dein ehr und lob erhalten,
Und bleyb bey uns, bed, tag und nacht,
so wirdt der Türck und all sein bracht
von dir uns nymmer spalten!

Selneccer, Nikolaus – Bei Gott ist Hilf in aller Not

Bei Gott ist Hilf in aller Not,
all Seligkeit find’st du bei Gott.
Wer auf ihn hofft und bei ihm steht,
wem hat’s gefehlt? es ihm wohl geht.

2. Es sei an Seel, es sei an Gut,
es sei am Leib, er allzeit Hut,
er stetig Schutz und Schirm hier hat,
ihn kann bestürzen keine Not.

3. Sein Glaub, sein Amt und B’ruf bleibt wohl,
ob gleich die Welt zerbersten soll.
Sein Leben ist allzeit in Gott,
laß wüten Teufel, Welt und Tod.

4. Beim Herren find’t man Hilf und Macht,
ob gleich die Welt dasselb nicht acht’t.
Gott sei gelobt in Ewigkeit,
laß fahren alles Herzeleid.

5. Der Feind soll ja dir schaden nicht,
ob er gleich heut und morgen ficht.
Rufe Gott an, laß dir’s ernst sein,
er hilft dir, er erquickt dich fein.

6. Laß walten ihn, er’s machen kann,
dir soll nicht schaden einig Mann.
Auf Gott trau stets und auf sein Wort,
so bist du selig hie und dort.

Selneccer, Nikolaus – Sei du Richter, o Herre Gott

1. Sei du Richter, o Herre Gott,
führ du mein’ Sach’ in aller Not.
Dem rechten Teil steh allzeit bei,
mein Gott und mein Erretter sei.

2. Von bösen Leuten leite mich,
mit falscher Zung’ sie schmähen dich.
Du bist allein mein’ Stärk’ und Trost,
daß du mich allzeit hast erlöst.

3. Warum willst jetzt verstoßen mich,
da ich doch wahrlich trau auf dich?
Warum läßt mich so traurig sein,
von meinen Feinden leiden Pein?

4. Ach Herr, send mir dein Licht und Wort,
welch’s ist mein’s Herzens Trost und Hort.
Laß mich in deiner Wahrheit gehn,
so will ich allzeit wohl bestehn.

5. Auf deinem Berg, bei deinem Thron,
bei dei’m Altar, in Freud’ und Wonn’,
der du mein’s Herzens Leben bist,
will wohnen ich, ohn’ alle List.

6. Ich will dir danken, Herr mein Gott,
der du mich führst aus aller Not,
und tröstest mich in allem Leid,
gibst meinem Herzen Lebens Freud.

7. Mein’ Seel’, was bist du zaghaft sehr?
ich bringe dir ja gute Mär.
Sei guter Ding, und harr auf Gott,
sei unverzagt, es ist kein Spott.

8. Du wirst sehen sein Hilfe groß,
wirst ihm danken ohn’ alle Maß.
Amen, solch’s g’scheh den Frommen all,
so Gott preisen mit großem Schall.

Spangenberg, Johannes – Ach Herre Gott vom Himmelreich

Der 90. Psalm

Ach Herre Gott vom Himmelreich,
Wie kurz ist unser Leben!
Der bittre Tod uns all zugleich
Mit Schmerzen hat umgeben!
Du bist der Herr, der Himmel und Erd
Aus nichte hat geschaffen,
Auf dich so woll’n wir hoffen.
Du bist, Herr Gott, unsre Zuflucht,
Fels, Burg und Schloß, Schild, Heil und Schutz.
Auf dich wir ganz vertrauen!
Wenn wir dich han auf dieser Bahn,
Vor wem sollt uns noch grauen?

Du läßt’st durch’s Wort allhie und dort
Der Menschen Kinder sterben,
Und sprichst: Kinder, kommt wieder her!
Das Leben sollt ihr erben!
Denn tausend Jahr sind vor dir zwar
Wie gestern ist vergangen!
Wir dürfen nicht groß prangen,
Sind wie ein Schlaf und ein Nachtwach,
Wie Wasserstrom gehn wir davon,
Wir sind gar bald verirret,
Gleich wie das Heu auf grüner Au
Bald welk wird und verdorret.

Das macht dein Grimm und großer Zorn,
Daß wir sobald verderben!
In Sünden sind wir all gebor’n,
Deß müss’n wir plötzlich sterben.
Die Erbsünd uns den Schaden bringt,
Damit den Tod verdienet,
Wiewohl sie ist versühnet,
Schwebt stets für Dich im hellen Licht:
Darum mit Klag wir unser Tag
Gleich wie ein G’schwätz zubringen,
Vor unserm Ziel der Krankheit viel
Mit Haufen auf uns dringen.

Denn das ist wahr: siebenzig JAhr,
So lang währt unser Leben,
Es kommt auch wohl, daß achtzig voll
Den Menschen wird gegeben.
Ein solche Zeit wir rühmen weit
Und können doch nicht g’nesen:
Wenn’s köstlich ist gewesen,
So ist es Müh beid spät und früh,
Es fährt dahin schnell wie der Wind,
Als flögen wir von hinnen.
Wer aber glaubt’s, daß du so zörnst
Und fürcht‘ sich vor dei’m Grimme?

Lehr uns, Herr Gott, in uns’rer Noth,
Daß wir hie müssen sterben!
Tröst uns mit Fug, mach weis und klug,
Daß wir nicht gar verderben!
Kehr Dich zu uns, gib Huld und Gunst,
Sei gnädig deinen Knechten
Und lehr uns deine Rechte!
Behüt uns, Gott, beid, früh und spat,
Mit deiner Gnad vor allem Schad,
So woll’n wir fröhlich rühmen
All unser Tag! wende unsre Plag
Und laß uns zu dir kommen!

Erfreu uns nun, nachdem uns du
So lange hast geplaget!
Erzeig uns Gnad nach deinem Rath,
Tröst uns in unsrer Klage“
Thue auf, Herr mein, den Gnaden schrein,
Erfreu dein treue Knechte,
Das ganz menschlich Geschlechte!
Zeig ihn‘ dein Werk, Hülf, Trost und Stärk,
Dem nächsten Schatz gib Raum und Platz,
Mit unserm Feind zu fechten
Und zeig dein Ehr ihren Kindern
Und bring sie wohl zu rechte!

O Tröster gut in aller Noth,
Sei freundlich uns viel Armen!
All unser Thun du fürder schon
Und laß dich das erbarmen:
Des Teufels List zu aller Frist
In uns sein Werk thut treiben!
Hilf. daß wir mögen bleiben
Bei dir allein! dein Wort halt rein
Im Predigtamt, weltlichen Stand
Darzu im ehelichen Leben!
Nach dieser Zeit in Ewigkeit
Wollst uns den Himmel geben!

Heyden, Sebald – Der 91. Psalm Davids (Wer in dem Schutz des Höchsten ist)

1544

Wer in dem Schutz des Höchsten ist
Und sich Gott thut ergeben,
Der spricht: du, Herr, mein Zuflucht bist,
Mein Gott, Hoffnung und Leben,
Der du ja wirst erretten mich
Vons Teufels Stricken gnädiglich
Und von der Pestilenze.

Mit seinen Flügeln deckt er dich,
Auf ihn sollt du vertrauen,
Sein Wahrheit schutzt dich gwaltiglich,
Daß dich bei Nacht kein Grauen
Noch Betrügniß erschrecken mag,
Auch kein Pfeil, der da fleugt bei Tag,
Weil dir sein Wort thut leuchten.

Kein Pestilenz dir schaden kann,
Die in der Finstern schleichet,
Kein Seuch noch Krankheit rührt dich an,
Die im Mittag umbstreichet.
Ob tausend stürben dir bei Seit
Und zehen tausend anderweit,
Soll es doch dich nicht treffen.

Ja du wirst auch noch Lust und Freud
Mit deinen Augen sehen
An der Gottlosen Herzen Leid,
Wenn Vergeltung wird gschehen,
Weil der Herr ist dein Zuversicht
Und dir der Höchst sein Schutz verspricht,
Drumb daß du ihm vertrauest.

Kein Uebels wird begegnen dir,
Kein Plag dein Haus wird rühren.
Denn er sein Engeln für und für
Befiehlet dich zu führen
Und zu behüten vor Unfall,
Auf Händen tragen überall,
Daß kein Stein dein Fuß letze.

Auf Löwen und Ottern wirst du gehen,
Und treten auf die Drachen,
Auf jungen Löwen wirst du stehen,
Ihr Zähn und Gift verlachen.
Dann dir der keines schaden kann.
Kein Seuch kommt den vom andern an,
Der auf Gott thut vertrauen.

Er begehrt mein aus Herzen Grund
Und hofft auf meine Güte.
Drumb helf ich ihm zu aller Stund,
Ich will ihn wol behüten;
Ich will azeit sein Helfer sein,
Drumb daß er kennt den Namen mein.
Deß soll er sich ja trösten.

Er ruft mich an als seinen Gott,
Drumb will ich ihn erhören;
Ich stehe bei ihm in aller Noth,
Ich will ihn Hilf gewähren.
Zu Ehren ich ihn brignen will,
Langs Leben ihm auch geben will;
Mein Heil will ich ihm zeigen.

Ehr sei dem Vater und dem Sohn
Und dem heiligen Geiste,
Als er im anfang war und nun,
Der uns sein Gnade leiste,
Daß wir wandeln in seiner Pfad,
Daß uns der arge Feind nicht schad.
Wer das begehr, sprech Amen.

Mützell – Geistliche Lieder der evangelischen Kirche aus dem sechszehnten Jahrhundert

Gerhardt, Paul – Wer unterm Schirm des Höchsten sitzt

1. Wer unterm Schirm des Höchsten sitzt,
Der ist sehr wohl bedecket,
Wenn alles donnert, kracht und blitzt,
Bleibt sein Herz ungeschrecket;
Er spricht zum Herrn: Du bist mein Licht,
Mein Hoffnung, meine Zuversicht,
Mein Turm und starke Feste,
Du rettest mich vons Jagers Strick
Und treibst des Todes Netz zurück
Und schützest mich aufs beste.

2. Frisch auf, mein Herz! Gott stärket dich
Mit Kraft auf allen Seiten;
Schau her, wie seine Flügel sich
Ganz über dich ausbreiten!
Sein Schirm umfängt und deckt dich gar,
Sein Schild fängt auf, was hie und dar
Von Pfeilen fleugt und tobet:
Der Schild ist Gottes wahres Wort,
Der Schirm ist, was der stocke Hort
Versprochen und gelobet.

3. Wenn dich die schwarze Nacht umgibt,
Kannst du fein sicher schlafen,
Des Tages bleibst du unbetrübt
Von deines Feindes Waffen.
Die Peste, die im Finstern schleicht,
Und des Mittages umherkreucht,
Wird von dir obgeführet;
Und wenn gleich tausend fallen hier,
Und zehentausend hart bei dir,
Bleibst du doch unberühret.

4. Hingegen wirst du Lust und Freud
An deinen Feinden sehen,
Wenn Ihnen alles Herzeleid
Vom Höchsten wird geschehen;
Wer Gott verläßt, wird wiederum
Verlassen und mit großem Grimm
Zu seiner Zeit geschlagen;
Du aber, der du bleibst bei Gott,
Findst Gnad und darfst in keiner Not
Ohn Hilf und Trost vertagen.

5. Kein Übels wird zu deiner Hütt
Eingehn und dir begegnen,
Gott wird all deine Tritt und Schritt
Auf deinen Wegen segnen:
Denn er hat seiner Engelschar
Befohlen, daß sie vor Gefahr
Dich ganz genau bewahren,
Daß dein Fuß möge sicher sein
Und nicht vielleicht an einen Stein
Zu deinem Schaden fahren.

6. Du wirst auf wilden Leuen stehn
Und treten auf die Drachen;
Du wirst ihr Gift und scharfe Zähn
In deinem Sinn verlachen.
Das machts, daß Gott will bei dir sein,
Der spricht: Mein Knecht begehret mein,
So will ich ihm beispringen:
Er kennet meines Names Zier,
Drum will ich ihm auch nach Begier
Mein Hilf und Rettung bringen.

7. Er ruft mich an, so will ich ihn
Ganz gnädig erhören;
Wenn sein Feind auf ihn aus will ziehn,
So will ich stehn und wehren.
Ich will reißen aus dem Tod
Und noch erlittner Angst und Not
Mit großer Ehr ergetzen;
Ich will ihn machen Lebens satt
Und, wenn er gnug gelebet hat,
Ins ewge Heil versetzen.