Gottfried Arnold – Segen der Einfalt.

Die Reinheit und Einheit, die ist es allein,
Daran man Dich kennet,
Wenn Du wirst genennet,
Auf dass uns nicht blende der glänzend’re Schein.

Wo Eigenlieb‘ herrschet, da bist Du noch nicht;
In Meinheit und Deinheit,
Da ist noch Unreinheit;
Da steht man noch ferne vom göttlichen Licht.

Wer noch nicht gestorben der blinden Natur,
Der wird wohl gezieret,
Doch Leichtlich verführet,
Wenn er sich nicht lenket zur einigen Spur.

Die Klarheit der Wahrheit ruht mitten im Streit;
Soll sie sich entdecken,
So muss sich verstecken
Die mancherlei Gleichheit, darin man sich freut.

Rein muss sein der Spiegel, wenn man sie soll sehen;
Die Unruh‘ vom Frieden
Muss werden geschieden,
Wenn man will ihr himmlisches Wesen versteh’n.

Wir selbst sind beflecket von trüglichem Witz;
Doch wenn wir besiegen
Die Vielheit der Lügen,
Dann seh’n wir der Wahrheit erleuchtenden Blitz.

Wenn Bilder und Wesen, wenn Farbe und Zahl,
Wenn Alles verschwunden:
Dann hat sich gefunden
Die Klarheit der Wahrheit im Herzen zumal.

Dann seh’n wir das Fünklein einfältiglich an,
Wie es wird bereitet,
Und wie sich’s verbreitet;
Reich ist, wer in Armut dann halten ich kann.

Doch wer sich erhebet, der kränkelt im Streit,
Denn seine Unreinheit
Macht Vielheit aus Einheit;
Da wird er durch Nichts, als durch Sterben befreit.

Wer früh sich ins leidsame Wesen ergibt,
Wird frei vom Gerichte,
Und wandelt im Lichte,
Darinnen die Einfalt der Ewige liebt.