Johann Anastasius Freylinghausen – Geduld ist not

Weise: Es kostet viel, ein Christ zu sein.

1. Geduld ist not, wenns übel geht
Und uns das schwere Joch des Kreuzes drücket.
Nicht jedermann da in der Prob besteht,
Wenn er geht unter dieser Last gebücket;
Drum mag das Kreuz mit Recht zu nennen sein
Ein Prüfestein.

2. So frech und trotzig unser Mut,
Wenns geht nach unsers Fleisches Lust und Willen
So sehr erschrickt man vor der Kreuzesrut,
Es lässt die Zagheit schwerlich sich verhüllen;
Wie kleinlaut macht der unverhoffte Schmerz
Das blöde Herz!

3. Kaum rührt uns Gottes Finger an,
So fangen wir schon an mit Macht zu schreien:
Herr, schone, schone mein! die Kreuzesbahn
Scheint uns sobald den Untergang zu dräuen.
Vernunft denkt, wenn sie hört ein Lüftlein wehn:
Nun ists geschehn.

4. Ach, dass doch Gott ein Wunder tat!
Spricht man, so bald das erste Weh sich reget,
Ein Wunder, dadurch das, was früh und spät
Mich quält, zu Boden würde stracks geleget.
Das Fleisch erzittert stets vor seinem Tod,
Drum scheuts die Not.

5. Gott aber fraget viel danach,
Was unsre Zärtlichkeit von ihm begehret.
Er mehrt die Glut und presst aus manches Ach,
Anstatt dass er uns unser Bitt gewähret.
Dürft er uns doch auch, wenns nach uns sollt gehn
Kaum scheel ansehn.

6. Der Eigenwill wollt zwar ins Reich
Mit andern treuen Kämpfern gern eingehen;
Dass aber er mit ihren hier zugleich
Erst leiden soll, das will ihm nicht anstehen.
Wie gern wollt er doch mit gekrönet sein,
Nur ohne Pein.

7. Dadurch wird aber Gott sein Spiel
Verderbt, das er mit uns, den Seinen, treibet.
Man kehrt die Ordnung um, die uns zum Ziel
Der Glorie führt und ihr uns einverleibet;
Es wird der weise Rat, den er bedacht,
Zunicht gemacht.

8. Drum tut Gott wohl, dass er sich nicht
An seine zarte Heiligen groß kehret,
Dass er uns ungefragt ein Bleigewicht
Der Zentnernot anhängt und also wehret,
Dass nicht sein Schluss an uns allhier auf Erd
Vereitelt werd.

9. Indessen bleibt er fromm und treu,
Lässt uns nicht ohne Maß geängstet werden;
Sein Gnadenlicht wird bei uns täglich neu,
Dadurch er uns erleichtert die Beschwerden;
Ja, endlich bricht, wenn sein Will ist vollbracht,
Die Kreuzesmacht.

10. Erkenne dies, du armer Staub,
Und lerne dich in Gottes Wege schicken.
Sei nicht stracks wie ein leicht und bebend Laub,
Wenn dich die Not- und Trübsalspressen drücken.
Schau auf die treu und süße Vaterhand
In solchem Stand.

11. Sie will dadurch zu deinem Heil
Nur deine Treu, Geduld und Demut üben.
Drum ehre ihn in solchem deinem Teil,
Sei still und lass dich nichts zu sehr betrüben.
Nur unverzagt! halt einen kleinen Strauß
Ohn Murren aus.

12. Sei männlich und steh felsenfest,
Lass keinen Sturm zum Unmut dich bewegen,
Und wenn er dich ein wenig zappeln lässt,
Getrost! so wird das Wetter sich bald legen.
Denk, wenn er dich führt mitten in den Tod:
Geduld ist not.