Neander, Joachim – Abermal ein Jahr verflossen

1. Abermal ein Jahr verflossen
näher zu der Ewigkeit;
wie ein Pfeil wird abgeschossen,
so vergehet meine Zeit.
O getreuer Zebaoth,
unveränderlicher Gott,
ach was soll, was soll ich bringen,
deiner Langmut Dank zu singen?

2. Ich erschrecke, mächtig Wesen,
Angst und Furcht bedecket mich,
denn mein Beten, Singen, Lesen,
ach das ist so schläferig.
Heilig, heilig, heiliger,
großer Seraphinen Herr,
wehe mir, ich muß vergehen,
denn wer kann vor dir bestehen?

3. Schrecklich ist es ja zu fallen
in die Hand von solchem
Gott, der rechtfertigt allein:
Niemand treibe mit mir Spott;
irret nicht, wo das geschicht,
ich, Jehovah, leid es nicht;
ich bin ein Verzehrend Feuer,
ewig brennend, ungeheuer.

4. Aber du bist auch sanftmütig,
o getreues Vaterherz,
in dem Bürgen bist du gütig,
der gefühlt des Todes Schmerz;
steh ich nicht in deiner Hand
angezeichnet als ein Pfand,
so du ewig willst bewahren
vor des alten Drachen Scharen?

5. Auf, mein Herz, gieb dich nun wieder
ganz dem Friedenfürsten dar;
opfre dem der Seelen Lieder,
welcher krönet Tag und Jahr;
fang ein neues Leben an,
das dich endlich führen kann
mit Verlangen nach dem Sterben,
da du wirst die Kron erwerben.

6. Soll ich denn in dieser Hütten
mich ein Zeit lang plagen noch,
so wirst du mich überschütten
mit Geduld, das Weiß ich doch.
Setze denn dein Herz auf mich;
Jesu Christe, du und ich wollen
ewig treu verbleiben
und von neuem uns verschreiben.

7. An dem Abend und dem Morgen,
o mein Rat, besuche mich;
laß der Heiden Nahrungssorgen
nimmer scheiden mich und dich
Prüf in jedem Augenblick
meine Nieren, und mich schick mich,
daß ich wachend stehe,
ehe denn ich schnell vergehe.

Neander, Joachim – Ach, was bin ich, mein Erretter

Ach, was bin ich, mein Erretter
Und Vertreter
Bei dem unsichtbaren Licht!
Sieh, ich lieg in meinem Blute;
Denn das Gute,
Das ich will, das thu ich nicht.

Ach, was bin ich, mein Erbarmer!
Sieh, ich Armer
Bin ein Strohhalm vor dem Wind;
Wie ein Weberschifflein schießet,
So verfließet
Aller Menschen Thun geschwind.

Ach, was bin ich, mein Erlöser!
Täglich böser
Find ich meiner Seele Staub,
Drum, mein Helfer, nicht verweile;
Jesu, eile,
Reiche mir die Gnadenhand!

Ach, wann wirst Du mich erheben
Zu dem Leben?
Komm, ach komm, und hilf mir doch!
Elend kann Dich bald bewegen;
Lauter Segen
Wirst Du lassen fließen noch.

Trotzig und verzagt im Herzen,
Trag ich Schmerzen,
Und es ist mir leid dazu.
Höre mich, hör an das Quälen:
Arzt der Seelen,
Schaffe meinem Herzen Ruh!

Gieb, daß mir der Tod nicht schade;
Herr, gieb Gnade,
Laß mich sein Dein liebes Kind!
Ein Demüthiger und Kleiner,
Aber Reiner
Endlich Gnad‘ und Ruhe find’t.

Schaff – Deutsches Gesangbuch

Neander, Joachim – Der Tag ist hin; mein Jesu, bei mir bleibe

1. Der Tag ist hin; mein Jesu, bei mir bleibe.
O Seelenlicht, der Sünden Nacht vertreibe;
geh auf in mir, Glanz der Gerechtigkeit,
erleuchte mich, ach Herr, denn es ist Zeit.

2. Lob, Preis und Dank sei dir, mein Gott, gesungen,
dir sei die Ehr, daß alles wohl gelungen
nach deinem Rat, ob ichs gleich nicht versteh;
du bist gerecht, es gehe, wie es geh.

3. Nur eines ist, das mich empfindlich quälet:
Beständigkeit im Guten mir noch fehlet.
Das weißt du wohl, du Herzenskündiger,
ich strauchle noch wie ein Unmündiger.

4. Vergib es, Herr, was mir sagt mein Gewissen;
Welt, Teufel, Sünd hat mich von dir gerissen.
Es ist mir leid, ich stell mich wieder ein,
da ist die Hand: du mein, und ich bin dein.

5. Israels Schutz, mein Hüter und mein Hirte:
zu meinem Trost dein sieghaft Schwert umgürte;
bewahre mich durch deine große Macht,
wenn mir der Feind nach meiner Seele tracht‘.

6. Du schlummerst nicht, wenn matte Glieder schlafen.
Ach, laß die Seel im Schlaf auch Gutes schaffen.
O Lebenssonn, erquicke meinen Sinn.
Dich laß ich nicht, mein Fels. Der Tag ist hin.

Neander, Joachim – Großer Prophete, mein Herze begehret

1. Großer Prophete, mein Herze begehret
Von dir inwendig gelehret zu sein.
Du, aus des Vaters Schoß zu uns gekehret,
Hast offenbaret, wie du und ich ein;
Du hast als Mittler den Teufel bezwungen,
Dir ist das Schlangenkopftreten gelungen.

2. Priester in Ewigkeit, meine Gedanken
Denken mit brennendem Eifer an dich;
Bringe mein Seufzen in heilige Schranken,
Der du ein Opfer geworden für mich;
Du bist als Fürsprech zum Himmel gefahren,
Kannst auch dein Eigentum ewig bewahren.

3. König der Ehren, dich wollen wir ehren;
Stimmet, ihr Saiten der Liebe, mit ein,
Lasset das Loben und Danken nun hören,
Weil wir die Teuererkaufeten sein.
Herrsche, liebwürdigster Heiland, als König;
Menschenfreund, schütze die Deinen, die wenig.

4. Nun denn so soll auch mein alles erklingen,
Ich als ein Christe will treten herbei,
Will unermüdet aus Liebe dir singen,
Freudig vermehren das Jubelgeschrei;
Ich will dich, Herzog des Lebens, verehren.
Alles, was Odem hat, lobe den Herren.

Neander, Joachim – Himmel, Erde, Luft und Meer

1. Himmel, Erde, Luft und Meer
zeugen von des Schöpfers Ehr;
meine Seele, singe du,
bring auch jetzt dein Lob herzu.

2. Seht das große Sonnenlicht,
wie es durch die Wolken bricht;
auch der Mond, der Sterne Pracht
jauchzen Gott bei stiller Nacht.

3. Seht, wie Gott der Erde Ball
hat gezieret überall.
Wälder, Felder, jedes Tier
zeigen Gottes Finger hier.

4. Seht, wie fliegt der Vögel Schar
in den Lüften Paar bei Paar.
Blitz und Donner, Hagel, Wind
seines Willens Diener sind.

5. Seht der Wasserwellen Lauf,
wie sie steigen ab und auf;
von der Quelle bis zum Meer
rauschen sie des Schöpfers Ehr.

6. Ach mein Gott, wie wunderbar
stellst du dich der Seele dar!
Drücke stets in meinen Sinn,
was du bist und was ich bin.

Neander, Joachim – Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren

Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren,
meine geliebete Seele, das ist mein Begehren.
Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf,
lasset den Lobgesang hören.

Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret,
der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet,
der dich erhält, wie es dir selber gefällt.
Hast du nicht dieses verspüret?

Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet,
der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet;
in wie viel Not hat nicht der gnädige Gott
über dir Flügel gebreitet!

Lobe den Herren, der deinen Stand sichtbar gesegnet,
der aus dem Himmel mit Strömen der Liebe geregnet;
denke daran, was der Allmächtige kann,
der dir mit Liebe begegnet.

Lobe den Herren, was in mir ist, lobe den Namen!
Alles, was Odem hat, lobe mit Abrahams Samen!
Er ist dein Licht, Selle, vergiß es ja nicht;
lobende schließe mit Amen!

Neander, Joachim – Sieh, hier bin ich, Ehrenkönig

1. Sieh, hier bin ich, Ehrenkönig,
Lege mich vor deinen Thron;
Schwache Thränen, kindlich Sehnen
Bring ich dir, du Menschensohn.
Laß dich finden,
Laß dich finden,
Von mir, der ich Asch und Thon.

2. Sieh doch auf mich Herr, ich bitt dich;
Lenke mich nach deinem Sinn,
Dich alleine ich nur meine;
Dein erkaufter Erb ich bin,
Laß dich finden,
Laß dich finden,
Gieb dich mir, und nimm mich hin.

3. Ich begehre nichts, o Herre,
Als nur deine freie Gnad,
Die du giebest, den du liebest,
Und der dich liebt in der That.
Laß dich finden,
Laß dich finden,
Der hat alles, der dich hat.

4. Himmelssonne, Seelenwonne,
Unbeflecktes Gotteslamm,
In der Höhle meine Seele
Suchet dich, o Bräutigam.
Laß dich finden,
Laß dich finden,
Starker Held aus Davids Stamm.

5. Hör, wie kläglich, wie beweglich,
Dir die treue Seele singt,
Wie demütig und wehmütig
Deine Kindes Stimme klingt.
Laß dich finden,
Laß dich finden,
Dann mein Herze zu dir bringt.

6. Dieser Zeiten Eitelkeiten,
Reichtum, Wollust, Ehr und Freud
Sind nur Schmerzen meinem Herzen,
Welches sucht die Ewigkeit.
Laß dich finden,
Laß dich finden,
Großer Gott, ich bin bereit.

Neander, Joachim – Tut mir auf die schöne Pforte

1. Tut mir auf die schöne Pforte,
Führt in Gottes Haus mich ein!
Ach, wie wird an diesem Orte
Meine Seele fröhlich sein!
Hier ist Gottes Angesicht,
Hier ist lauter Trost und Licht.

2. Herr, ich bin zu dir gekommen;
Komme du nun auch zu mir!
Wo du Wohnung hast genommen,
Ist der Himmel hell vor mir.
Zeuch in meinem Herzen ein,
Laß es deinen Himmel sein!

3. Laß in Furcht mich vor dich treten,
Heilige mir Leib und Geist,
Daß mein Singen und mein Beten
Dir ein lieblich Opfer heißt.
Heilige mir Mund und Ohr,
Zeuch das Herz zu dir empor!

4. Mache mich zum guten Lande,
Wenn dein Saatkorn auf mich fällt;
Gib mir Licht in dem Verstande,
Und was mir wird vorgestellt,
Präge du dem Herzen ein;
Laß es mir zur Frucht gedeihn.

5. Stärk in mir den schwachen Glauben,
Laß dein teures Kleinod mir
Nimmer aus dem Herzen rauben,
Halte mir dein Wort stets für;
Ja, das sei mein Morgenstern,
Der mich führet zu dem Herrn!

6. Rede, Herr, so will ich hören,
Und dein Wille werd‘ erfüllt!
Laß nichts meine Andacht stören,
Wenn der Brunn‘ des Lebens quillt.
Speise mich mit Himmelsbrot,
Tröste mich in aller Not!

7. Öffne mir die Lebensauen,
Daß mein Geist sich weiden kann;
Laß mir Heil vom Himmel tauen,
Zeige mir die rechte Bahn
Hier aus diesem Jammertal
Zu dem ew’gen Ehrensaal!

Neander, Joachim – Wunderbarer König, Herrscher von uns allen

Wunderbarer König, Herrscher von uns allen,
laß dir unser Lob gefallen.
Deine Vatergüte hast du lassen fließen,
ob wir dich schon oft verließen.
Hilf uns noch,
stärk uns doch!
Laß die Zunge singen,
laß die Stimme klingen!

Himmel, lobe prächtig deines Schöpfers Werke
mehr als aller Menschen Stärke!
Großes Licht der Sonne, schieße deine Strahlen,
die das große Rund bemalen!
Lobet gern,
Mond und Stern;
seid bereit zu ehren
einen solchen Herren!

O du meine Seele, singe fröhlich, singe,
singe deine Glaubenslieder;
was den Odem holet, jauchze, preise, klinge!
Wirf dich in den Staub darnieder!
Er ist Gott
Zebaoth,
er ist nur zu loben
hier und ewig droben.

Halleluja bringe, wer den Herren kennet,
wer den Herren Jesum liebet;
Halleluja singe, welcher Christum nennet,
sich von Herzen ihm ergibet.
O wohl dir!
Glaube mir:
endlich wirst du droben
ohne Sünd ihn loben.