Gottfried Arnold – Um Jesu Hirtenpflege.

Vergiss mein nicht, dass ich Dein nicht vergesse,
Dass ich beständig meine Pflicht ermesse,
Herr; gegen Dich! – Erinnre stets mein Herz
Der unzählbaren, teuren Lieblichkeiten,
Die Du mir ungesucht hast wollen zubereiten!
Du wirst, was mir hinfort gebricht,
Vergessen nicht.

Verlier‘ mich nicht, mein Hirt, aus deinen Armen,
Aus deinem Schoß, aus deiner Huld Erbarmen,
Von deiner Weide, die mein Herz erquickt!
Aus deinem Führen, Locken, Warnen, Sorgen,
Das ich bei Dir genieß‘ vom Abend bis zum Morgen,
So lang dein Stab sein Amt verricht’t!
Verlier‘ mich nicht!

Verlass mich nicht, mein Herr und bester Lehrer,
Bei der Gefahr so vieler Friedensstörer!
O wache selbst und lass dein Liebspanier
Mich rings umher mit tausend Schilden decken,
Dass keines Feindes Macht und Heer mich kann erschrecken!
Dein Auge leite mich im Licht;
Verlass mich nicht!

Verstoß mich nicht! doch wie fannft Du verstoßen,
Du, dessen Augen für die Sünder flossen,
Du, dessen Herz für uns am Kreuze brach?
Dein Mitleid heißt Dich gern die Schwachen tragen;
Wer wollte, Herr, bei Dir an der Vollendung zagen,
Da Dir dein Herz vor Liebe bricht?
Verstoß mich nicht!

Vergiss auch nicht, Herr, deine Reichsgenossen,
für die dein Blut in voller Kraft geflossen;
O fasse sie mit deiner Liebesmacht!
Gib dass dein Volk sich deiner bald erfreue,
Und Jeglicher Dir stift ein Denkmal deiner Treue!
Ja, lass uns unsre teure Pflicht
Vergessen nicht!

Vergiss mein nicht! und wer kann Dich vergessen?
Man kann ja das Geheimnis nicht ermessen!
Das wir in Dir, und Du in uns willst sein!
Wie sollt ich nicht an Dich, Du an mich denken,
Da Du mich willst in Dich, und Dich in mich versenken?
Du wirst mich ewiglich, mein Licht,
Vergessen nicht!

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Um die Hirtenpflege Jesu.

Brüder, mein Verlangen
Und mein herzlich Flehen
Kannst in sonsten Nichts bestehen,
Als daß wir doch Alle
So durchdrungen würden
Von dem Hirten unsrer Hürden,
Daß der Sinn
Nur dahin Seine Blicke richte,
Sonst nichts Andres tichte.

Er bleibt doch der Schönste!
Nichts ist Ihm zu gleichen;
Alle Herrlichkeit muss weichen.
Auf der ganzen Erden
Wird Nichts so gefunden;
Wer des Hirten Treu‘ empfunden,
Der weiß dies
Ganz gewiss,
Daß bei Ihm zu wohnen
Alle Müh‘ kann lohnen.

Hast du Das erwogen?
Ist dir’s völlig offen,
Daß der’s höchste Glück getroffen,
Der sich diesem Hirten
Völlig übergeben?
Das, nur das heißt selig Leben,
Wenn man sich
Lediglich
Nach ihm hingekehret,
und auf Ihn nur höret!

Herz! schon lange währen
Deine Gnadentage;
Nun ist deines Hirten Frage:
Bist du auch Mein Schäflein?
Bist du Meine Freude?
Kennst du Meine Lebensweide?
Hast auch du
Endlich Ruh
Vor der Eigenliebe?
Hast du sanfte Triebe?

Hör‘ nicht auf zu ziehen,
HErr, in künft’gen Jahren,
Wie wir’s bis daher erfahren!
Du bist oft so kräftig
Unter uns gekommen,
Hast uns mächtig hingenommen.
Nimm der Schar
Ferner wahr!
Gib ihr solch ein Wesen,
Drin Dein Bild zu lesen!

Vater in der Höhe!
Diese Kindesbitten
Dir vor Deinen Thron wir schütten:
Du wirst sie erhören,
Wirst sie nicht beschämen,
Sondern in die Zucht uns nehmen,
Daß wir hier
Deine Zier,
und dem Sohn auf Erden
Noch ein Lustspiel werden.