Gerhardt, Paul – Du bist ein Mensch, das weißt du wohl

1. Du bist ein Mensch, das weißt du wohl,
Was strebst du dann nach Dingen,
Die Gott, der Höchst, alleine soll
Und kann zuwege bringen?
Du fährst mit deinem Witz und Sinn
Durch so viel tausend Sorgen hin
Und denkst: wie will’s auf Erden
Doch endlich mit mir werden?

2. Es ist umsonst. Du wirst fürwahr
Mit allem deinem Tichten
Auch nicht ein ein’ges kleines Haar
In aller Welt ausrichten;
Und dient dein Gram sonst nirgend zu,
Als daß du dich aus deiner Ruh
In Angst und Schmerzen stürzest
Und selbst das Leben kürzest.

3. Wilt du was tun, was Gott gefällt
Und dir zum Heil gedeihet,
So wirf dein Sorgen auf den Held,
Den Erd und Himmel scheuet,
Und gib dein Leben, Tun und Stand
Nur fröhlich hin in Gottes Hand,
So wird Er deinen Sachen
Ein fröhlich Ende machen.

4. Wer hat gesorgt, da deine Seel
Im Anfang deiner Tage
Noch in der Mutter Leibeshöhl
Und finsterm Kerker lage?
Wer hat allda dein Heil bedacht?
Was tat da aller Menschen Macht,
Da Geist und Sinn und Leben
Dir ward ins Herz gegeben?

5. Durch wessen Kunst steht dein Gebein
In ordentlicher Fülle?
Wer gab den Augen Licht und Schein,
Dem Leibe Haut und Hülle?
Wer zog die Adern hier und dort
Ein jed an ihre Stell und Ort?
Wer setzte hin und wieder
So viel und schöne Glieder?

6. Wo war dein Will, Herz und Verstand,
Da sich des Himmels Decken
Erstreckten über See und Land
Und aller Erden Ecken?
Wer brachte Sonn und Mond herfür?
Wer machte Kräuter, Bäum und Tier
Und hieß sie deinen Willen
Und Herzenslust erfüllen?

7. Heb auf dein Häupt, schau überall
Hier unten und dort oben,
Wie Gottes Sorg auf allem Fall
Vor dir sich hat erhoben:
Dein Brot, dein Wasser und dein Kleid
War eher noch als du bereit,
Die Milch, die du erst nahmest,
War auch schon, da du kamest.

8. Die Windeln, die dich allgemach
Umfingen in der Wiegen,
Dein Bettlein, Kammer, Stub und Dach,
Und wo du solltest liegen,
Das war ja alles zugericht‘,
Eh als dein Aug‘ und Angesicht
Eröffnet wurd und sahe,
Was in der Welt geschahe.

9. Noch dannoch soll dein Angesicht
Dein ganzes Leben führen;
Du traust und glaubest weiter nicht,
Als was die Augen spüren.
Was du beginnst, da soll allein
Dein Kopf dein Licht und Meister sein;
Was der nicht auserkoren,
Das hältst du als verloren.

10. Nun siehe doch, wie viel und oft
Ist schändlich umgeschlagen,
Was du gewiß und fest gehofft
Mit Händen zu erjagen!
Hingegen, wie so manchesmal
Ist das geschehn, das überall
Kein Mensch, kein Rat, kein Sinnen
Ihm hätt ersinnen können!

11. Wie oft bist du in große Not
Durch eignen Willen kommen,
Da dein verblendter Sinn den Tod
Fürs Leben angenommen;
Und hätte Gott dein Werk und Tat
Ergehen lassen nach dem Rat,
In dem du’s angefangen,
Du wärst zu Grunde gangen.

12. Der aber, der uns ewig liebt,
Macht gut, was wir verwirren,
Erfreut, wo wir uns selbst betrübt,
Und führt uns, wo wir irren;
Und darzu treibt Ihn sein Gemüt
Und die so reine Vatergüt,
In der uns armen Sünder
Er tröst‘ als liebe Kinder.

13. Ach, wie so oftmals schweigt Er still
Und tut doch, was uns nützet;
Da unterdessen unser Will
Und Herz in Ängsten sitzet,
Sucht hier und dar und findet nichts,
Will sehn und mangelt doch des Lichts,
Will aus der Angst sich winden
Und kann den Weg nicht finden.

14. Gott aber geht gerade fort
Auf seinen weisen Wegen,
Er geht und bringt uns an den Port,
Da Sturm und Wind sich legen.
Hernachmals, wann das Werk geschehn,
Da kann der Mensch alsdann erst sehn,
Was der, so ihn regieret,
In seinem Rat geführet.

15. Drum, liebes Herz, sei wohlgemut
Und laß von Sorg und Grämen!
Gott hat ein Herz, das nimmer ruht,
Dein Bestes vorzunehmen.
Er kann’s nicht lassen, glaube mir,
Sein Eingeweid ist gegen dir
Und uns hier allzusammen
Voll allzu süßer Flammen.

16. Er hitzt und brennt von Gnad und Treu,
Und also kannst du denken,
Wie seinem Mut zu Mute sei,
Wenn wir uns oftmals kränken
Mit so vergebner Sorgenbürd;
Als ob Er uns nun gänzlich würd
Aus laut’rem Zorn und Hassen
Ganz hülf- und trostlos lassen.

17. Das schlag hinweg und laß dich nicht
So liederlich betören.
Ob gleich nicht allzeit das geschicht,
Was Freude kann vermehren,
So wird doch wahrlich das geschehn,
Was Gott dein Vater ausersehn;
Was Er dir zu will kehren,
Das wird kein Mensche wehren.

18. Tu als ein Kind und lege dich
In deines Vaters Arme,
Bitt‘ Ihn und flehe, bis Er sich
Dein, wie Er pflegt, erbarme:
So wird Er dich durch seinen Geist
Auf Wegen, die du itzt nicht weißt,
Nach wohlgehaltnem Ringen
Aus allen Sorgen bringen.

Gerhardt, Paul – Gib dich zufrieden und sei stille

1. Gib dich zufrieden und sei stille
In dem Gotte deines Lebens;
In ihm ruht aller Freuden Fülle,
Ohn ihn mühst du dich vergebens.
Er ist dein Quell und deine Sonne,
Scheint täglich hell zu deiner Wonne.
Gib dich zufrieden.

2. Er ist voll Lichtes, Trosts und Gnaden,
Ungefärbtes, treuen Herzens;
Wo Er steht, tut dir keinen Schaden
Auch die Pein des größten Schmerzens.
Kreuz, Angst und Not kann Er bald wenden:
Ja, auch den Tod hat Er in Händen.
Gib dich zufrieden.

3. Wie dir’s und andern oft ergehe,
Ist ihm wahrlich nicht verborgen:
Er sieht und kennet aus der Höhe
Der betrübten Herzen Sorgen.
Er zählt den Lauf der heißen Tränen
Und faßt zu Hauf all unser Sehnen.
Gib dich zufrieden.

4. Wann gar kein ein’ger mehr auf Erden,
Dessen Treue du darfst trauen,
Alsdann will Er dein Treuster werden
Und zu deinem Besten schauen.
Er weiß dein Leid und heimlich Grämen,
Auch weiß Er Zeit, dich zu benehmen.
Gib dich zufrieden.

5. Er hört die Seufzer deiner Seelen
Und des Herzens stilles Klagen;
Und was du keinem darfst erzählen,
Magst du Gott gar kühnlich sagen.
Er ist nicht fern, steht in der Mitten,
Hört bald und gern der Armen Bitten.
Gib dich zufrieden.

6. Laß dich dein Elend nicht bezwingen,
Halt an Gott, so wirst du siegen;
Ob alle Fluten einher gingen,
Dennoch mußt du oben liegen.
Denn wann du wirst zu hoch beschweret,
Hat Gott, dein Fürst, dich schon erhöret.
Gib dich zufrieden.

7. Was sorgst du für dein armes Leben,
Wie du’s halten wollst und nähren?
Der dir das Leben hat gegeben,
Wird auch Unterhalt bescheren.
Er hat ein Hand voll aller Gaben,
Da See und Land sich muß von laben.
Gib dich zufrieden.

8. Der allen Vöglein in den Wäldern
Ihr bescheidnes Körnlein weiset,
Der Schaf und Rinder in den Feldern
Alle Tage tränkt und speiset,
Der wird ja auch dich ein’gen füllen
Und deinen Bauch zur Notdurft stillen.
Gib dich zufrieden.

9. Sprich nicht: Ich sehe keine Mittel,
Wo ich such, ist nichts zum Besten!
Dann das ist Gottes Ehrentitel:
Helfen, wann die Not am größten.
Wann ich und du ihn nicht mehr spüren,
Da schickt Er zu, uns wohl zu führen.
Gib dich zufrieden.

10. Bleibt gleich die Hülf in etwas lange,
Wird sie dannoch endlich kommen;
Macht dir das Harren angst und bange,
Glaube mir, es ist dein Frommen.
Was langsam schleicht, faßt man gewisser,
Und was verzeucht, ist desto süßer.
Gib dich zufrieden.

11. Nimm nicht zu Herzen, was die Rotten
Deiner Feinde von dir dichten;
Laß sie nur immer weidlich spotten,
Gott wird’s hören und recht richten.
Ist Gott dein Freund und deiner Sachen,
Was kann dein Feind, der Mensch, groß machen?
Gib dich zufrieden.

12. Hat Er doch selbst auch wohl das Seine,
Wann Er’s sehen könnt und wollte.
Wo ist ein Glück so klar und reine,
Dem nicht etwas fehlen sollte?
Wo ist ein Haus, das könnte sagen:
Ich weiß durchaus von keinen Plagen?
Gib dich zufrieden.

13. Es kann und mag nicht anders werden,
Alle Menschen müssen leiden;
Was webt und lebet auf der Erden,
Kann das Unglück nicht vermeiden.
Des Kreuzes Stab schlägt unsre Lenden
Bis in das Grab: da wird sich’s enden.
Gib dich zufrieden.

14. Es ist ein Ruhetag verhanden,
Da uns unser Gott wird lösen;
Er wird uns reißen aus den Banden
Dieses Liebs und allem Bösen.
Es wird einmal der Tod herspringen
Und aus der Qual uns sämtlich bringen.
Gib dich zufrieden.

15. Er wird uns bringen zu den Scharen
Der Erwählten und Getreuen,
Die hier mit Frieden abgefahren,
Sich auch nun im Friede freuen,
Da sie den Grund, der nicht kann brechen,
Den ewgen Mund selbst hören sprechen:
Gib dich zufrieden.

Franck, Salomo – Mein Jesu, wahre Ruh der Frommen.

Mel. Wer nur den lieben Gott.
Gedruckt 1711

Mein Jesu, wahre Ruh der Frommen,
Ach, hilf durch deine große Treu,
Daß ich mir selber ganz genommen,
Daß ich dir ganz gelassen sei!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Herr Jesu, senke meinen Willen
In deinen Willen jederzeit!
Laß mich nichts denken, nichts erfüllen,
Als was dein Wille mir gebeut!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Hilf, daß ich dir alleine lebe,
Mir aber ganz verstorben sei,
Daß ich mich dir ganz übergebe,
Und bis in Tod dir bleibe treu!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

So schwelge dann in Liebesflammen,
Du höchstes Licht, du süße Gluth,
Dein und mein Herze ganz zusammen
Und gib dich mir, du höchstes Gut
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Mein Herz ist von mir ausgegangen,
Und du mein Heiland ein zu mir!
Laß es an deinem Herzen hangen,
So hab ich schon den Himmel hier!
Ach Jesu, laß in Freud und Pein
Mein Herz, dein Herz ein Herze sein!

Schauer – Salomo Francks geistliche Lieder

Arnold, Gottfried – Komm, beuge dich, mein Herz und Sinn

Komm, beuge dich, mein Herz und Sinn
Vor Christi Throne tief danieder.
Zu seinen Füßen sinke hin
Und bring‘ ihm deines Dankes Lieder.
Erkenne, wie du selbst aus dir nichts bist
Wie Gott in dir und allen alles ist.

Wo wär‘ in dir ein Funken Kraft,
Wenn du sie nicht erlangt von oben?
Wer hat dir Schutz und Ruh‘ geschafft
Vor deiner Feinde List und Toben?
Wer bändigte des Bösen finstre Macht?
Wer hat der Wahrheit Glanz ans Licht gebracht?

Wer hat dich aus der Noth befreit,
Dein Leben dem Verderb entrissen?
Wer krönt dich mit Barmherzigkeit,
Wer läßt dich seine Rechte wissen?
Ist er es nicht, der unerschöpfte Quell,
Der täglich noch uns zuströmt rein und hell?

Ja, deine Hand hat uns gefaßt
Und über all‘ Verdienst und Hoffen
Hinweggethan der Sünden Last,
Daß nun der Himmel steht uns offen!
Du machst das Herz von Furcht und Zweifel leer,
Und sel’ger Friede waltet um uns her.

Was zwischen uns sich drängen will,
Hat deine Kraft gar bald vernichtet;
Du hältst den Tempel rein und still,
Den du dir selbst in uns errichtet.
Ja, fest bestehet deine Herrlichkeit,
Die dir in uns der Vater hat geweiht.

Du überschüttest uns mit Lieb‘
Und reinigst Herzen, Mund und Sinnen,
Daß wir aus deines Geistes Trieb
Dich stets in uns mehr liebgewinnen.
Du drückst dem Geist der Reinheit Siegel auf,
Daß unbefleckt wir enden unsern Lauf.

So nimm dafür zu Opfer hin
Uns selbst mit allem, was wir haben;
Nimm Leib und Seel‘, nimm Herz und Sinn
Zum Eigenthum statt andrer Gaben.
Bereite selbst dir aus der Schwachen Mund
Ein würdig Lob; mach‘ deinen Namen kund.

Hierzu gieb einen Sinn und Muth,
Halt deine Gläub’gen fest zusammen,
Daß unser Herz von heil’ger Gluth
Entbrenn‘ in deiner Liebe Flammen.
Zu deinem Thron steigt unser Dank empor,
Bis würd’ger er erschallt im höhern Chor.

Evangelisches Gesangbuch der Bremischen Gemeinden
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