Freylinghausen, Johann Anastasius – Wer ist wohl wie du

1. Wer ist wohl wie du,
Jesu, süße Ruh?
Unter vielen auserkoren,
Leben derer, die verloren,
Und ihr Licht dazu,
Jesu, süße Ruh.

2. Leben, das den Tod,
Mich aus aller Not
Zu erlösen, hat geschmecket,
Meine Schulden zugedecket
Und mich aus der Not
Hat geführt zu Gott.

3. Glanz der Herrlichkeit,
Du bist vor der Zeit
Zum Erlöser uns geschenket
Und in unser Fleisch versenket
In der Füll der Zeit,
Glanz der Herrlichkeit.

4. Großer Siegesheld,
Tod, Sünd, Höll und Welt,
Alle Kraft des großen Drachen
Hast du wolln zu Schanden machen
Durch das Lösegeld
Deines Bluts, o Held.

5. Höchste Majestät,
König und Prophet,
Deinen Zepter will ich küssen,
Ich will sitzen dir zu Füßen,
Wie Maria tat,
Höchste Majestät.

6. Lass mich deinen Ruhm
Als dein Eigentum
Durch des Geistes Licht erkennen,
Stets in deiner Liebe brennen
Als dein Eigentum,
Allerschönster Ruhm.

7. Zeuch mich ganz in dich,
Dass vor Liebe ich
Ganz zerrinne und zerschmelze
Und auf dich mein Elend wälze,
Das stets drücket mich;
Zeuch mich ganz in dich.

8. Deiner Sanftmut Schild,
Deiner Demut Bild
Mir anlege, in mich präge,
Dass kein Zorn noch Stolz sich rege;
Vor dir sonst nichts gilt,
Als dein eigen Bild.

9. Steure meinen Sinn,
Der zur Welt will hin,
Dass ich nicht mög von dir wanken,
Sondern bleiben in den Schranken;
Sei du mein Gewinn,
Gib mir deinen Sinn.

10. Wecke mich recht auf,
Dass ich meinen Lauf
Unverrückt zu dir fortsetze,
Und mich nicht in seinem Netze
Satan halte auf;
Fördre meinen Lauf.

11. Deines Geistes Trieb
In die Seele gib,
Dass ich wachen mög und beten,
Freudig vor dein Antlitz treten;
Ungefärbte Lieb
In die Seele gib.

12. Wenn der Wellen Macht
In der trüben Nacht
Will des Herzens Schifflein decken,
Wollst du deine Hand ausstrecken;
Habe auch mich acht,
Hüter in der Nacht.

13. Einen Heldenmut,
Der da Gut und Blut
Gern um deinetwillen lasse
Und des Fleisches Lüste hasse,
Gib mir, höchstes Gut,
Durch dein teures Blut-

14. Solls zum Sterben gehn,
Wollst du bei mir stehn,
Mich durchs Todestal begleiten
Und zur Herrlichkeit bereiten,
Dass ich einst mag sehn
Mich zur Rechten stehn.

Freylinghausen, Johann Anastasius – Gelobet sei Jehovah der Heerscharen (Himmelfahrt).

Weise: Zerfließ, mein Geist, in Jesu Blut und Wunden.

1. Gelobet sei Jehovah der Heerscharen,
Der heute sein Triumphfest hält;
Man siehet ihn mit großer Macht auffahren
Und Abschied nehmen aus der Welt.
Er fährt dahin, wo er sonst war,
Eh man noch zählte Tag und Jahr,
Zum Vater, der ihn auf die Erden
Gesandt, ein Opferlamm zu werden.

2. Du kamst zu uns und wurdest unsers Gleichen,
Ein Mensch in armer Knechtsgestalt;
Man sahe dich am Kreuzesholz erbleichen
Und unterliegen der Gewalt,
Die sich an dir aus höherm Rat
So grausam hart vergriffen hat;
Du schienest ganz verspielt zu haben,
Als man darauf dich sah begraben.

3. Da liegt er nun, sprach deiner Feinde Rotte,
Nun soll er nimmer auferstehn;
Wir haben ihn gemacht zu Schand und Spotte,
Sein Werk wird nun ganz untergehn.
Ei, siehe aber, was geschicht?
So bald der dritte Tag anbricht,
Erwachest du, o meine Sonne,
Dem Feind zum Hohn, dem Freund zur Wonne.

4. Du brichst hervor und zeigest dich den Deinen,
Dein Antlitz ihren Geist erquickt;
Du ließest ihnen Friedensblicke scheinen,
Sie sind darüber als entzückt.
Ja, was noch mehr, du lässt sie sehn,
Da sie dir an der Seite stehn,
Wie du dich in die Höhe schwingest
Und durch der Himmel Himmel dringest.

5. So muss es gehn, so hat es vor bezeuget
Die heilige Prophetenschar;
Des Vaters Wort in Ewigkeit nicht treuget1betrügt,
So sollte werden offenbar,
Dass du der Feinde Macht besiegt,
Dass alles dir zu Füßen liegt,
Womit du, Gottes Zorn zu dämpfen,
Bis auf den Tod hast wollen kämpfen.

6. Man sieht den Feind von seiner Macht entblößet,
Sein Raub ist ihm genommen ab;
Womit er sich sonst wider uns getröstet,
Ist nun verscharret in dein Grab.
Du führst ihn in Triumph mit dir,
Er darf sich nun nicht regen schier,
Er ist durch deinen Tod bezwungen,
wohl dem Held, dems so gelungen!

7. Nunmehro hat, o Gott, dein Gott gekrönet
Dein Haupt mit Ehre, Preis und Ruhm;
Es steht beschämt, was dich vorhin verhöhnet,
Als du kamst in dein Eigentum.
Ja, du bist selbst zum Haupt erhöht,
Dein Name über alles geht,
Was in dem Himmel und auf Erden
Nur herrlich mag genennet werden.

8. Du bist erhaben über alle Thronen
Der Cherubim und Seraphim; –
Sie werfen sammt den Alten ihre Kronen
Zu deinen heilgen Füßen hin.
Dein Regiment erstreckt sich weit;
So weit der Lauf der Sonnen reicht,
Hast du, o Herrscher, die dich kennen
Und ihren Herrn und König nennen.

9. Es ist dir nun des Geistes Füll geschenket,
Du bist gesalbt mit Freudenöl;
Der lautre Strom der Wollust dich nun tränket
Und labet dich nach Leib und Seel.
Doch gönnt auch uns dein Überfluss,
Was uns zur Heilgung dienen muss;
Du lässt nicht unbesucht die Glieder,
Was dir gegeben, gibst du wieder.

10. Hast du uns gleich dein Angesicht entzogen,
Sehn wir gleich nicht dich, unser Licht,
So bleibst du doch aufs beste uns gewogen,
Vergissest unser nimmer nicht.
Du trägest uns auf deiner Brust
Und Schultern, es ist deine Lust,
Uns zu vertreten alle Stunden
Durch deinen Tod und Liebeswunden.

11. Drum ist es gut, dass du bist hingegangen,
Dein Hingang schaffet große Frucht;
Wer an dir bleibt durchs Glaubensband behangen,
Der findet bei dir, was er sucht.
Der Eingang ist ihm nicht verwehrt
Ins Heiligtum, wo man dich ehrt;
Ist doch der Vorhang längst zerrissen,
Wer will, kann deiner wohl genießen.

12. Die Hoffnung bleibt ohndem im Geist fest stehen,
Dass wir nach wohlvollbrachtem Lauf
Auch deine Majestät mit Augen sehen
Und zu dir sollen fahren auf.
Die Stätte ist uns schon bereit,
Darin uns jene Herrlichkeit
Soll wie ein voller Strom bedecken
Und über alles sich erstrecken.

13. Drum sei gelobt, Jehovah der Heerscharen,
Dass du so siegreich triumphiert.
Zeuch uns dir nach zu hundert tausend Paaren,
Damit wir tun, was uns gebührt.
Ach, reiß uns los von Zeit und Welt
Und was uns noch gefangen hält,
Damit wir, wenn wir von der Erden
Uns scheiden, Himmelsbürger werden.

Freylinghausen, Johann Anastasius – So ist denn nun der Tempel aufgebauet

Weise: So ist denn nun die Hütte aufgebauet.

1. So ist denn nun der Tempel aufgebauet,
Der Tempel, den der Feinde Grimm und Macht
Vor dreien Tagen hat dahin gebracht,
Dass man ihn ganz verwüstet hat geschauet.
Nun kann er nimmer wieder untergehn,
Man wird ihn nie aufs neue brechen sehn.

2. Die Menschheit ist der Tempel, den ich meine,
Die sich der Sohn in Gnaden auserkorn,
Der Sohn, der aus Gott selbsten ist geborn,
Dass er mit ihr persönlich sich vereine
Und in ihr wiederum, was Fleisch und Blut
Verdorben hat, beim Vater machte gut.

3. Wir Menschen sollten sein der Gottheit Tempel,
Sein Sitz, sein Thron, sein Wohnhaus und sein Zelt;
O Würde, die der ganzen Welt darstellt
Der Liebe Gottes Beispiel und Exempel!
Doch leider dieser Tempel ward entehrt,
Ja, in ein Haus des argen Feinds verkehrt.

4. Greueltat, o Frevel nicht zu leiden,
Der unsers Gottes Palast hat entweiht!
Das bringet uns so große Qual und Leid,
Nun konnt uns Gott von seinem Tempel scheiden..
Wer mir, spricht er, mein Heiligtum verdirbt,
Ein solcher ihm damit den Tod erwirbt.

5. Doch diesen Bann und Fluch von uns zu nehmen,
So kommt der Sohn und baut aus unserm Blut
Ihm selbst ein Haus, das heilig rein und gut,
Ein Haus, des er sich nicht vor Gott durft schämen.
Dies gibt er preis, als obs nicht würdig sei,
Dass es besteh von Fluch und Plagen frei.

6. Man sahe ihn freiwillig sich hingeben
Der Feinde Wut, die auf ihn stürmten los;
O wie so elend, blutig, nackt und bloß
Musst er am Holze endigen sein Leben!
Hie brach sein Bau, des Tempels Grund zerriss,
Als dieser große Fürst den Geist ausließ.

7. Seht aber, seht aufs herrlichste ergänzet,
Was durch den Tod zuvor zerstücket war!
Seht, wie sein Leib durchläuchtig, hell und klar
Im Licht der Unverweslichkeit jetzt glänzet!
Vor diesem andern Bau der erste weicht,
Weil er an Pracht und Schmuck ihm gar nicht gleicht.

8. Dies ists, was man ihn selbst zuvor hört sagen
Und mit ihm aller treuen Zeugen Schar,
Dass er durch seine Kraft, die wunderbar,
Den Tempel, den man würd zu Grabe tragen,
Aufs neu aufrichten wollt nach kurzer Frist,
Wie man im Buch des liebsten Jüngers liest.

9. Dies sehen wir vollkömmlich nun erfüllet
Und merken dran des Sohnes Herrlichkeit,
Die vor mit schwachem Fleisch war überkleidt,
Nun ist durch ihn des Vaters Zorn gestillet;
Die Schuld ist weg, die Straf ist abgetan,
Die längst erwünschte Freiheit bricht nun an.

10. Nun können wir, o Freud, aufs neue werden,
Zu unserm Heil und unsers Goels1Heilands, Erlösers Ruhm,
Des Allerhöchsten Sitz und Heiligtum,
Ein schöner Tempel Gottes hier auf Erden.
Gott will in uns, wir sollen in ihm sein,
Wir gehn in ihn als unsern Tempel ein.

11. Der Herr steht auf, er kann nun nicht mehr sterben,
Auch soll, wer an ihn glaubet, sterben nicht;
Obgleich das ird‘sche Haus in Stücken bricht,
Gereichts dem Glauben doch nicht zum Verderben.
Der sich durch sich erweckt, hat uns zugleich
Schon mit sich selbst erweckt zu jenem Reich.

12. Halleluja, dass Christus wieder lebet
Und dass der Herr in seinem Tempel ist,
Den man noch nicht drei Tage hat vermisst,
Und dass sein Reich nun über alles schwebet!
Ihr Völker, die ihr seid sein Eigentum,
Bringt ihm dafür Lob, Ehre, Preis und Ruhm.

Freylinghausen, Johann Anastasius – Triumphgesang.

Weise: Triumph, Triumph, des Herrn Gesalbter sieget.

1. Triumph, Triumph, der Herr ist auferstanden,
Er ist nicht hie, er ist nicht hie!
Der weiland lag in Todes Strick und Banden,
Der ist erstanden heute früh.

2. Er ist erstanden, hörts, ihr bösen Geister,
Der Sieg ist unsers Königs Sohn;
Er ist nun worden euer aller Meister,
Ihr müsst herab, herab vom Thron.

3. Wo ist dein Stachel, Tod? wo ist, o Hölle,
Dein Sieg? das Lamm hat in den Sieg
Euch ganz verschlungen, unsre Segensquelle
Hat euch erlegt in diesem Krieg.

4. Er ist erstanden, merks, du tolle Rotte,
Die Christum hat ins Grab gebracht;
Du wirst mit deiner List und Macht zu Spotte
Samt allen, die das Grab bewacht.

5. Was helfen deine Hüter, deine Riegel,
Du Otternzucht und Schlangenbrut?
Der Löw‘ von Judas Stamm zerbricht die Siegel
Und machet alles wieder gut.

6. Du magst nun wohl erschrecken und erbeben,
Weil der, den du erstochen hast,
Hat aus der Gruft herwiederbracht das Leben
Zu deiner Pein und schweren Last.

7. Willt du noch seinem Zorn und Grimm entfliehen,
So ist es Zeit, zu stehen auf,
So musst du dich dem Sündengrab entziehen
Und zu ihm richten deinen Lauf.

8. Er ist erstanden, merkts, ihr blöden Herzen,
Die ihr voll Angst und Schmerzen seid.
Ihr seid versöhnt durch seine Pein und Schmerzen,
Die Sünde kann euch tun kein Leid.

9. Lasst euren Geist wie Jakobs Geist erwecken:
Joseph lebt noch, er ist nicht tot!
Müsst ihr gleich seinen Tod in etwas schmecken,
So lebt ihr doch mit ihm in Gott.

10. Was mit ihm stirbt, muss wieder mit ihm leben,
Es kann nicht die Verwesung sehn.
Der Weinstock gibet Kraft und Saft den Reben,
Dass sie in vollen Früchten stehn.

11. Ihr dürft nun weder Tod noch Grab mehr scheuen,
Legt euch nur ohne Furcht hinein;
Christus wird euch durch seine Kraft verneuen,
Euch kann betreffen keine Pein.

12. Triumph, Triumph, der Herr ist auferstanden,
Er ist nicht hie, er ist nicht da!
Er liegt nicht mehr in Todes Strick und Banden,
Triumph, Triumph, Victoria!

Freylinghausen, Johann Anastasius – Von der Grablegung Christi.

Weise: Der Tag ist hin, mein Jesu, bei mir bleibe.

1. O Lamm, das meine Schuldenlast getragen
Und als ein Fluch ist an das Kreuz geschlagen,
Nun nimmt man noch vor Abends dich herab
Und trägt dich hin in Josephs neues Grab.

2. O tröstlich Bild, o gnadenvolles Zeichen,
Das aber nur der Glaube kann erreichen!
Der Fluch ist weg, die Erde ist nun rein;
Zum Zeugnis des musst du begraben sein.

3. Nun weiß und glaub ich, dass du bist gestorben,
Dass du den Tod geschmeckt und mir erworben
Gerechtigkeit, dass ich bestehen kann
Vor Gott, und dass die Sünde abgetan.

4. Die Schrift konnt nicht an dir gebrochen werden,
Drum muss dein Leib auch ruhen in der Erden;
Was Daniel und Jonas vorgebildt,
Seh ich hierin, mein Heil, an dir erfüllt.

5. Du bist das Weizenkorn, so man verscharret;
Doch wenn man nur drei Tage hat geharret,
Wird man dich aus dem Grabe auferstehn
Und tausendfache Früchte bringen sehn.

6. Indes ist dein Begräbnis selbst ein Siegel
Der Unschuld und der ganzen Welt ein Spiegel,
Worinnen mit Verwundrung jedermann
Ein Vorspiel der Erhöhung spüren kann.

7. Ich darf nun nicht vor meinem Grab erschrecken,
Da du, mein Heil, dich in das Grab lässt strecken;
Dein Grab macht meins zur süßen Lagerstätt,
Zum Schlafgemach, zum stillen Ruhebett.

8. Mein Heiland, ich bin mit dir schon begraben,
Als Seel und Leib die Tauf empfangen haben,
Die Taufe, die auf deinen Tod geschehn:
Nun lass mich auch mit dir stets auferstehn.

Freylinghausen, Johann Anastasius – So traget mich nun immer hin.

Weise: Nun lasst uns den Leib begraben.

1. So traget mich nun immer hin,
Da ich so lang verwahret bin,
Bis Gott, mein Vater und mein Hirt,
Mich wieder auferwecken wird.

2. Da sonst der Mensch wird durch den Tod
Zu Asche, Erde, Staub und Kot,
So wird dies heil‘ge Fleisch und Bein
Vor der Verwesung sicher sein.

3. Mein Leib wird nicht der Würmer Spott,
Die Seele ist bei ihrem Gott,
Der sie, das unschätzbare Pfand,
Verwahret jetzt in seiner Hand.

4. O was für Leiden hab ich nicht
Geschmeckt, zu tilgen eur Gericht!
Die Welt war mir ein Jammertal,
Weil ich musst büßen euren Fall.

5. Doch eh der dritte Tag vorbei,
Werd ich von Todesbanden frei;
Der Leichnam, der zur Ruh jetzt geht,
Alsdenn verkläret aufersteht.

6. Des freuet euch und wartet drauf,
Ich musst so enden meinen Lauf;
Hinfort ist mir nun nichts bewusst,
Als jenes Paradieses Lust.

7. Indes lasst mich in sanfter Ruh,
Der dritte Tag naht bald herzu;
Ein jeder denke Nacht und Tag,
Wie er der Sünd absterben mag.

8. Das hilf uns Christe, unser Trost,
Der du durch dein Blut uns erlöst
Vons Teufels Gwalt und ewger Pein;
Dir sei Lob, Preis und Ehr allein.

Freylinghausen, Johann Anastasius – Gebet an den gekreuzigten Heiland.

Weise: O du Liebe meiner Liebe.

1. Unveränderliches Wesen,
Unbegreiflich höchstes Gut,
Von dem Vater auserlesen,
Dass du seines Zornes Glut
Und erweckten Grimm sollst stillen
Durch dein Gottesblut so rot
Und erfüllen seinen Willen
Im Gehorsam bis zum Tod.

2. Ich verehre deine Liebe,
Unbeflecktes Gotteslamm,
Die durch ihre Feuertriebe
Dich gebracht ans Kreuzes Stamm.
Ach, dass ich doch könnt durchschauen
Dein von Lieb durchglühtes Herz
Und im gläubigen Vertrauen
Dadurch lindern meinen Schmerz.

3. Zwar kann ich mich wert nicht schätzen,
Dass in meiner Seelenpein
Ich an dir mich soll ergetzen,
Ein so armes Würmelein;
Doch du bist ein Arzt der Schwachen,
Der betrübten Sünder Freund,
Pflegst den freundlich anzulachen,
Der mit Petro kläglich weint.

4. Drum sieh nicht auf meine Würde,
Lamm, das aller Würde wert;
Schau hingegen auf die Bürde,
Die den matten Geist beschwert.
Weißt du doch, wie dem zu Mute,
Welchen drückt der Sünden Last,
Weil du selbst im Schweiß und Blute
Dieses Joch getragen hast.

5. O wie hat es dich gedrücket,
Herzenslämmlein, frommes Schaf!
Du bist drunter tief gebücket
Gangen, aller Jammer traf
Deiner Menschheit zarte Glieder,
Unsre Schmach hat dich gehöhnt;
Aber so hast du uns wieder
Mit dem Vater ausgesöhnt.

6. Lass mich diese Freundschaft schmecken,
So auf ewig festgestellt;
Lass dein Blut die Schuld bedecken,
Das du hast zum Lösegeld
Deinem Vater dargegeben
Durch der Liebe Wundermacht,
Und dadurch du uns das Leben
Deiner Gottheit wiederbracht.

7. Lass dein Herz mir offen stehen,
Öffne deiner Seiten Tür,
Dahinein soll mein Herz gehen,
Wenn ich keine Kraft mehr spür.
Wie ein Hirsch in vollem Springen
Lass den ausgezehrten Geist
Hin zu deinen Wunden dringen,
Daraus Blut und Wasser fleußt.

8. Dieser Balsam müsse stärken
Geist und Seele, Mark und Bein;
Lass mich neue Kräfte merken,
Dir, o Lämmlein, treu zu sein.
Zeichne meines Herzens Pfosten,
Dass der Würger mich nicht rühr;
Lass mich wahre Freiheit kosten,
Die mich zu der Ruhe führ.

9. Lamm, du hast dich mir ergeben,
Dir ergeb ich wieder mich
Und verschreibe mich daneben,
Dein zu bleiben ewiglich.
Du bist nun erhöhet worden,
Liebster, zeuch mich dir bald nach,
Dass ich in der Engel Orden.
Deine Treu besingen mag.

Freylinghausen, Johann Anastasius – Das Geheimnis der Liebe in Christi Stellvertretung.

Weise: Bewein, o Christenmensch, selbst deine eigne Not.

1. Geheimnis voller Lieb, o Lieb geheimnisvoll,
Die jedes Adamskind mit Lust bewundern soll,
Weil selbst der Engel Aug nichts lieber je gesehn,
Als Gottes liebsten Sohn an unsrer Stelle stehn.

2. Wir Frevler hatten uns aus unsrer eignen Schuld
Und Satans Schlangenlist des frommen Vaters Huld
Unwert gemacht, dazu, o zentnerschwere Not!
Auf Leib und Seel gehäuft Verdammnis, Fluch und Tod.

3. Und nun, wer konnte uns Verbrecher machen frei
Von solchem Jammerstand und finstern Sklaverei?
Wir selber nicht, kein Engel, keine Kreatur,
Nein, Gottes Zorn zu still‘n war über die Natur.

4. Drum kommt das ew‘ge Wort, des Vaters liebster Sohn,
Sein Glanz und Ebenbild, und lässt mit Schmach und Hohn
Ganz willig sich belegen an der Sünder Statt,
Um so zu zahlen, was er nicht geraubet hat.

5. Er nimmt als Gottes Lamm die Schuld der ganzen Welt
Auf sich und bringt dafür sein Blut zum Lösegeld;
Sein Blut, kein fremdes nicht, nicht Silber oder Gold,
Dies konnte gar nichts tun, dass uns Gott würde hold.

6. So aber rühmen wir, dass wir durch Gottes Kind,
Und also selbst durch Gott, mit Gott versöhnet sind,
Und dass, was Adam hat durch seinen Fall verscherzt,
Uns durch des Sohnes Tod wird wiederum ersetzt.

7. Nun haben wir in ihm Gerechtigkeit und Heil,
Vergebung unsrer Schuld, ja selbst zu unserm Teil
Das allerhöchste Gut, Gott und sein ganzes Reich;
So macht die Liebe uns der Liebe wieder gleich.

8. Mein Geist, erwecke dich und nimm im Glauben an
Den Schatz, den dir dein Bürge und Erlösersmann
So teu‘r erworben hat, so kriegst du Ruh und Rast,
So herrscht der Fried in dir, so fällt weg alle Last.

9. Erkenne aber auch, was du ihm schuldig bist;
Dich selbst mit allem, was nur in und an dir ist,
Musst du als sein von ihm erkauftes Eigentum
Zum ganzen Opfer ihm ergeben wiederum.

10. Liebe, drücke dies tief in mein Herz hinein
Und lass zu gleichem Tod mit dir gepflanzet sein
Den edlen Geist, damit auf jenen großen Tag
Des Lebens Herrlichkeit ihn auch bekleiden mag.

Freylinghausen, Johann Anastasius – Christus das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt.

Weise: Herzliebster Jesu, was hast du verbröchen.

1. O Lamm, das keine Sünde je beflecket,
Das Adams Gift, wie uns, nicht angestecket,
Das schön und reiner als die Seraphinen,
Die dich bedienen.

2. Du bist das Heil‘ge aus dem Geist empfangen,
Das man im Schmuck der Unschuld sahe prangen,
Der Allerschönste unter Menschenkindern,
Nicht aus den Sündern.

3. Wie gehts denn zu, wie soll ich mich drein finden,
Dass es dir geht, als ob du alle Sünden
Verübt, und nichts so schnöd, als du, auf Erden
Könnt funden werden?

4. Nicht nur der Abgrund, sondern auch der Himmel
Stürmt auf dich zu, man siehet ein Getümmel
Der Scharen, die mit hundert tausend Freuden
Dir machen Leiden.

5. Da liegest du in Angst, im Schweiß und Blute;
Wer kanns begreifen, wie dir sei zu Mute?
Man siehet dich vor Gottes Zorngewittern
Und Grimm erzittern.

6. Man fällt dich an, man führet dich gefangen,
Man höhnt, man schlägt, bespeiet deine Wangen,
Man krönt und geißelt dich, macht deinem Herzen
Viel Qual und Schmerzen.

7. Ja, was noch mehr, du wirst zum Fluch gemachet,
Ans Holz geschlagen und dabei verlachet,
Von Gott verlassen und musst endlich schmecken
Den Tod mit Schrecken.

8. Sag an, o Mensch, sind das nicht lauter Plagen,
Womit man sollt den größten Sünder schlagen?
Warum muss denn die Unschuld selbst ohn Maßen
Sich strafen lassen?

9. Das macht, dass sie sich hat für uns verbürget,
Drum hat man sie für mich und dich erwürget;
Gott musste so, sollt er der Schuldner schonen,
Dem Bürgen lohnen.

10. Die Sünde konnt nicht bleiben ungerochen1ungerächt,
Des Todes Urteil war ihr längst gesprochen;
Dies musst einmal auf der verfluchten Erden
Vollzogen werden.

11. Was Sünde sei und was sie längst verdienet,
Hat Gott, eh ihm der Sünder würd versühnet,
Zum Zeugnis seines Ernstes wollen zeigen
Und nicht mehr schweigen.

12. Hab Dank, o Lamm, für deine Wunderliebe,
Darin du dieser Zornart strenge Hiebe
Erduldet und, was über mich sollt kommen,
Auf dich genommen.

13. Fürwahr, du trugest meine Not und Schmerzen,
Die Strafe lag auf dir und deinem Herzen;
Dass du mir könntest Gnad und Fried erteilen,
Wirst du voll Beulen.

14. Ich nehme an, mein Heil, was du erworben,
Und glaube, dass du bist darum gestorben,
Dass mir, der von der Schuld nunmehr entladen,
Kein Tod soll schaden.

15. Ach, stärke nur durch deine Kraft den Glauben,
Dass er sich diesen Schatz nicht lasse rauben,
Der nicht vermag mit allem Gut der Erden
Bezahlet werden.

16. Lass deines Leidens Frucht mich stets genießen,
Lass diesen Quell auf mein Gewissen fließen;
Es müsse sein zu steter Lust und Freude
Des Geistes Weide.

17. Die Sünde, der an dir ihr Recht geschehen,
Die müsse nun mit Schanden untergehen;
Es müsse an mir, ihr forthin zu dienen,
Sich nichts erkühnen.

18. Nur dir, nur dir, mein Lamm, soll sein mein Leben
Zum Eigentum hinwiederum ergeben,
Wozu du mich durch deinen Tod und Wunden
So hoch verbunden.

19. Nichts kann und soll hinfort von dir mich scheiden,
Ich bleibe dein, bis du mich dort wirst weiden,
Wo deine Liebe mit verklärten Zungen
Stets wird besungen.

Johann Anastasius Freylinghausen – Neujahrsgesang.

Weise: So ist denn nun die Hütte aufgebauet.

1. Der du bist A und O, Anfang und Ende,
Ein Herr der Zeit und auch der Ewigkeit,
Dem alles steht zu seinem Dienst bereit,
Zu deinem Thron, Jehovah, ich mich wende,
Da diese Zeit ein neues Jahr uns bringt,
Und Zion dir ein Hallelujah singt.

2. Dich bet ich an, unwandelbares Wesen,
Du Wesen, das kein Zeitenwechsel trifft.
Du bist, von welchem zeugt der Psalmen Schrift,
Dass deiner Jahre Zahl nicht ist zu lesen;
Denn obgleich Erd und Himmel muss vergehn,
Bleibst du doch wie du bist und ewig stehn.

3. Wir aber sind von gestern her entstanden
Und müssen auch, eh wir uns des versehn,
Oft in der besten Blüte untergehn;
Wir sind wie Gras, das frühe zwar vorhanden,
Und doch wohl, eh die Sonne von uns weicht,
Durch Schnitters Hand sein Ende schon erreicht.

4. Das macht der Fall, der deinen Zorn erwecket
Und uns in diesen Jammer hat versenkt,
(O wohl dem Menschen, der es recht bedenkt!)
Der sich nun über alles Fleisch erstrecket.
Fleisch ist wie Heu, wie eines Grases Blum,
Wie leichte Spreu, in seinem besten Ruhm.

5. Du bist gerecht, wer darf dein Urteil tadeln?
Doch sei gepriesen die Barmherzigkeit,
Die von uns nimmt so gnädig unser Leid
Und uns so hoch hat wieder wollen adeln,
Dass, ob wir gleich hier die Verwesung sehn,
Wir doch dereinst zum Leben auferstehn.

6. Durch Christum ist uns dieses Heil geschenket;
Der kommt aus deinem Schoß zu uns herab,
Wird Mensch und scheuet weder Tod noch Grab
Wodurch er deine Huld so zu uns lenket,
Dass aller Jammer, alle Not und Pein
Uns nichts als Segen und Gewinn muss sein.

7. Durch ihn sind wir zur Ewigkeit erkaufet,
Wo Freud und unvergänglich Wesen grünt;
Hiezu sind wir dir, Vater, ausgesühnt
Und auf des Sohnes Blut und Tod getaufet.
Wie gnädig hast du, Gott, an uns gedacht,
Dass du durch unser Heil dies Heil gebracht.

8. Dies ist der Brunn, aus welchem hergeflossen,
Was mich in meiner Wallfahrt früh und spat
An Seel und Leib jemals erquicket hat,
Der sich hat stromweis über mich ergossen,
Dass ich den Augenblick nicht nennen kann,
Da mir nicht wäre daraus Guts getan.

9. Gelobet sei, o Herrscher, diese Liebe,
Die sonderlich auch im verstrichnen Jahr
Mich armen Staub, der des unwürdig war,
So merklich spüren lassen ihre Triebe.
Ich stelle mich dafür in meinem Sinn
Dir, großer Gott, selbst zum Dankopfer hin.

10. O denke nicht an der vergangnen Zeiten
Gemachte viel und überhäufte Schuld;
Lass deine Gnad und milde Vaterhuld
Zu meinem Trost in Christo sie bespreiten1bedecken.
Was ich gelebet hab, das decke zu,
Was ich noch leben soll, regiere du.

11. Erneure mich, der du machst alles neue,
Das Alte lass von nun an untergehn,
Lass Heiligkeit an dessen Stelle stehn,
Die neue Kreatur dich stets erfreue;
Der Geist aus dir verändre Sinn und Mut,
Nur dich zu lieben als das höchste Gut.

12. Die Zeit fleucht hin, lass mich auch von ihr fliehen
Die Ewigkeit rückt näher stets herbei,
Gib, dass ich ihr im Geist recht nahe sei,
Lass mich als eilend stets von hinnen ziehen,
Es müsse mir nie kommen aus dem Sinn,
Dass ich hier fremd, ein Gast und Pilgrim bin.

13. Ach, lehre mich recht meine Tage zählen,
Dass ich sie all aufs best anwenden mag;
Hilf mir auch tragen ihre Last und Plag,
So will des rechten Zwecks ich nicht verfehlen;
Ich will dereinst mit der erkauften Schar
Bei dir begehn das große neue Jahr.