Gerhardt, Paul – Siehe, mein getreuer Knecht

  1. Siehe, mein getreuer Knecht,
    Der wird weislich handeln,
    Ohne Tadel, schlecht und recht
    Auf der Erden wandeln;
    Sein getreuer, frommer Sinn
    Wird in Einfalt gehen,
    Und nach dennoch wird man ihn
    An das Kreuz erhöhen.
  2. Hoch am Kreuz wird mein Sohn
    Große Marter leiden,
    Und viel werden ihn mit Hohn
    Als ein Scheusal meiden.
    Aber also wird sein Blut
    Auf die Heiden springen
    Und das ewge wahre Gut
    In ihr Herze bringen.
  3. Kön‘ge werden ihren Mund
    Gegen ihn verhalten
    Und aus innerm Herzensgrund
    Ihre Hände falten.
    Das verblend´te taube Heer
    Wird ihn sehn und hören
    Und mit Lust zu seiner Ehr
    Ihren Glauben mehren.
  4. Aber da, wo Gottes Licht
    Reichlich wird gespüret,
    Hält man sich mit nichten nicht
    Wie es sich gebühret:
    Denn wer glaubt im Judenland
    Unser Predigt Worten!
    Wem wird Gottes Arm bekannt
    In Israels Orten?
  5. Niemand will fast seinen Preis
    Ihm hie lassen werden,
    Denn er schießt auf wie ein Reis
    Aus der dürren Erden,
    Krank, verdorret, ungestalt,
    Voller Blut und Schmerzen,
    Daher scheut ihn jung und alt
    Mit gewandten Herzen.
  6. Ei, was hat er denn getan?
    Was sind seine Schulden,
    Daß er da für jedermann
    Solche Schmach muß dulden?
    Hat er etwa Gott betrübt
    An gesunden Tagen,
    Daß er ihm anitzo gibt
    Seinen Lohn mit Plagen?
  7. Nein, fürwahr! Wahrhaftig nein!
    Er ist ohne Sünden.
    Sondern was der Mensch an Pein
    Billig sollt empfanden,
    Was an Krankheit, Angst und Weh
    Uns von Recht gebühret,
    Das ist´s, was ihn in die Höh
    An das Kreuz geführet.
  8. Daß ihn Gott so heftig schlägt,
    Tut er unsertwillen,
    Daß er solche Bürden trägt,
    Damit will er stillen
    Gottes Zorn und großen Grimm,
    Daß wir Frieden haben
    Durch sein Leiden und in ihm
    Leib und Seele laben.
  9. Wir sinds, die wir in der Irr
    Als die Schafe gingen
    Und noch stets zur Höllentür
    Als die Tollen dringen.
    Aber Gott, der fromm und treu,
    Nimmt, was wir verdienen
    Und legts seinem Sohne bei,
    Der muß uns versühnen.
  10. Nun, er tut es herzlich gern,
    Ach, des frommen Herzen!
    Er nimmt an den Zorn des Herrn
    Mit viel tausend Schmerzen
    Und ist allzeit voll Geduld,
    Laßt kein Wörtlein hören
    Wider die, so ohne Schuld
    Ihn so hoch beschweren.
  11. Wie ein Lämmlein sich dahin
    Läßt zur Schlachtbank selten
    Und hat in dem frommen Sinn
    Gar kein Widerstreiten,
    Läßt sich handeln, wie man will,
    Fangen, binden, zähmen
    Und dazu in großer Still
    Auch sein Leben nehmen.
  12. Also läßt auch Gottes Lamm
    Ohne Widersprechen
    Ihm sein Herz am Kreuzesstamm
    Unsertwegen brechen.
    Er sinkt in Tod hinab,
    Den er selbst doch bindet,
    Weil er sterbend Tod und Grab
    Mächtig überwindet.
  13. Er wird aus der Angst und Qual
    Endlich ausgerissen,
    Tritt den Feinden allzumal
    Ihren Kopf mit Füßen.
    Wer will seines Lebens Läng
    Immer mehr ausrechnen?
    Seiner Tag und Jahre Meng
    Ist nicht auszusprechen.
  14. Doch ist er wahrhaftig hier
    für sein Volk gestorben
    Und hat völlig mir und dir
    Heil und Gnad erworben,
    Kommt auch in das Grab hinein
    Herrlich eingehüllet,
    Wie die, so mit Reichtum sein
    In der Welt erfüllet.
  15. Er wird als ein böser Mann
    Für die Welt geplaget,
    Da er doch nach nie getan,
    Auch noch nie gelogen,
    Was da bös und unrecht wär;
    Er hat nie betrogen.
    Nie verletzt Gottes Ehr,
    Seinem heilgen Namen.
  16. Ach, er ist für fremde Sünd
    In den Tod gegeben,
    Auf daß du, o Menschenkind,
    Durch ihn möchtest leben,
    Daß er mehrte sein Geschlecht,
    Den gerechten Samen,
    Der Gott dient und Opfer brächt
    Seinem heiligen Namen.
  17. Denn das ist sein höchste Freud
    Und des Vaters Wille,
    Daß den Erdkreis weit und breit
    Sein Erkenntnis fülle,
    Damit der gerechte Knecht,
    Der vollkommne Sühner,
    Gläubig mach und recht gerecht
    Alle Sündendiener.
  18. Große Menge wird ihm Gott
    Zur Verehrung schenken,
    Darum daß er sich mit Spott
    Für uns lassen kränken,
    Da er denen gleich gesetzt,
    Die sehr übertreten,
    auch die, so ihn hoch verletzt,
    Bei Gott selbst verbeten.

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