Vespasius, Hermann – Ein frölick Gesanck eines gelöuigen Christen

WEer myner Sünd ock noch so veel,
dennoch ick nicht vörtzagen wil,
Christ wil ick lathen wolden:
De alle Sünd wech nimpt vnd dricht,
den wil ikck lathen wolden.

Syn tröstlick Wordt heb ick gehördt,
darmedt hefft he myn Herdt gerört:
wol gelöuet an synen Söne,
de werdt vörlaren werden nicht,
schal hebben der fröuwden Krone.

Idt trure, wol dar truren wil,
myn Hert vpspringt vör fröuden veel,
neen leydt nach my nicht rören,
Neen Vnual my affwenden schal
van Christo, mynem HEREN.

O Jesu Christ, myn HER vnd Godt,
dy trüwen helpt allein vth nodt,
help mynem swanken gelouen,
So kan my ock de bitter Dodt
vth dyner Handt nicht rouen.

Frisch vnd frölick,, myn leue Seel!
dy is beschert dat ewygh Heyll,
dyn Vyendt syndt all gedempett!
Den strydt de nicht vörlesen kan,
de im Gelouen kempet.

Danck sy dy Godt in ewicheit,
O Vader der barmherticheit,
sampt Christo, mynem HEREN!
Dyn loff ick all tydt prysen wil,
dynen Namen stedes eheren. Amen

Quelle

Böhmische Brüder – Lehrgesang

SIng heut vnd frew dich, Christenheyt,
lob Gott mit grosser innigkeyt,
Denn ein Heylandt ist dir gesandt,
der Jesus Christus wird genannt.

Der nimbt sich deines kommers an
vnd waget sein leben daran,
Nimpt auff sich deine missethat
das er dir hülff aus aller not.

Ey nimm jn auch mit freuden an
vnd trit frölich auf seine ban,
Würff all deine gerechtigkeyt
zun füssen seiner heyligkeyt.

Erkenn vor jm dein sünd vnd schuld
vnd bitt jn, das er dir auch wolt
Als ein heylandt vnd milter Gott
ableschen deine missethat.

Ergieb dich jm mit seel vnd leyb,
auff das er dir inn dein hertz schreyb
Sein new gesetz, da durch du jn
erkenst vnd habst inn deinem sihn.

Nim an sein wort vnd trewe leer:
das ist die recht vnd höchste ehr,
Die Gott der Herr von vns begert:
o selig, wer inn der gewert!

Der mag getrost vnd wol gemut
trotzen wider der Hellen glut
Vnd dancken Gott on vnterlaß
für seine gab vnd wolthat groß.

Ey, sintemal wir Christen sein,
so last vns nu alle gemeyn
Regieren hie nach dieser leer,
Gott vnsrem Herrn zu lob vnd ehr.

O Herre Gott, nu steh vns bey
mit deiner genad, vnd verley,
Das wir durch dich werden regiert,
dich loben in Heyliger zierd!

Quelle

Emil Quandt – Das grosse Herzeleid.

Es gibt im Leben ein Herzeleid,
Das ist wie die weite Welt so weit,
Das ist wie Bergeslasten schwer,
Das ist so tief wie das tiefe Meer.

Das ist das grosse Herzeleid,
Wenn um die Sünde die Seele schreit,
Wenn die Träne rinnt um der Sünde Last
Und um die Sünde die Wang erblasst.

Das ist des Lebens Herzeleid,
Das heilet kein Balsam dieser Zeit,
Das bannet kein Zauber von Lieb und Luft.
Das tötet kein Tod in der Menschenbrust.

Und ist es erwacht, dies Herzeleid,
Dann nagt es am Herzen in Fried und Streit,
Dann trübt es den Blick in der Sonne Pracht,
Dann macht es so laut die stille Nacht.

Das ist das grosse Herzeleid:
Dafür hat der Mittler sein Leben geweiht.
Durch Christ Blut und Gerechtigkeit
Wird uns gestillt das Herzeleid.

Rappard-Gobat, Dora – Durch Leiden zur Herrlichkeit

Selneccer, Nikolaus – Aus der Tiefe rufe ich Herr zu Dir

Der sechste Bußpsalm (Psalm 130.)

Nach eigener Melodie

Aus tiefer Noth ich ruf zu dir,
Mein Gott und Herr, mit groß Begier.
Mein Schrein und meines Flehens Stimm
Mit deinen Ohren Herr vernimm.

So du willst rechnen Sünde zu,
Ach wer soll alsdann haben Ruh?
Wer wird vor dir o Herr bestehn,
Müssen wir nicht Alle vergehen?

Aber bei dir Vergebung ist,
Daß man dich fürcht ohn Falsch und List.
Wer nach dem Heil der Seelen tracht,
Der hab auf dein Erbarmung Acht.

Ich harr des Herrn ganz unverzagt,
Auf seine Gnad seis stracks gewagt.
Mein Seele harret für und für,
Auf sein Wort hoff ich mit Begier.

Mein Seel wart auf den Herren fromm,
Wenn ich gleich leide um und um,
Von einer Morgenwache an
Bis zur andern so lang sie kann.

Israel hoff und sei gewiß,
Daß Gott der Herr barmherzig ist.
Ist doch beim Herrn die Gnad so groß,
Daß sie durchaus hat keine Maß.

Erlöser ist sein lieber Sohn,
Der für uns all hat gnug gethan,
Von allen Sünden machet rein,
Die nur an ihn des Glaubens sein.

Selneccer – Himmelfahrt

Tersteegen, Gerhard – Wie bist du mir so innig gut

1. Wie bist du mir so innig gut,
Mein Hohepriester du!
Wir teur und kräftig ist dein Blut,
Es bringt mich stets zur Ruh.

2.) Wenn mein Gewissen zagen will
Vor meiner Sünden Schuld,
So macht dein Blut mich wieder still,
Setzt mich bei Gott in Huld.

3.) Hab ich gestrauchelt hie und da
Und will verzagen fast,
So ist dein sühnend Blut mir nah,
Das nimmt mir meine Last.

4.) Es sänftigt meinen Schmerz so mild
Durch seine Balsamkraft,
Die mein geängstet Herze stillt
Und neuen Glauben fasst.

5.) So senkt sich denn mein schlichter Sinn
In deine Wunden ein,
Da ich dann ganz geborgen bin.
Mein Gott, wie kann es sein?

6.) Wie kann es sein? Ich sag es noch,
Herr, ist es auch Betrug?
Ich großer Sünder hab ja doch
Verdienet deinen Fluch.

7.) Nein, Jesus, du betrügest nicht,
Dein Geist mir Zeugnis gibt.
Dein Blut und Gnad und Fried verspricht,
Ich werd umsonst geliebt.

8.) Umsonst will ich auch lieben dich,
Mein Gott, mein Trost, mein Teil!
Ich will nicht denken mehr an mich,
In dir ist all mein Heil.

9.) Zieh mich in dein versöhnend Herz,
Mein Jesu, tief hinein.
Lass es in aller Not und Schmerz
Mein Schloss und Zuflucht sein.

10.) Kommt groß und kleine Sünder doch,
Die ihr mühselig seid!
Dies liebend Herz steht offen noch,
Das euch von Sünd befreit.

Tersteegen, Gerhard – Ich finde stetig diese zwei

1.) Ich finde stetig diese zwei
In meinem Wandel und Gemüte:
Dass ich ein armer Sünder sei
Und Gott die wesentliche Güte.
Ich leb vor Gott zufrieden so
Und bin bei meinem Elend froh.

2.) Ich bin entblößt von allem Gut,
Von allem Licht und Kraft und Leben.
Gott alles ist und hat und tut,
Er kann und will mir alles geben.
Wenn ich mein tiefes Nichts bedenk,
Ich mich in Gott noch tiefer senk.

3.) Pfui, pfui, mit aller Frömmigkeit,
Wo man sich selbst besieht und liebet!
Dies ist der Tugend Lauterkeit,
Wenn man nur Gott die Ehre giebet.
Das Nichts ist manchem wohl im Mund,
Doch sitzt es wenigen im Grund.

4.) Man nennt sich öfters arm und schwach,
Wer glaubt es aber recht von Herzen?
Und wer es glaubt, dem bringt es Plag,
Man glaubt’s mit Unruh und mit Schmerzen.
Im Nichts bringt Armut keine Pein,
Im Nichts ist man mit Frieden klein.

5.) Dies Nichts soll meine Wohnung sein.
Herr, lass mich nimmer etwas werden,
Sei du mein Ruhm und Freud allein,
Mein Alles droben und auf Erden,
Lass mich verschwinden ganz und gar,
Sei du in mir nur offenbar!

6.) Ich will wohl gerne schöne sein,
Doch nur, damit ich dir gefalle.
Ich such vor Menschen keinen Schein,
Willst du, lass mein vergessen alle!
Ich sei veracht’t und du geehrt,
So hab ich, was ich hab begehrt.

7.) Führ mich zur höchsten Heiligkeit,
Doch lass’s die Eigenheit nicht wissen.
Gib mir des Himmels Herrlichkeit!
Ich leg die Kron zu deinen Füßen,
Mit Freuden seh ich nichts in mir,
Mit Freuden geb ich alles dir.

Ringwaldt, Bartholomäus – Wend ab deinen Zorn, lieber Gott

1.) Wend ab deinen Zorn,
Lieber Gott, mit Gnaden
Und lass nicht wüten
Deine blut’gen Ruten,
Richt uns nicht streng
Nach unsern Missetaten
Sondern nach Güte!

2.) Denn so du wolltest
Nach Verdienst bestrafen,
Wer könnte deinen Zorn
Und Grimm ertragen?
All’s müsst‘ vergehen,
Was du hast geschaffen,
Vor deinen Plagen.

3.) Vergib, Herr, gnädig
Unsre großen Schulden,
Lass über das Recht
Deine Gnade walten,
Denn du pflegest
Zu schon‘ nach großer Hulde,
Uns zu erhalten.

4.) Sind wir doch arme
Würmlein, Staub und Erden
Mit Erbsünd‘, Schwachheit
Not und Tod beladen:
Warum sollten wir
Gar zu nichte werden
Im Zorn, ohn‘ Gnaden?

5.) Sieh an deines Sohns
Kreuz und bitter Leiden,
Der uns erlöset hat
Mit seinem Blute
Und eröffnen lassen
Sein Herz und Seiten,
Der Welt zu Gute.

6,) Darum, o Vater,
Lass uns nicht verderben,
Dein‘ Gnad‘ und Geist
Durch Christum wollst uns geben.
Mach‘ uns samt ihm
Des Himmelreiches Erben,
Mit dir zu leben.

Hubert, Konrad – Christe, mein Herr

CHriste mein Herr
ich bin gantz ferr
von deiner lieb geschayden
Zu aller stund
auß bößem grund
in sündn thu ich mich waiden
Kain guts in mir
das klag ich dir
kan ich mit nichte finden
Darumb ich bit
versag mir nit
erleücht mich armen blinden.

ALlain bey dir
O herr hilff mir
steeht all mein thun vn lassen
Ain armer Mensch
recht du mich kennst
Der teüfel thut mich hassen
Schaff mir beystand
so wirt erkannt
dein wunder grosse guete
Die gib nun mir
thu Dich herfür
das mich dein trew behuete.

SPrich nun ain Wort
mein höchster hort
so wirt mein seel gesunde
Von dir ichs bit
versag mirs nit
jetzund zu diser stunde
So hats kein not
wenn schon der todt
mit seiner bracht her dringet
Darzu die hell
auch jr gesell
all vnglück mit jr bringet.

PEen und die straff
weyt von mir schaff
dein trew an mir beweyse
An deinem knecht
heb auf das recht
daß ich dein guete preyse
Schaff mir beistand
aufflöß die band
des teüffels und der helle
Dein vatter bitt
das er mich nit
so gar verstossen wölle.

AUff dich traw ich
gantz vestigklich
hilff mir auß meinen leyden
Gib mir dein gnad
das mir nichs schad
die sünd kan ich nit meyden
Ich hab kain ru
wie ich jm thu
in allem meinen leben
Wo du nit kumbst
miit deiner gunst
vn mir dein sterck thust geben.

RIeffen will ich
vnd bitten dich
in allem meinem leben
zu dir mein Gott
hilff mir auß nott
dein gnad wöllest mir geben
So bin ich frey
gleich wa ich sey
kan mir doch niemant schaden
Obschon vnglück
all augenblick
auff mich schwer wirt geladen.

HErr Zebaoth
ain trewen Gott
hast dich allzeyt erzayget
zu den sündern
als dein kindern
hast dich freündtlich genayget
Als man dann findt
gar wol gegründt
in baiden testamenten
Darumb mein herr
dich zu mir ker
erleücht mich gar verblend.

VErleich mir Gnad
das mir nit schad
kein übel hie auff erden
Kain rast noch ru
wie ich jm thu
kan mir gegeben werden
Dieweil mich plagt
vnd die sünd nagt
in meinem bösen gwissen
Dann zu der sünd
bin ich gantz gschwind
darzu mit ernst geflissen.

O Reicher Gott
in meiner nott
ich trewlich zu dir gilffe
Dann ich ye wayß
durch dein gehayß
daß Du bist mein gehilffe
In aller not
auch in dem todt
will ich mich zu dir wenden
Mich nit veracht
der sünd nit acht
dein gayst thu mir bald senden.

BIß eingedenk
dein’r edlen gschenk
damit vns hast begabet
deins fleischs vn bluts
des höchsten guts
das wir da warn berabet
Ain testament
vor deinem endt
mit vns hast aufgerichtet
Ain steten Bund
vn guten grund
da dich vns hast verpflichtet.

ERbarm dich nun
du hoechster sun
meins schwachen armen lebens
Nimm dich mein an
hilff mir aufban
sonst ist mein thun vergebens
Dann ye in mir
das klag ich dir
find ich kain guten funcken
In aller sünd
wie sathans kind
bin ich gantz tieff versuncken.

REychtumb vnd eer
ich nit beger
wann ich nun hab dein hulde
Darumb ich bitt
versag mir nit
vergib mir all mein schulde
Vnd in dein reich
für mich zugleich
wann sich mein leben endet
Darzu der todt
vnd alle not
sein herschafft von mir wendet.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Hubert, Konrad – Allein zu dir, Herr Jesu Christ

1. Allein zu dir, Herr Jesu Christ,
mein Hoffnung steht auf Erden.
Ich weiß, daß du mein Tröster bist,
kein Trost mag mir sonst werden.
Von Anbeginn ist nichts erkorn,
auf Erden ward kein Mensch geborn,
der mir aus Nöten helfen kann;
ich ruf dich an,
zu dem ich mein Vertrauen han.

2. Mein Sünd‘ sind schwer und übergroß
und reuen mich von Herzen;
derselben mach mich frei und los
durch deinen Tod und Schmerzen;
und zeige deinem Vater an,
daß du hast g’nug für mich getan,
so werd ich los der Sünden Last.
Erhalt mich fest
in dem, was du versprochen hast.

3. Gib mir durch dein Barmherzigkeit
den wahren Christenglauben,
auf daß ich deine Gütigkeit
mög inniglich anschauen,
vor allen Dingen lieben dich
und meinen Nächsten gleich wie mich.
Am letzten End dein Hilf mir send,
damit behend
des Teufels List sich von mir wend.

4. Ehr sei Gott in dem höchsten Thron,
dem Vater aller Güte,
und Jesus Christ, seim lieben Sohn,
der uns allzeit behüte,
und Gott, dem werten Heilgen Geist,
der uns allzeit sein Hilfe leist,
daß wir ihm wohlgefällig sein
hier in der Zeit
und folgen ihm in Ewigkeit.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Ringwaldt, Bartholomäus – Flehen um Begnadigung

Herr Jesu Christ, du höchstes Gut,
Du Brunnquell der Genaden,
Sieh doch, wie ich in meinem Muth
Mit Schmerzen bin beladen,
Und in mir hab‘ der Pfeile viel,
Die im Gewissen ohne Ziel
Mich armen Sünder drücken.

Erbarm‘ dich mein in solcher Last;
Nim sie aus meinem Herzen,
Dieweil du sie gebüßet hast.
Am Holz mit Todesschmerzen,
Auf daß ich nicht für großem Weh‘
In meinen Sünden untergeh‘
Und ewiglich verzage.

Fürwahr, wenn mir das kommet ein,
Was ich mein‘ Tag begangen:
So fällt mir auf das Herz ein Stein,
Und bin mit Furcht umfangen;
Ja, ich weiß weder aus noch ein,
Und müßte stracks verloren seyn,
Wenn ich dein Wort nicht hätte.

Aber dein heilsam Wort das macht
Mit seinem süßen Singen,
Daß mir das Herze wieder lacht
Und was beginnt zu springen,
Dieweil es alle Gnad‘ verheißt
Denen, die mit zuknirschtem Geist
Zu dir, o Jesu, kommen.

Und weil ich denn in meinem Sinn,
Wie ich zuvor geklaget,
Auch ein betrübter Sünder bin,
Den sein Gewissen naget,
Und gerne mögt‘ im Blute dein
Von Sünden absolviret seyn,
Wie David und Manasses:

Als komm‘ ich auch zu dir allhie
In meiner Angst geschritten,
Und thu‘ dich mit gebeugtem Knie
Von ganzem Herzen bitten:
Verzeih mir doch genädiglich,
Was ich mein‘ Lebtag‘ wider dich
Auf Erden hab‘ begangen.

O Herr, vergieb, vergieb‘ mir’s doch
Um deines Namens willen,
Und thu in mir das schwere Joch
Der Uebertretung stillen,
Daß sich mein Herz zufrieden geb‘
Und dir hinfort zu Ehren leb‘
Mit kindlichem Gehorsam.

Stärk‘ mich mit deinem Freudengeist,
Heil‘ mich mit deinen Wunden,
Wasch mich mit deinem Todesschweiß
In meiner letzten Stunden,
Und nim mich einst, wenn dir’s gefällt,
Im rechten Glauben aus der Welt
Zu deinen Auserwählten!

Rambach – Anthologie christlicher Gesänge aus der alten und mittlern Zeit