Gottfried Arnold – Um völlige Wiedergeburt.

Du höchstes Kleinod reiner Seelen,
Erlöser voller Licht und Lieb‘!
Der Du Dich denen willst vermählen,
Die folgen deinem Geistestrieb:
Wie gerne möcht‘ ich auch im Reihen
Der reinsten Auserwählten steh’n,
Und, statt mich anderer lieb‘ zu weihen,
Dir einzig, o mein Heil, nachgeh’n!

Du forderst von uns reine Herzen;
Wer aber schafft ein solches mir,
Dass es, gleich lichten Himmelskerzen,
Stets brennt in Liebestreu‘ zu Dir?
Ich weiß: hier kann kein Sünder taugen,
Wenn Du nicht deine Weisheit schenkst,
Und uns mit deines Geistes Augen
Zu reiner Freud‘ und liebe lenkst.

Das ist das Heil für Adams Schaden;
Lieb‘ ist die beste Arzenei!
Gib Du mir Gottes Lieb‘ aus Gnaden,
So weiß ich, dass ich sicher sei
Vor aller falschen Liebe Kräften,
Die nur auf Sünd‘ und Schande geh’n,
Und vor des Feindes Mordgeschäften,
Die Tod ins neue Leben sä’n.

Geuß diesen Balsam in mein Leben!
Durchdring‘ mit deiner Feuerkraft.
Mein Inn’res, Liebe mir zu geben,
Die alles tote Werk wegschafft,
Die in mir tötet arge Lüste,
Und in ein göttlich Licht ausbricht!
O wer die reine Liebe wüsste,
Der hungerte nach And’rem nicht!

Greifst Du die angeborne Seuche,
Nicht in der tiefsten Wurzel an,
So bleibt’s, dass sie im Finstern schleiche,
Und hinter’s Licht sich stecken kann.
Das zärtste, geistigste Bewegen
Wird unvermerkt ins Fleisch geführt
Wenn nicht des Geistes starkes Regen
Uns zum Gebet und Wachen rührt.

Was kann uns der Gefahr entnehmen,
Als deines Geistes reine Lieb‘?
Will sich das Herz hiezu bequemen,
Dann fühlt es einen höhern Trieb;
Der führet den gefangenen Willen
In unbekannte Freuden ein,
Und kann das Herz so reichlich stillen,
Dass Weltlust ihm muss Ekel sein.

Lässt Du, mein Gott, kein Bild mehr stehen
Im Herzen neben deinem Bild,
So muss der eitle Sinn vergehen,
Weil Gott den ganzen Menschen füllt!
Da wird tief nach dem Schatz gegraben,
Die Perle sorglich beigelegt.
Kein Sünder kann solch Kleinod haben,
Das Fromme nur zur Lust bewegt.

Wird Jesus selbst zum Grund gesetzet,
Ist er der Eckstein von dem Bau:
Wer ist’s, der diesen Grund verletzet,
Dass man das Herz nicht wachsend schau?
Wenn Lust und Furcht den Geist bestreiten,
Wird Er der Preis vom treuen Kampf,
Weil dieses Licht die Eitelkeiten
Vertreibt, so schnell als einen Dampf.

So triumphiert das Gottesleben
Noch in dem Leib der Sterblichkeit;
Kein Kleinod wird ja Dem gegeben,
Der nicht obsieget in dem Streit.
Wo bliebe sonst die Kunst im Siegen?
Wie hielte man im Beten an,
Wenn nicht auch in den schwersten Kriegen
Der Liebeseifer siegen kann?

Die kleine Müh‘, das kurze Streiten
Bringt unaussprechlich süße Ruh!
Die tiefsten Gotteslieblichkeiten
Von oben fließen Denen zu,
Die alles Dinges sich enthalten
Und nichts Verdächt’ges rühren an;
Wer Jesum nur lässt in sich walten,
Der siehet, was die Liebe kann.

Die Liebe krönt die Auserwählten,
Und führt sie vor des Vaters Thron;
Nur die vom heil’gen Geist Beseelten
Besteh’n vor’m Vater durch den Sohn.
O wen nur Jesu Liebe treibet,
Der bat auf ewig g’nug an ihr,
Und wer als Reb‘ am Weinstock bleibet,
Trägt Lebensfrüchte dort und hier!

Hermann, Nikolaus – Am Sonntag der heiligen Dreifaltigkeit.

Joh. 3.

Ein fürnehmster Pharisäer,
Unter dem Volk ein Oberster,
Nikodemus mit seinem Nam,
Bei der Nacht zu dem Herren kam.

2. Meister, wir wissen, daß du bist
Von Gott kommen, dein Lehr recht ist,
Dein Wunderthaten zeigens an,
Die kein schlechter Mensch wirken kann.

3. Von dir ich gerne lernen wollt,
Wie ich doch selig werden sollt.
Christ, der Herr, freundlich zu ihm sprach:
Hör, Nikodeme, was ich sag:

4. Du mußt werden aufs nen geborn,
Mit der alten Haut ists verlorn,
Willt du gehn in den Himmel hinein,
Ein spanneuer (ganz neu, wie ein von einem Holz eben abgehauener Span) Mensch mußt du sein.

5. Ach Herr, wie kann ein alter Mann
Wieder in Leib der Mutter gahn,
Daß er aufs Neu geboren werd
Zum andern Mal auf dieser Erd.

6. Nikodeme, vernimm mein Wort,
Ich red von keiner leiblich Geburt,
Geist und Wasser die Eltern sind,
Die gebären ein solches Kind.

7. Denn was vom Fleisch geboren ist,
Ist Fleisch und bleibt zu aller Frist,
Wer aber wird geborn vom Geist,
Ein Geistlicher der ist und heißt.

8. Laß dir das nicht sein wunderlich
Obs dein Vernunft kann fassen nicht,
Hörst du doch den Wind brausen sehr,
Und weißt nicht, von wann er kommt her.

9. So geht’s auch zu mit der Geburt.
Er sprach: Das ist mir unerhört,
Wie mag doch solches nur zugehn?
Meister, ich kanns traun nicht verstehn.

10. Schau, bist du ein Meister der Schrift
In Israel, und weißt das nicht,
Das irdisch ist und sehr gering,
Wie wollst du verstehn himmlisch Ding?

11. Niemand geht durch des Himmels Thor,
Denn der vom Himmel kam zuvor,
Nämlich Christus, des Menschen Sohn,
Der Anfangs ist im Himmelsthron.

12. Gleichwie Moses ein Schlang aufricht,
Daß Alle, die wurden vergift,
Sie ansehen und würden gesund,
Die von Schlangen waren verwundt.

13. Also muß auch des Menschen Sohn
Erhöht werden mit Spott und Hohn,
Daß, wer seim Wort gläubt festiglich,
Durch seinen Tod leb ewiglich.

Gerhardt, Paul – Zeuch ein zu deinen Toren

Zeuch ein zu deinen Toren,
sei meines Herzens Gast,
der du, da ich geboren,
mich neu geboren hast,
o hochgeliebter Geist
des Vaters und des Sohnes,
mit beiden gleichen Thrones,
mit beiden gleich gepreist.

Zeuch ein, laß mich empfinden
und schmecken deine Kraft,
die Kraft, die uns von Sünden
Hülf und Errettung schafft.
Entsündge meinen Sinn,
daß ich mit reinem Geiste
dir Ehr und Dienste leiste,
die ich dir schuldig bin.

Ich war ein wilder Reben,
du hast mich gut gemacht,
der Tod durchdrang mein Leben,
du hast ihn umgebracht
und in der Tauf ersticket,
als wie in einer Flute,
mit dessen Tod und Blute,
der uns im Tod erquicket.

Du bist das heilig Öle,
dadurch gesalbet ist
mein Leib und meine Seele
dem Herren Jesu Christ
zum wahren Eigentum,
zum Priester und Propheten,
zum Könge, den in Nöten
Gott schützt vom Heiligtum.

Du bist ein Geist, der lehret,
wie man recht beten soll.
Dein Beten wird erhöret,
dein Singen klinget wohl;
es steigt zum Himmel an,
es steiget sonder Ende,
bis der sich zu uns wende,
der allen helfen kann.

Du bist ein Geist der Freuden,
willst unser Trauern nicht,
erleuchtest uns im Leiden
mit deines Trostes Licht.
Ach ja, wie manches Mal
hast du mit süßen Worten
mir aufgetan die Pforten
zum goldnen Freudensaal.

Du bist ein Geist der Liebe,
ein Freund der Freundlichkeit,
willst nicht, daß uns betrübe
Zorn, Zank, Haß, Neid und Streit.
Der Feindschaft Feind du bist,
willst, daß durch Liebesklammern
sich wieder tu zusammen,
was voller Zwietracht ist.

Du, Herr, hast selbst in Händen
die ganze weite Welt,
kannst Menschenherzen wenden,
wie es dir wohlgefällt.
So gib doch deine Gnad
zu Fried- und Liebesbanden,
verknüpf in allen Landen,
was sich getrennet hat.

Ach, edle Friedensquelle,
schleuß deinen Abgrund auf
und gib dem Frieden schnelle
hier wieder seinen Lauf.
Halt ein die große Flut,
die Flut, die eingerissen
so, daß man siehet fließen
wie Wasser, Menschenblut.

Laß deinem Volk erkennen
die Vielheit seiner Sünd,
auch Gottes Grimm so brennen,
daß er bei uns entzünd
den ernsten bittern Schmerz
und Buße, die bereuet,
des sich zuerst gefreuet
ein weltergebnes Herz.

Auf Buße folgt der Gnaden,
auf Reu der Freuden Blick,
sich bessern heilt den Schaden,
fromm werden bringet Glück.
Herr, tus zu deiner Ehr,
erweiche Stahl und Steine,
Auf daß das Herze weine,
das böse sich bekehr.

Erhebe dich und steure
dem Herzleid auf der Erd,
bring wieder und erneuere
die Wohlfahrt deiner Herd!
Laß blühen wie zuvorn
die Länder, so verheeret,
die Kirchen, so zerstöret
durch Krieg und Feuerszorn.

Beschirm die Polizeien,
bau unsers Fürsten Thron,
daß er und wir gedeihen;
schmück als mit einer Kron
die Alten mit Verstand,
mit Frömmigkeit die Jugend,
mit Gottesfurcht und Tugend
das Volk im ganzen Land.

Erfülle die Gemüter
mit reiner Glaubenszier,
die Häuser und die Güter
mit Segen für und für.
Vertreib den bösen Geist,
der sich dir widersetzet
und, was dein Herz ergötzet,
aus unserm Herzen reißt.

Gib Freudigkeit und Stärke,
zu stehen in dem Streit,
den Satans Reich und Werke
uns täglich anerbeut,
hilf kämpfen ritterlich,
damit wir überwinden
und ja zum Dienst der Sünden
kein Christ ergebe sich.

Richt unser ganzes Leben
allzeit nach deinem Sinn,
und wenn wirs sollen geben
in Todes Hände hin,
wenns mit uns hie wird aus,
so hilf uns fröhlich sterben
und nach dem Tod ererben
des ewgen Lebens Haus.

Bartholomäus Helder – Dich bitt ich, trautes Jesulein

Dich bitt ich, trautes Jesulein,
Komm zu mir in das Herze mein,
Daß ich an dir hab Lust and Freud
Wie Simeon im Tempel heut.

2. Denn du mein Heil und Leben bist,
So mir von Gott gegeben ist;
Reinge mein Herz, läutre mein Mut,
Erhalt mich auf dein Wegen gut.

3. Zeig mir die Bahn mit deinem Licht,
Daß ich ja fehl des Himmels nicht;
Wend ab von mir all Straf und Pein,
Und laß mich gar dein eigen sein.

4. Dein Antlitz sei auf mich gericht,
Im Lebn und Tod verlass mich nicht,
So will ich gern aus dieser Welt
Zu dir wandern, wenn dirs gefällt.

Quelle: Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home Evangelical Lutheran Synod of Wisconsin and other States