Dachstein, Wolfgang – Psalm CXXXVII

1531 Wackern. K. L. 262 Form und ordnung. 1533

AN wasserflüssen Babilon
da sassen wir mit schmertzen,
Als wir gedachten an Zyon,
da waynten wir von hertzen;
Wir hengten auff mit schwärem mut
die Orglen und die harpfen gut
an jre böm der weyden,
die drinnen seind in jrem land;
da mußten wir vil schmach und schand
täglich von jnen leyden.

Die uns gefangen hielten lang
so hart an selben orten,
Begerten von uns ain gesang
mit gar spötlichen worten,
Und suchten in der traurigkait
ain frölich gsang in unserm layd;
Ach lieber, thund unns singen
ain lobgesang, ain liedlin schon
von den gedichten auß Zion;
das förlich thut erklingen!

Wie sollen wir in solchem zwang
und ellend yetz vor handen
Dem Herren singen sein gesang
so gar in frembden landen?
Hierusalem, vergiß ich dein,
so wölle Gott der ghrechen mein
vergessen in meim leben;
Wann ich nitt dein bleyb ingedenck,
mein zung sich oben ane henck
und bleyb an rachen kleben.

Ja wann ich nit mit gantzem fleyß,
Hierusalem, dich eere,
Im anfang meiner fröden preyß
von yetz und ymmer mere!
Gedenck der kinder Edom sehr
am tag Hierusalem, O Herr,
die inn jr boßhait sprechen:
Reyß ab, reyß ab, zu aller stund!
vertilck sy gar biß auff den grund,
den boden wöll wir brechen!

Du schnöde tochter Babilon,
zerbrochen und zerstöret!
Wol dem, der dir wirt gen den lon
und dir das wider köret,
Dein übermut und schlackhait groß,
und mißt dir auch mit solcher maß,
wie du uns hast gemessen!
Wol dem der deine kinder klain
erfaßt und schlecht sy an den stain,
damit dein werd vergessen!

Gödeke, Karl – Elf Bücher deutscher Dichtung

Schreibe einen Kommentar