Was willst du mir am frühen Morgen sagen,
Du mein geliebter jugendlicher Fluss,
Mit deiner klaren Wellen muntrem Jagen,
Mit deiner Freude schäumendem Erguss?
Als wir uns gestern in den Felsen trafen,
Sprang ich mit dir bis zu der tiefen Nacht:
Der müde Wandrer musste ruhn und schlafen,
Du aber hast gejubelt und gelacht.
Noch liegt die Nacht im stillen Tannengrunde,
Mein Vogel singt sein helles Morgenlied;
Da schallt dein Ruf schon rauschend in die Runde,
Wie schon das Licht auf deinem Spiegel zieht.
So eilt der Geist dem künft’gen Tag entgegen,
Umfangen noch von Nacht und Dämmerung,
Und hebt sich hoch mit kühnen Flügelschlägen
Zum Quell des Lichts in seiner Ahnung Schwung.
Woher wir kommen und wohin wir gehen,
Wir wissens nicht, macht es nicht offenbar
In seines Geistes wunderbarem Wehen,
Er, der da sein wird, ist und immer war.
Geheimnisvoll ergießet sich das Leben
Aus tiefem Born unendlich durch die Welt;
Und Well auf Welle wird in leichtem Schweben
Der kaum ergossnen fliegend zugesellt.
Hin eilt die Flut, und wie sie voll von Segen
Der Zeiten und des Raumes Fülle tränkt,
So wird mit leisen und gewaltgen Schlägen
Auch alles Dasein tief in sie versenkt.
Gestalten nahen und Gestalten fliehen,
Und ein Geschlecht ums andre geht zur Ruh;
Was hold und gut und köstlich ist gediehen,
Es ist dahin in kaum erblicktem Nu.
Und über all der tausendfachen Wandlung
Schwebt Gottes Geist in hoher Schöpferkraft,
Und seine Tat ists, seines Willens Handlung,
Die Erd und Himmel stündlich neu erschafft.
Ein Tag verkündet strahlend es dem andern,
Alnächtlich geht das Wunder durch die Welt,
Und alle Pfade, die wir mögen wandern,
Sie sind von seinem ewgen Licht erhellt.
Und Alles preist den Schöpfer der Geschlechter,
Vor dems kein Erstes und kein Letztes gibt,
Der als ein treuer Vater, ein gerechter,
Den Jüngsten wie den Erstgebornen liebt:
Was nach einander rätselhaft entstehet
Und nach einander wird dem Tod zum Raub,
Für ihn, dem nichts Erschaffenes entgehet,
Ist Alles Blüte, Frucht und grünes Laub.
Er pflücket sie und ordnet sie zusammen
In ein verschlungnes wundervolles Eins;
Und wann sie kamen und woher sie stammen,
Es fehlet ihrer aller dennoch keins;
Nur immer voller wird der Kranz gewunden,
Dem nichts zu früh und nichts zu spät entsprießt;
Doch hat kein sterblich Auge noch gefunden,
Wie er sich einstens überherrlich schließt.