So führst Du doch recht selig, Herr, die Deinen,
Ja, selig, und doch meist verwunderlich!
Wie könntest Du es böse mit uns meinen,
Da deine Treu‘ nicht kann verleugnen sich?
Die Wege sind oft krumm, und doch gerad,
Darauf Du lässt die Kinder zu Dir geh’n;
Da pflegt’s oft wunderseltsam auszuseh’n,
Doch triumphiert zuletzt dein hoher Rat.
Du willst dein Wert nicht auf Gesetze bauen,
So die Vernunft und gute Meinung stellt.
Du kannst den Knoten mit dem Schwert zerhauen,
Und sanft auflösen, wie es Dir gefällt.
Du reißest wohl die stärksten Band‘ entzwei;
Was sich entgegensetzt muss sinken ein:
Ein Wort bricht oft den allerhärtsten Sinn,
Dann geht dein Fuß auch durch Umwege frei.
Was unsre Klugheit will zusammenfügen,
Teilt dein Verstand in Ost und Westen aus;
Was mancher unter Joch und last will biegen,
Setzt deine Hand frei an der Sterne Haus.
Die Welt zerreißt, und Du verknüpfst in Kraft;
Sie bricht, Du baust; sie baut, Du reißest ein;
Ihr Glanz muss Dir ein dunkler Schatten sein;
Dein Geist bei Toten Kraft und Leben schafft.
Wen die Vernunft oft fromm und selig preiset,
Den hast Du schon aus deinem Buch getan;
Und wem die Welt dies Zeugnis nicht erweiset,
Den führst Du in der Still‘ doch himmelan.
Den Tisch der Pharisäer läss’st Du steh’n,
Und speisest mit den Sündern, sprichst sie frei;
Wer weiß, was öfters deine Absicht sei?
Wer kann der tiefsten Weisheit Abgrund seh’n?
Was Alles ist, gilt nichts in deinen Augen,
Was Nichts ist, hast Du, großer Gott, recht lieb;
Der Worte Pracht und Ruhm mag Dir nicht taugen,
Du gibst die Kraft durch deines Geistes Trieb.
Die besten Werke bringen Dir kein Lob:
Sie sind versteckt, der Blinde geht vorbei,
Wer Augen hat, sieht sie, doch nie so frei;
Die Sachen sind zu klar, der Sinn zu grob.
O Herrscher! sei von uns gebenedeiet,
Der Du uns tötest und lebendig machst!
Wenn uns dein Wort der Weisheit Schatz verleihet,
So seh’n wir erst, wie wohl Du für uns wachst!
Die Weisheit spielt mit uns, wir spielen mit;
Bei uns zu wohnen, ist ihr lauter Lust;
Die reget sich in deiner Vaterbrust,
Und gängelt uns mit zarter Kinder Schritt.
Bald scheinst Du etwas hart uns anzgreifen,
Bald fährest Du mit uns ganz säuberlich;
Geschieht’s, dass unser Sinn sucht auszuschweifen,
So weist die Zucht uns wieder hin auf Dich.
Da geh’n wir dann mit blöden Augen hin,
Du blickst uns an, wir sagen Besserung zu;
Drauf schenkt dein Geist dem Herzen wieder Ruh,
Und hält im Zaum den ausgeschweiften Sinn.
Du kennst, o Vater, wohl das schwache Wesen,
Die Unmacht und der Sinnen Unverstand;
Man kann uns fast an unsrer Stirne lesen,
Wie es um schwache Kinder sei bewandt.
Drum greifst Du zu, und hältst und trägest sie,
Brauchst Vaterrecht und zeigest Muttertreu;
Wo Niemand meint, dass Etwas deine sei,
Da hegst Du deine Schaf, und läss’st sie nie.
Also gehst Du nicht die gemeinen Wege,
Dein Fuß wird selten öffentlich geseh’n:
Damit Du siehst, was sich im Herzen rege,
Wenn Du in Dunkelheit mit uns willst geh’n.
Das Widerspiel legst Du vor Augen dar
Von dem, was Du in deinem Sinne hast;
Wer meint, er habe Deinen Rat gefasst,
Der wird am End‘ ein Andres oft gewahr.
O Auge, das nicht Trug noch Heucheln leidet,
Gib mir des scharfen Blickes Sicherheit,
Der die Natur von Gnade unterscheidet,
Das eigne Licht von deiner Heiterkeit!
Lass doch mein töricht Herz dich meistern nicht,
Brich ganz entzwei den Willen, der sich liebt;
Erweck die Lust, die sich nur Dir ergibt,
Und tadelt nie dein heimliches Gericht!
Will etwa die Vernunft Dir widersprechen,
Und schüttelt ihren Kopf zu deinem Weg,
So wollst Du ihre Festung so zerbrechen,
Dass ihre Höhe sich bei Zeiten leg?!
Kein fremdes Feu’r entzünde sich bei mir,
Das ich vor Dich in Torheit bringen möcht,
Womit ich gar Dir zu gefallen dächt;
Ach selig, wer sein Licht empfängt von Dir!
So zieh‘ mich denn hinein in deinen Willen,
Und trag‘ und heg‘ und führ‘ dein armes Kind!
Dein innres Zeugnis soll den Zweifel stillen,
Dein Geist die Furcht und Lüste überwind‘!
Du bist mein Alles, denn dein Sohn ist mein;
Dein Geist regt sich ganz kräftiglich in mir,
Ich brenne nur nach Dir in Heilsbegier;
Wie oft erquickt mich deiner Klarheit Schein!
Drum muss die Kreatur mir immer dienen,
Kein Engel schämt nun der Gemeinschaft sich;
Die Geister, die vor Dir vollendet grünen;
Sind meine Brüder, und erwarten mich.
Wie oft erquicket meinen Geist ein Herz,
Das Dich und mich und alle Christen liebt!
Ist’s möglich, dass mich etwas noch betrübt?
Komm, Freudenquell! weich‘ ewig, aller Schmerz!