Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Um die Hirtenpflege Jesu.

Brüder, mein Verlangen
Und mein herzlich Flehen
Kannst in sonsten Nichts bestehen,
Als daß wir doch Alle
So durchdrungen würden
Von dem Hirten unsrer Hürden,
Daß der Sinn
Nur dahin Seine Blicke richte,
Sonst nichts Andres tichte.

Er bleibt doch der Schönste!
Nichts ist Ihm zu gleichen;
Alle Herrlichkeit muss weichen.
Auf der ganzen Erden
Wird Nichts so gefunden;
Wer des Hirten Treu‘ empfunden,
Der weiß dies
Ganz gewiss,
Daß bei Ihm zu wohnen
Alle Müh‘ kann lohnen.

Hast du Das erwogen?
Ist dir’s völlig offen,
Daß der’s höchste Glück getroffen,
Der sich diesem Hirten
Völlig übergeben?
Das, nur das heißt selig Leben,
Wenn man sich
Lediglich
Nach ihm hingekehret,
und auf Ihn nur höret!

Herz! schon lange währen
Deine Gnadentage;
Nun ist deines Hirten Frage:
Bist du auch Mein Schäflein?
Bist du Meine Freude?
Kennst du Meine Lebensweide?
Hast auch du
Endlich Ruh
Vor der Eigenliebe?
Hast du sanfte Triebe?

Hör‘ nicht auf zu ziehen,
HErr, in künft’gen Jahren,
Wie wir’s bis daher erfahren!
Du bist oft so kräftig
Unter uns gekommen,
Hast uns mächtig hingenommen.
Nimm der Schar
Ferner wahr!
Gib ihr solch ein Wesen,
Drin Dein Bild zu lesen!

Vater in der Höhe!
Diese Kindesbitten
Dir vor Deinen Thron wir schütten:
Du wirst sie erhören,
Wirst sie nicht beschämen,
Sondern in die Zucht uns nehmen,
Daß wir hier
Deine Zier,
und dem Sohn auf Erden
Noch ein Lustspiel werden.