Luther, Martin – Ein neues Lied

Ein neu Lied von den zweyen Marterern Christi, zu Brüssel von den Sophisten zu Löwen verbrannt.

1. Ein neues Lied wir heben an,
Des wallt Gott, unser Herre,
Zu singen, was Gott hat getan
Zu seinem Lob und Ehre.
Zu Brüssel in dem Niederland
Wohl durch zween junge Knaben
Hat er sein Wundermacht bekannt,
Die er mit seinen Gaben
So reichlich hat gezieret.

2. Der Erst recht wohl Johannes heißt
So reich an Gottes Hulden,
Sei Bruder Heinrich nach dem Geist,
Ein rechter Christ ohn Schulden.
Von dieser Welt geschieden sind,
Sie han die Kron erworben,
Recht wie die frummen Gotteskind
Für sein Wort sind gestorben,
Sein Marter sind sie worden.

3. Der alte Feind sie fangen ließ,
Erschreckt sie lang mit Dräuen,
Das Wort Gotts er sie leugne hieß,
Mit List auch wollt sie täuben.
Von Löwen der Sophisten viel,
Mit ihrer Kunst verloren,
Versammlet er zu diesem Spiel.
Der Geist macht sie zu Toren,
Sie kunnten nichts gewinnen.

4. Sie sungen süß, sie sungen saur,
Versuchten manche Listen,
Die Knaben standen wie ein Maur,
Verachten die Sophisten.
Den alten Feind das sehr verdroß,
Daß er war überwunden
Von solchen Jungen, er so groß;
Er ward voll Zorn von Stunden,
Gedacht sie zu verbrennen.

5. Sie raubten ihn das Klosterkleid,
Die Weib sie ihn auch nahmen.
Die Knaben waren des bereit,
Sie sprachen fröhlich Amen.
Sie dankten ihrem Vater Gott,
Daß sie los sollten werden
Des Teufels Larvenspiel und Spott,
Darin durch falsche Bärden
Die Welt er gar betreuget.

6. Da schickt Gott durch sein Gnad also,
Daß sie recht Priester werden,
Sie selbst ihm mußten opfern do
Und gehn im Christusorden,
Der Welt ganz abgestorben sein,
Die Heuchelei ablegen,
Zum Himmel kommen frei und rein,
Die Möncherei aussegen
Und Menschentand hie lassen.

7. Man schrieb ihn vor ein Brieflein klein,
Das hieß man sie selbst lesen.
Die Stück sie zeichten alle drein,
Was ihr Glaub war gewesen.
Der höchste Irrtum dieser war:
Man muß allein Gott glauben,
Der Mensch leugt und treugt immerdar,
Dem soll man nichts vertrauen.
Des mußten sie verbrennen.

8. Zwei große Feur sie zundten an,
Die Knaben sie her brachten.
Es nahm groß Wunder jedermann,
Daß sie solch Pein verachten.
Mit Freuden sie sich gaben drein,
Mit Gottes Lob und Singen.
Der Mut war den Sophisten klein
Vor diesen neuen Dingen,
Da sich Gott ließ so merken.

9. Noch lassen sie ihr Lügen nicht,
Den großen Mord zu schmücken.
Sie geben vor ein falsch Gedicht,
Ihr Gwissen tut sie drücken.
Die Heilgen Gotts auch nach dem Tod
Von ihn gelästert werden,
Sie sagen: In der letzten Not
Die Knaben noch auf Erben
Sie sollen han umkehret.

10. Die laß man lügen immerhin,
Sie habens kleinen Frommen.
Wir sollen danken Gott darin,
Sein Wort ist wiederkommen.
Der Sommer ist hart vor der Tür,
Der Winter ist vergangen,
Die zarten Blümlein gehn herfür;
Der das hat angefangen,
Der wird es wohl vollenden.

11. Der Schimmel sie nun gereuet hat,
Sie wolltens gern schön machen.
Sie dürfen nicht rühmen sich der Tat,
Sie bergen fast die Sachen.
Die Schand im Herzen beißet sie
Und klagens ihrn Genossen,
Doch kann der Geist nicht schweigen hie:
Des Abels Blut vergossen,
Es muß den Kain melden.

12. Die Aschen will nicht lassen ab,
Sie stäubt in allen Landen.
Hie hilft kein Bach, Loch, Grub noch Grab,
Sie macht den Feind zuschanden.
Die er im Leben durch den Mord
Zu schweigen hat gedrungen,
Die muß er tot an allem Ort
Mit aller Stimm und Zungen
Gar fröhlich lassen singen.

Cerfas, Mattheiß – Abschied vom Leben.

„Ein ander lied hat Mattheiß Cerfas im Gefengnuß gemacht, welcher zu Cöllen mit dem Schwert gericht Anm. 1555. Und geht im Thon, Ein feste burg ist.“

1. Mitt angst und not ruff ich dich an,
o Gott, thu mich geweren!
Wollest doch nun fest bey mir stohn
durch Christum unseren Herren,
Weil ich wird in die prob gestalt,
das reich leidt gewalt,
der weg, O Herr, ist schmal,
wer es einnehm soll,
mag wol beten und fasten.

2. Ach Gott, nun züchtig mich zu recht
mit vätterlichen schlägen!
Ich hab wie ein unnützer knecht
verlassen deine wegen
Und bin allso ohn dich gewest,
wie man das ließt:
wer darab thut, O Herr,
bleibt nit in deiner lehr,
keinn Gott wirt er nit haben.

3. Trew wirstu aber, Her, den sein,
dich sich von Hertzen bekehren,
Ergeben sich wie Kinder dein
und folgen deiner lehre,
All Creatur wirt werden loß,
steht vor dir bloß: hie bin ich, Her!
was ist dein bger?
die wirstu zu dir nehmen.

4. Hastu mir nit dein hand gerecht
gereycht und thun erlösen,
da ich noch war der sünden knecht
und lebt in allem bösen?
Das war mir so ein schere last,
ich hatt kein rast tag und nacht,
hat mir viel trauern bracht,
biß du mir, Herr, thetst helffen.

5. Ein grosse freud ich da entpfieng,
darumb ich dir noch danke.
Ich bitt dich, nun richt meine geng,
daß ich von dir nit wancke,
Daß ich, O Herr, zum Schlachtschaf dein
mög wirdig sein,
ein Opffer rein,
ein zeug der leiden dein,
und verharren biß ans ende!

6. Steh du, O Gott, nit fern von mir!
ein groß streit ist vorhanden:
Mach mich wirdig, zu sehn bey dir,
daß ich nit komm zu schanden!
Dann du, mein Gott, mein Felß und schloß,
mein zuverlöß,
es kost nun hell
leib oder Seel,
ach hilff, mein feind abschlagen!

7. Kreutz und leiden ist mir bereyt,
mach michs wirdig zu tragen,
Daß ich darumb von dir nit scheyd,
sie thun hart auff mich schlagen,
Es wirt geschossen manch tausent pfeil
nach meiner Seel,
manch Netz gestelt
so weit hinauß ins felt,
mit listen mich zu fangen!

8. Du aber bist, ein starcker Gott,
das hab ich wol vernommen,
Ein schirm und trost in aller not,
ein Schatten aller frommen,
Du machst mich also starck im streit,
daß ich auch nit
ger abzustohn
sondern hindurch zu gohn,
biß ich die statt einneme.

9 Ruff ich zu dir, so gistu mir
Weißheit und Mund zu sprechen,
Deß glaubens krafft dabey ich spür
mits Geistes Schwerdt zu feschten.
Den schilt des Glaubens muß man han
sol man bestohn,
an füssen sein
geschuhet seyn
mit dem Evangelio deß fridens.

10 Unser wapffen mögen nit fleischlich sein,
sonder kräfftig von geiste,
Mit gedult von Gott bekleydet sein,
zu streiten allermeiste
Gegen den Fürsten dieser welt,
der sich sawrr stelt
mit falschem schein
in den kindern sein
und mein mich zu erschleichen.

11 Wie muß ich dir, O Vatter mein,
so rein geleuter werden,
Ich muß nur seyn ein Wörmlein klein
ein Narr auff dieser Erden.
Der Versucher tritt umb mich her
mit starcker wehr,
die Füchslein klein
graben so tieff hinein,
dein weinberg zu verderben.

12 Wenn ichr anschlag nit will fortgohn
mit bitten noch mit drewen
Und wir ihr Glerten weisen von,
daß sie sich nit erfrewen,
Dan kommen sie mit Keyers gebott,
weisen zum todt,
so wir daran
kein schrecken han,
hond sie uns peingt sere.

13 Und Gott hat unsern mund verwahrt,
dafür wir im noch dancken;
Wiewohl die pein war also hart,
ließ er uns doch nit wanecken,
Er hat uns mit gedult bekleidt,
wirr waren bereit,
in todt zu gohn,
vor unser Brüder zu stohn,
wollten sie nit besagen.

14 O Gott, wir stohn in angst und pein
wie ein befrüchte frawe,
Mit schmerzen muß geboren sein,
das wirt uns nit gerawen:
So wir der arbeit mechtig seyn
durch die krafft dein
geberen sein,
so sol bald sein
all schmertz in freud verkehret.

15 Nachdem, O Gott Vatter und Herr,
du uns selbst hast verheissen,
Daß du die deinen nimmermehr
verlassen wolst als weysen,
Die hie so gar verlassen seind,
wie es ietzt scheint
vor den menschen kind,
daß wir so gar verlassen sind
vom weg der warheit ferre.

16 O Gott, wir dancken aber dir
auß grosser trew allgmeyne!
Wir haben keinen irthum für,
es ist die warheit reyne,
Es ist das recht war fundament,
das Petrus bekendt,
der war eckstein,
wissen auch anders kein,
dar durch wir sehlig werden!

17 Trew bistu, Herr, also muß dir
ein jeder trewlich dienen;
Er das nicht thut auß hertzen gut,
mag wohl klagen und weinen.
Vil nemens wort mit freuden an,
die nicht bestahn
wie man solt,
wen der Glaub klar gleich wie das golt
sol rein geleutert werden.

18 Trew Knecht, O Herr, ist mein beger,
wolst deinen Kindern geben,
Die ein rein hertz bereyten dir
in lehr und auch im leben,
Und nim alle gutdüncken hin
auf irem sin,
auff daß, O Herr,
dir wird die ehr,
niemand im selbst gefalle!

19 Ein recht verstand mit leiebe sein,
bit ich von dir ob allen,
Schreib in das Hertz der Kinder dein,
laß fir mein bitt gefallen;
Mit glaubens früchten allermeist
durch deinen geist
in friedens band
führ sie zuhandt
all, die dir, Herr, gefallen!

20 Ein recht verstand mit liebe sein,
bit ich von dir ob allen,
Schreib in das Hertz der Kinder dein,
laß dir mein bitt gefallen;
Mit glaubens früchten allermeist
durch deinen geist
in fridens band
führ sie zuhandt
all, die dir, Herr, gefallen!

20 Noch eins, O Herr, ist mein beger,
daß muß ich dir noch klagen:
Ich steh vor dir unwirdig sehr,
weiß doch nit anders zu sagen,
Dann: O lieber Herr und Vatter mein,
der wille dein
woll ich mir reyn
geschehen sein,
gantz bin ich dir ergeben!

21 Nit anders find ich nun bey mir,
deß danck ich dir von hertzen!
Dann was du wilt, das gscheh von dir,
es sey freud oder schmertzen.
Und wie vil ich hab volbracht,
wie ich dan acht,
viel fehlet mir:
ich steh vor dir,
genugsam straff zu nehmen!

22 Es will nun an ein scheyden gohn,
ich bfehl euch all dem Herren!
Alles beger ich zu verlohn,
zu meinem Gott mich kehren.
Mein Brüder, Mutter, weib und kindt,
die mir lieb seyn
im hertzen mein,
willig muß es verlassen seyn,
zu letzt mein eygen leben!

23 Muß es dan hie gescheyden sein,
so wolt doch unser dencken!
Wir trincken hie den sauren wein,
der unsern leib thut krencken,
Aber der Herr macht es gantz licht!
diß ist gedicht
im gsengnuß mein:
lobt Gott, er wirt noch sein
uns helffen biß ans ende!

AMEN.

Ausbund