Zinzendorf, Nikolaus von – Von der Mäßigkeit und Gelassenheit.

Ruhe ist das beste Gut:
Unruh schwächet unser Leben.
Dämpfe das erhitzte Blut,
Oder du wirst preisgegeben.
Lerne leiden, eh‘ du musst,
Prange nicht mit falscher Lust!

Höre Jesum, wenn Er spricht:
„Es verleugne sich ein Jeder!
Kreuz ist ohne Mühe nicht;
Komm denn her zu Mir, du Müder!
Bist du selbst nicht von Bestand,
Eile! hier ist Meine Hand!

Raste unter Meiner Last,
Trage Meine leichten Bürden,
Und wenn du getragen hast,
Schlafe unter Meinen Hürden;
Von der Welt erwartest du
Ohne Grund die wahre Ruh‘:

Niemand, der die Dornen scheut,
Geht in Meine Rosenbüsche;
Reichlich aber wird erfreut
Droben an der Väter Tische
Nach dem ausgestand’nen Schmerz
Ein Mir überlass’nes Herz!“

Gottfried Arnold – Sieg der Gelassenheit.

Ach triumphiere nicht vor’m Siege!
Wo willst du flieh’n, o Seele, hin,
Da frei vom Feind und sicher liege
Dein hart verwirrter Eigensinn?
Suchst du nach Ruh‘ in äußern Dingen:
Ach, glaub‘ es, du erlangst sie nicht!
Wirst du nicht nach dem Innern ringen,
So bleibst du ferne von dem Licht.

Lass dein Verlangen weislich hangen
An jener wahren Einsamkeit,
Die, wenn du aus dir selbst gegangen,
Dich erst von seinem Selbst befreit!
Die Eigensucht muss dich verlassen,
Die Lichtsgedanken müssen dich
In Kraft des Geistes recht erfassen,
Dann geht es recht und seliglich,

Drum bleib‘ nur im Gehorsam stehen!
Vom Posten weicht kein Kriegesmann,
Wenn ihm sein Feldherr ihn ersehen;
Er setzet Blut und Leben dran.
Der Glaube kennt nicht Eigenwillen,
Er sucht sich seinen Weg nicht aus,
Dass Gottes Rat er mög‘ erfüllen
Und kommen aus dem Streit heraus.

Du bist bir selbst die größte Plage,
Trägst deine Strafe selbst in dir;
Begehre keine süßen Tage,
Wenn du willst Ruh‘ genießen hier!
Wer sich auf Traumeslust will legen,
Wird immer mehr nur missvergnügt;
Lass dich die Liebe Christi pflegen,
Die alles Wissen überwiegt!

Lern‘ freu’n dich auf die stille Kammer
Des Grabes, da du wohnen wirst,
Dass dorthin einst aus allem Jammer
Hinführe dich dein Friedefürst!
Hier zeitlich eine Stätte haben,
Das reichet für den Geist nicht hin;
Und drüben kann sich auch nichts laben,
Wenn mit dir zieht dein Eigensinn.

Du kannst nicht in dem Weltgetümmel
Im Geist den Vater beten an.
Wen Er gerufen zu dem Himmel,
Der rechne nicht auf breite Bahn!
Er will durch Welthass hier dich üben,
Dass unter dessen Drängersjoch
Du recht den Himmel lernest üben,
Und sich dein Düstren stille noch.

Dort ist ein Vaterland zu hoffen;
Gott gibt schon dessen Vorschmack hier!
Dies Ziel hat Keiner je getroffen,
Der hier nicht kämpfet nach Gebühr.
Ein Christ nährt sich mit ew’gen Dingen,
Die süß, und doch unsichtbar sind,
Und Christus lässt es ihm gelingen. –
O werd‘ in Einfalt Gottes Kind!

Zinzendorf, Nikolaus von – Stille und Gelassenheit des Herzens.

O anbetungswürd’ges Wesen,
Allen Kranken zum Genesen,
Aller Angst zum Trost erlesen:
Meine Augen seh’n auf Dich!

HErr der himmlischen Naturen,
HErr der menschlichen Naturen,
HErr von allen Kreaturen,
Aber auch mein lieber HErr:

Deine Hand ist immer rege,
Aber Deine Stundenschläge
Richten sich doch allewege
Nach dem vorbestimmten Nu.

Ohne Deine Huld zu spüren,
Ohne Deines Geistes Rühren
Kann sich Niemand selig führen;
Ohne Dich gelinget Nichts.

Darum lehr‘ uns stille werden
In den Sinnen und Gebärden!
Dies erspart auf Meer und Erden
Uns viel tausend Sorg‘ und Not.

Haben wir uns Dir verpfändet,
Und nicht von Dir abgewendet,
So wird Alles wohl vollendet,
Früher, später, das ist gleich!

(2. Febr. 1729.)

Franck, Salomo – Mein Jesu, wahre Ruh der Frommen.

Mel. Wer nur den lieben Gott.
Gedruckt 1711

Mein Jesu, wahre Ruh der Frommen,
Ach, hilf durch deine große Treu,
Daß ich mir selber ganz genommen,
Daß ich dir ganz gelassen sei!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Herr Jesu, senke meinen Willen
In deinen Willen jederzeit!
Laß mich nichts denken, nichts erfüllen,
Als was dein Wille mir gebeut!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Hilf, daß ich dir alleine lebe,
Mir aber ganz verstorben sei,
Daß ich mich dir ganz übergebe,
Und bis in Tod dir bleibe treu!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

So schwelge dann in Liebesflammen,
Du höchstes Licht, du süße Gluth,
Dein und mein Herze ganz zusammen
Und gib dich mir, du höchstes Gut
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Mein Herz ist von mir ausgegangen,
Und du mein Heiland ein zu mir!
Laß es an deinem Herzen hangen,
So hab ich schon den Himmel hier!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Schauer – Salomo Francks geistliche Lieder