Francke, August Hermann – Kommst Du nicht auch zu mir

Kommst du nicht auch zu mir?
Im Morgensonnenglanz strahlt rings die Au;
das kleinste Blümlein selbst erhielt von dir,
den Durst zu löschen, einen Tropfen Tau –
und du kämst nicht zu mir?

Kommst du nicht auch zu mir?
Du bist es, der die Welt mit Wonne speist,
das Gras des Feldes und des Walds Getier,
daß dich der Chor der Schöpfung preist –
und du kämst nicht zu mir?

Kommst du nicht auch zu mir?
So kann kein Hirsch nach frischem Wasser schrein,
kein Halm so dürsten wie dein Kind nach dir;
nach deinem Leben schmachtet mein Gebein –
und du kämst nicht zu mir?

Kommst du nicht auch zu mir?
Die Sonne, die im Osten golden steigt,
bringt frohe Botschaft mir, mein Gott, von dir;
der Nebel flieht, und all mein Zagen weicht –
gewiß, du kommst zu mir!

Weitere Texte des Autors in der Glaubensstimme

Fischer, Ludwig Eberhard – Herr Jesu, der du selbst von Gott als Lehrer kommen

1. Herr Jesu, der du selbst von Gott als Lehrer kommen
und, was du aus dem Schoß des Vaters hast genommen,
den rechten Weg zu Gott mit Wort und Werk gelehrt,
sei für dein Predigtamt gelobt von deiner Herd!

2. Du bist zwar in die Höh`zum Vater aufgefahren,
doch gibst du noch der Welt dein Wort mit großen Scharen
und baust durch diesen Dienst die Kirche, deinen Leib,
daß er im Glauben wachs`und fest ans Ende bleib.

3. Hab Dank für dieses Amt, durch das man dich selbst höret,
das uns den Weg zu Gott und die Versöhnung lehret,
durch`s Evangelium ein Häuflein in der Welt
berufet, sammelt, stärkt, lehrt, tröstet und erhält.

4. Erhalt uns diesen Dienst bis an das End der Erden,
und weil die Ernte groß, groß Arbeit und Beschwerden,
send selbst Arbeiter aus und mach sie klug und treu,
daß Feld und Sämann gut, die Ernte reichlich sei!

5. Die du durch deinen Ruf der Kirche hast gegeben,
erhalt bei reiner Lehr`und einem heilgen Leben!
Leg deinen Geist ins Herz, das Wort in ihren Mund!
Was jeder reden sollt, das gib du ihm zur Stund!

6. Ach segne all dein Wort mit Kraft an unsern Seelen!
Laß deinen Schäflein nie an guter Weid es fehlen;
such das Verirrte selbst, bind das Verwundte zu,
das Schlafende weck auf, das Müde bring zur Ruh!

7. Bewahr vor Ketzerei, vor Menschenlehr und Dünkel!
Lehr uns nach deiner Art im Tempel, nicht im Winkel!
Behüt vor Ärgernis, vor Spaltung, die uns trennt;
erhalte rein und ganz dein Wort und Sakrament!

8. Bring, was noch draußen ist, zu deiner kleinen Herde!
Was drinnen ist, erhalt, daß es gestärket werde!
Dring durch mit deinem Wort, bis einstens Hirt und Herd`
im Glauben, HERR, an dich zusammen selig werd`!

Zwickauer Gesangbuch, 1930

Franck, Salomo – Abschied an die Welt.

Mel. Gott des Himmels und der Erden.
Gedruckt 1685

Schnöde Welt, jetzt will ich scheiden,
Weil der Himmel mir beliebt;
Ich verlange dort zu weiden,
Wo kein Leiden mich betrübt.
Ich verlache deine Pracht;
Schnöde Welt, zu guter Nacht!

Schnöde Welt, dein Glanz erbleichet,
Deiner Ehren Thron zerfällt;
Alles stirbet und entweichet,
Was der Mensch für herrlich hält.
Ich verlache deine Pracht;
Schnöde Welt, zu guter Nacht!

Schnöde Welt, wie kannst du quälen!
Deine Lust ist Last und Pein,
Und ein süßes Gift der Seelen,
Deine Zier ist falscher Schein.
Ich verlache deine Pracht;
Schnöde Welt, zu guter Nacht!

Schnöde Welt, du mußt verschwinden;
Deine Pracht ist Eitelkeit;
In dem Himmel kann ich finden
Pracht und Lust und Sicherheit.
Ich verlache deine Pracht;
Schnöde Welt, zu guter Nacht!

Schnöde Welt, jetzt will ich scheiden;
Denn der Tod ist mein Gewinn;
Dort genieß ich wahrer Freuden:
Schnöde Welt, fahr‘ immer hin!
Weg mit Lust und Macht und Pracht!
Schnöde Welt, zu guter Nacht!

Schauer – Salomo Francks geistliche Lieder

Dachstein, Wolfgang – Der neünde Psalm.

DEr törecht spricht: es ist kain got,
inn seinem gmüt und leben;
Sie sind verderbt in schandt und spot,
nach guttem sie nit streben.
Der Herr lugt auff der menschen kindt,
ob yemant Got sucht und verstund:
da warens all ab gefallen,
Gantz unnütz unnd voll arges muts,
jr kainer würckt etwas guts,
nit einer bey jn allen.

Jr ubelteter alle gmain,
wenn wölt jr euch bekeren?
Die mein volck fressen biß auffs bain,
gleich wie das prot verzeren.
Sie hand got nit gerüffet an,
in grosser forcht sie allweg stan
in jrem argen rechte,
Das stecket vol der bösen list,
macht sündt, da keine sünde ist:
Got ist im frummen geschlechte.

Des armen rath hand jr verletzt,
sein warnen unnd sein leren,
Darumb er hoffnung hat gesetzt
allain in Got den herren.
Wer gibt erlösung unser seel?
das hayl auß Sion Israel,
wann Got wirdt wider bringen,
Das er sein volck auß gefencknüß fürt,
sich Israel erfrewen wirdt
und Jacob sich entspringen.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Dachstein, Wolfgang – Psalm CXXXVII

1531 Wackern. K. L. 262 Form und ordnung. 1533

AN wasserflüssen Babilon
da sassen wir mit schmertzen,
Als wir gedachten an Zyon,
da waynten wir von hertzen;
Wir hengten auff mit schwärem mut
die Orglen und die harpfen gut
an jre böm der weyden,
die drinnen seind in jrem land;
da mußten wir vil schmach und schand
täglich von jnen leyden.

Die uns gefangen hielten lang
so hart an selben orten,
Begerten von uns ain gesang
mit gar spötlichen worten,
Und suchten in der traurigkait
ain frölich gsang in unserm layd;
Ach lieber, thund unns singen
ain lobgesang, ain liedlin schon
von den gedichten auß Zion;
das förlich thut erklingen!

Wie sollen wir in solchem zwang
und ellend yetz vor handen
Dem Herren singen sein gesang
so gar in frembden landen?
Hierusalem, vergiß ich dein,
so wölle Gott der ghrechen mein
vergessen in meim leben;
Wann ich nitt dein bleyb ingedenck,
mein zung sich oben ane henck
und bleyb an rachen kleben.

Ja wann ich nit mit gantzem fleyß,
Hierusalem, dich eere,
Im anfang meiner fröden preyß
von yetz und ymmer mere!
Gedenck der kinder Edom sehr
am tag Hierusalem, O Herr,
die inn jr boßhait sprechen:
Reyß ab, reyß ab, zu aller stund!
vertilck sy gar biß auff den grund,
den boden wöll wir brechen!

Du schnöde tochter Babilon,
zerbrochen und zerstöret!
Wol dem, der dir wirt gen den lon
und dir das wider köret,
Dein übermut und schlackhait groß,
und mißt dir auch mit solcher maß,
wie du uns hast gemessen!
Wol dem der deine kinder klain
erfaßt und schlecht sy an den stain,
damit dein werd vergessen!

Gödeke, Karl – Elf Bücher deutscher Dichtung

Dachstein, Wolfgang – Der XV. Psalm. Domine quis

(Das Gros Kirchen Gesangbuoch, Strasburg M.D.LX. Fol. S. lvii. Mit Angabe des Namens.)

O Herr, wer wirt wonunge hon
in deinen zelten kluge,
Auff deinem heilgen berge schon
da ewig han sein ruge?
Der unbefleckten wandel treit
und wircket die gerechtigkeit
warhafftig in seim hertzen.

Und der kein falsche zunge hat,
sein nechsten zu betriegen,
Nachred und schmach er nit gestat
die menschen mit verliegen,
Den schalck hat er für nicht geacht,
die frommen hat er gross gemacht,
die Gott den Herren förchten.

Wer seinem nechsten trewe leist,
mit gferd nicht thut verfüren,
Kein wucher er nit von ihm heischt,
lasst jm die händ nit schmieren:
Wer dise ding recht halten thut,
der bleibt ewig in sichrer hut,
mit Gott wirt er regnieren.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Tech, Nikolaus – O Lamm Gottes, unschuldig

O Lamm Gottes, unschuldig
Am Stamm des Kreuzes geschlachtet,
Allzeit funden geduldig,
Wiewohl du warest verachtet;
All Sünd hast du getragen,
Sonst müßten wir verzagen.
Erbarm dich unser, o Jesu.

2. O Lamm Gottes im Staube,
Mit Blut und Thränen bedecket,
Dein tröste sich mein Glaube,
Wenn Tod und Sünde mich schrecket,
Dein Ringen, Seufzen, Klagen,
Dein Todeskampf, dein Zagen
Sei meine Ruhe, Herr Jesu.

3. O Lamm Gottes, unschuldig
Trugst du die herbe Verhöhnung
Und immer so geduldig
Zu meiner Sünde Versöhnung.
Dein Bild schreck mich von Sünden,
Dein Bild soll mich verbinden
Zu ewger Liebe, Herr Jesu.

4. Von Herzen wir dir danken,
Daß du so große Treue
Gethan hast an uns Kranken.
Gieb uns ein selge Reue,
Daß wir die Sünde meiden
Zu Ehren deiner Leiden.
Erbarm dich unser, o Jesu.

5. Stärk in uns das Vertrauen
Durch dein Blut, Tod und Wunden,
Laß uns darauf fest bauen
In unsrer letzten Stunden,
Und hilf uns selig sterben,
Daß wir den Himmel erben.
Gieb uns dein Frieden, o Jesu.

Tech, Nikolaus – Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr (Niederdeutsch).

1526

Alleyne Godt yn der hoege sy eere
Und danck vor syne gnade,
Darumme dat nu und vort nicht meer
Uns roeren mach eyn1) schade.
Eyn wolgevallent Godt an uns hath;
Nu is groth vrede aen underlaeth,
Alle veyde nu hefft ein ende.

Wy laven, prysen, anbeden dy,
Vor dyne ere wy dy dancken,
Dath du, Godt vader, ewichlyck
Regerest aen alle wancken.
Gantz ungemeten ist dyne macht,
Vort geschuth, wat dyn wylle hefft gedacht.
Wol uns des fynen heren.

O Jesu Christ, sone eyngebaren
Dynes hemmelschen vaders,
Vorsöner der, de weren vorlaren,
Du styller unses haders,
Lam Gades, hillige here und groeth2),
Nym an de bede van unser noeth,
Vorbarme dy unser. Amen.

O hillige geist, du groeteste guth,
Du alder heilsammeste troister,
Vor duvels gewalt vortan behuth,
De JEsus Christus vorloesede
Dorch grote marter und bitteren doth;
Affwende alle unsen iamer und noeth;
Dar tho wy uns vorlaten.

Mützell – Geistliche Lieder der evangelischen Kirche aus dem sechszehnten Jahrhundert
—-

1) 1534: nen
2) 1534: vnde Gott

Tech, Nikolaus – Das Sanctus (Hochdeutsch)

Aus dem Vollständigen GB. D. Mart. Luth. D. Phil. Nic. Barth. Ringwalts, vund anderer geistreicher Männer u.s.w. Lüneburg. Gedruckt und verlegt, bey Johann und Heinrich Stern, Anno M.DCXLVIII. Das Lied findet sich noch nicht in dem großen Lüneburger GB. von 1623, hat sich aber in den späteren Lüneburger GBb. lange erhalten. Sonst scheint es nur eine geringe Verbreitung gehabt zu haben. Nach Wetzel Liederhistorie IV ist es 1728 noch zu Meiningen und Römhild in der Adventszeit gesungen worden.

Heilig ist Gott der Vater,
Heilig ist Gott der Sohne,
Beider Geist, treuer Rather,
Heilig ist, rein und schone,
Ein einiger Wolthäter
Unser und unser Väter;
Mit Fleiß er uns versorget.

Starker Fürst, mächtiger Herre
Ueber Zebaoth, alle
Sünd, Teufel, Tod und Helle
Vor ihm ganz müssen fallen.
Darumb Himmel und Erden
Voll seiner Ehren werden
Und schreien Hosianna.

Christo sei allzeit Preise,
Der kam in Gottes Namen
Mit wünderlicher Weise,
Unser Feind allzusammen
Mächtig hat überwunden
Und sein Reich eingenommen.
Nun rufet Hosianna.

Mützell – Geistliche Lieder der evangelischen Kirche aus dem sechszehnten Jahrhundert

Tech, Nikolaus – Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr

Allein Gott in der Höh sei Ehr
und Dank für seine Gnade,
darum, daß nun und nimmermehr
uns rühren kann kein Schade;
ein Wohlgefalln Gott an uns hat,
nun ist groß Fried ohn Unterlaß,
all Fehd hat nun ein Ende.

Wir loben, preisn, anbeten dich;
für deine Ehr wir danken,
daß du, Gott Vater, ewiglich
regierst ohn alles Wanken.
Ganz ungemessn ist deine Macht,
fort gschieht, was dein Will hat bedacht.
Wohl uns des feinen Herren.

O Jesu Christ, Sohn eingeborn
deines himmlischen Vaters,
Versöhner der’r, die warn verlorn,
du Stiller unsers Haders;
Lamm Gottes, heilger Herr und Gott,
nimm an die Bitt von unsrer Not,
erbarm dich unser aller!

O heilger Geist, du höchstes Gut,
du allrheilsamster Tröster,
vors Teufels Gwalt fortan behüt,
die Jesus Christ erlöset
durch große Mart’r und bittern Tod;
abwend all unsern Jammr und Not,
darauf wir uns verlassen.