- Siehe, mein getreuer Knecht,
Der wird weislich handeln,
Ohne Tadel, schlecht und recht
Auf der Erden wandeln;
Sein getreuer, frommer Sinn
Wird in Einfalt gehen,
Und nach dennoch wird man ihn
An das Kreuz erhöhen. - Hoch am Kreuz wird mein Sohn
Große Marter leiden,
Und viel werden ihn mit Hohn
Als ein Scheusal meiden.
Aber also wird sein Blut
Auf die Heiden springen
Und das ewge wahre Gut
In ihr Herze bringen. - Kön‘ge werden ihren Mund
Gegen ihn verhalten
Und aus innerm Herzensgrund
Ihre Hände falten.
Das verblend´te taube Heer
Wird ihn sehn und hören
Und mit Lust zu seiner Ehr
Ihren Glauben mehren. - Aber da, wo Gottes Licht
Reichlich wird gespüret,
Hält man sich mit nichten nicht
Wie es sich gebühret:
Denn wer glaubt im Judenland
Unser Predigt Worten!
Wem wird Gottes Arm bekannt
In Israels Orten? - Niemand will fast seinen Preis
Ihm hie lassen werden,
Denn er schießt auf wie ein Reis
Aus der dürren Erden,
Krank, verdorret, ungestalt,
Voller Blut und Schmerzen,
Daher scheut ihn jung und alt
Mit gewandten Herzen. - Ei, was hat er denn getan?
Was sind seine Schulden,
Daß er da für jedermann
Solche Schmach muß dulden?
Hat er etwa Gott betrübt
An gesunden Tagen,
Daß er ihm anitzo gibt
Seinen Lohn mit Plagen? - Nein, fürwahr! Wahrhaftig nein!
Er ist ohne Sünden.
Sondern was der Mensch an Pein
Billig sollt empfanden,
Was an Krankheit, Angst und Weh
Uns von Recht gebühret,
Das ist´s, was ihn in die Höh
An das Kreuz geführet. - Daß ihn Gott so heftig schlägt,
Tut er unsertwillen,
Daß er solche Bürden trägt,
Damit will er stillen
Gottes Zorn und großen Grimm,
Daß wir Frieden haben
Durch sein Leiden und in ihm
Leib und Seele laben. - Wir sinds, die wir in der Irr
Als die Schafe gingen
Und noch stets zur Höllentür
Als die Tollen dringen.
Aber Gott, der fromm und treu,
Nimmt, was wir verdienen
Und legts seinem Sohne bei,
Der muß uns versühnen. - Nun, er tut es herzlich gern,
Ach, des frommen Herzen!
Er nimmt an den Zorn des Herrn
Mit viel tausend Schmerzen
Und ist allzeit voll Geduld,
Laßt kein Wörtlein hören
Wider die, so ohne Schuld
Ihn so hoch beschweren. - Wie ein Lämmlein sich dahin
Läßt zur Schlachtbank selten
Und hat in dem frommen Sinn
Gar kein Widerstreiten,
Läßt sich handeln, wie man will,
Fangen, binden, zähmen
Und dazu in großer Still
Auch sein Leben nehmen. - Also läßt auch Gottes Lamm
Ohne Widersprechen
Ihm sein Herz am Kreuzesstamm
Unsertwegen brechen.
Er sinkt in Tod hinab,
Den er selbst doch bindet,
Weil er sterbend Tod und Grab
Mächtig überwindet. - Er wird aus der Angst und Qual
Endlich ausgerissen,
Tritt den Feinden allzumal
Ihren Kopf mit Füßen.
Wer will seines Lebens Läng
Immer mehr ausrechnen?
Seiner Tag und Jahre Meng
Ist nicht auszusprechen. - Doch ist er wahrhaftig hier
für sein Volk gestorben
Und hat völlig mir und dir
Heil und Gnad erworben,
Kommt auch in das Grab hinein
Herrlich eingehüllet,
Wie die, so mit Reichtum sein
In der Welt erfüllet. - Er wird als ein böser Mann
Für die Welt geplaget,
Da er doch nach nie getan,
Auch noch nie gelogen,
Was da bös und unrecht wär;
Er hat nie betrogen.
Nie verletzt Gottes Ehr,
Seinem heilgen Namen. - Ach, er ist für fremde Sünd
In den Tod gegeben,
Auf daß du, o Menschenkind,
Durch ihn möchtest leben,
Daß er mehrte sein Geschlecht,
Den gerechten Samen,
Der Gott dient und Opfer brächt
Seinem heiligen Namen. - Denn das ist sein höchste Freud
Und des Vaters Wille,
Daß den Erdkreis weit und breit
Sein Erkenntnis fülle,
Damit der gerechte Knecht,
Der vollkommne Sühner,
Gläubig mach und recht gerecht
Alle Sündendiener. - Große Menge wird ihm Gott
Zur Verehrung schenken,
Darum daß er sich mit Spott
Für uns lassen kränken,
Da er denen gleich gesetzt,
Die sehr übertreten,
auch die, so ihn hoch verletzt,
Bei Gott selbst verbeten.
Kategorie: Gerhardt Paul
Gerhardt, Paul – O Welt, sieh hier dein Leben
O Welt, sieh hier dein Leben
am Stamm des Kreuzes schweben,
dein Heil sinkt in den Tod.
Der große Fürst der Ehren
läßt willig sich beschweren
mit Schlägen, Hohn und großem Spott.
Tritt her und schau mit Fleiße,
sein Leib ist ganz mit Schweiße
des Blutes überfüllt;
aus seinem edlen Herzen
vor unerschöpften Schmerzen
ein Seufzer nach dem andern quillt.
Wer hat dich so geschlagen,
mein Heil, und dich mit plagen
so übel zugericht‘t?
Du bist ja nicht ein Sünder,
wie wir und unsre Kinder,
von Übeltaten weißt du nicht.
Ich, ich und meine Sünden,
die sich wie Körnlein finden
des Sandes an dem Meer,
die haben dir erreget
das Elend, das dich schläget,
und das betrübte Marterheer.
Ich bins, ich sollte büßen,
an Händen und an Füßen
gebunden in der Höll;
die Geißeln und die Banden
und was du ausgestanden,
das hat verdienet meine Seel.
Du nimmst auf deinen Rücken
die Lasten, die mich drücken
viel schwerer als ein Stein.
Du wirst ein Fluch, dagegen
Verehrst du mir den Segen;
Dein Schmerzen muss mein Labsal sein.
Du setzest dich zum Bürgen,
ja lässest dich erwürgen
für mich und meine Schuld;
mir lässest du dich krönen,
mit Dornen, die dich höhnen,
und leidest alles mit Geduld.
Du springst ins Todes Rachen,
mich frei und los zu machen
von solchem Ungeheur.
Mein Sterben nimmst du abe,
vergräbst es in dem Grabe,
O unerhörtes Liebesfeur!
Ich bin, mein Heil, verbunden
all Augenblick und Stunden
dir überhoch und hehr;
was Leib und Seel vermögen,
das will ich dankbar legen
allzeit an deinen Dienst und Ehr.
Nun, ich kann nicht viel geben
in diesem armen Leben,
eins aber will ich tun:
es soll dein Tod und Leiden,
bis Leib und Seele scheiden,
mir stets in meinem Herzen ruhn.
Ich wills vor Augen setzen,
mich stets daran ergötzen,
ich sei auch, wo ich sei.
Es soll mir sein ein Spiegel
der Unschuld und ein Siegel
der Lieb und unverfälschten Treu.
Wie heftig unsre Sünden
den frommen Gott entzünden,
wie Rach und Eifer gehen,
wie grausam seine Ruten,
wie zornig seine Fluten,
will ich aus diesem Leiden sehn.
Ich will daraus studieren,
wie ich mein Herz soll zieren
mit stillem, sanftem Mut,
und wie ich die soll lieben,
die mich doch sehr betrüben
mit Werken, so die Bosheit tut.
Wenn böse Zungen stechen,
mir Glimpf und Namen brechen,
so will ich zähmen mich;
das Unrecht will ich dulden,
dem Nächsten seine Schulden
verzeihen gern und williglich.
Ich will ans Kreuz mich schlagen
mit dir und dem absagen,
was meinem Fleisch gefällt;
was deine Augen hassen,
das will ich fliehn und lassen,
gefiel es auch der ganzen Welt.
Dein Seufzen und dein Stöhnen
und die viel tausend Tränen,
die dir geflossen zu,
die sollen mich am Ende
in deinen Schoß und Hände
begleiten zu der ewgen Ruh.
Gerhardt, Paul – Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld
Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld
der Welt und ihrer Kinder,
es geht und träget in Geduld
die Sünden aller Sünder;
es geht dahin, wird matt und krank,
ergibt sich auf die Würgebank,
entsaget allen Freuden;
es nimmt auf sich Schmach, Hohn und Spott,
Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod,
und spricht: Ich wills gern leiden.
Das Lämmlein ist der große Freund
und Heiland meiner Seelen;
den, den hat Gott zum Sündenfeind
und Sühner wollen wählen.
„Geh hin, mein Kind, und nimm dich an
der Kinder, die von Anfang an
verdient des Zornes Ruten;
die Straf ist schwer, der Zorn ist groß,
du kannst und sollst sie machen los
durch Sterben und durch Bluten.“
„Ja, Vater, ja, von Herzensgrund,
leg auf, ich will dies tragen;
mein Wollen liegt an deinem Mund,
mein Wirken ist dein Sagen.“
O Wunderlieb, o Liebesmacht!
Du kannst, was nie ein Mensch gedacht,
Gott seinen Sohn abringen.
O Liebe, Liebe! Du bist stark,
du strecktest den in Grab und Sarg,
vor dem die Felsen springen.
Du marterst ihn am Kreuzesstamm
mit Nägeln und mit Spießen
du schlachtest ihn als wie ein Lamm,
machst Herz und Adern fließen:
das Herze mit der Seufzer Kraft,
die Adern mit dem edlen Saft
des purpurroten Blutes.
O süßes Lamm, was soll ich dir
erweisen dafür, daß du mir,
erweisest so viel Gutes?
Mein Lebetage will ich dich
aus meinem Sinn nicht lassen,
dich will ich stets, gleich wie du mich,
mit Liebesarmen fassen;
du sollst sein meines Herzens Licht,
und wenn mein Herz in Stücke bricht,
sollst du mein Herze bleiben;
ich will mich dir, mein höchster Ruhm,
hiermit zu deinem Eigentum
beständiglich verschreiben.
Ich will von deiner Lieblichkeit
bei Nacht und Tage singen,
mich selbst auch dir zu aller Zeit
zum Freudenopfer bringen.
Mein Bach des Lebens soll sich dir
und deinem Namen für und für
in Dankbarkeit ergießen;
und was du mir zu gut getan,
das will ich stets, so tief ich kann,
in mein Gedächtnis schließen.
Erweitre dich, mein Herzensschrein,
du sollst ein Schatzhaus werden
der Schätze, die viel größer sein
als Himmel, Meer und Erden.
Weg mit dem Gold Arabia!
Weg Kalmus, Myrrhen, Kassia!
Ich hab ein Bessers funden:
Mein großer Schatz, Herr Jesu Christ,
ist dieses, was geflossen ist
aus deines Leibes Wunden.
Das soll und will ich mir zu nutz
zu allen Zeiten machen;
im Streite soll es sein mein Schutz,
in Traurigkeit mein Lachen,
in Fröhlichkeit mein Saitenspiel,
und wenn mir nichts mehr schmecken will,
soll mich dies Manna speisen.
Im Durst solls sein mein Wasserquell,
in Einsamkeit mein Sprachgesell,
zu Haus und auch auf Reisen.
Was schadet mir des Todes Gift?
Dein Blut, das ist mein Leben.
Wenn mich der Sonnen Hitze trifft,
so kann mirs Schatten geben.
Setzt mir der Wehmut Schmerzen zu,
so findt ich bei dir meine Ruh
als auf dem Bett ein Kranker.
Und wenn des Kreuzes Ungestüm
mein Schifflein treibet üm und üm,
so bist du dann mein Anker.
Wann endlich ich soll treten ein
in deines Reiches Freuden,
so soll dein Blut mein Purpur sein,
ich will mich darin kleiden;
es soll sein meines Hauptes Kron,
in welcher ich will vor den Thron
des höchsten Vaters gehen
und dir, dem er mich anvertraut
als eine wohlgeschmückte Braut
an deiner Seite stehen.
Gerhardt, Paul – Wach auf, mein Herz, und singe
- Wach auf, mein Herz, und singe
dem Schöpfer aller Dinge,
dem Geber aller Güter,
dem frommen Menschenhüter. - Heut, als die dunklen Schatten
mich ganz umgeben hatten,
hat Satan mein begehret;
Gott aber hat’s gewehret. - Ja, Vater, als er suchte,
daß er mich fressen möchte,
war ich in deinem Schoße,
dein Flügel mich beschlosse. - Du sprachst: Mein Kind, nun liege,
trotz dem, der dich betrüge;
schlaf wohl, laß dir nicht grauen,
du sollst die Sonne schauen. - Dein Wort, das ist geschehen:
Ich kann das Licht noch sehen,
von Not bin ich befreiet,
dein Schutz hat mich erneuet. - Du willst ein Opfer haben,
hier bring ich meine Gaben:
mein Weihrauch und mein Widder
sind mein Gebet und Lieder. - Die wirst du nicht verschmähen;
du kannst ins Herze sehen;
denn du weißt, daß zur Gabe
ich ja nichts Bessers habe. - So wollst du nun vollenden
dein Werk an mir und senden,
der mich an diesem Tage
auf seinen Händen trage. - Sprich Ja zu meinen Taten,
hilf selbst das Beste raten;
den Anfang, Mitt und Ende,
ach Herr, zum besten wende. - Mich segne, mich behüte,
mein Herz sei deine Hütte,
dein Wort sei meine Speise,
bis ich gen Himmel reise.
Gerhardt, Paul – Nun laßt uns gehn und treten
Nun laßt uns gehn und treten
mit Singen und mit Beten
zum Herrn, der unserm Leben
bis hieher Kraft gegeben.
Wir gehn dahin und wandern
von einem Jahr zum andern,
wir leben und gedeihen
vom alten zu dem neuen;
Durch soviel Angst und Plagen,
durch Zittern und durch Zagen,
durch Krieg und große Schrecken,
Die alle Welt bedecken.
Denn wie von treuen Müttern
in schweren Ungewittern
die Kindlein hier auf Erden
mit Fleiß bewahret werden.
Also auch und nicht minder
läßt Gott uns, seine Kinder,
wenn Not und Trübsal blitzen,
in seinem Schoße sitzen.
Ach, Hüter unsers Lebens,
fürwahr, es ist vergebens
mit unserm Tun und Machen,
wo nicht dein Augen wachen.
Gelobt sei deine Treue,
die alle Morgen neue,
Lob sei den starken Händen,
die alles Herzleid wenden.
Laß ferner dich erbitten,
o Vater, und bleib mitten
in unserm Kreuz und Leiden
ein Brunnen unsrer Freuden.
Gib mir und allen denen,
die sich von Herzen sehnen
nach dir und deiner Hulde,
ein Herz, das sich gedulde.
Schleuß zu die Jammerpforten
Und laß an allen Orten
Auf so viel Blutvergießen
Die Freudenströme fließen.
Sprich deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
laß Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen.
Sei der Verlassnen Vater,
der Irrenden Berater,
der Unversorgten Gabe,
der Armen Gut und Habe.
Hilf gnädig allen Kranken,
gib fröhliche Gedanken
den hochbetrübten Seelen,
die sich mit Schwermut quälen.
Und endlich, was das Meiste,
füll uns mit deinem Geiste,
der uns hier herrlich ziere
und dort zum Himmel führe.
Das alles wollst du geben,
o meines Lebens Leben,
mir und der Christenschare
zum selgen neuen Jahre.
Gerhardt, Paul – Kommt und laßt uns Christum ehren
Kommt und laßt uns Christum ehren,
Herz und Sinnen zu ihm kehren;
singet fröhlich, laßt euch hören,
wertes Volk der Christenheit.
Sünd und Hölle mag sich grämen,
Tod und Teufel mag sich schämen;
wir, die unser Heil annehmen,
werfen allen Kummer hin.
Sehet, was hat Gott gegeben!
Seinen Sohn zum ewgen Leben,
Dieser kann und will uns heben
aus dem Leid ins Himmels Freud.
Seine Seel ist uns gewogen,
Lieb und Gunst hat ihn gezogen,
uns, die Satanas betrogen,
zu besuchen aus der Höh.
Jakobs Stern ist aufgegangen,
stillt das sehnliche Verlangen,
bricht den Kopf der alten Schlangen
und zerstört der Höllen Reich.
Unser Kerker, da wir saßen
und mit Sorgen ohne Maßen
Uns das Herze selbst abfraßen,
Ist entzwei und wir sind frei.
O du hochgesegnte Stunde,
da wir das von Herzensgrunde
glauben und mit unserm Munde
danken dir, o Jesulein!
Schönstes Kindlein in dem Stalle,
sei uns freundlich, bring uns alle
dahin, da mit süßem Schalle
dich der Engel Heer erhöht.
Gerhardt, Paul – Schaut, schaut, was ist für Wunder bar
1. Schaut, schaut, was ist für Wunder dar?
Die schwarze Nacht wird hell und klar,
Ein großes Licht bricht jetzt herein,
Ihm weichet aller Sternen Schein.
2. Es ist ein rechtes Wunderlicht
Und gar die alte Sonne nicht,
Weils wider die Natur die Nacht
Zu einem hellen Tage macht.
3. Was wird hierdurch uns zeigen an,
Der die Natur so ändern kann?
Es muß ein großes Werk geschehn,
Wie wir aus solchen Zeichen sehn.
4. Sollt auch erscheinen dieser Zeit
Die Sonne der Gerechtigkeit,
Der helle Stern aus Jakobs Stamm,
Der Heiden Licht, des Weibes Sam?
5. Es ist also. Des Himmels Heer,
Das bringt uns jetzt die Freudenmähr,
Wie sich nunmehr hat eingestellt
Zu Bethlehem das Heil der Welt.
6. O Gütigkeit, was lange Jahr
Sich hat der frommen Väter Schar
Gewünscht und sehnlich oft begehrt,
Des werden wir von Gott gewährt.
7. Drum auf, ihr Menschenkinder, auf,
Auf, auf und nehmet euren Lauf
Mit mir hin zu der Stell und Ort,
Davon gemeldt der Engel Wort.
8. Schaut hin, dort liegt im finstern Stall,
Des Herrschaft gehet überall,
Da Speise vormals sucht ein Kind,
Da ruhet jetzt der Jungfrau Kind.
9. O Menschenkind, betracht es recht,
Und strauchle nicht, dieweil so schlecht,
So elend scheint dies Kindelein,
Es ist und soll auch groß uns sein.
10. Es wird im Fleisch hier vorgestellt,
Der alles schuf und noch erhält,
Das Wort, so bald im Anfang war
Bei Gott, selbst Gott, das lieget dar.
11. Es ist der eingeborne Sohn
Des Vaters, unser Gnadenthron,
Das A und O, der große Gott,
Der Siegesfürst, Herr Zebaoth.
12. Denn weil die Zeit nunmehr erfüllt,
Da Gottes Zorn muß sein gestillt,
Wird sein Sohn Mensch, trägt unsre Schuld,
Wirbt uns durch sein Blut Gottes Huld.
13. Dies ist die rechte Freudenzeit,
Weg Trauern, weg, weg alles Leid.
Trotz dem, der ferner uns verhöhnt,
Gott selbst ist Mensch, wir sind versöhnt.
14. Der Sündenbüßer ist nun hier,
Den Schlangentreter haben wir,
Der Höllen Pest, des Todes Gift,
Des Lebens Fürst man hier antrifft.
15. Es hat mit uns nun keine Not,
Weil Sünde, Teufel, Höll und Tod
Zu Spott und Schanden sind gemacht
In dieser großen Wundernacht.
16. O selig, selig alle Welt,
Die sich an dieses Kindlein hält.
Wohl dem, der dieses recht erkennt
Und gläubig seinen Heiland nennt.
17. Es danke Gott, wer danken kann,
Der unser sich so hoch nimmt an
Und sendet aus des Himmels Thron
Uns, seinen Feinden, seinen Sohn.
18. Drum stimmt an mit der Engel Heer:
Gott in der Höhe sei nun Ehr,
Auf Erden Friede jederzeit,
Den Menschen Wonn und Fröhlichkeit.
Gerhardt, Paul – Ich steh an deiner Krippen hier
Ich steh an deiner Krippen hier,
O Jesus, du mein Leben,
Ich komme, bring und schenke dir,
Was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
Und laß dirs wohl gefallen.
Du hast mit deiner Lieb erfüllt
Mein Adern und Geblüte
Dein schöner Glanz, dein süßes Bild
Liegt mir ganz im Gemüte.
Und wie mag es auch anders sein:
Wie könnt ich dich, mein Herzelein,
Aus meinem Herzen lassen.
Da ich noch nicht geboren war,
Da bist du mir geboren
Und hast mir dir zu eigen gar,
Eh ich dich kannt, erkoren.
Eh ich noch war ans Licht gebracht,
Da hat dein Herze schon bedacht,
Wie du mein wolltest werden.
Ich lag in tiefster Todesnacht,
Du wurdest meine Sonne,
Die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht
Des Glaubens in mir zugericht’t,
Wie schön sind deine Strahlen!
Ich sehe dich mit Freuden an
Und kann nicht satt mich sehen;
Und weil ich nun nichts weiter kann,
Bleib ich bewundernd stehen.
O daß mein Sinn ein Abgrund wär,
Und meine Seel ein weites Meer,
Daß ich dich möchte fassen!
Vergönne mir, o Jesulein,
Daß ich dein Mündlein küsse,
Das Mündlein, das den süßen Wein,
Auch Milch und Honigflüsse
Weit übertrifft in seiner Kraft;
Es ist voll Labsal, Stärk und Saft,
Der Mark und Bein erquicket.
Wenn oft mein Herz im Leibe weint
Und keinen Trost kann finden,
Da ruft mir’s zu:
Ich bin dein Freund,
Ein Tilger deiner Sünden!
Was trauerst du, mein Brüderlein?
Du sollst ja guter Dinge sein,
Ich zahle deine Schulden.
Wer ist der Meister, der allhier
Nach Würdigkeit ausstreichet
Die Händlein, so dies Kindlein mir
Anlachende zureichet?
Der Schnee ist hell, die Milch ist weiß,
Verlieren doch bei ihren Preis,
Wann diese Händlein blicken.
Wo nehm ich Weisheit und Verstand,
Mit Lobe zu erhöhen
Die Äuglein, die so unverwandt
Nach mir gerichtet stehen?
Der volle Mond ist schön und klar,
Schön ist der güldnen Sterne Schar,
Dies‘ Äuglein sind viel schöner.
O daß doch ein so lieber Stern
Soll in der Krippen liegen!
Für edle Kinder großer Herrn
Gehören güldne Wiegen.
Ach, Heu und Stroh ist viel zu schlecht
Samt, Seide, Purpur wären recht,
Dies Kindlein drauf zu legen.
Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu,
Ich will mir Blumen holen,
Daß meines Heilands Lager sei
Auf lieblichen Violen.
Mit Rosen, Nelken, Rosmarin
Aus schönen Gärten will ich ihn
Von obenher bestreuen.
Zur Seiten will ich hier und dar
Viel weißer Lilien stecken,
Die sollen seiner Äuglein Paar
Im Schlafe sanft bedecken.
Doch lieb viel mehr das dürre Gras
Dies Kindelein, als alles das,
Was ich hier nenn und denke.
Du fragest nicht nach Lust der Welt
noch nach des Leibes Freuden;
du hast dich bei uns eingestellt,
an unsrer Statt zu leiden,
suchst meiner Seele Herrlichkeit
durch dein selbsteignes Herzeleid;
das will ich dir nicht wehren.
Eins aber, hoff ich, wirst du mir,
mein Heiland, nicht versagen,
daß ich dich möge für und für
in meinem Herzen tragen.
So laß mich deine Wohnung sein,
komm, komm und kehre bei mir ein
mit allen deinen Freuden.
Zwar sollt ich denken, wie gering
Ich dich bewirten werde,
Du bist der Schöpfer aller Ding,
Ich bin nur Staub und Erde.
Doch bist du so ein frommer Gast,
Daß du noch nie verschmähet hast
Den, der dich gerne siehet.
Gerhardt, Paul – Fröhlich soll mein Herze springen
Fröhlich soll mein Herze springen
dieser Zeit,
da vor Freud
alle Engel singen.
Hört, hört, wie mit vollen Chören
alle Luft
jauchzt und ruft:
Christus ist geboren!
Heute geht aus seiner Kammer
Gottes Held,
der die Welt
reißt aus allem Jammer.
Gott wird Mensch dir, Mensch, zu gute;
Gottes Kind
das verbindt
sich mit unserm Blute.
Sollt uns Gott nun können hassen,
der uns gibt,
was er liebt
über alle Maßen?
Gott gibt, unserm Leid zu wehren,
seinen Sohn
aus dem Thron
seiner Macht und Ehren.
Sollte von uns sein gekehret,
der sein Reich
und zugleich
sich selbst uns verehret?
Sollt uns Gottes Sohn nicht lieben
der jetzt kömmt,
von uns nimmt,
was uns will betrüben?
Hätte für der Menschen Orden
unser Heil
einen Greul,
wär er nicht Mensch worden;
hätt er Lust zu unserm Schaden,
ei, so würd
unsre Bürd
er nicht auf sich laden.
Er nimmt auf sich, was auf Erden
wir getan,
gibt sich an,
unser Lamm zu werden,
unser Lamm, das für uns stirbet
und bei Gott
für den Tod
Gnad und Fried erwirbet.
Nun er liegt in seiner Krippen,
ruft zu sich
mich und dich,
spricht mit süßen Lippen:
lasset fahren, liebe Brüder,
was euch quält,
was euch fehlt;
ich bring alles wieder.
Ei so kommt und laßt uns laufen;
stellt euch ein,
groß und klein,
kommt mit großen Haufen!
Liebt den, der vor Liebe brennet,
schaut den Stern,
der uns gern
Licht und Labsal gönnet.
Die ihr schwebt in großem Leiden,
sehet, hier
ist die Tür
zu den wahren Freuden.
Faßt ihn wohl, er wird euch führen
an den Ort,
da hinfort
euch kein Kreuz wird rühren.
Wer sich findt beschwert im Herzen,
wer empfindt
seine Sünd
und Gewissensschmerzen,
sei getrost, hier wird gefunden,
der in Eil
machet heil
auch die tiefsten Wunden.
Die ihr arm seid und elende,
kommt herbei,
füllet frei
eures Glaubens Hände.
Hier sind alle guten Gaben
und das Gold,
da ihr sollt
euer Herz mit laben.
Süßes Heil, laß dich umfangen,
laß mich dir,
meine Zier,
unverrückt anhangen.
Du bist meines Lebens Leben;
nun kann ich
mich durch dich
wohl zufrieden geben.
Meine Schuld kann mich nicht drücken,
denn du hast
meine Last
all auf deinem Rücken.
Kein Fleck ist an mir zu finden,
ich bin gar
rein und klar
aller meiner Sünden.
Ich bin rein um deinetwillen,
du gibst gnug
Ehr und Schmuck,
mich darein zu hüllen.
Ich will dich ins Herze schließen;
O mein Ruhm.
Edle Blum,
laß dich recht genießen.
Ich will dich mit Fleiß bewahren;
ich will dir
leben hier
und mit dir heimfahren.
Mit dir will ich endlich schweben
voller Freud
ohne Zeit
dort im andern Leben.
Gerhardt, Paul – O Jesu Christ
1. O Jesu Christ,
Dein Kripplein ist
Mein Paradies, da meine Seele weidet!
Hier ist der Ort,
Hier liegt das Wort
Mit unserm Fleisch persönlich angekleidet.
2. Dem Meer und Wind
Gehorsam sind,
Gibt sich zum Dienst und wird ein Knecht der Sünder.
Du, Gottes Sohn,
Wirst Erd’ und Ton,
Gering und schwach wie wir und unsre Kinder.
3. Du, höchstes Gut,
Hebst unser Blut
In deinen Thron hoch über alle Höhen.
Du, ewge Kraft,
Machst Brüderschaft
Mit uns, die wie ein Dampf und Rauch vergehen.
4. Was will uns nun
Zuwider tun
Der Seelenfeind mit allem Gift und Gallen?
Was wirft er mir
Und andern für,
Daß Adam ist, und wir mit ihm, gefallen?
5. Schweig arger Feind!
Da sitzt mein Freund,
Mein Fleisch und Blut, hoch in dem Himmel droben;
Was du gefällt,
Das hat der Held
Aus Jakobs Stamm zu großer Ehr erhoben.
6. Sein Licht und Heil
Macht alles heil;
Der Himmelsschatz bringt allen Schaden wieder.
Der Freudenquell
Immanuel
Schlägt Teufel, Höll’ und all ihr Reich danieder.
7. Drum, frommer Christ,
Wer du ach bist,
Sei gutes Muts und laß dich nicht betrüben!
Weil Gottes Kind
Dich ihm verbind’t
So kann’s nicht anders sein, Gott muß dich lieben.
8. Gedenke doch,
Wie herrlich hoch
Er über allen Jammer dich geführet!
Der Engel Heer
Ist selbst nicht mehr
Als eben du mit Seligkeit gezieret.
9. Du siehest ja
Vor Augen da
Dein Fleisch und Blut die Luft und Wolken lenken;
Was will doch sich –
Ich frage dich –
Erheben, dich in Angst und Furcht zu senken?
10. Dein blöder Sinn
Geht oft dahin,
Ruft Ach und Weh, läßt allen Trost verschwinden.
Komm her und richt
Dein Angesicht
Zum Kripplein Christi, da wirst du’s finden.
11. Wirst du geplagt?
Ei, unverzagt!
Dein Bruder wird dein Unglück nicht verschmähen;
Sein Herz ist weich
Und gnadenreich,
Kann unser Leid nicht ohne Tränen sehen.
12. Tritt zu ihm zu!
Such Hilf und Ruh!
Er wird’s so machen, daß du ihm wirst danken.
Er weiß und kennt
Was beißt und brennt,
Versteht wohl, wie zu Mute sei dem Kranken.
13. Denn eben drum
Hat er den Grimm
Des Kreuzes auch am Leibe wollen tragen,
Daß seine Pein
Ihm möge sein
Ein unverrückt Erinnrung unsrer Plagen.
14. Mit einem Wort:
Er ist die Pfort
Zu dieses und des andern Lebens Freuden;
Er macht behend
Ein seligs End
An alle dem, was fromme Herzen leiden.
15. Laß aller Welt
Ihr Gut und Geld
Und siehe nur, daß dieser Schatz dir bleibe!
Wer den hier fest
Hält und nicht läßt,
Den ehrt und krönt er dort an Seel’ und Leibe.