Gerhardt, Paul – Wie lang, o Herr, wie lange soll

1. Wie lang, o Herr, Wie lange soll
Dein Herze mein vergessen?
Wie lange soll ich Jammers voll
Mein Brot mit Tränen essen?
Wie lange willst du nicht
Mir dein Angesicht
Zu schauen reichen dar?
Willst du denn ganz und gar
Dich nun vor mir verbergen?

2. Wie lange soll die Trauerhöhl
In Sorgen ich besitzen?
Wie lange soll mein arme Seel
In diesem Bade schwitzen?
Soll ich denn alle Tag
Immer lauter Plag,
Die Welt im Gegenteil
Nur immer lauter Heil
Nach ihrem Wunsche habe?

3. Ach, schaue doch von deinem Saal
Und siehe, wie ich leide!
Mein Herzensweh und große Qual
Ist meiner Feinde Freude.
Herr, mein getreuer Hort,
Hör an meine Wort,
Die ich, duch Trübsal hier
Gepresset, schütt herfür;
Laß dein erweichen!

4. Erleuchte meiner Augen Licht,
Mit deinem Gnadenwinke,
Damit ich in dem Tode nicht
Entschlafe noch versinke!
Gib, daß die böse Rott
Nicht treib ihren Spott
Aus mir und meinem Fall,
Als hätt ich überall
Verspielet und verloren.

5. Ich steh und hoffe steif und fest
Darauf, daß du die Deinen
Nicht endlich untergehen läßt.
Kannsts auch nicht böse meinen;
Obs gleich bisweilen scheint,
Als wärst du uns feind
Und gänzlich abgewendt,
So find ich doch behend
Dein Vaterherze wieder.

6. Mein Herze lacht für großer Freud,
Wann ich bei mir bedenke,
Wie herzlich gern in boser Zeit
Dein Herz sich zu uns lenke.
Der Herr ist frommes Muts,
Tut uns nichts als Guts.
Das ist mein Lobgesang,
Den ihm zum Ehrendank
Ich hier und dort will singen.

Gerhardt, Paul – Wohl dem Menschen, der nicht wandelt

1. Wohl dem Menschen, der nicht wandelt
In gottloser Leute Rat!
Wohl dem, der nicht unrecht handelt
Noch tritt auf der Sünder Pfad:
Der der Spötter Freundschaft fleucht
Und von ihren Stühlen weicht,
Der hingegen herzlich ehret
Was uns Gott vom Himmel lehret.

2. Wohl dem, der mit Luft und Freuden
Das Gesetz des Höchsten treibt
Und hier, als auf süßer Weiden,
Tag und Nacht beständig bleibt:
Dessen Segen wächt und blüht
Wie ein Palmbaum, den man sieht
Bei den Flüssen an der Seiten
Seine frischen Zweig ausbreiten.

3. Also, sag ich, wird auch grünen,
Wer in Gottes Wort sich übt,
Luft und Sonne wird ihm dienen,
Bis er reiche Früchte gibt.
Seine Blätter werden alt
Und doch niemals ungestalt.
Gott gibt Glück zu seinen Taten,
Was er macht, muß wohl geraten.

4. Aber wen die Sünd erfreuet,
Mit dem gehts viel andres zu:
Er wird wie die Speu zerstreuet
Von dem Wind im schnellen Nu.
Wo der Herr sein Häuflein richt´t,
Da bleibt kein Gottloser nicht.
Summa: Gott liebt alle Frommen,
Und wer bös ist, muß umkommen.

Gerhardt, Paul – Zweierlei bitt ich von dir

1. Zweierlei bitt ich von dir,
zweierlei trag ich dir für,
dir, der alles reichlich gibt,
was uns dient und dir bleibet
gib mein Bitten, das du weißt,
Eh ich sterb und sich mein Geist
aus des Lebensbanden reißt.

2. Laß mich aber, o mein Heil,
Lüge und Abgötterei.
Armut, das die Maße bricht,
Allzu Arm und allzu Reich
ist nicht gut, stürzt beides gleich
unsre Seel ins Sündenreich.

3. Laß mich aber, o mein Heil,
nehmen mein bescheiden Teil
und beschere mir zur Not
hier mein täglich Bissen Brot.
Ein kein wenig, da der Mut
und ein gut Gewissen ruht,
ist fürwahr ein großes Gut.

4. Sonsten möcht im Überfluß
ich empfinden Überdruß,
dich verleugnen, dir zum Spott
Fragen: `Wer ist Herr in Frechheit voll
Weiß oft nicht, wann ihm ist wohl,
Wie es sich erheben soll?´

5. Wiederum wenns stehet bloß
und die Armut wird zu groß,
wird es untreu, stiehlt und stellt
nach des Nächsten Gut und Geld,
tut Gewalt, brauch Ränk und List,
ist mit Unrecht ausgerüst´t,
fragt gar nicht, was christlich ist.

6. Ach, mein Gott, mein Schatz mein Licht,
dieser keines ziemt mir nicht:
beides schändet deine Ehr,
beides stürzt ins Höllenmeer.
Drum so gib mir Füll und Hül!
Also, wie dein Herze will,
nicht zu wenig, zu viel.

Gerhardt, Paul – O Haupt voll Blut und Wunden

O Haupt voll Blut und Wunden,
voll Schmerz und voller Hohn,
o Haupt, zum Spott gebunden
mit einer Dornenkron,
o Haupt, sonst schön gekrönet
mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber höchst verhöhnet,
gegrüßet seist du mir!

O edles Angesichte,
davor das Reich der Welt
erschrickt und wird zu nichte,
wie bist du so entstellt,
wie bist du so erbleichet!
Wer hat dein Augenlicht,
dem sonst kein Licht mehr gleichet,
so schmachvoll zugericht’t?

Die Farbe deiner Wangen,
der roten Lippen Pracht
ist hin und ganz vergangen;
des blassen Todes Macht
hat alles hingenommen,
hat alles hingerafft,
und daher bist du kommen
von deines Leibes Pracht.

Nun, was du, Herr, erduldet,
ist alles meine Last,
ich hab es selbst verschuldet,
was du getragen hast.
Schau her, hier steh ich Armer,
der Zorn verdienet hat;
gib mir, o mein Erbarmer,
den Anblick deiner Gnad.

Erkenne mich, mein Hüter,
mein Hirte, nimm mich an!
Von dir, Quell aller Güter,
ist mir viel Guts getan;
dein Mund hat mich begabet
mit wunderbarem Trost,
dein Geist hat mich gelabet
mit reicher Himmelskost.

Ich will hier bei dir stehen,
verachte mich doch nicht;
von dir will ich nicht gehen,
wenn dir dein Herze bricht;
wenn dein Haupt wird erblassen
im letzten Todesstoß,
alsdann will ich dich fassen
in meinen Arm und Schoß.

Es dient zu meinen Freuden
und kommt mir herzlich wohl,
wenn ich in deinem Leiden,
mein Heil, mich finden soll.
Ach möcht ich, o mein Leben,
an deinem Kreuze hier
mein Leben von mir geben,
wie wohl geschähe mir!

Ich danke dir von Herzen,
o Jesus, liebster Freund,
für deines Todes Schmerzen,
da dus so gut gemeint.
Ach gib, daß ich mich halte
zu dir und deiner Treu,
und wenn ich einst erkalte,
in dir mein Ende sei.

Wenn ich einmal soll scheiden,
so scheide nicht von mir;
wenn ich den Tod soll leiden,
so tritt du dann herfür;
wenn mir am allerbängsten
wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten
kraft deiner Angst und Pein.

Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod
und laß mich sehn dein Bilde
in deiner Kreuzesnot.
Da will ich nach dir blicken,
da will ich glaubensvoll
fest an mein Herz dich drücken:
wer so stirbt, der stirbt wohl.

Gerhardt, Paul – O Herz des Königs aller Welt

1. O Herz des Königs aller Welt,
Des Herrschers in dem Himmelszelt,
Dich grüßt mein Herz mit Freuden.
Mein Herze, wie dir wohl bewußt,
Hat seine größte und höchste Lust
An dir und deinem Leiden.
Ach wie bezwang und drang dich doch
Dein edle Lieb, ins bittre Joch
Der Schmerzen dich zu geben,
Da du dich neigtest in den Tod,
Zu retten aus der Todesnot
Mich und mein armes Leben.

2. O Tod, du fremder Erdengast,
Wie warst du so ein herbe Last
Dem allersüß’ten Herzen!
Dich hat ein Weib der Welt gebracht,
Und machst dem, der die Welt gemacht,
So unerhörte Schmerzen.
Du meines Herzens Herz und Sinn,
Du brichst und fällst und stirbst dahin,
Wollst mir ein Wort gewähren:
Ergreif mein Herz und schleuß es ein
In dir und deiner Liebe Schrein.
Mehr will ich nicht begehren.

3. Mein Herz ist kalt, hart und betört
Von allem, was zur Welt gehört,
Fragt nur nach eiteln Sachen.
Drum, herzes Herze, bitt ich dich,
Du wollest dies, mein Herz und mich,
Warm, weich und sauber machen.
Laß deine Flamm und starke Glut
Durch all mein Herze, Geist und Mut
Mit allen Kräften dringen;
Laß deine Lieb und Freundlichkeit
Zur Gegenlieb, Herr, jeder Zeit
Mich armen Sünder bringen.

4. Erweitre dich, mach alles voll,
Sei meine Ros und riech mir wohl,
Bring Herz und Herz zusammen;
Entzünde mich durch dich und laß
Mein Herz ohn‘ End und alle Maß
In deiner Liebe flammen.
Wer dieses hat, wie wohl ist dem,
In dir zu ruhn ist angenehm,
Ach niemand kann’s g’nug sagen.
Wer dich recht liebt, ergibt sich frei,
In deiner Lieb und süßen Treu
Auch wohl den Tod zu tragen.

5. Ich ruf aus aller Herzensmacht
Dich, Herz, in dem mein Herze wacht,
Ach laß dich doch errufen!
Komm, beug und neige dich zu mir
An meines Herzens arme Tür
Und zeuch mich auf die Stufen
Der Andacht und der Freudigkeit;
Gib, daß mein Herz in Lieb und Leid
Dein eigen sei und bleibe,
Daß dir es dien an allem Ort
Und dir zu Ehren immerfort
All seine Zeit vertreibe.

6. O Herzens Ros, o schönste Blum,
Ach wie so köstlich ist dein Ruhm,
Du bist nicht auszupreisen.
Eröffne dich, laß deinen Saft
Und des Geruchs erhöhte Kraft
Mein Herz und Seele speisen.
Dein Herz, Herr Jesu, ist verwundt,
Ach tritt zu mir in meinen Bund
Und gib mir deinen Orden.
Verwund auch mich, o süßes Heil,
Und triff mein Herz mit deinem Pfeil,
Wie du verwundet worden.

7. Nimm mein Herz, o mein höchstes Gut,
Und leg es hin, wo dein Herz ruht,
Da ist’s wohl aufgehoben;
Da geht’s mit dir, gleich als zum Tanz,
Da lobt es deines Hauses Glanz
Und kann’s doch nicht g’nug loben.
Hier setzt sich’s, hier gefällt’s ihm wohl,
Hier freut sich’s, daß es bleiben soll.
Erfüll, Herr, meinen Willen,
Und weil mein Herz dein Herze liebt,
So laß auch, wie dein Recht es gibt,
Dein Herz mein Herze stillen.

Gerhardt, Paul – O Mensch, beweine deine Sünd

1. O Mensch, beweine deine Sünd,
Um welcher willen Gottes Kind
Ein Mensche mußte werden:
Er kam von seines Vaters Thron,
Wird einer armen Jungfrau Sohn,
Tat große Ding auf Erden.
Die Kranken macht er frisch und stark
Und risse, was schon lag im Sarg,
Dem Tod aus seinem Rachen;
Bis daß er selbst durch Feindes Händ
Am Kreuze seines Lebens End
In Schmerzen mußte machen.

2. Denn als nun wieder Ostern war,
Nahm er zu sich der Zwölfe Schar
Und sprach mit treuem Munde:
Nach zweien Tagen kommt die Nacht,
Da man das Osterlämmlein schlacht´t;
Dann ist auch meine Stunde.
Da ging die ganze Klerisei
Zu Rat, wie sie ihm käme bei,
Hingegen die ihn liebte,
Salbt ihn gar schön in Simons Haus,
Der Herr strich diese Tat heraus,
Schalt den, der sie betrübte.

3. Das war der bös Ischarioth,
Der seinen Herrn der bösen Rott
Geschworen und verraten,
Das fromme Lamm, der Heiland, kam,
Aß süßes Brot und Osterlamm,
Wie andre Juden taten.
Drauf stiftet er sein Fleisch und Blut,
Des Neuen Testamentes Gut,
Zu trinken und zu essen,
Und stund hernach von seinem Ort,
Wusch seine Jünger, red´te Wort,
Die nimmer zu vergessen.

4. Er kam zum heilgen Öleberg;
Da, da ging an das hohe Werk
Mit Zittern und Zagen.
Die Erde nahm den Blutschweiß an,
Der häufig aus ihm drang und rann,
Der Himmel hört ihn sagen:
O Vaterherz, gefällt es dir,
So gehe dieser Kelch von mir;
Wo nicht, gescheh dein Wille!
Und täte das zum dritten Mal.
Indessen lag der Jünger Zahl
In Schlaf und süßer Stille.

5. Ach, sprach das liebe treue Herz,
Ihr liegt und schlaft; mich hat der Schmerz
Und Todesangst umfangen.
Ach, wacht und betet, betet, wacht!
Damit ihr von des Feindes Macht
Nicht werdet hintergangen.
Nun ist mein Stündlein vor der Tür,
Steht auf! Da kommet her zu mir
Mein Jünger und Verräter!
Er hatte kaum gehöret auf,
Umringt ihn Judas und sein Hauf
Als einen Übeltäter.

6. Der Führer küßt ihn mit dem Mund,
Und war doch nichts im Herzensgrund
Als bittres Gift und Fluchen,
Doch trat der Heiland frei dahin,
Sprach klar und deutlich: Seht, ich bin,
Den eure Augen suchen.
Sucht ihr denn mich, so lasset gehn,
Die ihr hier bei mir sehet stehn.
Meint hiermit seine Jünger.
Und als des Petri strenger Sinn
Den Malchum schluge, heilt er ihn
Am Ohr mit seinem Finger.

7. Steck ein das Schwert, sprach unser Licht,
Solch Arbeit dienet hieher nicht,
Mein Kelch muß sein getrunken.
Drauf ist der Richter aller Welt
Den Hohepriestern dargestellt;
Und da ist auch gesunken
Des Petri Herz und Leuenmut,
Nit zwar durch Schwert und Feuersglut,
Nur durch ein bloßes Fragen,
Ob er nicht Jesu Jünger sei?
Da fällt sein Glaube, Lieb und Treu,
Weiß nichts als Nein zu sagen.

8. Auf diesen Fall kam große Reu,
Er sing an, da der Hahne schrei,
Sehr bitterlich zu weinen.
Das Auge, das die Herzen sieht,
Tät einen Blick, ließ Gnad und Güt
Dem armen Petro scheinen.
Die falsche Zeugen traten dar
Und red´ten viel, so nimmer wahr,
Auch niemals wird geschehen;
Drum auch der Herr unnötig schätzt,
Daß er sein Wort dagegen setzt,
Läßts durch den Wind zerwehen.

9. Dem aber, er ward verklagt,
Antwortet er, da er ihn fragt,
Ob er von Gott geboren:
Ja, ich bin Mensch und Gottes Sohn,
Der Welt zum Heil, zur Freud und Kron
Vom Vater auserkoren;
Ihr werdet meine Herrlichkeit
Zur Rechten Gottes mit der Zeit
Hoch in den Wolken sehen.-
Das nennt der Lästrer Lästerwort,
Da schrei ein jeder: Tod und Mord!
Da ging es an ein Schmähen.

10. Man schlug, man speit ihm ins Gesicht.
O Wunder, Wunder, daß hei nicht
Die Erde sich zerrissen!
Mit seiner starken Donnerstimm
Vom Himmel drein geschmissen!
Sie bunden ihm die Augen zu
Und hatten weder Maß noch Ruh
Im Höhnen und im Schlagen;
Denn wenn sie schlugen, sagten sie:
Sag an, wer tats? Du kannst es hie
Als ein Prophete sagen!

11. Und damit war er noch nicht aus.
Am Morgen wird er in das Haus
Pilati hingeführet.
Der Judas dacht den Sachen nach,
Sein frecher Sinn sank hin und brach,
sein Herze wird gerühet:
Es war ihm leid, er hatte Reu,
Weil aber kein Trost war dabei,
Ging Leib und Seel zugrunde.
Er und sein Name bleibt geschänd´t
Noch bis auf diese Stunde.

12. Da Jesu vor Pilato stund,
War sehr viel Klag und gar kein Grund,
Das meiste, das man triebe
War, daß er nichts mehr tu und lehr,
Als was die Untertanen kehr
Vons Kaisers Pflicht und Liebe,
Dieweil er sich zum Könge macht.
Pilatus wird dahin gebracht,
Daß er den Herren fragte,
Ob er der Juden König wär?
Der Herr sprach: Ja, zu Gottes Ehr,
Er wäre, was er sagte.

13. Weil nun Herodes, dessen Hand
Sanft herrlich im Galiläerland,
Gleich damals war zugegen,
Schickt ihm Pilatus Christum hin.
Des freut er sich in seinem Sinn,
Ließ ihn zum Spott anlegen
Ein weißes Kleid, ein arme Tracht,
Und da man seiner gnug gelacht,
Da schickt man ihn zurücke
Pilato heim: Der ging zu Rat
Und fand ihn rein von arger Tat,
Unschuldig aller Tücke.

14. Er nahm den Mörder Barrabam,
Dem jedermann sanft war sehr gram.
Den stellt er in die Mitten:
Hier sind der Übeltäter zwei,
Sprach er zum Volk, es steht euch frei,
Ihr möget einen bitten.-
Halt Jesum, schrei die tolle Schar,
Laß Barrabam, wie er vor war,
Frei ledig in das Seine.-
Was sang ich denn mit Jesu an? –
Ans Kreuz, ans Kreuz mit diesem Mann!
Antwortet die Gemeine.

15. Da gab Pilatus Jesum hin
Dem Kriegesvolk, das geißelt ihn
Ohn alle Gnad und Schonen.
Der freche Haufe trat zuhauf
Und setzte unserm Könige auf
Von Dornen eine Kronen.
Er wird gehandelt als ein Tor;
Sie äfften ihn mit einem Rohr
Und schlugen ihn nicht wenig.
Du bist ein König, sagten sie,
Glück zu, o Judenkönig!

16. Als er nun übel zugericht´t,
Führt ihn Pilatus ins Gesicht
Des Volks und sprach daneben:
Seht, seht doch, welch ein armer Wurm;
Nun wird sich euer Grimm und Sturm
Einmal zufrieden geben.-
Nein, nein, sprach die vergallte Rott,
Zum Kreuz, zum Kreuz! Nur immer tot!-
Pilatus wusch die Hände
Und wollt im Kote reine sein;
Dem aber, der in allem rein,
Bestimmt er Tod und Ende.

17. Das Leben ging zum bittern Tod
Und mußte seine letzte Not
Mit eignen Schultern tragen.
Er trug sein Kreuz und unsern Schmerz,
Darüber führt manch Mutterherz
Ein hochbetrübtes Klagen.
`Weint nicht,´ sprach Christus, über mich,
Ein jeder weine über sich
Und über seine Sünde!
Es kommt die Zeit, da selig wird
Gepreiset die, so nicht gebiert
Und gar nicht weiß vom Kinde .-

18. Da man nun kam zur Schädelstatt,
Da wird, ders nicht verdienet hat,
Bis in den Tod gekränket.
Zwar also, daß ein Mörderpaar
Zur Seiten wurde hier und dar
Er mitten ein gehenket.
Man nahm ihm Leben, Ehr und Blut;
Den sanften Sinn, den frommen Mut,
Den mußten sie ihm lassen.
Er liebte, die ihm weh getan,
Rief seinen Vater für die an,
Die ihm sein Herz zerfraßen.

19. Pilatus heftet oben an
Ein Überschrift, die jedermann,
Der bei dem Kreuz gewesen,
Hebräer, Römer, Griechenland
Und wer Vernunft hat und Verstand,
Gar wohl hat können lesen.
Die Krieger nehmen ihm sein Kleid
Und teilen sich in diese Beut,
Der Rock bleibt unzerstücket;
Er wird dem Los anheimgestellt,
Des soll er sein, wem jenes fällt;
Laßt sehen, wen es glücket.

20. Maria voller Lieb und Treu
Stund an dem Kreuz, und auch dabei,
Den unser Heiland liebte.
Sieh hier, sprach Jesus, Weib, dein Sohn!
Und Jünger, siehe deine Kron
Und Mutter, die betrübte;
Die laß dir ja befohlen sein! –
Dies Wort, das drang ins Herz hinein
Johanni, dem geliebten.
Er nahm die auf und tat ihr wohl,
Die andern machten Jammers voll
Durch Bosheit, die sie übten.

21.Viel Lästrer red´ten bös Ding,
Auch einer, der zur Seiten hing,
Goß auf ihn seinen Geifer.
Der aber an dem andern Ort
Straft ihn und seine Lästerwort
Mit großem Ernst und Eifer,
Sprach Jesum an: O Himmelsfürst,
Gedenke meiner, wenn du wirst
Nun in dein Reich eingehen! –
Fürwahr, fürwahr, ich sage dir,
Sprach Jesus, du wirst heut bei mir
Im Paradiese stehen.

22. Der Mittag kam, und ward doch Nacht,
Die Sonn, die alles fröhlich macht,
War selbst mit Leid erfüllet.
Des Lichtes Schöpfer fühlet Pein,
Drum muß mit finstern Schatten sein
Das schönste Licht verhüllet.
`Eli!,´ rief Jesus, `Gott mein Gott,
Wie läßt du mich in meiner Not
Und Angst so gar allein?´
Und bald darauf: Mich dürstet sehr! –
Das alles hört der Juden Heer
Und weiß nicht wen er meine.

23. Sie sind vom Zorne taub und blind,
Hart wie ein Stein, der nichts empfindt,
Auch gar nicht zu erweichen.
Sie nehmen aus dem Essigfaß
Und machen einen Schwamm mit naß,
Den lassen sie ihm reichen.
Ihr Herz ist voller Bitterkeit,
Und damit sind sie auch bereit,
Den, der jetzt stirbt, zu laben.
Viel machen aus dem Ernst ein Spiel
Und sprechen: `Halt sehn, er will
Eliä Hilfe Haben. –

24. Er aber sprach: `Es ist vollbracht!
Und darauf wird er von der Macht
Des Todes überfallen.´
Er neigte sich zur sanften Ruh,
Er schloß die schwachen Augen zu
Und schrie mit großem Schallen:
Nimm auf, Herr, meinen Geist,
Du, mein herzlieber Vater, weißt,
Wie du ihn sollt bewahren! –
Und also ist der große Held,
Der Himmel, Erd und alles hält,
Von dieser Welt gefahren.

25. Er fuhr dahin, im Augenblick
Zerriß der Vorhang in zwei Stück,
Die Erd erschrak und bebte.
Die Felsen sprangen in die Luft,
Auch öffnet sich der Gräber Gruft
Und was darinnen lebte.
Der Juden Herzen bleiben hart,
Allein der Hauptmann, dem da ward
Die Wach am Kreuz befohlen,
Der glaubt, und mit ihm sein Gesind,
Es wäre Jesus Gottes Kind
Und sagens unverhohlen.

26. Man brach den Schächern ihre Bein,
Mein und dein Heiland bleib allein
An Beinen ungebrochen.
Das aber ist wahr und gewiß,
Daß ein Soldat mit seinem Spieß
Die Seiten ihm zerstochen.
Aus welcher Wund ein edle Flut
Von Blut und Wasser uns zugut
Alsbald herausgeflossen.
Zuletzt wird er vom Kreuz gebracht
Und, wohl beschickt, nach vor der Nacht
In Josephs Grab geschlossen.

27. Die Juden hatten wohl gehört,
Er würde, wir er selbst gelehrt,
Von Toten auferstehen;
Das halten sie für unwahr sein,
Sie bilden Ihnen aber ein,
Es möchte List ergehen.
Drum siegeln sie des Grabes Tür
Und legen starke Wache für:
Umsonst und gar vergebens!
Der Herr bringt durch, kein Fels und Stein,
Kein Wächter mag zu mächtig sein
Dem Fürsten unsres Lebens.

28. Nun seh und lern ein jedermann,
Wie sehr viel Gutes uns getan
Der Bräutgam unsrer Seelen:
Er nahm auf sich unser Schuld
Und ließ aus treuer Lieb und Huld
Sich unserhalben quälen.
Zerknirschtes Herz, betrübter Geist,
Den seine Sünde nagt und beißt,
Laß Sorg und Kummer fallen.
Weil unser Heiland Jesus Christ
Ein Sündenopfer worden ist
Dir und uns Menschen allen!

29. Du aber, der du sicher stehst,
Und ohne Buße täglich gehst
In ungescheute Sünden,
Betrachte, was für Straf und Last,
Wenn du dein Maß gefüllet hast,
Dich endlich werde finden!
Denn tut man das am grünen Baum,
So denke, was für Ort und Raum
Der dürre werd erlangen.
O Jesu, gib uns deinen Sinn
Und bring uns alle, wo du hin
Durch deinen Tod gegangen!

Gerhardt, Paul – O, wie so ein großes Gut

1. O, wie so ein großes Gut
Ist es doch, im Frieden scheiden
Und mit wohlvergnügten Mut
In Geduld den Tod erleiden!
Lasset uns loben, was jeder nur weiß:
Seligs Sterben hat dennoch den Preis.

2. Dieses Gut, des herrlich prangt,
Hat aus Gottes Hand und Throne,
Mein Herr Linde, wohl erlangt
Eures Hauses Ehr und Krone.
Ihre Begierde nach himmlischer Au
Ist ihr erfüllet, der seligen Frau.

3. Sie hat ja des Kreuzes Joch
Auch zuweilen wohl genossen:
Wie gekränket war sie doch,
Da ihr Berkow ward erschossen,
Berkow, das feine, geschickte Gemüt,
Dessen Gedächtnis noch immerzu blüht?

4. Nun, der Gott, der sie gekränkt,
Hat sie wieder auch erfreut
Und euch ihr zum Mann beschenkt,
Welchs euch noch nie gereut.
Jetzo genießt sie der ewigen Ehr
In Gottes Reiche. Was will sie doch mehr?

Gerhardt, Paul – Hört an, ihr Völker, hört doch an

1. Hört an, ihr Völker, hört doch an,
Hört alle, die ihr lebet,
Arm reich, Herr, Diener, Frau und Mann
Und was auf Erden schwebet:
Mein Mund soll reden von Verstand
Und rechte Weisheit lehren;
Wir wollen, was mein Herz ersand,
Ein fein Gedichte hören
Und spielen auf der Harfen.

2. Was sollt ich fürchten meinen Feind
In meinen bösen Tagen,
Da mich, ders böse mit mir meint,
Umgibt mit vielen Plagen,
Wann mich mein Untertreter drückt
Mit seinen Missetaten
Und sich, weil ihm Tun geglückt
Und alles wohl geraten,
Erhebet, pocht und prahlet?

3. Was hilft ihm all Hab und Gut,
Wann sich der Tod herfindet?
Da gilt kein Geld, kein hoher Mut,
All Hilf und Rat verschwindet.
Und wenn auch gleich sein Bruder wollt
Ihm an die Seite treten,
Doch kann ihn weder rotes Gold
Noch Bruders Blut erbeten,
Er muß dem Tod herhalten.

4.Der Tod ist gar ein teuer Mann,
Fragt nichts nach gutem Willen;
Wann einer gleich gibt, was er kann,
Noch läßt er sich nicht stillen.
Und sieht er auch schon manchem zu,
Läßt ihn viel Jahr erlangen,
Doch bricht er endlich solche Ruh,
Er kommt einmal gegangen
Und holt die alten Greisen.

5. Denn solche Weisen müssen doch
Sowohl als wie die Narren
Sich lassen in des Grabes Loch
Verschenken und verscharren;
Da kommt denn, was sie an sich bracht,
In andrer Leute Hände,
Und also gehet ihre Pracht
Und Herrlichkeit zu Ende,
Viel anders als sie wünschen.

6. Dies ist ihr Herz, das ist ihr Sinn,
Daß ihr Haus ewig bleibe,
Ihr und Würd auch immerhin
Sich wohl und mehr erkleibe;
Noch dennoch aber können sie
Nichts überall erhalten,
Sie müssen fort und wie ein Vieh
Hinunter und erkalten.
Das ist ein töricht Wesen.

7. Doch gleichwohl wird es hoch gerühmt
Mit Lippen der Nachkommen
Und gar nicht, wie es sich geziemt,
Zur Beßrung angenommen.
Sie liegen in der Höllen Grund
In einem bösen Schlafe,
Der Tod, der nagt sie wie ein Hund
Und wie ein Wollf die Schafe,
Die keine Hilfe haben.

8. Die Bösen und des Todes Beut
Und müssen Marter leiden,
Die Frommen wird der HErr mit Freud
Im Himmelreich weiden.
Der Trotz der unverschämten Rott
Muß brechen und vergehen,
Wer aber treu bleibt seinem GOtt,
Der soll dort ewig stehen
Im Chor der auserwählten.

9. Darum, mein allerliebstes Kind,
Laß dich nicht irre machen,
Ob einer reich wird und mit Sünd
Erlangt viel treue Sachen;
Denn wenn er stirbt, bleibt alles hier,
Er kann nichts mit sich nehmen.
Sein Herrlichkeit, sein Ehr und Zier
Verscwindet wie ein Schemen
Und will ihm nicht nachfolgen.

10. Die Welt liebt ihren Kot und Stank,
Hält viel von schnöden Dingen.
Und also gehn sie auch den Gang,
Den ihre Väter gingen,
Und sehen hinfort nimmermehr
Das Licht, das uns ernähret:
Kurz: Wann ein Mensch hat Würd und Ehr
Und ist nicht fromm, so fähret
Er wie ein Vieh von hinnen.

Gerhardt, Paul – Hörst du hier die Ewigkeit

1. Hörst du hier die Ewigkeit,
Der du Schuld mit Schulden häufest
Und auf schnöden Wegen läufest
Wie ein toller Hengst im Streit?
Wird das Ewig dich nicht wecken:
Wird dich ewige Pein erschrecken.

2. Fürchte dich vor Gottes Grimm
Und vermeide Tritte,
Wende deines Lebens Schritte
Von den bösen Wegen um:
Sonsten wird, mit ewigen Nagen,
Ewiges Feur und Wurm dich plagen.

3. Werde fromm und lebe recht,
Diene dem, der dich erschaffen,
Mit des Lichts und Glaubens Waffen
Als ein treuer kluger Knecht:
Also wird vorm ewigen Leide
Dich befrein die ewige Freude.

Gerhardt, Paul – Herr, was hast du im Sinn

1. HErr, was hast du im Sinn?
Wo denkt dein Eifer hin?
Von was für neuen Plagen
Soll uns der Himmel sagen?
Was soll uns armen Leuten
Der neue Stern bedeuten?

2. Die Zeichen in der Höh
Erwecken Ach und Weh,
Es hats in nächten Jahren
Die ganze Welt erfahren:
Die brennenden Kometen.
Sind traurige Propheten.

3. Sie brennen in der Luft,
Und unsers Herzens Kluft
Ist blind und kalt zum Guten,
Erkennet nicht die Ruten,
Die uns zu unsern Wunden
Des Höchsten Hand gebunden.

4. Kein Mensche hört fast mehr,
was Gottes Geist uns lehr
In seinen heilgen Worten:
Drum muß an so viel Orten
Von großem Zorn und Dräuen
Das Sternenland selbst schreien.

5. Die Welt hält keine Zucht,
Der Glaub ist in der Flucht,
Die Treu ist hart gebunden,
Die Wahrheit ist verschwunden,
Barmherzig sein und lieben,
Das sieht man selten üben.

6. Daher wächst Gottes Grimm
Und dringt mit Ungetüm
Aus seines Eifers Kammer
Und will mit großem Jammer,
Wo wir uns nicht bekehren,
Uns allesamt verheeren.

7. Und das will der Prophet,
Der in der Luft da steht,
Uns, die wir sicher leben,
Klar zu verstehen geben
Mit seinem hellen Lichte
und klarem Angesichte.

8. Sein ist gar geschwind.
Ach GOtt laß unsre Sünd
Uns nicht geschwind anrücken
Und eilends unterdrücken;
Laß uns der Strafen Haufen
Nicht plötzlich überlaufen!

9. Sein Strahl ist breit und lang,
Macht uns fast angst und bang,
Ach, Jesu, hilf uns allen,
Auf daß nicht auf uns fallen
die hochbetrübten Zahlen
Der letzten Zornesschalen.

10. Erhalt uns unsern HErrn,
Den schönen edlen Stern,
Laß uns sein Licht beleuchten,
Laß seinen Tau uns feuchten,
Daß wir uns seiner freuen
Und unter ihm gedeihen.

11. Laß auch noch immerfort
Dein Liebes wertes Wort
In unserm Land und Grenzen
Schön rein und heile glänzen:
Wenn dein Wort uns nur blicket
So sind wir gnug erquicket.

12. Gedenk an deine Güt
Und Laß doch dein Gemüt
Erweichen von uns Armen!
Regier uns mit Erbarmen,
Damit die bösen Zeichen
Ein gutes End erreichen.